2019, dem Jahr vor der Pandemie, fand der 20. Fränkische Schweiz Marathon statt. Und in diesem Jahr soll es mit Vollgas endlich weitergehen, das garantiert das Sport- und Kulturamt des Landkreises Forchheim mit Marion Rossa-Schuster an der Spitze. Neben dem Marathon steht der Staffelmarathon, Halbmarathon, 10 Kilometer-Lauf, Handbike und als Neuerung der Run&Bike für den Sonntag auf dem Programm. Der Samstag ist für die Familie mit Bambini- und Schülerlauf vorgesehen sowie Jogger, Walker oder Wanderer können beim 1/10-Marathon (4,2 Kilometer) teilnehmen.
Bisher habe ich mich immer der Langstrecke gestellt, in diesem Jahr reichen mir ein paar Kilometer weniger. Henny wird als meine Staffel-Partnerin die ersten zehn Kilometer bestreiten, bevor ich mich auf die letzten 32 Kilometer begeben werde. So finde ich genügend Zeit, die Starts der folgenden Rennen zu beobachten sowie das Marathonrennen in Ebermannstadt zu verfolgen, wenn die nach der ersten Schleife von Weilersbach zurückkommen.
Die Startgebühren sind beim Marathon und beim Halben sehr günstig. Frühzeitig kann man sich für 35 bzw. 22 EUR einschreiben, für die kürzeren Strecken noch weniger. Für den Nachwuchs werden die Startgebühren von einem Sponsor übernommen. An der Startnummer hängt ein Pastagutschein, der am Marktplatz, wo auch die Siegerehrung und die Läufe am Samstag starten und enden, eingelöst werden kann. Ich weiß nicht, wie viele Helfer akquiriert werden, aber es sind genügend vorhanden.
Bereits am Freitag spätnachmittags fahren wir nach Ebermannstadt mit der Bahn. Da kann man jetzt wieder entspannter reisen, da das Neun-Euro-Ticket ausgedient hat und die Leute auf eine Nachfolgelösung warten. Mit dem Bayernticket kann man aber auch ganz günstig reisen. Und der Bahnhof in Ebermannstadt liegt nur fünf Minuten vom Marktplatz entfernt.
Den Samstag verbringen wir mit einer Erkundung der Kleinstadt mit 7000 Einwohnern. Im Jahr 531 soll hier eine Ansiedelung durch einen Stamm der Thüringer erfolgt sein. Bereits 1323 verlieh König Ludwig der Bayer das Markt- und Stadtrecht und heute ist Ebermannstadt Mittelzentrum. Das Stadtbild prägt die neoromanische Nikolauskirche, bei der es, wie in Bayern auf dem Land üblich, bereits um Sechse in der Früh das Morgenläuten zu hören ist. Bewundernswert ist natürlich das altfränkische Fachwerkhausensemble rund um den Marktplatz und in der Hauptstraße, auch das Schöpfrad an der Wiesent unmittelbar am Landratsamt (Atemschutzzentrum) am Ostrand der Stadt ist ein Hingucker. Dort beginnt bereits ab Samstag 13.00 Uhr die Startnummernabholung. Das Startgelände ist von dort etwa fünf bis zehn Minuten fußläufig entfernt. Dort treiben wir uns dann am Nachmittag herum und schauen uns an, wie der Nachwuchs und die Freizeitläufer ihr Geschäft beherrschen. Und ich muss zsagen, beim Nachwuchs sind schon gute Talente darunter, da bin ich mit Peter auch einig. Dem genügt am Sonntag übrigens der Halbe.
Am Sonntag werden bereits um 08.30 Uhr die Handbiker auf die Strecke gelassen. Und wer mit dem Auto anreist, muss sich darauf einstellen, dass die Bundesstraße 470 zwischen Weilersbach und Behringersmühle bereits ab 07.00 Uhr für den kompletten Verkehr gesperrt ist. Die Umleitung aus Osten und aus Westen ist zeitaufwändig. Tipp: Wer mit dem VGN am Sonntag anreist, fährt mit seiner Startnummer am Wettkampftag im Verbundgebiet kostenlos.
