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Laufberichte

Marathonfest in Zürich

03.04.05
Autor: Klaus Duwe

„Das Leben ist schön und teuer. Man kann es auch etwas billiger haben, dann ist es aber nicht mehr so schön.“

 

Die größte Überraschung ist für mich, dass der Anteil der deutschen Teilnehmer am größten Schweizer Marathon gerade Mal bei guten 8 % liegt, wo es doch beim Zermatt-Marathon fast die Hälfte sind (45 %) und beim Jungfrau-Marathon im letzten Jahr immerhin jeder 4. Finisher aus Deutschland kam. Aus Österreich kommen gar nur knapp 1 % der Teilnehmer.

 

Dabei liegt Zürich sehr zentral. Von Basel sind es mit dem Auto 80 km, von Stuttgart 200 und von Bregenz 120 km. Der internationale Flughafen ist 11 km von der City entfernt. In nur 10 - 15 Minuten fährt die Bahn mehrmals pro Stunde vom flughafeneigenen Bahnhof ins Zentrum der Stadt. Der Zürcher Hauptbahnhof fertigt im Tag über 1.900 Züge ab und gilt als einer der zentralen Bahnverkehrsknotenpunkte in Europa. Die komfortablen Intercity-Züge fahren teilweise im Halbstundentakt von Zürich in die anderen Zentren im In- und Ausland.

 

Apropos Bahnhof. Es gibt in Europa an die 100 Bahnhofstraßen. Weltberühmt geworden ist nur eine – die Zürcher Bahnhofstrasse. Wo einst die Frösche quakten, verkehrten ab 1864 die Droschken, später das „Rösslitram“, dann die elektrische Trambahn und schließlich Autos. Heute konzentriert sich an der weitgehend wieder autofreien Bahnhofstrasse Finanz und Wirtschaft, Eleganz und Exklusivität, Qualität und Vielfalt. Kaum ein Besucher, der nach Zürich kommt, versäumt es, die Bahnhofstrasse zu besuchen. Zürich liegt an der Bahnhofstrasse!

 

Okay, es ist teuer in Zürich, der Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität. Dazu fällt mir der Spruch eines ehemaligen Vorgesetzten ein: „Das Leben ist schön und teuer. Man kann es auch etwas billiger haben, dann ist es aber nicht mehr so schön.“

 

Die Stadtsilhouette von Zürich wird geprägt von den markanten Türmen des Großmünster, gestiftet von Kaiser Karl dem Grossen, der St. Peter Kirche mit dem größten Kirchenzifferblatt Europas (8,70 m) und denen des Fraumünsters, viel bewundert wegen seiner kostbaren Glasfenster von Marc Chagall. Mit dem China-Garten besitzt Zürich einer der bedeutensten chinesischen Gärten außerhalb Chinas, direkt am See gelegen. Die Sehenswürdigkeiten können am Besten auf einem Altstadtbummel oder einer Stadtrundfahrt entdeckt werden. Also, ein Besuch in Zürich lohnt sich.

 

Und dann gibt es ja auch noch den Marathon. Lange musste das OK um die Präsidenten Bruno Lafranchi und Erich Ogi mit den Behörden verhandeln, bis alle Auflagen erfüllt waren und die Genehmigungen vorlagen. Deshalb wird sich am Zürich-Marathon kurzfristig auch nicht viel ändern. Auch wenn man um die Schwachpunkte (dezentrale Locations, Unterhaltungsangebot) weiß. Wer in diesem Jahr dabei war und die hervorragende Organisation, Verpflegung und die Herzlichkeit der Züricher an der Strecke erlebt hat, sieht darüber sowieso hinweg.

 

Gestartet wird um 8:30 Uhr an den Landiwiesen am Mythenquai. Ungewöhnlich früh, hängt aber mit den Auflagen zusammen, ebenso die auf 5 Stunden begrenzte Laufzeit. Länger wollen die Behörden den Läuferinnen und Läufern die Straßen eben nicht frei halten.

 

Der Startplatz ist mit der Bahn gut erreichbar. Vom Bahnhof Wollishofen nur durch die Unterführung, schon bin ich da. Es ist ein herrlicher Sonntagmorgen, noch etwas frisch, aber die Sonne verspricht schon angenehme Temperaturen. Es herrscht reges Treiben und die übliche erwartungsfrohe Atmosphäre. Vor dem Bahnhof treffe ich Renate. Ich habe sie gestern auf der Messe kennen gelernt, sie kommt aus Offenburg, hat aber lange in Baden-Baden gewohnt. In den nächsten Tagen wird sie 58 Jahre alt und läuft jedes Wochenende ein Rennen, am liebsten Marathon.

