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Laufberichte

Von den Bergen in die Stadt

 

Fotos: Klaus und Margot Duwe

 

Es ist kein Zufall, dass auch heuer wieder die österreichischen Staatsmeisterschaften im Marathonlauf (zum fünften Mal seit 2007) im Rahmen des Salzburg Marathons ausgetragen werden, denn die flache Strecke über zwei Runden garantiert schnelle Zeiten. Ich hätte mir gewünscht, auch davon profitieren zu können, doch die Voraussetzungen dafür sind eher schlecht.

Als ich am Samstag gegen 22 Uhr in Salzburg am Bahnhof ankomme, liegt ein Trail-Marathon in Innsbruck mit 1450 HM hinter mir, der mich viel Substanz bei den zahlreichen steilen Aufwärtspassagen und anspruchsvollen Wandersteigen abwärts über Wurzeln und Steine am Weg gekostet hat. Bei einem Sturz habe ich mir zudem das rechte Knie aufgeschlagen. 

In der Nacht schlafe ich schlecht. Beim Abwärtslaufen wird eine andere Muskulatur aktiviert, deren Überbeanspruchung ich nun spüre. Für solche Fälle habe ich immer Perskindol-Gel dabei, das lindernd wirkt.

Das Hotel bietet das Frühstück bereits um 6 Uhr an, was mir sehr entgegenkommt, denn ich bin einer von den Läufern, die erst knapp vor dem Marathonstart um 9 Uhr ihr Startsackerl am Kapitelplatz abholen müssen. Diese Ausnahmeregelung kommt meinem geplanten Doppelpack am Wochenende und erstem im heurigen Jahr 2016 entgegen. 

Der Fußweg in der Früh zuerst zur Salzach runter und am Fluss entlang, wo auch die Marathonstrecke am Rückweg in die Stadt verlaufen wird, über den Pioniersteig an das rechte Ufer des mit 225 km Länge längsten und wasserreichsten Nebenflusses des Inn, ist ca. 2 km lang. Beim langsamen Gehen kommen einem allerlei Gedanken. Froh bin ich, dass ich mehrere Lagen für den Kältefall bei mir habe, ohne langes Shirt würde ich heute nicht antreten. So schön und warm es  gestern in Innsbruck war, so sicher ist die Prognose, dass es heute spätestens gegen Mittag in Salzburg regnen wird. 

Ich warte keine fünf Minuten, schon wird mir die Startnummer mit einigen Prospekten und als Geschenk statt einem Baumwollshirt heuer erstmals ein Handtuch mit dem Logo des Salzburg-Marathons ausgehändigt. Ich habe noch 1 ½ Stunden Zeit, die ich nutze, um ein wenig in der Altstadt von Salzburg, die zum Weltkulturerbe zählt, umher zu spazieren. Das Geschehen am Morgen konzentriert sich am Residenzplatz, wo sich das Ziel des Marathons und Halbmarathons befindet. Bei Bedarf kann man seinen Kleiderbeutel bei aufgereihten LKWs nach Startnummern geordnet deponieren. 

Etliche Marktstände sperren am Tag der Arbeit früher auf, viele Läufer machen es wie ich und besorgen  sich noch schnell etwas zu essen und zu trinken. Eine überdimensionierte Brezen um 2,50 Euro beim Spezialisten dient mir zur Stärkung. Bis jetzt habe ich kein bekanntes Gesicht erblickt. 

Ach ja, bevor ich es vergesse: Klaus arbeitet durchgehend – und so erreicht mich in der Nacht die Eildepesche, dass der auf seinem Konterfei etwas grimmig dreinblickende, aber sonst sanftmütige und friedliebende M4Y-Kollege Herbert „Jeepney“ Orlinger, der gerade wegen seiner exzellenten Berichte längst weit über seine Linzer Heimat hinaus bekannt ist, heute nicht am Start stehen und für ihn dringend ein Ersatz benötigt wird. In solchen Momenten springe ich natürlich ein, wenngleich ich seine Laufzeit nicht schaffen werde. 

Bei meinem letzten Bericht über den LCC-Frühlingsmarathon im Prater erwähnte ich, dass ich mich um die Zahl 13 nicht mehr kümmere: Heute wird in Salzburg der bisher 13.Marathon gelaufen, der mit meinem ebenfalls  13. in diesem Jahr zusammenfällt. Meine steifen Beine sind der wirkliche Indikator für mich, denn infolge der Müdigkeit werde ich heute am 1. Mai keine sub 5 Stunden zusammenbringen. 

 


Der Marathon beginnt


Heuer wird wieder am Rudolfskai um 9 Uhr gestartet, der Beginn des Salzburg-Marathons in den vergangenen Jahren erfolgte nämlich an unterschiedlichen Plätzen. Ich stehe ganz hinten im blauen Block mit mehr als 4 Stunden Laufzeit. Neben mir haben sich die 4:45er-Tempomacher und auch die Nachhut mit einer Schlusszeit unter 5 Stunden eingereiht. Bei uns stehen kaum Halbmarathonläufer/innen, diese haben sich weiter vorne postiert. Für die 21,095 km wären 2:29:59 keine herzeigbare Nettolaufzeit, hingegen für die volle Distanz, also zwei Runden hier in Salzburg, durchaus rechnerisches Kalkül. 

