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Laufberichte

Züricher Sauwetter

09.04.06

Samstag: Herrliches Frühlingswetter

Sonntag: Marathon

                        

In Bonn vor einer Woche spürte ich bei km 30 einen Schmerz über dem rechten Knie. Mehr schlecht als recht schleppte ich mich ins Ziel. Am Montag sah mein Gang auch nicht gut aus, denn oberhalb des rechten Knies machte eine Schwellung stark auf sich aufmerksam. Die ganze Woche humpelte ich rum und versuchte, mit Kühlung die Schwellung weg zu kriegen, was nicht ganz gelang. Der Flug nach Zürich war schon lange gebucht, also erst mal hin. So habe ich Freitag noch gearbeitet und musste den Spott der Kollegen ertragen: die ganze Woche humpeln, aber Sonntag Marathon laufen.

Irgendwie hatten sie ja Recht. Aber oft sind beim Laufen die Schmerzen ja ülötzlich  weg. Jeder Läufer kennt das ja. So machte ich mich am Freitag nach der Arbeit auf den Weg zum Flughafen Hannover. Auto ins Parkhaus und ab nach Zürich.

 

Verabschiedet wurde ich von den lieben Kollegen mit „trink dort mal richtig einen und lass das laufen sein“, oder „schau Dir die Stadt an, und schone Dein Knie.“

 


Mein Hotel erreichte ich zu später Stunde um 23:00 Uhr. Immer wieder bange Blicke zum Knie. Das sieht ja ganz gut aus. Schwellung zurückgegangen aber ein Zwicken war noch da. Samstag ein Traumtag mit Sonnenschein und 17 Grad. Der Tag verging schnell mit der Startnummernabholung in der Saalsporthalle mit Expo, anschließendem Bummel durch Zürich und am See entlang. Wohl niemand glaubte dem Wetterbericht, der für den Sonntag Dauerregen voraussagte.

 

Die Pastaparty im Festzelt am späten Nachmittag ließ ich mir nicht entgehen und bei immer noch strahlendem Sonnenschein wurden die Nudeln im Freien auf der Landiwiese verspeist. Hier ist ja morgen auch Start und Ziel. Ich schaute auf die Uhr. wie lange ich zum Hotel brauche. Vom nahe gelegenen Bahnhof Wollishofen in 9 min. zum Hauptbahnhof. Weiter zu Gleis 21 und von dort zur Station Hardbrücke und noch mal 5 min. Fußweg zum Ibis Hotel. Fast 45 Minuten war ich unterwegs.

 

Der Start am Sonntag 08:30 Uhr heißt für mich früh aufstehen. 05.40 Uhr schrillte alles gleichzeitig, Telefon und Wecker. Ich war hellwach. Ein Blick nach draußen machte mich aber sofort wieder schläfrig. Es war noch dunkel und es regnete Bindfäden. Ein Wetter, um sich wieder hinzulegen. Ich ging erst mal Frühstücken mit den anderen Marathonis. Ich redete noch mal mit meinem Knie. Sah wirklich gut aus und ich war guter Dinge.

 

Jetzt die umgekehrte Bahnfahrt und im Hauptbahnhof strömte das Läufervolk zu Gleis 51 und 52, wo es zum Bahnhof Wollishofen ging. Der Regen ließ nicht locker. Wir stiegen aus dem Zug und die ersten zogen sich bereits zwischen Gleis 1 und 2 in einem Warteraum um. Ich suchte in der Nähe auch eine Möglichkeit zum Umziehen, fand aber keine. Der wärmste und trockenste Platz war doch zwischen Gleis 1 und 2. Ich zog mich auch dort um, brachte meinen Kleiderbeutel in einen der Eisenbahnwaggons, die als Depot zur Verfügung standen.

 

Direkt neben dem Start war eine Tankstelle, wo zwischen den Tanksäulen unterm Dach jede Menge Schutz Leute suchten vor dem Regen und der Kälte. Ich ging in die Tankstelle, die heute wohl nur mit dem Shop-Sortiment für Umsatz sorgte, denn Tanken kann hier bis 16:00 Uhr keiner. Noch 10 min. bis zum Start, die Hoffnung dass es heute noch aufhört zu regnen, hatte ich aufgegeben.

 

Pünktlich um 08:30 Uhr der Start und 5.363 Marathonis nahmen die 42,195 km in Angriff. Im Zeitlimit von 5 Std. kamen 5.062 ins Ziel.   

