Im Frankenlied von 1859 wurde der Begriff „Gottesgarten“ für eine Region am Obermain in Oberfranken geprägt. Die Laufberichte vom Obermain Marathon in Bad Staffelstein auf Marathon4you haben mich veranlasst, nun endlich auch diese Region kennenzulernen.
Es stehen mit Kloster Banz, der Basilika Vierzehnheiligen und einem der drei Heiligen Berge der Franken, dem Staffelberg, mit 539 m Höhe, drei Highlights an. Karl-Heinz Drossel organisiert mit dem TSV 1860 Staffelstein den Lauf seit der Premiere im Jahre 2004. Als man ihm dies damals antrug, wollte er eigentlich einen schnellen Marathon planen, hätte aber auf die Sehenswürdigkeiten verzichten müssen. So wurde zum Glück ein anspruchsvoller Landschaftsmarathon mit 680 Höhenmetern daraus. Die kürzeren Strecken mit Halbmarathon und 12,5 km bleiben im Tal und sind schnell.
Ich reise schon am Vortag aus 350 km Entfernung an, lerne das 30 km südlich gelegene Bamberg kennen, wo ich mich mit Robert auf einen Stadtrundgang und eine Pizza treffe. Leider im Regen. Auf der Autobahn sehe ich 12 km vor dem Ziel erstmals den Staffelberg, welcher nach den in der Jurazeit entstanden Stufen (Staffeln) benannt ist. Er wird morgen der höchste Punkt. Für die Nacht gab es mehrere Hotels zur Auswahl in Bad Staffelstein, welches erst seit 2001 das „Bad“ im Namen führen darf. Ein Anziehungspunkt ist die 1986 eröffnete Obermain Therme. Leider bleibt mir keine Zeit, den Gutschein für 2 Stunden freien Eintritt, den jeder Starter bekommt, dort einzulösen.
Von 16-18 Uhr findet die Startnummernausgabe in der Adam Riese Halle statt. Adam Ries wurde 1492 in Staffelstein geboren und gilt als berühmtester Spross, noch heute ist in der Mathematik das geflügelte Wort „nach Adam Riese“ üblich. Auch Sonntag früh bekommt man hier ab 7 Uhr seine Startnummer. Die Startaufstellung erfolgt in der nur wenige Meter entfernten Bahnhofstrasse, hier werden die Marathonis um 8:30 Uhr zuerst auf die Reise geschickt. In der Voranmeldung haben sich 204 Läuferinnen und Läufer dafür gemeldet, um 9:00 Uhr folgen 642 für den Halbmarathon und um 9:30 starten 277 auf den 12,5 km Lauf. Moderator Andi Ebert berichtet bei leichtem Nieselregen und Bürgermeister Mario Schönwald bereitet sich auf den Startschuss vor. Pünktlich geht es los.
Direkt hinter dem Startbanner peitscht uns eine Trommler-Truppe an, zügig geht es die breite Straße entlang. Ich bekomme den Eindruck, dass bei dem Wetter jeder schnell fertig sein möchte. Viele verstecken sich head-down unter Caps und Kapuzen. Wir laufen an der Therme vorbei und verlassen Bad Staffelstein, schon nach einem Kilometer sind wir außerhalb der Stadt, und folgen einer abgesperrten Hauptstraße. Die Straßenschilder weisen uns in Richtung der ersten Etappe –Kloster Banz.
Es geht flach bis Unnersdorf, wir überqueren den Main, welcher sich aufgrund der Niederschläge nicht mehr in seinem Bett aufhält. Nach fast 3 km kommt Ortsausgangs der erste kleine Anstieg. Noch einmal kurz auf einem graden Stück Fußgänger/Radweg durchatmen, dann geht es auf einer Waldautobahn steil aufwärts. Der Regen macht den Untergrund rutschig, wir klettern auf 1,5 km gemäß meiner Uhr um 184 HM aufwärts.
Ungefähr bei km 6 finden wir einen Verpflegungspunkt, von denen es heute sage und schreibe 12 Stück geben wird. Wir haben den ersten Summit beim Kloster Banz erreicht und genießen einen traumhaften Blick auf die Klosteranlage einer ehemaligen Benediktinerabtei. Wir rollen rund 500 m bergab auf das Kloster zu. Der Anblick ist phänomenal. Unten auf der Straße angekommen, folgen wir dieser nach links. Das laufen auf dem Teer nach dem schmierigen Abschnitt empfinde ich als sehr angenehm.
Die Straße senkt sich hinab Richtung Weingarten und wir verlieren die erkämpften Höhenmeter rasend schnell. Es geht mit 14% steil hinab und ich bin mir sicher, dass ich gerade die schnellsten Kilometer des heutigen Rennens unter die Schuhe nehme. So soll es auch sein, 2 km bergab in 11 Minuten gleichen den Kilometer bergauf mit 10 Minuten wieder aus. Hinter dem Ort geht es erst einmal flach durch die Mainauen und einen Kilometer später überqueren wir zum zweiten und auch schon zum letzten Mal den Main. Immer wieder ist das Kloster Banz zu sehen.
Bei Reundorf teilen wir uns einen Teil der Strecke mit den Halbmarathonis. Bei meinem Tempo, welches auf eine 5:30er Zielzeit hin deutet, begegne ich nur den Letzten und habe Unterhaltung durch den Besenwagen, welcher die Kilometerschilder der Halben direkt einsammelt. Ein paar kann ich überholen, bevor die Strecken sich wieder trennen. Die Kurzdistanzler bleiben im Tal, während die Königsklasse in Richtung Wolfsdorf und damit der Basilika Vierzehnheiligen links abbiegt.