 

Unter 4 Stunden will ich heute bleiben, die Bedingungen sind bestens. Zum ersten Mal dieses Jahr beim Wettkampf Sonne, zum ersten Mal ohne Windjacke, dafür in kurzen Hosen. Nur meine Vorbereitung ist nicht optimal. Der Winter war zu lang und der Schnee zu hoch. Und dann bin ich ja auch schon drei Marathon in diesem Jahr gelaufen. Ich gebe den Kleidersack ab und reihe mich in meinen Startblock ein. Der Speaker hält uns mit Informationen aus dem Elitefeld auf dem Laufenden. Im letzten Jahr wurde ja Viktor Röthlin mit seinem Sieg zum Helden und heute soll er seinen Erfolg gegen starke Konkurrenz wiederholen.

 

Endlich ist es soweit, der Startschuß fällt und das Feld setzt sich langsam in Bewegung. Keine 4 Minuten dauert es, und ich bin über der Zeitmatte. Wir laufen am See entlang zum nördlichen Ufer und über die Quaibrücke zum Ostufer, der so genannten Goldküste. Überflüssig zu erwähnen, woher der Name stammt. Nach 5 Kilometern hat sich das Läuferfeld auseinander gezogen, jeder hat seinen Rhythmus und es kommt auch gleich die erste Verpflegungsstelle. Wir laufen auf der gesperrten Hauptstraße immer am See entlang.

 

Unbeschreiblich schön ist es hier, links prachtvolle Wohnhäuser, rechts der See und vor uns die schneebedeckten Berge. Und das alles bei strahlender Sonne und wolkenlosem Himmel. Ich freue mich, hier dabei zu sein.

 

In Zollikon spielt eine Rockband und viele Hundert Menschen säumen die Straße, jubeln, klatschen und sind einfach gut drauf. Nach ungefähr 9 Kilometern erreichen wir Küsnacht. Hier tobt der Bär. Disco- und Gugge-Musik wechseln sich ab, dazwischen eine südamerikanische Tanzgruppe und wieder viele Hundert Menschen, die die Marathonis feiern. Bei dieser Stimmung ist es kein Problem, ein gutes Tempo zu laufen. Ich schaue auf die Uhr, 57 Minuten für die ersten 10 Kilometer. Das ist ok.

 

Wir kommen nach Erlenbach und werden von der „Erlibacher Gugge“ begrüßt. Ich liebe diese Musik der begeistert Aufspielenden und bunt Kostümierten. Als nächstes erreichen wir Herrliberg. Auch hier das gleiche Bild: begeisterte Zuschauer, Guggemusik, die in die Beine geht und die herrlichen Ausblicke auf das andere Seeufer und die Alpen. Ich traue meinen Augen nicht: vor mir sehe ich Martin Linek (Vollmond-Marathon), mit ihm habe ich nicht gerechnet. Wir unterhalten uns kurz, dann wird es spannend.

 

Die Strecke an der Goldküste ist ein Pendelkurs, das heißt, auf der anderen Straßenseite geht es wieder zurück. Und dort müssen jetzt jeden Moment die Spitzenläufer kommen. Da sind sie schon, 5, 6 Läufer bilden eine Gruppe, ganz dicht beieinander. Ich erkenne gerade noch, dass mit der Start-Nr. 1 Viktor Röthlin mit dabei ist, dann sind sie schon vorbei. Dieses Bild bekommt man ganz selten geboten. Super. Für mich ist gleich 1/3 gelaufen, 14 km und meine Zeit: 1:19 Std., das ist im Plan.

 

Bei Kilometer 15 kommen wir nach Meilen. Der absolute Höhepunkt auf dieser Teilstrecke. Gleich am Ortseingang heizt eine Rockband ein. Die Zuschauer stehen dicht gedrängt und schaffen mit Kuhlglocken und allem Möglichen eine tolle Atmosphäre für die Aktiven. Ich habe mit Sicherheit nach Viktor Röthlin den größten Fanclub hier in Zürich. Ich hab nämlich das marathon4you-Shirt an mit meinem Namen vorne drauf und werde ständig angefeuert: „Lauf, Klaus“, „Klaus, hopp, hopp, hopp“, „Klausi, Du schaffst es“. Manchmal werde ich von meinen Nebenleuten ganz verwundert angeschaut und mir ist es peinlich, dass ich den meisten Applaus abkriege.

 

Jetzt steigt die Straße kurz aber deutlich an. Dann der Wendepunkt, über die Straße ist hier ein Zeltdach gebaut. Wieder ein Heidenlärm und eine Bombenstimmung, dann geht es abwärts und am Ortsausgang werden wir von der Rockband wieder verabschiedet.