 

Die ersten km ging es entlang des Zürichsee, wo ich gestern bei 17 Grad in der Sonne gesessen hatte. Und nun? Schon nach 3 km durchnässt, die Schuhe voll gesogen mit Wasser, dazu die Kälte, alles nicht gut für mein Knie. Die Strecke allerdings wunderschön - rechts der Zürichsee, dahinter die schneebedeckten Berge, ein Traum. So war es gestern. Aber jetzt alles trüb und Regen verhangen. Trotzdem stehen Zuschauer in den  Gemeinden am rechten Seeufer und feuern uns an.

 

In dem schönen Örtchen Küsnacht meldete sich dann auch schon der gleiche Schmerz von letzter Woche. Jetzt bin ich aber erst bei km 15. Ich lief mühselig weiter nach Meilen, wo bei km 18 der Wendepunkt war. Es ging zurück und da, wo der Schmerz begann, fuhr gerade der Besenwagen. Noch weit genug zurück. An jeder Verpflegungsstelle schüttete ich kaltes Wasser über meine Knie und es wurde für kurze Zeit erträglich. Ich dachte schon an’s Aufgeben. Per Schiff würde ich wieder auf die andere Seeseite gebracht. Ich ließ die Schifffahrt ausfallen und lief weiter und schüttete immer wieder kaltes Wasser aufs Knie. Abermals ein Streckenstück mit Wendepunkt. Km 32 - die Innenstadt war in Sichtweite. Dort gaben die wenigen Zuschauer noch mal alles, um uns anzuspornen  für die letzten Kilometer.

 

Wie mein Laufschritt jetzt wohl aussah mit dem schmerzenden Knie? Wie Altersklasse 100. Aber den Anderen setzte die Kälte und der Regen auch zu. Ein schwacher Trost. 4:45 Std. zeigte die Uhr, als ich mich ins Ziel schleppte und der Kampf gegen Regen und Kälte hatte ein Ende. Ich war überglücklich, mit den Gedanken aber schon am morgigen Tag,  wo ich wieder ein geschwollenes Knie befürchete.

 

Jetzt aber erst einmal schnell in trockene Sachen und dann ab ins Hotel, das ich freundlicherweise bis 16:00 Uhr nutzen konnte. Duschen, etwas Essen und dann Zeit totschlagen bis zum Rückflug um 21:30 Uhr. Auf dem Flughafen Zürich ist das ja kein Problem mit den vielen Geschäften und Restaurants.

 

Im Flugzeug nehme ich Platz in Reihe 18 und direkt neben mir sitzt Udo, der im Flieger vor 3 Wochen von Antalya nach Hannover auch in der gleichen Reihe neben mir saß. Zufälle gibt es. Alles verlief pünktlich, mein Auto stand auch noch im Parkhaus und ab ging es nach Hause.

 

Inzwischen war es 00:30 Uhr. Endlich ein Bierchen und dann ins Bett. 05:30 Uhr war schon wieder aufstehen angesagt. Aufstehen, Frühstück und zur Arbeit fahren. „Was macht das Knie?“ werden mich einige Fragen. Wie befürchtet war es dick geschwollen und so suchte ich am Nachmittag eine Sportmedizinische Praxis auf. Ziemlich Wasser im Knie, so die Diagnose. Also sitze ich hier mit einem Zinkverband und kühlenden Eispacks und schreibe die Zeilen über den Lauf.

 

„Mein nächster Marathonlauf ist in 2 Wochen in Hamburg,“ sagte ich der Ärztin. Ihre Antwort: „Das kriegen wir hin.“ Ich bin gespannt.

 

Was ist schon ein dickes Knie, anderen Läufern ging es schlechter. Ins Spital mussten 5 Läufer. 2 wegen Unterkühlung, zwei weitere mit Herzinfarkt und einer mit Hirnschlag. Und dann war da noch die Frau mit 42,195 km in den Beinen, die den Zug am Bahnhof noch bekommen wollte, einen 40-Meter-Sprint hinlegte, kurz vor der Wagentür einen Krampf bekommt, aufschreit und den Zug verpasst. Einbeinig hüpfte sie am Bahnsteig zur nächsten Bank. Allen geht es inzwischen wieder gut, hörte ich.

 

Informationen: Zürich Marathon
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