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Laufberichte

Erschöpft – erfrischt – im Ziel

 

Bei Kilometer 10 können wir in die Trinkkiste fassen und laufen schnurstracks durch die Seebühne, die Platz für 7000 Zuschauer bietet. So viele „Luager“ haben sich da zwar nicht versammelt, aber einige Reihen sind dicht besetzt. Die Stimmung ist toll, leider können wir sie nicht lange genießen, denn gleich sind wir wieder auf dem Vorplatz.

Zwischen Casino-Stadion und Strandbad müssen wir uns einordnen, denn die Viertelmarathonläufer können ihren Endspurt nach links abbiegend beginnen. Der Strandweg führt uns nun an einigen Campingplätzen vorbei in ein kleines Waldstück. Mein Tempo ist weiterhin hoch, ich kann allerdings nicht einschätzen, ob ich im richtigen Speed unterwegs bin und laufe nur so aus dem Gefühl heraus. Außerdem, bei Meisterschaften sollte schon mal etwas riskieren und probieren. Die anderen machen es genauso.

Auf einer Fußgängerbrücke überqueren wir die Bregenzer Ach und im folgenden Waldstück machen  sich die Halbmarathonis auf den Rückweg. Der Ausstatter Skinfit hat diese Stelle mit Tore, Musik, DJ und Moderation gesponsert. Mitten im Wald eine Zuschauermeute. Gut kommt heute mein eigens kreiertes Feuerwehrshirt an, wo auf der Vorderseite mein Name draufsteht. Zwar stecken mich viele in das angrenzende Bundesland („Da Anton aus Tirol“), aber von Geburt und aus Überzeugung bin ich ja Oberbayer. Dann kennt sich jeder aus. Und wenn nicht, dann wird der mich kennenlernen!

Nach einem kurzen Wendepunkt, wo ich lediglich drei, vier Vorderleute und Verfolger beobachten kann, führt mich der weitere Weg in die 13000 Einwohner zählende Marktgemeinde Hard. Der Name stammt aus dem Althochdeutschen und heißt Wald. Wir laufen meist am Ortsrand und haben auch einen Blick auf den Hafen übrig. Lediglich bei der denkmalgeschützten Pfarrkirche St. Sebastian kommen wir kurz in die Ortsmitte.

Kurz vor Kilometer 20 überqueren wir Vater Rhein. Auf der Brücke wird der Verkehr abschnittsweise durchgelassen. Fußach, der nächste Ort (3000 Einwohner), da ist Halbzeit. Ich muss jetzt unbedingt wissen, wie schnell ich unterwegs bin. An der Halbmarathonmarke frage ich einen Feuerwehrkameraden nach der Uhrzeit. Der ist verdutzt und kann nicht mal die Uhr ablesen, denn er faselt etwas von dreiviertel zwölf. Das wäre Weltrekordtempo.

1.33 Stunden lese ich gleich nachher auf einer Uhr bei 21,1 Kilometer, die Zwischenzeit wird auch genommen. Eine gute Ausgangslage für die zweite Hälfte, zumal ich bisher im Feld gut mit geschwommen bin. Die Überholenden sind meist Staffeln, bei denen ein Anhängen sich eigentlich verbietet. Die haben frische Kräfte im Einsatz und sind mit entsprechender Geschwindigkeit unterwegs. Eine Frau versägt mich kurz nach dem Wechsel, doch der Marathoni hat mehr Ausdauer und kann nach einiger Zeit auflaufen und überholen.

 

„Erschöpft“

 

Ich merke mittlerweile, dass mein Tempo ein wenig zu hoch gewählt war und nehme das Gas ein wenig heraus, eine leichte Erschöpfung stelle ich fest.

Johann Wolfgang von Goethe hat sich auf seiner Rückfahrt von Mailand hier in der Wirtschaft einquartiert. „Reisen bildet“, das galt nicht für den Herrn Geheimrat, sondern auch für uns, denn unsere Reise führt uns nun an den letzten österreichischen Ort Höchst (Kilometer 24). Die Sonne strahlt weiterhin vom makellosen Himmel, immer öfter drücke ich einen Schwamm über meiner Birne aus, der Wasserverlust ist doch enorm und die Hitze muss vom Körper weg.