Um 08.35 Uhr wird das Marathonfeld auf die Strecke gelassen. Ich hätte mir ein zahlenmäßig stärkeres Feld gewünscht, aber die Pandemie wirkt wohl noch lange nach. So gehen nur gut 160 Marathonis, dazu knapp 40 Staffeln ins Rennen. Roland findet die Abgabestelle für die Klamotten (Turmhalle der Volksschule) nicht gleich, verspätet sich und beginnt das Rennen von ganz hinten. Einer der Favoriten des Marathons, Isaac Kiprop Sing’Oei, hat Probleme bei der Anbringung der Startnummer und rennt dem Feld mit 1,5 Minuten Verspätung hinterher. Aber nach gut 34 Minuten hat er den Malus beseitigt, denn er erscheint als Erster wieder in Muggendorf. Kurz zuvor und danach startet das Halbmarathonrennen (inklusive der Bayerischen Meisterschaft und der Bayerischen Polizeimeisterschaft) und das 10 Kilometer-Rennen. Ich verfolge die Marathonläufer eine Weile, dann wird nach 65 Minuten Henny von den Moderatoren Michael und Jochen angekündigt. Eine gute Zeit für sie. Ich laufe ihr entgegen, übernehme die Startnummer (auf der Rückseite befindet sich der Chip) und mache mich auf den Weg.
Viele Zuschauer stehen im Ortsbereich und feuern die Läufer an. Man steht hier mit Freude und Enthusiasmus hinter der Veranstaltung. Hier sind die Sporttreibenden gut aufgehoben. Bis ich schaue, ist mein erster Kilometer in knapp 5.20 Minuten vergangen. Der nächste ist nicht wesentlich langsamer, da die Straße leicht nach Gasseldorf hinaufführt. Ich kann noch vor meinem zweiten Kilometer auf die 4.30er-Pacer auflaufen. Der Roland B. hat sich bei denen hinten angeschlossen.
Oben wartet meine erste Trinkstelle mit Wasser und Iso, später werden noch Bananen und ganz zum Schluss Cola und Müsliriegel gereicht. Und wer noch etwas „Handfestes“ braucht, kann sich einen Schluck von den vielen Zuschauern oder bei den Festen entlang der Strecke schnorren. Wir sind ja hier in der Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt.
Auf der anderen Seite der Bundesstraße kommen uns nun vereinzelt die Handbiker entgegen. Die sind nun auf den letzten Kilometern unterwegs und haben einen entsprechenden Speed drauf. Die Bundesstraße 470 zählt in diesem Bereich zur Burgenstraße, eine ausgewiesene Strecke von Mannheim nach Bayreuth. In der Fränkischen Schweiz berührt die Ferienstraße namhafte Orte, Burgen und Schlösser, wie z. B. die Kaiserpfalz in Forchheim, Egloffstein, Gößweinstein, Pottenstein, Waischenfeld bis zum Schloss Seehof bei Memmelsdorf.
Streitberg, der nächste Ort, auf den habe ich mich immer gefreut. Aber heuer gibt es nur ein Fest an der Ortseinfahrt vor der Feuerwehr. Früher stand hier eine Sambagruppe und rassige Tänzerinnen zeigten ihr Können. Also ziehe ich weiter durch’s Wiesenttal. Zwei Burschen, der Tobias und der Jan, bewegen sich im Gleichschritt voran. Der alte Mann hinter der Kamera zieht vorbei und muss sich erklären, was er so treibt.
Rechterhand sehe ich dann jenseits der Wiesent die Burg Neideck, die im Jahr 1219 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Sie liegt auf einem ausgesetzten Sporn und war daher im Mittelalter nur schwer einzunehmen. Heute ist sie ein Wahrzeichen der Fränkischen Schweiz.
Das Tal engt sich ab dem nächsten Ort spürbar ein. Muggendorf ist bekannt für die zahlreichen Höhlen (Rosenmüller-, Witzen- und Oswaldhöhle). Die St.-Laurentius-Kirche dominiert das Ortsbild. In einem weiten Bogen führt unser Kurs nun um den Sportplatz herum. Die Bundesstraße wird schmäler, das Tal nochmals enger. Vorteil, es gibt mehr Schatten. Auf der anderen Seite kommen nun die Vier-Stunden-Pacer entgegen, mit einigen Läufern im Gefolge. Man grüßt sich artig.
Kurz vor der Gruppe ist der Wiener Gerhard unterwegs auf seinem ersten Marathon, wie er scherzhaft sagt. Von den 700 zuvor gelaufenen sagt er nichts. Er kommt zwar aus Wien, wohnen tut er allerdings dort, wo in Deutschland, in Europa oder irgendwo auf der Welt gerade ein Marathon stattfindet. Dann höre ich ein Schnauben und Toben von hinten, die Dampflok mit Anhängsel kommt, die Passagiere winken heraus. Und dann ist die Wende da, der elfte Kilometer ist von mir abgehakt.
