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Laufberichte

Zum 10.: Gratulation und weiter so

31.01.09

„Eich zwoa muass i jetzt no überholn“ und „Feieramd“

Zum zweiten Mal geht es für mich zum Ultramarathon nach Rodgau-Dudenhofen. Meine Zeit von 2008 scheint noch verbesserbar zu sein, denn letztes Jahr habe ich die letzten zwei der zehn Runden gelitten. Wohl die Folge davon, dass ich während des Rennens auf zwei, drei Runden die Sau rausgelassen habe. Mit etwas mehr Bedacht und Disziplin an die Strecke rangehen, Bilder schießen und beobachten, das ist mein Plan. Wie es mir ergangen ist und was es mit der Überschrift auf sich hat, das erfahrt Ihr im folgen-den Bericht.

Ich reise am Vortag an und habe mich gleich für die Übernachtung in der Turnhalle angemeldet. Das ist ganz praktisch, denn dann brauche ich nicht vor dem Wettkampf über drei Stunden hinterm Steuer sitzen. Rund 100 Athleten haben sich für diese Annehmlichkeit entschieden. „Legt euch geordnet in die Halle, denn es wird voll werden“, hat Richardt Schultz gemailt.

Wo ist denn Rodgau, wird sich der eine oder andere fragen. Nun, direkt an der Autobahn 3, ein paar Kilometer westlich von Aschaffenburg, jedoch schon zu Hessen gehörend. Rodgau hat immerhin rund 45000 Einwohner und gehört zum Speckgürtel der Mainmetropole Frankfurt.

Meine Anreise geht ohne Stress. Lediglich die zwei Geisterfahrer und der Mofafahrer auf einer Autobahn lassen mich nachdenklich werden. Hoffentlich passiert das mir nicht, dass da so ein Durchgeknallter entgegenkommt.

In Dudenhofen, einem Ortsteil Rodgaus, wird noch in der Turnhalle hergerichtet. Wir können jedoch schon die Halle beziehen. Und dann treffe ich den Klaus-Dieter Hellwig auf den Sch...haus! Er ist mit seinen Münchberger Lauffreunden gerade gekommen.

Nebenan in der Sportgaststätte haben sich schon etliche Ultras versammelt. Das Futter dort ist reichlich und zwei Bierchen für das Nichthören der Schnarcherei müssen schon sein. Ich feixe noch mit den Münchbergern herum und drohe wieder mit einem Überholmanöver kurz vor dem Ziel. Nur der Josef Schinabeck ist mir eine Nummer zu groß.

Ich schlafe ganz gut, bis in der Frühe schon eine gewisse Unruhe festzustellen ist. Es dauert dann aber nicht mehr lange, bis jemand um Sieben das Licht anmacht. Frühstückszeit: Für uns wird ein Frühstück gerichtet, das alles beinhaltet, was man sich wünscht. Und das Beste: Es kostet nichts, ein schöner Service.

Während ich noch dasitze, sieht man schon so viele bekannte Gesichter, dass ich sie nicht aufzählen kann. Nur so viel, Bernhard Sesterheim berichtet mir von seinem letzten Abenteuer, dem Grand Raid Manikou auf Martinique, das ihm einen Trainingsrückstand beschert hat. Seine Füße waren im Eimer. Und der Hartmann Stampfer aus dem Grödner Tal in Südtirol. Er hat wohl noch, meiner Ansicht nach, eine Rechnung offen mit diesem Lauf, da er 2008 nicht alle zehn Runden schaffte.

Die Zeit vergeht wieder zu schnell, also auf zum zehnminütigen Spaziergang zur Freizeitanlage Gänsbrüh, wo Start und Ziel eingerichtet ist. Teilnehmer am Lauf sollten Wechselkleidung mitnehmen, falls ein Kleidertausch notwendig werden sollte. Zumindest hat man nach dem Finish trockene Klamotten bereit. Denn nichts ist ärgerlicher, im verschwitzten Zustand auszukühlen und sich noch einen Infekt einzufangen.