Die Grenzer jenseits des Alten Rheins machen einen auf faulen Lenz, denn der Übergang ist für den öffentlichen Autoverkehr heute gesperrt. Wir haben Vorfahrt und brauchen nicht mal Ausweis oder Pass für den Grenzübertritt. Kurz danach verlassen wir die Hauptstrasse. In der angrenzenden Siedlung laufen mir dann die Helfer nach und heben mir eine Schüssel mit Dörrobst hin. Ich nehme zwei Datteln, habe jedoch Mühe, die ohne Wasser runter zu würgen.

Das östliche Tor zur Schweiz, so wird St. Margrethen auch genannt, zählt heute rund 6000 Einwohner. Der Ort ist durch die Lage am Rhein und an bedeutenden Verkehrswegen prädestiniert für Unternehmen in der Logistikbranche und für Banken. Rund um den Bahnhof herrscht gute Stimmung. Während bei meinen früheren Teilnahmen eher wenig Interesse festzustellen war, spielt heute im Ortsbereich eine Guggamusik, die Staffeln wechseln, Moderation ist auf der Strecke und an einer Stelle berichtet Radio Vorarlberg live über den Lauf. Ich bekomme mit, dass die Führenden fast auf Rekordkurs sind.

Einige Höhenmeter sind dann bei der Unterquerung einer Bahntrasse sowie bei der Autobahnbrücke über die A 13 zu bezwingen. Mir fällt es mittlerweile schwer, irgendwie das Tempo zu halten. Immerhin liegen schon zwei Drittel des Strecke hinter mir, aber 14 Kilometer können noch verdammt lange werden.

Matthias Fröhlich, der junge Bursche vom SV Kemmern, läuft absolut gleichmäßig und zieht an mir vorbei. Ich lobe ihn für seine Einteilung und denke, dass er noch deutlich unter 3.15 Stunden bleiben wird. Ob das mir auch gelingen wird, bezweifle ich. Aber die Worte des Pfarrers vom gestrigen Läufergottesdienst gehen mir nicht aus den Sinn. „Erschöpft, erfrischt, am Ziel!“ Ein jeder von uns muss die Prüfung bestehen und jeder weiß, was er kann, dass er gut vorbereitet ist und dass einen jeder Schritt weiter bringen wird.

Fast vier Kilometer lang müssen wir entlang des Rheins laufen, zuerst auf dem Hochwasserdamm, später am Dammfuß. Schon zu Beginn dieses öden Streckenteils wechseln wir wieder nach Austria. Da musst man schon hart im Nehmen sein und darf  nicht verzweifeln. Positiv finde ich die vielen Schilder, die uns wieder aufbauen. „Lächle, du hast dafür bezahlt“, „Geht nicht, gibt’s  nicht“ sind nur Beispiele.

Wir überqueren abermals den Rhein und sehen das Ende des Marathonfeldes. Noch zehn Kilometer. Vier Restkilometer kennen wir schon vom Hinweg durch Hard, wo das Zuschauerinteresse nun deutlich nachgelassen hat. Doch einige treue Fans sind immer noch am Streckenrand und feiern. Auch die Helfer reichen uns die Getränke direkt an die Hand.

 

„Erfrischt“

 

Kilometer 37, auf der Rheinstraße geht es abermals über die Bregenzer Ach. Wir laufen in das Schlussfeld des Halbmarathons hinein. Mittlerweile habe ich mein Tief überwunden. Den 3.15er-Pacer, der mich vor einigen Kilometern gnadenlos versägt hat, kann ich auf einer langen Geraden wieder sehen. Mein nächstes Ziel: Zumindest unter 3.20 Stunden bleiben.

