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Laufberichte

Paperwings und Lauffestspiele

03.05.09

Denken, falten, werfen

Klaus, der Macher des Portals hat’s gerade nicht leicht, die vielen Frühjahrsmarathons fordern ihr Tribut. Jedes Wochenende stehen diverse Läufe an und da die Berichterstatter auch fleißig am Schreiben und Fotografieren sind, ist er gerade ziemlich am Rödeln und kommt selber kaum mehr zum Laufen. Auch an diesem ersten Maiwochenende stehen wieder mehrere Läufe auf der Liste, ich hab es da leichter, brauche mich nur um den Bericht aus Salzburg kümmern, der für mich auf dem Plan steht.

Mit Jan und Karin von unserem Team TOMJ bin ich auf dem Weg.Heute ist es nur ein Katzensprung aus Augsburg,  da die A8 relaxed zu fahren ist. Meistens ist das ganz anders. Viele sind wohl doch schon am gestrigen Maifeiertag in den Urlaub abgehauen. Plötzlich, kurz vor der Grenze fällt mir ein: brauch ich eigentlich ein Pickerl in Österreich? Nicht mal 10 Kilometer sind bis zur ersten Ausfahrt zurückzulegen. Meine Mitfahrer wissen auch nicht Bescheid, bleibt nur noch die Möglichkeit, an der Vignetten-Station an der Staatsgrenze nachzufragen. Ja, definitiv, sobald wir die Grenze auf der Autobahn überschreiten, muss sie in der Scheibe pappen, da gibt es keine Ausnahme.

Wie findet man mit dem Auto zur Startnummerausgabe am Residenzplatz? Gar nicht so einfach, Marathon-Hinweisschilder gibt es in der ganzen Stadt nicht. Mein Tipp für alle, die sich auch nicht in Salzburg auskennen und mehrfaches Kreisen um die Altstadt –  wie wir das taten – vermeiden wollen. Der Beschilderung Richtung Altstadt folgen und dann die Kiste in irgendeinem der zahlreichen Parkhäuser abstellen. Den Residenzplatz kann man nämlich per Auto gar nicht erreichen. Aber die Altstadt ist überschaubar und allzu weit ist es von keiner Parkgarage zu Fuß.

Nebenbei kann lernt man gleich einiges des wunderschönen Altstadt kennen, die seit 1966 auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO steht. Was gibt es alles zu sehen, was kann man begutachten?


In erster Linie natürlich Mozart, er ist in Salzburg allgegenwärtig. Hier wurde er geboren, hier hat er gelebt und gearbeitet. Seine Denkmäler sind Pilgerstätten für Liebhaber seiner Musik. Da wären sein Geburtshaus in der Getreidegasse, wo er 1756 als Johannes Chrysostomus Wolfgang Theophilus geboren wurde. Hier schieben sich aber leider auch die meisten Touristen durch. Dann gibt es noch sein Wohnhaus am Makartplatz. Hier lebte er mit seiner Familie bis 1780 und schuf in diesen Jahren zahlreiche Symphonien, Serenaden und Konzerte. In den Räumen der ehemaligen Wohnung ist heute ein Museum eingerichtet. Dazu kann Salzburg noch das Zauberflötenhäuschen bieten, ein kleiner Holzbau, in dem Mozart Teile seiner "Zauberflöte" komponiert haben soll. Der „Wolferl“ soll in dem Häuschen eingesperrt worden sein, um mit der Komposition termingerecht fertig zu werden.

Und es gibt Schlösser, viele Schlösser, aber die liegen fast alle an der Marathonstrecke, darum komme ich noch während des Laufes auf das eine oder andere zurück.

