Ein paar Meter weiter müssten wir schielen können, denn rechts ist das Burgtheater zu sehen. Als Bundestheater gilt es als eine der bedeutendsten Bühnen in Europa. In Wien nennt man es einfach „die Burg“. Linkerhand befindet sich das in den Jahren 1872 bis 1883 errichtete Rathaus, wo heute der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann sowie der dazugehöriger Gremien ihrer Arbeit nachgehen. Das Gebäude ist 152 Meter lang und 127 Meter breit und hat 1575 Räume.
Wir verlassen den Wiener Ring nach links und laufen nach Spittelau (Kilometer 24). Markant ist hier die Müllverbrennungsanlage, die zur Fernwärme Wien gehört. Friedensreich Hundertwasser hat da die Fassade gestaltet.
Wir überqueren nun den Donaukanal und laufen am Gewässer die nächsten Kilometer entlang. Immer wieder hat die Feuerwehr Wasserspender den Läufern zur Verfügung gestellt. Wer will, kann sich eine Mütze Wasser holen.
Wieder entlang der Schüttelstraße können wir auf der anderen Straßenseite die führenden Frauen sehen. Später sehe ich einen Radfahrer, der die schnellste Frau Österreichs begleitet. Tanja Eberhard läuft 2.44.11 Stunden und wird 14. im Klassement der Frauen. Während anfangs noch einzeln Läufer entgegenkommen, nimmt das ab Kilometer 30 deutlich zu. Die Entgegenkommenden sind hier gut fünf Kilometer weiter.
Prater bis Ziel
Wir überqueren die Hauptallee und laufen zum Wendepunkt unweit des Ernst-Happel-Stadions. Mit fast 51000 Zuschauern ist es das größte in Austria. Hier finden meist die Heimspiele der Fußballnationalmannschaft Österreichs statt. Der Wendepunkt kommt abrupt daher. Wir laufen um eine Warnbake herum. Rund 500 Meter geht es zurück zur Hauptallee.
Da laufen wir die zwei Kilometer zum Lusthaus. Toll, wie man den Läufern die eher lustlose Strecke anbietet. Über die ellenlange Strecke hat man Lautsprecher aufgebaut, über die man klassische, aber doch rhythmische Musik laufen lässt.
Ich laufe in der Mitte der Hauptallee, um Robert abzuklatschen, der mir voraus ist. Doch ich kann ihn nicht sehen. Nach rund zehn Minuten führt die Strecke um das Lusthaus herum. Im 16. Jahrhundert wurde es als Casa verde, das grüne Lusthaus, erwähnt. Es diente als Jagdhaus den oberen Herren. Heute ist da ein Cafe und Restaurant eingerichtet. Rauschende Feste wie am ersten Jahrestag nach der Völkerschlacht bei Leipzig werden jetzt sicher nicht mehr stattfinden.
Ob da ein Rausch vorhanden war, kann nicht mehr geklärt werden, denn Robert berichtet im Ziel von einer nackten Frau am Lusthaus, mit der sich zahlreiche Läufer fotografieren ließen. Hoffentlich blieb da bei denen nicht zuviel Zeit liegen.
Den gleichen Weg geht es zurück und wir ziehen nun zum dritten Mal durch die Schüttelstraße. Mein Kilometerzähler zeigt nun bereits 38 Einheiten an. Unter meiner rechten Fußsohle ist eine Unverträglichkeit entstanden. Ich glaube, da hat sich Luft- und Wasserbereifung entwickelt.
Mittlerweile habe ich das Tempo leicht angezogen. Man merkt schon, dass viele Läufer mit sich kämpfen und auf Ansprachen kaum reagieren. Der 40. Kilometer bringt uns wieder auf den Ring zurück. Fast nur noch ein Katzensprung bis ins Ziel. Die Zuschauermassen nehmen jetzt zu. Wo kaum geklatscht wird, da reicht bereits ein Heben der Hand und die Leute applaudieren kräftig.
