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Laufberichte

Heja aus Liechtenstein

11.06.05

6. Auflage des LGT-Alpin-Marathon bei besten Bedingungen


Oben, am jungen Rhein, lehnet sich Liechtenstein an Alpenhöh'n. Dies liebe Heimatland, das teure Vaterland, hat Gottes weise Hand für uns erseh'n. Hoch lebe Liechtenstein, blühend am jungen Rhein, glücklich und treu. Hoch leb' der Fürst vom Land, hoch unser Vaterland, durch Bruder liebe Band vereint und frei.


Gruezi aus dem Fürstentum vom 6. LGT-Alpin-Marathon . Wie war der sportlich Verlauf? Wie die Wettkampfverhältnisse? Vom schnellen Pfarrer und der Dauersiegerin, vom Biathlon der fotografierenden Zunft, von merkwürdigen Tieren und nicht zuletzt von meinen Eindrücken. Dieses und vieles mehr erfahrt Ihr in meinen Bericht.


Wer schon mal bei den ersten vier Zeilen gestutzt hat, ob ich wieder mal als Dichter tätig war, den muss ich enttäuschen. Fragt mal beim Vorlesen dieser Zeilen einen Liechtensteiner und der wird Euch wie aus der Pistole geschossen erklären, dass das die Nationalhymne ist. Wenn wir uns hier in Deutschland mal umhören und das Deutschlandlied aufgesagt haben wollen, werden wir uns wundern. Denn nicht nur eine Sängerin, die das Lied zu einem Fussballfreundschaftsspiel singen sollte, brachte die Hymne nicht fehlerfrei über die Bühne. Das wird auch vielen anderen passieren.


Aber wir sind ja heute im Fürstentum und wollen den Beginn der Berglaufsaison einläuten. Wo liegt eigentlich Liechtenstein. Für die, die mal die eine oder andere Erdkundestunde geschwänzt haben, hier die Nachhilfe: Man nehme das Dreiländereck Österreich, Schweiz und Deutschland und verfolge den Rhein ca. 50 Kilometer stromaufwärts. Für die Anreise per Autobahn das Pickerl nicht vergessen, weil sonst wird's teuer, wenn der Gendarm das merkt.


Liechtenstein hat rund 34.000 Einwohner auf einer Gesamtfläche von 160 Quadratkilometer und hat einen Grenzumfang von 76 Kilometer. Während die Talebene im Rheintal hauptsächlich von der intensiven Landwirtschaft genutzt wird, weist der Rest des Landes gebirgigen Charakter auf. Die Gebirgszüge, die das Land in süd-nördlicher Richtung durchziehen, sind Ausläufer des Rätikons. Die höchste Erhebung ist der Grauspitz mit 2.599 Metern Höhe.


So, dann fangen wir mit den ersten Informationen zum Wettkampf an. Die Ausschreibung und andere nützliche Dinge können der Website des Veranstalters entnommen werden. Da kann auch eine Online-Anmeldung mit direkter Bezahlung bis wenige Tage vor dem Rennen vorgenommen werden. Oder man lässt sich die Ausschreibung per Post schicken. Das Startgeld in Höhe von 75 CHF/50 EUR beinhaltet neben der Verpflegung und dem Rücktransport zum Start noch ein Funktionsshirt und eine wertvolle Gabe von Swarovski. Ein Ausdruck der Urkunden via Internet ist wieder eingerichtet. Eine Nudelparty ist nicht vorgesehen, die Teilnehmer können aber aus drei Restaurants wählen, wo es eine Nudelmahlzeit mit einem Getränk zu einem günstigen Preis gibt. Als Berechtigung hierfür sollte die Startnummer genügen, soweit ich mich dazu erinnern kann. Am Freitag zuvor können bei der Firma Ospelt in Bendern die Startunterlagen abgeholt werden. Hier ist auch der Start der Rennens.