Der zweite große Anstieg steht uns bevor, es geht wieder rund 1,5 km teils sehr steil bergauf, diesmal auf dem Bürgersteig der Hauptstraße bis zur Basilika. Man läutet extra die Glocken für uns zur Motivation, zumindest kommt es uns so vor. Gedanklich ist hier Summit 2 erreicht, aber es geht weiter nach oben. Wir umrunden den Prachtbau aus dem 18. Jahrhundert, der von etwa einer halben Millionen Besucher im Jahr besucht. Die dahinter angesiedelten Andenkenstände haben fast alle geschlossen, der anhaltende Regen ist nicht gerade besucherfreundlich.
Wir passieren die Klosterbrauerei mit dem schönen Namen „Trunk“, auch hier ist heute nichts los. Eine schmale Teerstraße führt uns weiter bergauf, wir biegen auf eine Waldautobahn und klettern empor. Bei km 18,5 beginnt unterhalb des „Alten Staffelberg“ der 8 km lange Abzweig, welcher uns über den Staffelberg führt. Hier haben wir eine Begegnungsstrecke und ich erwische mit der Kamera viele, die bereits auf dem Rückweg sind.
Wir laufen profiliert am Spitzberg vorbei und erst die letzten Meter geht es noch einmal sehr steil auf den Staffelberg. Über das Plateau laufen wir eine Runde und umrunden die Adelgundiskapelle wo bis 1929 noch Eremiten lebten. Gemäß der Staffelbergsage wohnten in einer Höhle die Querkel, das waren Wichtel, die ähnlich der bekannteren Heinzelmännchen von einer geizigen Bäuerin vertrieben wurden. Wir genießen einen traumhaften Ausblick, als hier oben der 22. Km erreicht ist. Der Regen hat inzwischen ein Einsehen und macht Feierabend, aber die aufgeweichten Wiesen und Wege erweisen sich als äußerst schmierig. Laufen und Aussicht genießen geht nicht, da muss man schon mal stehen bleiben. Summit 3 geschafft!
Wie heßt es so schön, ab jetzt geht es nur noch bergab. Pustekuchen, am Ende der Abzweigung geht es am alten Staffelberg schon wieder bergauf, dann erst rund 2 km bergab bis Uetzing. Die nächsten Kilometer ziehen sich leicht profiliert durchs Tal, wir passieren die Orte Stublang, Loffeld und Horsdorf, es geht über Feldwege, Straßen und Wirtschaftswege bis sich bei km 35 vor uns die Autobahn wie ein Wall auftürmt. Hier hat man noch einmal einen wunderschönen Blick zurück auf den Staffelberg.
Die Kilometer bis Unterzettlitz teile ich mir mit Karl, er ist heute mit 75 Jahren der älteste Teilnehmer auf dem Marathon. Auf 1,5km geht es schnurstracks an einer Bahnlinie entlang zurück nach Bad Staffelstein. Es ist zwar trocken, aber ein eisiger Wind bläst uns entgegen und geht durch bis auf die Knochen. Das Wissen, dass es zwischen den Häusern wieder besser wird, treibt voran.
Zurück in der Stadt gibt es noch einen kleinen Ausflug nordwärts bis zum Naherholungsgebiet am Westsee direkt neben dem Main. Wir passieren noch den Ostsee, und die letzten Kilometer führen uns durch den Kurpark. Zwischen den beiden Salinen steht an einem Brunnen ein „Geradeaus Pfeil“. Man könnte meinen, mitten durch das Wasser gehen zu müssen. Ich habe heute zwar schon gehört, dass der Obermain Marathon sonst eher mit der Hitze zu kämpfen hatte, aber heute würde der Gang durch den Brunnen eher Eiszapfen an den Zehen erzeugen. Also lieber trocken außen herum.
Der Weg schlängelt sich durch die Stadt, eine Unterführung ist aktuell eine Baustelle und wir müssen eine kleine Schleife weiter bis zur nächsten laufen, bevor es Richtung Stadion geht. Eine dreiviertel Runde über die Tartanbahn und dann ist das wohl verdiente Ziel erreicht. Andi begrüßt mich über das Mikro und freut sich schon auf meinen Bericht.
Es gibt direkt eine hübsche Medaille um den Hals, eine Karte des aktiven Fotografenteams, damit man seine Fotos auch findet, und neben der Zielverpflegung den Original Leikeim Willybecher mit einer frisch gebrauten Füllung nach Wahl. Ich breche schnell auf, es ist kalt und die 350 km Heimweg müssen heute noch geschafft werden.
Ich danke Klaus für diese Empfehlung, ein wirklich toller Marathon, der es verdient, die limitierten 250 Startplätze ausgebucht zu sehen. Anstrengende steile Passagen kosten Kraft und verhindern Bestzeiten, aber die tollen Highlights, die es zu erlaufen gilt, entschädigen dafür. 636 Höhenmeter habe ich auf der Uhr. Toll finde ich, dass man von der Strecke immer wieder mal einen Blick auf die erkämpften Summits werfen kann.
Zwölf Verpflegungsstationen auf 42,2 km dürften rekordverdächtig sein, ebenso wie 500-600 ehrenamtliche Freiwillige dieser tollen Veranstaltung das Leben einhauchen. Definitiv ein Geheimtipp und ein guter Grund, einmal einen Besuch in Oberfranken zu planen.
Marathon
Männer – 146 im Ziel:
2:45:55 - Marcel Krieghoff – SC Impuls Erfurt
2:50:36 – Johannes Gehrlich – Team Brose
2:55:15 – Matthias Wabra
Frauen – 26 im Ziel:
3:23:13 – Kristina Höhn – TSV 2000 Rothenburg
3:35:29 – Heike Kersten
3:35:59 – Silvia Duro