195 Millionen Jahre ist es her, da sah die Welt noch ganz anders aus. In der Jurazeit beherrschten Dinosaurier die Erde und das obere Maintal war noch der Grund eines großen Ozeans. Zum Glück für uns Läuferinnen und Läufer wurde die Erde in diesem Bereich angehoben. Das Wasser floß ab und hinterließ den Gottesgarten am Obermain und die Kulisse eines der schönsten Landschaftsmarathons in Deutschland. Nach drei Jahren Abstinenz zieht es mich deshalb auch wieder zurück nach Bad Staffelstein.
Um das schöne Frankenland richtig genießen zu können, reise ich bereits am Donnerstag mit meiner Familie an. Nach ausgiebigen Erkundungen am Freitag sowie dem Samstagmorgen geht es nachmittags pünktlich zur Adam-Riese-Halle. Um 15.00 Uhr öffnen sich die Pforten der Halle zur Startnummernausgabe. Von Andrang ist noch keine Spur, sodass ich umgehend meine Unterlagen und das inkludierte Saunahandtuch in den Händen halte. Anschließend erfolgt der erste Pilgergang hinauf zur Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, denn zu diesem Marathon gehört für mich der Marathongottesdienst, der unter den Klängen der Orgel auf die Veranstaltung einstimmt.
Nach einer erholsamen Nacht und einem frühen Frühstück geht es zum Start in der Bischof-Dinkel-Straße. Es ist noch frisch, der Himmel noch nicht in Stimmung. Die Wolkendecke ist geschlossen und lässt der Sonne noch kein Durchkommen. Das Lauffieber steigt, der Startbereich füllt sich und pünktlich um 8.30 Uhr geht es auf die. Übrigens erfolgt der Startschuss durch den hiesigen Landrat Christian Meißner persönlich, der anschließend selbst die Halbmarathondistanz unter die Füße nehmen wird. Die ersten Meter führen uns noch durch die Stadt, angefeuert von zahlreichen Halbmarathonis, die sich auf den Weg zum Start machen.
Über die Bahnhofstraße verlassen wir Bad Staffelstein in Richtung Main. Freundliche Helfer weisen den Weg und sorgen für sichere Straßenquerungen. Einige von ihnen werde ich heute noch mehrfach sehen. Spricht für die gute Organisation bei hoher Motivation des großen Helferteams. Schon an dieser Stelle zolle ich ihnen dafür Respekt und Dank. Sie leisten derzeit mehr als ich, habe ich das Gefühl, denn bis zum Main bei KM 2 führt die Strecke erst einmal flach durchs Tal. Da fällt das Laufen leicht und Unnersdorf ist ohne große Mühen erreicht.
Am Ende des Dorfes wechsle ich auf eine Eichenallee. Ihre Bäume sind noch wenig frühlinghaft in braun gekleidet. Ein trauriger Anblick bei noch trübem Himmel. Da fällt es nicht schwer, kurz darauf nach links in Richtung Forsthaus Banz abzubiegen. Zumal die Strecke bis dorthin nur leicht ansteigt, bevor es ab KM 4 für die nächsten 2 KM stetig und steiler bergauf nach Kloster Banz hinauf geht. Langsam werde ich da automatisch. Da bleibt mir sogar noch Luft, Fragen nach dem Kollegen Anton zu beantworten, in dessen Revier ich mich heute befinde. Der war gestern beim Kyffhäuser unterwegs und kann halt nicht überall sein.
Kurz hinter KM 6 öffnet sich der Wald. Direkt vor mir erblicke ich Kloster Banz und direkt links davon am gegenüberliegenden Hang die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. 10 Kilometer noch bis dahin. Gegenwart und nahe Zukunft. Bis KM 9 verliere ich die gewonnenen Höhenmeter wieder beim Hinunterlaufen nach Hausen am Main. Das schreckt uns Läufer natürlich nicht. Erschreckt ist nur die Schafherde, der wir auf diesem Abschnitt begegnen. In Hausen angekommen, passiere ich ein Haus aus dem 19. Jahrhundert. Eine Marke zeigt den Hochwasserstand von 1909. Manchmal holt sich das Wasser halt doch etwas Land zurück, wenn auch nur für kurze Zeit. Anschließend quere ich heute bereits zum 2. und letzten Mal den Main.