Der Empfang der Startunterlagen ist in wenigen Minuten erledigt, zum Finishershirt bekommen wir noch einen Gutschein für eine Essensportion am Buffet der Salzburger BIO-Bauern, das ebenfalls im Veranstalterzelt untergebracht ist. Wir können wählen unter 4 verschiedenen Speisen, darunter z.B. Hechtfilet mit Kartoffelgratin oder auch eher traditionell Schwarz-Weiße Nudelvariation mit Tomatensoße und Basilikum-Pesto. Manch einer lässt sich die Vesper auch mischen, ist für die Dame an der Ausgabe auch kein Problem. Uns schmeckt’s ausnehmend gut, wirklich eine tolle Sache. Die Messe selbst ist eher klein und wird auch gar nicht so bezeichnet, darum sollte man auch besser alles für den Marathon Benötigte selbst dabei haben.

Nach einem kleinen Rundgang reicht‘s langsam vom Touristengewusel in der Altstadt, ich würde gerne noch etwas Ruhigeres ansehen. Da hat mir ein Freund zu Hause noch einen Tipp wärmstens ans Herz gelegt: Hangar-7 am Salzburger Flughafen. Eröffnung war im August 2003 und seit dem hat er sich zu einer Art modernem Wahrzeichen von Salzburg entwickelt. Das Gebäude beherbergt neben einer beträchtlichen Anzahl an Flugzeugen auch mehrere Formel-1-Rennwagen, zwei Bars, ein Gourmet-Restaurant und diverse Kunstausstellungen und Skulpturen. Und genau da, fahren wir jetzt noch hin.

Eigentümer dieses supermodernen Gebäudes ist der „Schutzpatron vieler Läufer“. Er ist der Verantwortliche des Zaubergetränkes, das uns so oft am Ende unserer Kräfte noch Flügel verleiht. Die Rede ist vom Salzburger Milliardär und Flugzeugliebhaber „Didi“ Mateschitz. Vielen wird der Mitbesitzer der Firma Red Bull bekannt sein. Man könnte das Ganze also auch das Red-Bull-Museum oder eher noch -Tempel nennen. Über den Geschmack des Getränkes lässt sich bekanntlich streiten, die positive Wirkung soll aber nachweislich unbestritten sein. Ich nehme die Möglichkeit im Rennen immer sehr gerne wahr und traditionell leere ich vor jedem Start eine Dose, seit mir bei einem Rennen tatsächlich – für meine Verhältnisse – mal die Flügel gewachsen sind. Anton dagegen pflegt bei so einem Angebot eher zu sagen: „Des kennts selba saufa“, hab ich so gelesen in seinen Berichten!

Aus der simplen Notwendigkeit, einer neuen Heimat für seine Flying Bulls, entwickelte sich eine weltweit einzigartige Kombination aus Flugzeug-Hangar, Kunstgalerie, Gastronomie und Erlebnisbereich. Von außen betrachtet bildet das architektonisch unglaublich beeindruckende Gebäude die Grundform eines Flügels. Zu erwähnen wäre noch, dass alles gratis zu besichtigen ist.

Schon vor der Halle werden wir von Sicherheitsleuten hingewiesen, dass heute ein großes Event statt findet, das Red Bull Paper Wings World Final 2009. Der finale Wettbewerb, in dem die weltbesten Papierflieger-Piloten ermittelt werden. Was es nicht alles gibt. Die ersehnte Ruhe finde ich natürlich hier nicht, aber dafür ein richtiges Spektakel. Die Hütte ist proppenvoll und die Lärmkulisse gewaltig. Um Platz für den Wettbewerb zu schaffen, mussten einige größere Exponate wie die wunderschöne, hochglanzpolierte North American B-25J MITCHELL die Halle verlassen, das meiste kann aber innen besichtigt werden.