In Salzburg bin ich schon öfters gelaufen, letztes Jahr war ich am Vortag beim Welschlauf dabei und bin dann von dort in die Mozartstadt weitergefahren. Eine ähnliche Laufzeit wie 2015, nämlich unter 5:15, wäre passabel bei einem Doppler, der mit dem gestrigen Start um 12 Uhr 30 in Natters zum 42,6 km langen Trail-Marathon einen zeitlich kürzeren Abstand hat.  

Es wird in Blöcken gestartet, wir sind die letzten. Der Platzsprecher merkt an, dass wir Gas geben sollen, denn es werde bald regnen. Ich habe mich 20 m vor dem 4:59:59-Tempomacher hingestellt, der eine kleine Gruppe um sich versammelt hat. Ziel ist es zunächst, in der ersten Runde immer vor ihr zu bleiben. Es geht hinein in die Hellbrunnerstraße, ich laufe auf einen Kärntner auf, den ich in Aquileia beim Marathon traf. 

Wir laufen bei der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg, kurz NaWi genannt, vorbei. Derzeit nutzen ca. 5000 Studierende das Angebot an Bachelor-, Master-, Lehramts- und Doktoratsstudien. Ich habe hier einmal ein Gratiszimmer als Angehöriger des Bildungsministeriums beanspruchen dürfen, allerdings im Zuge einer Tagung. 

Der Abschnitt in die 2.5 km lange Hellbrunnerallee, umsäumt auf beiden Seiten von allerlei Baumarten, wurde 1615 im Auftrag von Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems angelegt und ist für den motorisierten Verkehr gesperrt. An der Straße bzw. in der Nähe liegen etliche herrschaftliche Ansitze, nämlich Schloss Freisaal, urkundlich bereits 1392 erwähnt und seinerzeit auch als fürstliches Lusthaus  in Verwendung, ferner die Frohnburg und Schloss Emsburg, heute in Privatbesitz.

Im Hochsommer mag die Allee Schatten spenden, heute in der zweiten Runde werden uns die dichten Blätter der Bäume wohl zudem vor dem angekündigten Regen schützen. Ich persönlich mag den Untergrund in der Allee wegen der Kiesauflage auf gewalztem Schotter allerdings nicht. Um die 5 h-Nachzügler in Schach zu halten, muss ich knapp unter 7 min/km laufen.  Mein Tempo hat sich auf 7:10 verlangsamt, ich komme auf der Allee schlechter beim Laufen voran.

 

 

Die Strecke kenne ich ja schon, dieser Teil hat sich in den letzten Jahren nicht verändert. Auch nicht der Schwenk in eine 90-Grad Schleife hinein zum Schloss Hellbrunn. Davor werden wir mit musikalischen Klängen empfangen, ich höre aber nicht so genau hin. Ein ca. 150 m langer, orange-roter Teppich ist über den Kiesweg gebettet, es läuft sich hier viel leichter. In meinem Umfeld befinden sich nur langsame Läufer/innen, die auch gar nicht auf die Idee kommen, vielleicht seitlich zu überholen. Ich bin bisher an Hellbrunn nur im Rahmen des Marathons vorbeigekommen, besichtigt habe ich das im frühen 17. Jahrhundert angelegte, unter Denkmalschutz stehende, manieristische Lustschloss mit barocker Gartenanlage sowie den bekannten Wasserspielen noch nicht. 

Wir kommen zur ersten Labestation bei Kilometer 5, direkt hinter dem Ausgang. Die Capoeira-Tänzer sind auch jedes Jahr an der linke Ecke des Torbogens versammelt. Da soll nicht als Ausdruck der Geringschätzung gedeutet werden, denn in dieser traditionellen brasilianischen Kampfkunst fließen Kampf und Tanz, Musik und Akrobatik, Ernst und Spiel zusammen. Nur vermittelt mir mein Körpergefühl nach dem gestrigen Trail-Marathon keine Lebensfreude, ich schleppe mich des Weges.  
Bei der Labe ist alles da, was man so braucht – Wasser, Powerade, Orangenstücke, Bananen und Cola. Ich drehe mich um, die 5 h-Nachzügler sind nicht in Sicht. Wie auch, dann müsste ich mit Spiegeln zweimal um die Ecke schauen können. Den ca. 50 m langen, leichten Anstieg überbrücke ich im Gehtempo mit einem Becher in der Hand – es schaut besser aus, wenn man so tut, als ob man lieber im Gehen trinkt. 

Ein Polizist regelt den einspurigen Autoverkehr in die anschließende Keltenallee, auf der ich nun mein Lauftempo wieder etwas auf 6:50 min/km erhöhe. Man ist selbst erstaunt, wenn man es zu langsam angeht und dann auf die Uhr blickt. Ich liege bereits nach 6 Kilometern um 7 Minuten über meiner sonstigen Sechserrichtzeit, die heute zu schnell auch auf der ersten Runde wäre. 

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Informationen: Salzburg Marathon
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