Samstag - der Wettkampf: Nachdem der Start für 09.00 Uhr taxiert ist, müssen Langschläfer bereit zeitig aus der Matte. Zuvor werden im Anmelderaum, der Kantine des Unternehmens Ospelt, noch Kaffee, Tee, Fruchtsaft und Gipfeli gereicht. Ich kann nicht widerstehen und verdrücke noch zwei dieser Croissants und zwei Becher Negerschweiss. Während ich so dahinlungere, kommt auch marathon4you-Autor Martin Linek auf mich zu und wir wechseln ein paar Worte über unsere nächsten Wettkämpfe.

 

Ein paar Meter vom Haupteingang finden wir zwei Kleintransporter, die unsere Kleidertaschen und Rucksäcke zum Ziel transportieren. Gleich daneben können wir noch eine Massage nutzen. Der Start zum Rennen ist auf der danebenliegenden Hauptstrasse vorgesehen, ein paar Meter entfernt ist ein Stand, wo wir die gereichten Getränke degustieren können. Die Zeitmessung erfolgt mit dem Chipsystem von Datasport, der erforderliche Chip befindet sich bereits in der Startnummerntasche, der eigene gelbe Chip kann somit nicht benutzt werden. Eine Nettozeit wird es nicht geben, da an der Startlinie keine Matten ausliegen. Wer damit nicht einverstanden ist, der kann ja die fehlenden Zeiten an den Steigungen herauslaufen.


Start: Gelassen und ruhig höre ich das Herunterzählen der letzten Sekunden, bevor sich mit dem Schuss aus der Startpistole das grosse Läuferfeld auf die Socken macht. Klarer Himmel, Sonne, trockener Untergrund werden die 42,195 Kilometer zum Vergnügen werden lassen. Mit rund zehn Grad ist es vielleicht noch etwas kühl, aber dann können wir ja gerade am Anfang noch in der Sonne laufen. Nach rund 1,5 Kilometer biegen wir rechts ab und laufen auf einem asphaltierten Feldweg Richtung Rhein. Bei Kilometer zwei korrigiert der 4.30 Stunden-Pacemaker seine Geschwindigkeit und ich überhole diesen. Vielleicht gelingt es mir, ihn bis zum Ziel nicht mehr zu sehen. Am Rhein geht's nach einer Linkskurve parallel zum Gewässer Richtung Süden. Bäume spenden uns Schatten.


Nach rund 22 Minuten Laufzeit steht kurz nach dem 5-Kilometer-Schild die erste Verpflegungsstelle. Ich schnappe mit einen Becher Isotee. Wir erhalten zudem Mineraldrinks, Wasser, und später auch Cola, Energieriegel, Magnesium, Weissbrot, Orangen und Bananen. Wer dennoch hungrig und durstig bleibt, hat selber schuld, zumal noch zusätzliche Wasserstellen eingerichtet sind.


Nach der ersten V-Stelle wechseln wir auf den Rheindamm. Wenn wir unseren Blick sogleich nach links schwenken, sehen wir Schaan und herausragend die Kirche St. Peter. Diese ist wohl die älteste Kirche in Liechtenstein und in früheren Quellen als capella bezeichnet. Die ältesten Teile kichlicher Fundamente stammen aus dem 5./6. Jahrhundert.

 

Wenn wir dann auf die andere Seite lugen, geht unser Blick auf den momentan wasserarmen Vater Rhein. Viel Geschiebe transportiert er Richtung Bodensee. Bei Kilometer neun laufen wir am Rheinpark Stadion vorbei. Grüne Sichtschutzmatten verhindern unseren Blick in den Fussballtempel der Liechtensteiner. Für die Matten sind wohl zu viele Voyeure verantwortlich, die die Fussballspiele zum Nulltarif anschauen wollten.


Wir verlassen den Rhein, biegen links ab und es geht nach Vaduz hinein. Wir haben bereits einen ersten schönen Anblick des Schlosses, den nicht nur ich fotografisch festhalte. Foto-Biathlon: Wie geht das? Laufstopp, ein Schritt gehen, tief einatmen, Ziel anvisieren und beim Ausatmen abdrücken. Und dann dürfte die Aufnahme gelingen. Nach dem Durchlaufen eines kleinen Parkes neben einem Bach müssen wir einige Treppen überwinden. Zur Sicherheit haben sich hier Helfer positioniert, die wir an den gelben T-Shirts mit dem Aufdruck Staff erkennen. Nach diesem Hindernis ist eine Belohnung angesagt, denn wir bekommen wieder was zu trinken.