Nun verläuft unser Kurs leicht bergab, es lässt sich gut laufen, meine Kilometerschnitte werden schneller. Ich nehme mir als Ziel vor, auf den Pacer der vier Stunden aufzulaufen, auch wenn der noch einen knappen Kilometer entfernt ist. Auf der anderen Straßenseite grüßen Ulrich und Roland B.. Zurück in Muggendorf macht eine Sambagruppe gerade Pause und lässt sich auch auf mein Rufen nicht aktivieren. Zumindest ein Trommler gibt mir den Takt fürs Laufen vor.
Am „Brückla“ Muggendorf zeigt ein Wegweiser nach links. „Kohl-Dampf“ lese ich, eine Einkehr für durstige und hungrige Sportler ist eingerichtet und wer schlecht zu Fuß ist oder einfach die Aussicht genießen will, kann mit der Dampfbahn ab Ebermannstadt anreisen.
Das Tal weitet sich wieder, die Sonne übernimmt das Zepter. Die Luft hat sich spürbar erwärmt. Nun kommen uns auf der anderen Seite die ersten Paare entgegen, die am Run&Bike teilnehmen, sich also im Laufen und Radeln abwechseln. Das Feld ist sehr übersichtlich und würde deutlich mehr Teilnehmer vertragen. Die Leute, die am Ortsrand von Streitberg am Zaun sitzen, kenne ich. Sie hören Rock'n'Roll aus den 50er und 60er Jahren. Die Erfrischung aus dem Wasserschlauch, den sie aufgedreht haben, wird von den Läufern dankend genutzt.
Gleich nach der Trinkstelle biegen wir rechts nach Streitberg hinein, die Biertische rechterhand sind schon gut besetzt. Ich rieche schon Deftiges aus dem Grill, mein Magen knurrt. Ein Schäuferl mit Knödel könnte ich jetzt verdrücken, aber dann wäre mein Lauf hier zu Ende, also hebe ich mir das für das Abendessen auf. Oben sehe ich die Burgruine Streitberg. Der Ausblick von dort ist gewaltig. Vor Jahren hat mich mein Freund Thomas von Laufspass.de bei einem privaten Herbstmarathon hochgeführt. Gefällig laufen wir wieder aus Streitberg hinaus, weiter auf der B 470, nur mehr gut vier Kilometer nach Ebermannstadt. Vielen Marathonis sehe ich an, dass sie bereits jenseits der Kilometermarke 30 unterwegs sind.
Gasseldorf, ich sehe die Katholische Kirche Maria Hilfe der Christen, dann sehe nach dem kleinen Aufschwung unser Ziel Ebermannstadt. Dort oben steht ein Musikant mit einer „Ziach“, gerade bei der Pause. Auf mein „bravo“ lässt er seinem Arbeitsgerät einen Tusch entlocken. Ganz weit vorne, am Ortsschild von Ebermannstadt, glaube ich den Vier-Stunden-Läufer zu erkennen. Gefällig geht es nun hinunter und schnell hinein in die Stadt. Der Zuschauerzuspruch nimmt sofort zu. Kurz vor dem Zielgelände sehe ich Kilometer 32. Ich laufe unter dem Zieltransparent durch und werde prompt von Moderator Michael angekündigt. Meine persönliche Halbmarathonzeit sei mit gut 1.51 Stunden gar nicht mal so schlecht, meint er. Ich mag gar nicht auf einen vollen Marathon hochrechnen.
Kurz danach können wir erneut verpflegen. Vor drei Jahren hat mir hier ein Helfer das Bier nachgetragen. Heute habe ich kein rechtes „Gelüst“ auf den Hopfensaft. Ich möchte noch die Vier-Stunden-Gruppe einholen. Bis zum Stadtrand haben wir noch wenig Sonne, aber dann geht es in das gleißende Licht.
Kilometer 34, die Rüssenbacher haben ihr Marathonfest direkt an die Strecke verlegt. Die Biertische sind voll besetzt, die Zuschauer feiern und klatschen uns weiter. Ich bin nun meinem Ziel deutlich näher gekommen, es fehlen noch rund 100 Meter. Yannick von den FO Fightern läuft auf mich auf und überholt. Mit ihm werde ich mich noch mehrmals duellieren, aber gegen die jugendliche Kraft kann das Alter trotz Routine nicht entgegenhalten. Später wird Yannick seinen Abstand vergrößern. Gut gemacht.