Denken, falten, werfen lautet die Devise der Papierflugzeug-Ingenieure oder -Piloten, so nennen sich nämlich die Teilnehmer. Aus 85 Ländern kommen die Top-Drei jeder Nation in den Kategorien „Longest Airtime“, „Longest Distance“ und „Aerobatics“ ihr Land. Wir kommen gerade zum Start des „Longest Airtime“ Bewerbes. Ein Jury Mitglied zeigt allen wie es geht, sein längster Flug wird bei über 12 Sekunden gestoppt, die Zeit wird dann auch von keinem der nachfolgenden Piloten erreicht. Bis unter die Decke werden die Flieger geschleudert, die unterschiedlichsten Falttechniken kann man ausmachen. Keiner darf im Übrigen seinen Papierflieger mitbringen, sondern alle sind vor dem Start mit identischen DIN A4 Blättern ausgestattet worden. In der „Longest Distance“ Kategorie wurden vom Sieger 54.43 m erreicht.

Eigentlich wollten wir uns noch in einem der phantastischen Cafés niederlassen, aber der Lärm ist uns dann doch zu hoch. Zu einer richtigen kulinarischen Institution ist mittlerer weile das Restaurant Ikarus geworden.  Jeden Monat kreiert ein renommierter Spitzenkoch aus einem anderen Land das Menü und bereitet es anschließend auch in der Küche zu. Für uns ist das aber heute nicht das Richtige, wir bevorzugen eher noch was Kohlenhydratreiches. Aber einen Besuch des ehrwürdigen Red Bull Tempels kann ich jederzeit nur empfehlen, ist schon fast ein Muss.

Informationen: Salzburg Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

Der Marathonmorgen beginnt schon ziemlich früh, da der Start bereits um 9 Uhr erfolgt. Dafür werden wir aber mit einem makellosen blauen Himmel und angenehmen 10 Grad belohnt. Ein Wunder ist es da nicht, dass der Teilnehmerrekord erneut gebrochen wird und jetzt bei 4.680 steht. Beim Marathon stehen heute ca. 650 Läufer/innen am Start. Es gibt natürlich noch jede Menge anderer Bewerbe um auf die stolze Summe zu kommen. Da wären noch ein Halbmarathon, Viertelmarathon, ein 5 km Genusslauf und noch Marathon-Staffeln. Ganz vorne und etwas früher dürfen die Teilnehmer der Österreichischen Staatsmeisterschaft starten. Gleich danach lässt man auch uns von der Leine.


Bereits nach 2 km verlassen wir die historische Altstadt und es geht auf der mit Kastanienbäumen gesäumten Allee zum Schloss Hellbrunn. In Salzburger Zeitungen gab es einigen Wirbel, weil ausgerechnet auf diesem Weg während des Marathons Brücken saniert werden und derzeit nur Behelfsbrücken aufgebaut sind. Hätte ich die Meldung nicht gelesen, wäre mir das kaum aufgefallen, wieder mal viel Rauch um Nichts in den Gazetten. Nach 5 km sind wir am Schloss, ein paar hundert Meter geht es durch die Anlage, der Kiesweg ist für uns mit einem roten Teppich ausgelegt, hier ist auch die erste Getränkestation. Hellbrunn und sein weitläufiger Park zählen zu den prächtigsten Renaissance-Bauten nördlich der Alpen. Weltweit einzigartig sind die bekannten Wasserspiele. Bei jetzt fast 20 Grad könnte man glatt in Versuchung kommen.

Nach einem kurzen Blick auf das Lustschloss der Erzbischöfe geht’s weiter durch den Eichetwald. Bestimmt die Hälfte der Strecke ist in der Natur zurückzulegen, man kann also nicht von einem Citymarathon sprechen. Wunderschön schattig ist es hier außerhalb des Stadtgebietes, bei dem Wetter natürlich ideal. Zuschauer sind hier aber etwas dünn gesät. Bald ist die Idylle aber wieder vorbei und ich erreiche das Stadtgebiet.