Die Strecke führt über ein Wehr. Hier erzeugen Turbinen Strom durch Wasserkraft. Verbunden ist dies mit dem typischen Lärm. Doch der stört nur kurz und ich werde mit idyllischer Ruhe bis KM 11 entschädigt. Seen laden zum Verweilen ein, die Sonne spendet mittlerweile die passende Wärme. Über die Seen ist der Blick auf den Staffelberg frei und erinnert mich daran, dass es für das Ausruhen noch zu früh ist. So folge ich anschließend der Straße Richtung Schönbrunn. Hier erfreut ein bunt geschmückter Brunnen den Betrachter und erinnert an die Osterzeit. Viele weitere werde ich heute noch zu sehen bekommen, schließlich handelt es sich hierbei um einen fränkischen Brauch.
Weiter geht es durchs Tal in Richtung Wolfsdorf. Hier wird es kurzfristig noch einmal richtig eng. Von links kommend gesellen sich die Halbmarathonis zu uns. Aber nur bis zur nächsten Kreuzung. Dann verlassen sie uns bereits wieder nach rechts in Richtung Bad Staffelstein. Ja, es wäre leicht, ihnen jetzt zu folgen. Aber dann würde ich die eigentlichen Höhepunkte des Laufes ja verpassen. Also bleibe ich auf der Strecke und biege nach links ab.
Bis KM 15 geht es nun geradewegs durch Wolfsdorf vorbei nach Grundfeld, kräfteschonend und nur leicht ansteigend durch ein Tal. Doch dann ist Schluss damit. An der Wallfahrtskirche kommt der längste Steilanstieg des Kurses hinauf auf die Hochebene. Da werde ich an diesem Wochenende zum zweiten Mal zum demütigen Pilger. Auch wenn ich es anfangs noch laufend probiere, ist bald der Wanderschritt die Alternative. Kurz nach KM 17 liegt diese Strapaze hinter mir. Jetzt folge ich dem Wanderpfad in Richtung Staffelberg. Die kommenden Kilometer sind Begegnungsstrecke und gleich am Beginn kommen mir die führenden Läufer entgegen.
Die angrenzenden Felder sind mit Steinen übersäht. Wenn ich jetzt Zeit und Muße hätte, könnte ich bestimmt Ammoniten und andere Versteinerungen finden. Der einstige Ozean hat halt seine Spuren hinterlassen. Der leicht wellige Pfad ist jetzt mein Ziel. Langsam nähere ich mich dem nächsten Höhepunkt. Je näher ich dem Staffelberg komme, desto größer wird der Strom der entgegenkommenden Läufer.
Kurz nach der Halbmarathonmarke erreiche ich die letzte Steigung zum Staffelberg. Um Körner für die zweite Hälfte zu sparen bewältige, ich sie gehend. Oben erwarten mich bereits Silke und Nikita. Mit freundlichem Hallo mach ich mich auf zur Runde über das Bergplateau. Ich genieße die Aussichten auf die bevorstehenden und die bereits bewältigten Kilometer. Unter mir, tief im Berg, soll sich ein Rest des Jurameeres befinden, bewohnt von einem mächtigen Fisch. So groß soll er sein, dass er nur Platz hat, wenn sich in den Schwanz beißt. Sollte ihm einmal die Kraft dazu ausgehen, wird er den Staffelberg sprengen und das Tal überfluten. So behauptet es die Sage.
Auf der Hochebene kommen mir jetzt die hinter mir liegenden Teilnehmer entgegen. Es werden jetzt immer weniger und schließlich begegne ich dem Besenwagen. Etwa 8 KM liegen zwischen ihm und mir. Kurz darauf ist das Begegnungsstück auch schon zu Ende. Bei KM 26 verlasse ich die Hochebene. Die nächsten Kilometer führen mich talabwärts, das Laufen fällt etwas leichter. Das ist gut so, denn die Steigungen bis zum Staffelberg haben mir heute fast den Zahn gezogen.
