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MarathonJahrbuch2015

Marathon Jahrbuch 2015 45 9. Mai 2015 Auf dem Marktplatz in Eisenach ist schon einiges los, Hektik gibt es aber kei- ne. Auch 20 Minuten vor dem Start nicht. Die den Ultraläufern eigene Gelassenheit überträgt sich auf mich. Erst Minuten vor dem Start versammelt man sich hinter dem Startbogen. Das Rennsteiglied wird gesungen. Volksmusik und Gänsehaut, auch noch nie erlebt. Dann ist es ruhig. Ein paar Durchsagen und Grußworte, dann „Time to say goodbye“. Nächste Gänsehaut. Um 6.00 Uhr endlich der Startschuss. Die Supermarathonläufer traben durch die Fußgängerzone und durch das Niko- laitor, das einzige noch erhaltene Stadttor von Eisenach. Ich starte noch langsamer als sonst und bin trotzdem nicht Letzter. Keiner hier hinten hat es eilig. Gleich weiß ich auch warum. Hinter der Rechts- kurve geht es aufwärts und die meisten entscheiden sich für kraftsparendes Marschtempo. Der Weg ist voller Pfützen, denen jeder ausweichen will. Das drückt zusätzlich aufs Tempo. Was soll’s, das erste Drittel der Strecke ist nach Auskunft der „Rennsteig- Veteranen“ das schwerste. Das Wetter ist herrlich, die Sonne scheint, es geht aber immer ein frischer Wind. Hin und wie- der kommt ein Aussichtpunkt oder eine Lichtung, ansonsten sind wir abwech- selnd von leuchtend grünen Laub- und dunklen Fichtenwäldern umgeben. Ich Die Stärkung kann ich gut gebrauchen, denn nach dem Dreiherrenstein und einer kurzen Abwärtspassage geht es immer steiler bergauf, bis der Inselsberg erreicht wird. Es ist mit 962 m einer der höchsten Berge im Thüringer Wald. Der Rennsteig bildete hier früher die Grenze zwischen Sachsen-Gotha und Hessen. Deshalb gibt es noch heute auf „beiden Seiten“ einen Berggasthof, „Stöhr“ heißt er auf der hessischen, „Stadt Gotha“ auf der gothaischen Seite. Zunächst über Stufen, dann auf einem asphaltierten Weg geht es steil bergab. Bis zur Grenzwiese, wo einmal die Gren- ze zwischen Sachsen und Gotha war, verlieren wir an die 200 Höhenmeter. Das geht mächtig in die Beine und mancher schwört, er würde lieber bergauf laufen. Die nächsten 10 Kilometer sind vielleicht die gemütlichsten, was auf dem Rennsteig heißt, dass es keine langen und keine steilen An- und Abstiege gibt. Flach ist es damit noch lange nicht. Am Pos- senröder Kreuz war im Mittelalter eine Passstraße von Franken nach Thüringen. Heute begrüßt uns hier ein Trompeter mit einem Solo. Das macht er jedes Jahr, erzählt man mir. Ein kulinarischer Höhepunkt ist die Verpflegungsstelle Ebertswiese. Was sich hier abspielt, hatte ich bis dahin bei ei- nem Landschaftslauf noch nicht erlebt. Es geht zu wie auf einem Festplatz. ➜ Was nicht gelaufen wird, wird gegangen. Ins Ziel kommen (fast) alle Weitere Laufberichte und Bilder: www.marathon4you.de und www.trailrunning.de komme immer besser in Schwung und gehe nur bei den wirklich steilen Passa- gen oder wenn die Wege zu steinig oder zu rutschig sind. Kein Rennsteigläufer lässt bei seinem Lobgesang die Verpflegung aus. Einen kleinen Vorgeschmack bekomme ich bei der Glasbachwiese, der ersten Verpfle- gungsstelle, wo es zu den schon üblichen Getränken (Iso, Tee, Wasser und Cola) jetzt Obst und den legendären Schleim gibt. Zweiter Tipp: Habt keine Scheu wegen der ekligen Bezeichnung. Würde man der Hafermischung einen anderen Namen geben, wäre es der Hit. Ich kann mich noch erinnern, wie mir früher meine Mutter meist mit viel Überredung, manchmal auch mit etwas Gewalt den nahrhaften Haferschleim eintrichtern musste. Auch hier im Thüringer Wald kannte man den Haferschleim als „Arme- Leute-Essen“, bis er irgendwann nicht mehr ganz so populär war. Die weit gereisten Wintersportler kamen dann bei Wettkämpfen in Skan- dinavien wieder mit dem guten alten Haferschleim in Kontakt und sorgten zu Hause für dessen Comeback. Heute wird er mit Heidelbeeren etwas verfeinert und meine Mutter wäre stolz, würde sie sehen, wie ich die zwei Becher leere, ohne das Gesicht zu verziehen.

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