Der Wetterbericht liegt mit seiner Prognose nicht gerade richtig, denn es ist jetzt hochnebelartig bewölkt, der Wind pfeift über die Felder und temperaturmäßig sind wir irgendwo im Niemandsland um Null Grad. Ich schieße noch ein paar Bilder, höre schon die Ansprache, die Startkommandos und stehe noch außerhalb des Startblocks. Wenn ich noch mehr trödle und den Start verschlafe, dann gebe ich die Erlaubnis, mir mit einem Tritt die richtige Richtung zu geben.

Und wie in den bisherigen neun Veranstaltungen bleibt der Trend zur Teilnahme positiv. Abermals legen die Zahlen zu. Über 1000 Anmeldungen, ein Zugang um 15 Prozent zum Vorjahr. Auch wenn es auf der ersten Runde eng werden sollte, das Feld zieht sich dann schon auseinander.

Startschuss, Runde eins: Ohne Hektik setzt sich das Feld in Bewegung, wohl wissend, dass es ein langer Weg werden wird. Und: Abgerechnet wird zum Schluss. Nach einem 400 Meter langen leichten Gefälle geht es nach einer scharfen Rechtskurve am Waldrand entlang. Wir spüren schon den Gegenwind. An der Verpflegungsstelle greift noch niemand zu. Die Helfer stehen schon parat. Kilometerschild eins befindet sich bereits im Bereich der Felder. Der Wind kommt hier von der Seite. Ostwind, der macht halt im Winter die Angelegenheit schwieriger, da er meist Kälte mitbringt.

Später biegen wir rechtwinkelig ab und haben jetzt den Wind von vorne. Ein wenig Windschutz gibt uns die Heckenreihe auf der linken Seite. Jetzt kann ich mich noch im Windschatten der Vorderleute verstecken. Bei Kilometerschild zwei sind wir wieder im Wald und windgeschützt.

Das kurze Pendelstück fordert ein wenig Konzentration, da jetzt große Massen auf dem Waldweg verkehren. Am Ende steht eine gefüllte Regentonne als Markierung, um die wir kreiseln. Am Ende des Gegenverkehrsbereichs haben wir genug Platz.

Kilometer drei, wir verlassen wieder den Wald und haben den Wind jetzt eher von hinten. Nach 500 Metern über die Felder sehe ich eine Wasserpfütze, die über die ganze Wegbreite reicht. Die war wohl eine Eisplatte und die hat man mit Streusalz bearbeitet.

Wieder im Wald geht es links und dann rechts herum, hier müssen wir aufpassen, denn der Untergrund ist etwas uneben, auch sind einige Fahrspuren bockhart gefroren. Kilometer vier, links ist das Testgelände von Opel, eingezäunt wie ein Munitionslager. Es folgt eine kleine Steigung, fast nicht wahrnehmbar. Die wird aber der eine und andere beim Fortgang des Rennens verfluchen.

Nach einer leichten Rechtskurve geht es gefällig zum Zielgelände, links sehen wir vorher noch einen Spielplatz und einen Weiher. Gabi Gründling, frühere Leidner, moderiert sachkundig und versucht, möglichst viele Sportler anzusprechen.

Die erste Runde ist geschafft, doch o Schreck, die Uhr am Zieleinlauf zeigt mir schon über 27 Minuten an. Hab ich schon so viel Zeit vertrödelt oder war der Startstau schuld. Egal und weiter. Ich habe ja noch neun Runden Gelegenheit, aus dem Rennen das Beste zu machen.

Zehn Runden laufen auf einem Fünfziger. Vereinskollegen können das nicht verstehen und zeigen mir mitunter den Vogel. Die Runde ist aber nicht öde. Es ist kurzweilig, die Landschaft ändert sich fortlaufend, alles ist flüssig zu rennen, der Untergrund beinhaltet Asphalt und befestigte Wege zu gleichen Teilen. Ja und am Wendepunkt kann man das Feld vor und hinter sich beobachten.