Ein kurzes Waldstück spendet noch einmal Schatten, bevor ich auf die Straße nach Uetzing einbiege. Nach 28,5 KM habe ich diesen Ort erreicht und greife dankbar die gereichten Getränke. Unglaublich, was die Frühlingssonne jetzt schon für eine Kraft entwickelt. Erfrischt folge ich weiter dem Weg ins Tal. Kurz hinter KM 30 biege ich ins Lauterbachtal ein. Stublang lasse ich links liegen. Bis Loffeld warten noch ein paar Höhenmeter, dann quere ich die Landstraße, um bis KM 33,5 dem Ufer des Lauterbaches zu folgen.
Ein frisches Lüftchen kühlt mein Gemüt. Dafür scheinen meine Beine immer mehr zu erhitzen. Das ehemalige Golddorf Horsdorf bietet noch einmal Abwechslung und einige Fotomotive. Inzwischen bin ich dafür sehr dankbar. Bis nach Unterzettlitz sind es jetzt noch zwei Kilometer. Die ziehen sich gewaltig in die Länge und endlich, bei KM 34 nach der Unterquerung der A 73, erreiche ich wieder das Maintal. Über das offene Feld könnte ich heute schon sehen, wer morgen zu Besuch kommt. Zur Ablenkung zähle ich die Begrenzungspfosten. Endlich kommt Unterzettlitz.
Noch 400 m bis zur nächsten Verpflegungsstelle, verkündet der Schriftzug auf dem Asphalt. Na, wenn das keine Motivation ist. Zudem biege ich kurz nach dem Ortsausgang bei KM 37 in Richtung Bad Staffelstein ab. Die letzten KM sind doch jetzt nur noch ein Klacks, oder?
Von wegen. Bis etwa KM 39 wird es dann noch einmal richtig schwer. Schnurgerade ist die Strecke. Nur noch wenige Läufer kann ich vor mir ausmachen. Komme ich gar nicht mehr vom Fleck? Wäre ich froh, wenn der Fisch das Tal geflutet hätte. Schwimmend wäre ich bestimmt schneller. Doch dann habe ich das Ende der langen Geraden auch schon erreicht und ich höre bereits die Ansage im Ziel. Aber Achtung, ein Streckenhighlight kommt noch. Durch ein Naherholungsgebiet erreiche ich den Kurpark. Zwischen zwei Gradierwerke führt die Strecke hindurch. Die salzige feuchte Luft ist angenehm erfrischend und stärkt mich für den finalen Kilometer.
KM 41 habe ich glücklich erreicht. Linker Hand lockt bereits die Obermaintherme. Um an das Thermalwasser zu kommen, musste vor 40 Jahren übrigens 1.600 Meter tief gebohrt werden. Damit war der Grundstein zum Aufstieg Staffelsteins zum Kurort gelegt.
Vor dem Genuss des Thermalwassers muss ich aber finishen. Nikita holt mich ab und gemeinsam kaufen wir die letzten 500 Meter ins Ziel meines 75. Marathons. Zur Belohnung gibt es Applaus vom Fanclub und einen Kuss von Silke. Das kühle Blonde ist dann nur noch eine willkommene Zugabe.
Marathon Männer:
1. Eike Loch, 2:41:00
2. Felix Mayerhöfer, 2:45:02
3. Christian Jakob, 3:00:34
Marathon Frauen:
1. Sandra Spörl, 3:20:50
2. Stephanie Lieb, 3:26:44
3. Kathrin Angermüller, 3:26:47
268 Finisher
Zeitnahme:
Einmalchip
Weitere Veranstaltungen:
Halbmarathon und 16 KM Nordic-Walking.
Startgeld:
Marathon: 35 – 40 -42 – 55 - 60 €, je nach Anmeldezeitpunkt
Auszeichnungen:
Saunahandtuch, gefüllter Bierkrug und Medaille im Ziel. Urkunde im Internet. Freier Eintritt in der Obermain-Therme.
Verpflegung:
Verpflegungspunkte an der Strecke und Verpflegung im Ziel. Gereicht werden Elektrolyte, Cola und Wasser. Dazu Bananen, Äpfel und Müsliriegel.