In Erlenbach erreichen wir die Halbdistanz und das Läuferfeld auf der Gegenbahn wird dünner, gleich kommt hinter dem letzten Läufer der Besenwagen. Die Stimmung ist immer noch prächtig. Vor mir sehe ich eine kleine, drahtige Läuferin, das kann nur meine neue Freundin Renate (Nr. 2262) aus Offenburg sein. Richtig, ich begrüße sie und muntere sie auf. Sie kann ihr Anfangstempo nicht ganz halten und schraubt ihre Erwartungen etwas zurück. Was soll’s? Ich bewundere sie.

 

Gleich sind 2/3 und damit 28 Kilometer gelaufen. Meine Zeit: 2:39 Stunden, immer noch im Plan. Aber ich spüre meine Beine jetzt deutlich und ich fürchte, wenn ich so weiterlaufe, werde ich nächste Woche den Marathon in Freiburg nicht laufen können. Ich muss mich wohl entscheiden: durchziehen und (vielleicht) unter 4 Stunden bleiben, oder Tempo runter, lachend ins Ziel und nächste Woche wieder „on the Run“. Meine Beine sind leicht zu überreden. Im gewohnten Trab geht’s ab jetzt spürbar leichter weiter. Der Druck ist weg.

 

Jetzt geht es einige Male auf der Bellerivestraße hin und her und ich weiß bald nicht mehr, sind die Läufer auf der Gegenbahn vor oder hinter mir. Dann laufen wir durch eine Grünfläche direkt am See und später am Limmat entlang und über die Rudolf-Brun-Brücke in die Innenstadt. An den Straßen viele Zuschauer, die uns auch hier einen tollen Empfang bereiten. Selbstverständlich wird auch die eingangs schon erwähnte Bahnhofstraße durchlaufen. Ich habe aber nur einen kurzen Blick übrig für die edlen Uhren-, Schmuck- und Schuhgeschäfte.

 

Endlich kommen wir auf die Gotthardstraße, eine scharfe Rechtskurve und wir sind auf dem Mythenquai und auf der praktisch 2 Kilometer langen Zielgerade. Rechts und links ohne große Lücken die begeisterten Zuschauer und immer wieder Zurufe: „Super, Klaus“ und „Klaus, quäl Dich“. Mach ich ja. Aber nicht mehr lange, gleich ist es geschafft. Vom Applaus getragen wird das letzte Teilstück gemeistert und der Zielbogen durchlaufen. Welch ein Tag und welch ein Erlebnis für mich. Danke Zürich. Meine Endzeit: 4:10 Stunden.

 

Gleich gibt es die Medaille, der kostenlose Leihchip wird gegen das Finisher-Shirt getauscht, ein Beutel mit Riegel und Wasser in Empfang genommen und dann die Klamotten abgeholt. Über die Fußgängerbrücke komme ich auf die andere Straßenseite. Ich bleibe stehen und schaue in die glücklichen und meist lachenden Gesichter der Läuferinnen und Läufer, die jetzt ins Ziel kommen. Ich freue mich mit ihnen. Die Landiwiese am Seeufer gleicht einem riesigen Lager. Jetzt nur noch in der Sonne liegen und die Beine ausstrecken, nur nicht an die Heimfahrt denken.

 

Streckenbeschreibung:

Flacher, Rundkurs mit nur einem kurzen Anstieg. Sehr gut zu laufende asphaltierte Straßen. Pendelstrecke am Seeufer („Goldküste“) entlang, in der Innenstadt ziemlich kurvenreich.

 

Rahmenprogramm:

Marathonmesse mit Ausgabe der Startunterlagen in der Saalsporthalle, Giesshübelstrasse 41 (Tram Nr. 13 oder Shiltal-Bahn S4 bis Station Saalsporthalle). Nudelparty im Festzelt auf der Landiwiese.

 

Auszeichnung:

Medaille, T-Shirt, Urkunde aus dem Internet

 

Logistik:

Start- und Zielgelände ganz in der Nähe Bahnhof Wollishofen. Kleiderdepot in unmittelbarer Nähe.

 

Verpflegung:

mehr als 10 Verpflegungs- und Getränkestationen mit Wasser, Iso, Bananen, Riegel und Gel. Es wird ein Verpflegungsplan ausgegeben.

 

Zuschauer:

Viele Zuschauer in den Ortschaften und am See entlang. Guggemusik und Tanzgruppen sorgen für eine Bombenstimmung. In der Innenstadt darf keine Musik gespielt werden. Trotzdem tolle Stimmung durch viele Zuschauer. Höhepunkt ist der Zieleinlauf.

 

 

Informationen: Zürich Marathon
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