Runde zwei: Ich überhole Danny Verdam. Der ist aufgepackt wie ein „Lastesel“ und will sich auf den Marathon des Sables vorbereiten. Hinten Rucksack und vorne zwei große Wasserflaschen. Mich würde es interessieren, wie viel Kilo Gepäck er über die Strecke schleppt.

Am Wendepunkt sehe ich einen Wahnsinnigen, der „oben ohne“ läuft. Muss ein Lappe sein, der ein Sonnenbad nimmt, wenn die Sonne kaum überm Horizont steigt. Ja, da kann er gleich beim Donauschwimmen in meiner Heimat mitmachen, das just heute stattfindet. Und baden kann er in der zwei Grad warmen Donau auch ohne Neopren.

Ich habe mein Tempo leicht gesteigert. Mich spricht Hartmann Stampfer während der ersten Überholmanöver an. Wir wechseln ein paar Worte, bis er mich nach vorne schickt. Nächste Woche will er in Verona laufen. Ich wünsche ihm alles Gute, auf dass er heute finishen kann.

Am Ende der Runde zeigt mir die Uhr ein schnelleres Tempo ab. 25 Minuten die Runde, das wäre es, Fünfer-Schnitt. Ein möglichst gleichmäßiges Tempo auf diesem flachen 50er, das muss jeder für sich hinbringen. Heißsporne werden für einen schnellen Beginn büßen müssen und zum Ende hin demütig werden.

In der dritten Runde beginnen die Überholungen, eine Dreiergruppe, einer walkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die drei die komplette Strecke im sechs Stunden schaffen können. Aber es ist hier ja vorteilhaft, denn nach jeder Runde kann ausgestiegen werden, jede Runde wird gestoppt und man findet sich auch bei einer Teilstrecke in den Ergebnissen.

Nur wenige Augenblicke später kommt die Spitze, ein Fahrradfahrer vorneweg, der alle Mühe hat, dem Führenden den Weg frei zu machen. Der Erste hat richtig Speed drauf. Es dauert dann eine ganze Weile bis der folgende kommt.

Ich überhole einen bekannten „Charmeur“: Bernhard Sesterheim erzählt zwei Begleiterinnen von seinen Abenteuern. „Dafür müsst Ihr aber Vergnügungssteuer zahlen“, lasse ich los und ernte ein lautes Lachen von den Dreien.

Ich sehe einen Fotograf mit klammen Fingern. Ja, da wird’s Geschäft schwierig. Habe ich nicht Recht, Klaus? Bei mir ist das eher ein Wechselbad in den Pratzen. Die werden kalt, wenn der Wind von vorne pfeift. Und dann wieder warm, wenn wir windgeschützt sind.

Runde vier: „Der Mann von der Presse“, so werde ich an der V-Stelle begrüßt, als ich zwei von der Mannschaft abschieße. Ja, es gibt hier alles, was der Läufer begehrt. Wasser, Cola, Salzstangen, Salzgebäck, Riegel, Obst. Ich greife mit Vorliebe auf den warmen Tee zurück. Und die Helfer sind sehr aufmerksam, denn wenn man nicht sofort zugreift, wird einem ein Becher schon entgegengehalten.

Diese Runde vergeht sehr schnell. Ich glaube, beim Blick auf die Zieluhr eine hohe 23-Minuten-Runde hingelegt zu haben. Also etwas defensiver laufen. „Wie viel Bilder hast Du gemacht“, will die Moderato-rin, alias Frau Werwolf wissen. Nach meiner Antwort höre ich noch von ihr: „Und so schnell!“

Die nächsten Runden vergehen schnell, ich zähle, die mich überholen und lasse es denen auch wissen. Wesentlich höher ist jedoch die Zahl der Überholten. Renate Werz klagt: „Ich werde jetzt beim Ziel aus-steigen.“ Nach der sechsten Runde stecke ich meine Kamera in die Tasche. Mir tut die rechte Schulter weh, da ich das Ding bisher in der Hand gehalten habe. Und beschließe, die nächsten zwei Runden kon-zentriert und gleichmäßig zu laufen. Mittlerweile habe ich einen leichten Vorsprung auf die anvisierte Zeit von 4.10 Stunden herausgelaufen.