Auf Höhe von Reifenberg sehen wir weit oben die Vexierkapelle. Das Gotteshaus, das dem St. Nikolaus geweiht wurde, wird bereits im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnt.
Ich laufe am 4Stunden-Pacer vorbei und sehe gleich danach, dass die Wende noch 500 Meter entfernt ist. Dort wird jeder Marathoni namentlich angekündigt. Und vor mir ist mein Freund Gerhard, gut in Form. Wende, Umkehr, jetzt geht es heim, noch fünf Kilometer. Ich ziehe an Gerhard langsam vorbei. Er will auf Biegen und Brechen dran bleiben, schließt auf, kann mein Tempo dann aber doch nicht halten. Ich sage nichts, denn ich weiß, und er wahrscheinlich auch, dass jetzt Tempowechsel Gift sind. „Wir sehen uns gleich am Bierstand“, rufe ich ihm zu.
Kilometer 38, ich gehe langsam an Martin und Martina aus Hersbruck vorbei. Leider fehlen ihnen im Ziel nur wenige Sekunden, um in der Gesamtzeit eine drei vorne stehen zu haben. Drei Kilometer weiter geht es wieder in das Stadtgebiet hinein. Ich könnte jetzt noch einen Endspurt ansetzen, aber bei mir geht es ja außer dem Staffel-Finish um nichts. Ich hoffe, dass Henny für einen gemeinsamen Zieleinlauf bereit steht.
Gut 100 Meter vor der Ziellinie steht das Führungsauto mit der Uhr auf dem Dach. Ich sehe eine 3.56 Stunden, es geht deutlich unter 4.00 Stunden. Im Vorfeld bin ich davon ausgegangen, dass Henny und ich rund 4.15 Stunden brauchen werden. Auf der Seite sehe ich noch Jürgen, schon wieder frisch gemacht, mit einem Becher Bier. Und dann wartet meine Holde auf mich. Hand in Hand geht es dann unter tosenden Applaus über die Ziellinie. Ja, es hat schon etwas, als Team die Marathondistanz zu laufen. 3.57.22 Stunden steht dann für unser Teamwork auf dem Zettel und damit landen wir von den 20 Staffeln genau in der Mitte auf Rang zehn.
Und dann läuft mein Freund Gerhard ein, vier Sekunden vor der Grenze zu vier Stunden, das ist Maßarbeit. Gerhard freut sich wie ein Kind. Mir erzählt er später von seinen Verletzungen und dass es sehr, sehr lange gedauert hat, bis er wieder einigermaßen trainieren konnte.
Die Medaille bekommen wir in der Verpflegungszone umgehängt, dort gibt es nun kühles alk-freies Weißbier aus Bayreuth. Mit einer Halben bewaffnet geht dann der Autor wieder in den Zielbereich und widmet sich seiner Aufgabe. Der Zieleinlauf ist in vollem Gange und die Finisher, egal ob Solist oder Teamplayer, freuen sich über ihre Leistung. Ich sehe noch viele Freunde, so auf gleicher Höhe den blinden Anton aus Nürnberg mit seiner Begleiterin Angelika und daneben Hubert, den Macher des Zeiler Waldmarathons. Für den ist ein Marathon ein Klacks, denn er ist der Rekordhalter in Sachen Spartathlon. Ihr wisst, was das heißt.
Mein Fazit:
Mein neunter Start hat mit mir viel Freude bereitet, zumal ich mir den Marathon mit Henny geteilt habe. Was mich restlos überzeugt, ist die Freundlichkeit der Helfer. Leider lässt die Teilnehmerzahl, wie schon erwähnt, zu wünschen übrig. 1238 Teilnehmer weist die Ergebnisliste insgesamt aus. Das breite Angebot an Wettkämpfen, die Gastfreundschaft und die vielen touristischen und kulinarischen Attraktionen der Region stimmen aber optimistisch, dass der autofreie Sonntag am ersten Septemberwochenende künftig wieder mehr Sportler und Besucher anlocken wird.
Ergebnisse 2022
Männer
1. Isaac Kiprop Sing’Oei, Team Interesse, 2.36.57
2. Andreas Dietrich, TSV Bad Wörishofen, 2.38.22
3. Philipp Karpeles, 2.52.50
Frauen
1. Marija Vrajic, AK Maksimir, 3.13.20
2. Andrea Schadewell, Team Icehouse, 3.32.55
3. G. Weber, Stellenosch AC, 3.39.19