Während ich auf den letzten zehn Kilometern auf eine eher negative Überholbilanz verweisen muss, dreht sich jetzt die Tendenz. Einige kommen schon auf der Felge daher, kämpfen und müssen alle 100 Metern gehen. Gehpausen kann ich vermeiden, auch bei den vielen V-Stellen kann ich durchlaufen. Überhaupt die Verpflegung: Top, alles was man sich vorstellen kann: Wasser, Iso, Tee, Cola, Gel, Bananen, Schwämme. Einen Vorschlag hätte ich dennoch: Bier.

Kilometer 40: Der Kurs führt nun am Kloster Mehrerau vorbei. Ein Ort der Stille? Ich denke wieder an „erschöpft, erfrischt, im Ziel“ und ich merke langsam, dass ich wieder lebendiger werde. Nur mehr zwei Kilometer. Die werde ich noch schaffen und dann ist wieder ein Marathon im Kasen. Am Kloster die letzte Tränke, die ich auslasse. Ich starte durch.

Noch vor Kilometer 41 höre ich den Moderator aus dem Stadion. Auf 500 Meter verläuft noch der Kurs am Strandweg, der Bodensee zum Greifen nah. Dann geht es nach rechts in die Sägergasse und wir umrunden das Stadion fast zur Gänze. Mein Freund Stefan Heckl steht schon frisch geduscht am Streckenrand und gibt mir den letzten Drive ins Stadion hinein. Dort herrscht eine tolle Stimmung. Jeder wird angekündigt, Hans-Peter Schneider vom BLV steht am Zielbanner und klatscht mich beim Zieleinlauf ab. Jetzt habe ich meinen wichtigsten Marathon in diesem Jahr geschafft. Erschöpft, erfrischt, im Ziel. Danke an alle, die mir da irgendwie geholfen haben.

 

„Im Ziel“

 

Für eine Erholung muss ich mich für ein paar Minuten auf den Boden hocken, mir ist leicht übel. Einen meiner fränkischen Lauffreunde aus Kemmern erwischt es dicker, er brüllt fast wie am Spieß. Nicht nur ein, sondern gleich mehrere Muskelkrämpfe plagen ihn. Der Verpflegungsbereich lässt keine Wünsche offen, alles was man sich vorstellen kann, einschließlich dem isotonischen Getränk auf Hopfenbasis aus Erding.

Von der Zeit her bin ich hochzufrieden. Mit 3.19 Stunden habe ich zwar mein erstes Ziel nicht erreicht, aber wegen der Wärme ist nicht mehr drin. Bei der Bayerischen erkämpfe ich mir Rang fünf in der Klasse M50 und kriege ein dickes Lob von den BLV-Vertretern. In der Blaulichtwertung der Hilfsdienste (Polizei, Rettung, Feuerwehr) lande ich sogar auf dem dritten Gesamtplatz.

Wenn alles gut verlaufen ist, halte ich es wie die Einheimischen und kommentiere kurz und knapp: PASST! Das ist mein Fazit über den Lauf durch die drei Länder am Bodensee.

 

Impressionen aus Lindau

 

 

 

Gesamtsieger Marathon
 

Männer
1 Ngare Francis Maina (KEN) run2gether 2.11.42
2 Kiprono Brett Richard (KEN) run2gether 2.12.31
3 Kipkorir Edwin (KEN) 2.21.32
Frauen
1 Urach Sandra (AUT) Im Wald läuft's 2.50.38
2 Haderlein Sandra (GER) SC Kemmern 2.53.37
3 Brandl Sonja (GER) DJK Fürsteneck 3.02.51

 

Bayerische Marathon-Meisterschaften
 

Männer
1 Jahreis Nico SC Sparkasse Hochfranken 2.39.28
2 Brünnert Andreas LG Stadtwerke München 2.41.06
3 Zwosta Sebastian LAC Quelle Fürth 2.46.35
26 Lautner Anton TSV 1862 Neuburg 3.19.37
Frauen
1 Haderlein Sandra SC Kemmern 2.53.37
2 Brandl Sonja DJK Fürsteneck 3.02.51
3 Flurschütz Elvira SC Kemmern 3.04.48
 
1317 Finisher

12
 
 

Informationen: Sparkasse 3-Länder-Marathon
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