So sang ab 1985 einer der seinerzeit bekanntesten österreichischen Exportartikel, der viel zu früh verstorbene Johann Hölzel alias Falco, und lud somit nachhaltig in die österreichische Hauptstadt ein. Wien ist ohne Frage ein attraktives Reiseziel.
Einige Male schon war ich bisher schon hier gewesen, aber eine bestimmte Sache hatte ich immer wieder vor mir hergeschoben: Nämlich einmal nach 42,195 km als Held auf dem Heldenplatz einzulaufen. Doch prompt trifft es mich wie einst den Erich aus der Dädärä, der sich kurz vor seinem Sturz noch hatte sagen lassen müssen: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Genauso geht's mir heute, denn der Heldenplatz hat als Ziel des Wiener Marathons zu meinem großen Bedauern ausgedient. Wie dem auch sei - Wien hat gerufen, ich bin da!
Fast zeitgleich mit unseren Münchner Freunden Barbara und Klaus schweben wir am Freitagmorgen voller Vorfreude ein und genießen die anderthalb Tage, die uns im Vorfeld des Laufs für eine Stadtbesichtigung, welche die Laufwerkzeuge nicht zu sehr fordern soll. Leider begrüßt uns die Donaumetropole nach den ersten Hitzetagen zu Wochenbeginn mit kaltem Regenwetter. Dem fällt das vorgesehene Sightseeing freitags fast komplett zum Opfer, dafür bleibt der Samstag, wenn auch kalt, trocken. Wien erscheint uns wie ein großes Freilichtmuseum, eine kleine persönliche Andacht mit live vorgetragener Toccata und Fuge von Johann Sebastian Bach im Stephansdom beschließt (dann doch) viele, nämlich deren 11, samstägliche Geh-Kilometer.
Die Startnummernausgabe in der Wiener Messehalle ist für ein Ereignis dieser Größe überraschend klein, dafür ist der Kleiderbeutel frei von jeglichen Warenproben und sonstigen doch eher üblichen Gimmicks. Geradezu umwerfend ist dagegen die Pasta- bzw. Kaiserschmarrn-Party, die uns am Samstag zwischen 14 und 19 Uhr geboten wird. Nun sind im Rahmen eines Marathons 12,50 € für Essen und ein Getränk nicht gerade umsonst, aber aus meiner Sicht sehr gut angelegt. Allein das Ambiente im ehrwürdigen großen Saal des Rathauses ist ein echter Hammer, die Qualität des Essens ordentlich, und das Begleitprogramm macht echt Freude. Ein Quartett spielt zunächst klassische Musik, dem folgt die sehenswerte Darbietung einer Sandmalerin, die auf einer an die Wand projizierten Glasplatte tolle Bilder zaubert, und den Abschluss bildet für uns das Interview mit dem Renndirektor, Wolfgang Konrad.
Den am Samstag durchgeführten Junior-Marathon verpassen wir wegen der Stadtbesichtigung. Ich hoffe sehr auf zunehmende Vernunft bei den Eltern, denn die Bilder von der Vergleichsveranstaltung in Linz wirkten doch sehr abschreckend: Nicht wenige Erziehungsberechtigte zerrten dabei ihren heulenden Nachwuchs mehr oder weniger gewaltsam über die Distanz. Wie schrieb der SPIEGEL so schön über die Geplagten? „Lebendige Statussymbole ihrer neurotischen Eltern, die zu eitel und zu blöd sind, ihr Kind alleine laufen zu lassen, egal ob und wann es dabei durch die Zielgerade kommt.“ Das kann es doch wirklich nicht sein, dass die Marathonkids das Laufen schon in frühester Jugend mit traumatischen Erlebnissen verknüpfen müssen. Richtigerweise hat man, das lese ich später, genau aus diesen Gründen auf die Zeitmessung verzichtet. Gut gemacht!
Die sonntägliche Startaufstellung befindet sich auf dem Landstreifen zwischen alter Donau im Rücken und dem heutigen Donauverlauf in Richtung Stadtzentrum voraus. Rechts neben uns liegt als „UNO-City“ das internationale Zentrum mit u.a. dem Millennium-Tower und der Internationalen Atomenergie-Organisation. Unmittelbar rechts von uns ist der „Muhammad-Asad-Platz“ zu Ehren des 1900 als Leopold Weiss im damaligen österreich-ungarischen Lemberg geborenen konvertierten islamischen Gelehrten, Diplomaten und Korrespondenten. Und ich bete, dass es heute keine Bekloppten geben möge.
Die österreichische Nationalhymne wird gespielt: „Gott erhalte Franz, den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz!“ Aber nein, halt, das ist ja heute unsere, und auch das nicht ganz. Denn Joseph Haydns Kaiserhymne (1796/97) war durch August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841 mit dem uns Germanen bekannteren Text aus dem Lied der Deutschen versehen worden. Man spielt hier und heute natürlich die Bundeshymne („Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome…“). Wir erkennen aber auch an diesem Beispiel die besondere geschichtliche Verbundenheit der Deutschsprachigen dies- und jenseits der Alpen.
Die Elite und die ersten beiden von sechs Startblöcken schickt man mit Johann Strauß' Kaiserwalzer auf die Reise. Reichlich ungewohnt ist dies, wenn man AC/DC & Co. gewohnt ist, aber es passt hervorragend zur Stadt, selbst wenn man zu dieser Art von Musik keinen Draht haben sollte. Zwanzig Minuten später geht es auch für uns als zwei unter 9.418 gemeldeten Marathonern (6.483 im Ziel) los, begleitet vom Walzer „An der schönen blauen Donau“.