Die Matten des Viertelmarathons liegen rechts des Leopoldskroner Weihers, hier warten die Staffelläufer auf ihre Übergabe und gleich darauf kommt auch die zweite Getränkestation. Für die heutigen warmen Verhältnisse sind meines Erachtens die 5 Kilometer Abstände fast ein wenig zu viel, zum Knabbern hab ich überhaupt noch nichts gesehen. Nach einer fast vollständigen Umrundung des bezaubernden Weihers hat man einen herrlichen Blick auf Schloss Leopoldskron. Mozart war hier mal zum Vorspielen eingeladen.

Die nächsten Kilometer führen recht unspektakulär durch Salzburger Vororte und Wohngebiete, bei ca. km 14 liegt links eine der größten und bekanntesten Brauereien Österreichs. Der Stiegl Bräu braut hier an seinem einzigen Braustandort sein Bier mit bestem Quellwasser vom nahen Untersberg. Tradition wird hochgehalten, schon seit 1492 wird mit dem Pferdewagen ausgeliefert, auch heute noch werden täglich die Gaststätten rund um die Brauerei mit den angespannten Rössern versorgt.

Am Versorgungspunkt bei km 15 laufen Jan mit Karin im Schlepptau auf mich auf. Seit einiger Zeit spielt er ihren Pacer, sie ist auf der Jagd nach einer neuen Halbmarathonbestzeit. Da stelle ich mich doch auch gerne zur Verfügung und wir erhöhen im Verlauf noch etwas das Tempo.

An der Westseite des Mönchsberges überqueren wir auf der Lehener Brücke die Salzach, wenig später kommt auch Verpflegungsstelle 4, zum ersten Mal kann ich auch Bananen entdecken. Am Makartplatz vorbei passieren wir Mozarts Wohnhaus und schon geht’s bei km 20 über die Staatsbrücke zurück in die Altstadt.


Aber erst geht’s nochmal ein Stückchen weg vom Ziel. Wir dürfen noch eine kleine Runde um die Altstadt bis zum Mönchsbergs drehen.  Dort ist auch noch ein ca. 100 Meter langer Tunnel zu durchqueren. Einen tollen optischen Leckerbissen bieten die Pferdefresken der Pferdeschwemme vor dem früheren fürstlichen Marstall mit der Skulptur des „Rossebändigers“. 1693 wurde hier die Felsenreitschule an den Wänden des Mönchsbergs errichtet. Der Ort dient heute als Aufführungsstätte für die Salzburger Festspiele.

Die letzten Meter führen uns vor jubelnden Zuschauern zum Ziel- bzw. Halbzeitbogen am Residenzplatz, Karin hat’s geschafft, sie geht mit neuer HM-Bestzeit ins Ziel. Jan und ich haben aber bei dem herrlichen Wetter noch lange nicht genug. Aber jetzt können wir wieder etwas Tempo rausnehmen, die Temperaturen werden wahrscheinlich die 20 Grad schon überschritten haben. Für mich ist es das Traumwetter zum Laufen schlechthin, ich mag es lieber etwas wärmer.

Natürlich ist es jetzt auf der Strecke deutlich ruhiger. Wie bei den meisten Marathons mit integriertem HM geht die Mehrzahl der Läufer auf die Unterdistanz. Aber alleine bin ich deshalb nicht unterwegs, es sind noch einige auf der Piste. Insgesamt erreichen 596 Marathonis das Ziel. Ich kann heute die 4-Stunden Marke locker unterbieten auch wenn mir die Beinchen auf den letzten 5 Kilometer noch ziemlich schwer werden. Als Trainingslauf für den Supermarathon in zwei Wochen am Rennsteig müsste es aber schon gepasst haben.

Den Ausklang dieses tollen Tages feiern wir im 300 Jahre alten, berühmten Café Tomaselli, direkt vor dem Zieleinlauf. Die Kuchenplatte wird hier von der Bedienung direkt an den Tisch getragen. Bei der Auswahl läuft einem das Wasser im Mund zusammen, aber wir haben’s uns heute auch verdient.

 

Informationen: Salzburg Marathon
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