Im Ziel/Impressionen aus dem Zielbereich
Als ich den Ring nach rechts verlasse, weiß ich, gleich ist wieder ein Marathon geschafft. Die Tribünen sind jetzt nach gut 3,5 Stunden noch voll besetzt. Ich laufe durch das Ziel am Heldenplatz, erhalte Medaille und bin glücklich. Ja, der heutige Sonntag brachte Zeit für Helden. Mit Haile und John Kiprotich ganz große und berühmte. Und natürlich sind die vielen Teilnehmer auch Helden, denn die 42,195 Kilometer muss jeder selber laufen, ob man nun gut zwei Stunden braucht oder mit dem Zeitlimit kämpft. Auf alle Fälle ist das Marathonfinish klasse.
Unsere Siegerparty
Wie es meinen Kollegen ging? Nun, die beiden Freunde aus dem Waldviertel habe ich im Zielbereich getroffen. Wolfgang finisht in 3.56.50 Stunden und Walter macht seine Premiere in 3.17.10 Stunden. Stefan zieht das Ding trotz wenig Training in 4.07.52 Stunden durch. Bei mir zeigt die Uhr nach einer schnelleren zweiten Hälfte 3.35.26 Stunden an. Und der Robert muss kämpfen. Zu schnell angegangen dauerten die letzten Kilometer länger. 3.30.58 Stunden. „Ich brauch was von deiner Geduld,“ sagt er im Zielbereich, leicht groggy. Ja, das nächste Mal kriegst du dafür von mir eine Pferdespritze Baldrian!
Sieger Marathon:
Männer:
1. John Kiprotich (KEN) 2:08:29
2. Patrick Ivuti (KEN) 2:08:41
3. Evans Kiplagan (KEN) 2:09:22
4. Joseph Maregu (KEN) 2:10:29
5. Nicholas Chelimo (KEN) 2:10:48
6. Augustine Ronoh (KEN) 2:10:53
Frauen:
1. Fate Tola (ETH) 2:26:21
2. Ana Dulce Felix (POR) 2:26:30
3. Peninah Arusei (KEN) 2:27:17
4. Genet Getaneth (ETH) 2:28:08
5. Elza Kireyeva (RUS) 2:29:41
6. Olha Kalenarova-Ochal (UKR) 2:32:47
Top-Resultate “Catch me if you can” - Halbmarathon
1. Haile Gebrselassie (ETH) 1:00:18
2. Franz Pauker (AUT) 1:23:22
3. Roman Nahrgang (AUT) 1:29:43
4. Heidi Riepl (AUT) 1:36:54
Top-Resultate Halbmarathon
Männer:
1. Brunner Rudi (ITA) 1:09:57
2. Wolfgang Wallner (AUT) 1:11:07
3. Karl Aumayr (AUT) 1:12:17
Frauen:
1. Cristina Fruzmuz (ROM) 1:15:38
2. Martha Hall (GBR) 1:24:13
3. Tina Parits (AUT) 1:24:50
Streckenbeschreibung:
Punkt-zu-Punkt-Kurs. Mit Wendepunkten (Stadion, Lusthaus). Flach und schnell zu belaufen.
Rahmenprogramm:
Marathonmesse auf dem Messegelände. Dort gibt es auch die Startunterlagen.
Auszeichnung:
Medaille, Urkunde per Post. Goody-Beutel bei den Startnummernausgabe.
Logistik:
Start- und Zielgelände gut mit U-Bahn erreichbar. Kleidertransport zum Ziel. Dort Duschzelte und Massagen.
Verpflegung:
Internationaler Standard mit Wasser, Powerade. Später auch Bananen und Cola. Verpflegungsbeutel im Ziel.
Zuschauer:
Rund 300000 Zuschauer. Schöne Stimmungsnester.
Bilder aus Wien Teil 3