Vorletzte Runde: Die Hochnebendecke hat erste Lücken bekommen. Es tut gut, wenn die Sonne auf die schwarze Bekleidung scheinen kann. Gefühlsmäßig kann ich keine Tempoverringerung feststellen. Im großen Feld wird mittlerweile nicht mehr geratscht, jeder ist mit sich genug beschäftigt und kämpft. Im Zielraum „haben“ bereits erste Athleten fertig.

Auf zum Endspurt. Bei der V-Stelle mache ich wieder einen Spaß und verlange Bier. „Gibt’s im Ziel in vier Kilometern“, so schickt man mich weiter. Am Wendepunkt sehe ich dann einen Bekannten, Klaus-Dieter. Hoffentlich hat er mich nicht gesehen, dann kann ich mich wieder anschleichen. Es dauert nicht lange, dann ruf ich von hinten: „Quäl Dich!“ Worauf er ein „Du Sau“ antwortet. 4.10 Stunden möchte er schon noch unterbieten. Und das wird er schaffen.

Noch mal den kleinen Berg neben dem Testgelände hochquälen und dann laufen lassen. Ich bin glücklich, dass es zu einer neuen Bestzeit über 50 Kilometer reicht. Kurz vor dem Ziel sehe ich dann, im Läufer-wahn oder im Tunnelblick oder im Runner’s High zwei bekannte Ansichten von hinten. Eberhard Oster-tag und Klaus Duwe, der heute zwei Runden mitlaufen wollte. „Eich zwoa muass i jetzt no überholn“, lasse ich los. Und dann nach fünf Meter: „Feieramd.“ Klaus klopft mir auf die Schulter. „Gut gemacht, Anton.“

Die Uhr zeigt brutto eine 4.07 Stunden ab. Ja es ist eine neue Bestzeit für mich. Der Josef ist auch erst ein paar Minuten hier, er kann die 4 Stunden erneut unterbieten. Wir warten auf Klaus-Dieter, der sich noch im Zielsprint langmachen muss, da die Uhr bereits auf 4.10 Stunden umspringt.

Schnell ziehe ich die nasse Oberbekleidung aus und tausche gegen eine trockene Jacke. Die Zielverpfle-gung lässt keine Wünsche offen. Was sagt die Ergebnisliste. Gesamtplatz 79 bei 524 Finishern über 50 Kilometer in 4.06.49 Stunden. Das passt. In der Dusche wird Wasser gespart. Bei 20 Grad warmen Was-ser angesagt. Ja, es waren heute nur Lappen am Arbeiten und Laufen, keine Waschlappen. Jetzt kennt ihr den Unterschied.

Streckenbeschreibung:
Zehn Runden je 5 km, sehr kurzweilig.

Kosten:
25 Euro bei Voranmeldung, zu bezahlen bei Abholung der Startunterlagen, Nachmelder zahlen 30 Euro

Teilnehmer:
743 Starter, 524 Finisher über 50 Kilometer

Zeitnahme:
Bibchip, in der Startnummer integriert. Ergebnislisten mit allen Zwischenzeiten. Es kann nach jeder Run-de ausgestiegen werden.

Auszeichnung:
Urkunde übers Internet. Die ersten 700 Meldungen erhalten ein Laufzubehör (Tasche). Medaillen und Urkunden für die besten der Klassen.

Verpflegung:
Im Start- und Zielbereich mit Wasser, Tee, Iso, Cola, Bananen, Riegel, Rosinen, Schokolade, Kekse (sal-zig und süß), und, und, und.

Zuschauer
(Fast) nur Begleiter im Zielbereich. Auf der Strecke an zwei Händen aufzählbar.

 

 

 

 

 

Informationen: Ultramarathon Rodgau
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