Nochmals ein paar Treppen und dann durchlaufen wir das Städtle unter dem "Heja, heja" der zahlreichen Zuschauer. Und damit ist für uns das "Einlaufen" beendet. Denn nach der nächsten Rechtskurve geht es ans Eingemachte, denn der erste Anstieg beginnt. Zunächst noch in moderater Ausführung bis zum Roten Haus , einem der Wahrzeichen des Hauptortes. Das Gebäude ist ein spätmittelalterlicher Treppengiebelbau, welches 1525 von einem Erben der Vaistlis vom Kloster erworben wurde. Der Turm ist weithin sichtbar und hinter der Grundstücksmauer wird heute Wein angebaut.


Unser Weg führt dann in den Schlosswald, wo für uns kurzerhand eine Baustelle passierbar gemacht worden ist. Denn da wird die Fahrbahn repariert. Nach einer steileren Rampe erreichen wie das Schloss Vaduz , das eigentliche Wahrzeichen des Fürstentumes. Der älteste Teil der Anlage ist der Bergfried und die Bauten der Ostseite aus dem 12. Jahrhundert. Die Burg wurde wohl im 16. und 17. Jahrhundert erweitert und auch urkundlich erwähnt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Schloss umfangreich restauriert und später als Wohnsitz der Fürsten ausgebaut. Leider ist eine Besichtigung nicht möglich. Weiter.


Nach einem Strassenstück biegen wir links auf einen Waldweg ein. Der scheint aber auch Geschichte schreiben zu können, denn es hat an der Seite eine Befestigung aus Bruchsteinen und war scheinbar früher eine Verbindung nach Triesenberg und Samina. Wir müssen hier uns aber ein wenig konzentrieren, denn Serpentinen, Unebenheiten, Stämme auf dem Weg und auch ein Hindernis in Kopfhöhe müssen überwunden werden.


Später erreichen wir Rotenboden und Samina mit Kilometer 15, da gibt's wieder was für die durstigen Kehlen. Ich verlange nach Gerstensaft und ernte dafür Gelächter bei den Zuschauern. Bei Kilometer 17 laufen wir eben am Hang entlang. Das tut gut, Kräfte sammeln, denn die nächste Rampe kommt bestimmt. Die wartet dann einen Kilometer später, wo ich zum ersten Mal den Gehschritt einschalten muss. Später lege ich dann wieder den ersten Laufgang ein.


Bei Kilometer 20 (Silum) wird das Hinausgeschwitzte mit Tee und Wasser kompensiert. Später erreichen wir den ersten Kulminationspunkt, die Silumer Kulm in einer Höhe von 1539 Meter. Wir haben jetzt auf gut 10 Kilometer 1100 Höhenmeter bezwungen. Das sonnige Wetter und die gute Fernsicht macht den Bewerb zum Vergnügen.


An den folgenden vier Kilometern verlieren wir rund 200 Höhenmeter, zu Anfangs noch als Bergpfad, der aber im Vergleich zum Vorjahr gut belaufbar ist. Alp Sücka (1400 m), dort ist auch wieder einer der zahlreichen Samariterposten, die Brücke über die Samina und Steg mit dem gleichnamigen See sind die nächsten Ziele. Hier wird wieder verpflegt und auch eine Zwischenzeit (Kilometer 25) genommen. Zahlreiche Zuschauer hocken auf dem Berghang wie die Hühner auf der Stange und gackern, nein, klatschen was das Zeug hält. Allez. Hopp.


Nun beginnt ein coupierter Abschnitt, der uns das Saminatal hinaus führt. Immer wieder Anstiege und kleine Gefälle. Der Talgrund der Samina wird aber immer tiefer. Dann nach einer Rechtskurve geht's ins Vallorschtal und unser Weg steigt an. Hinter Kilometer 30 wartet wieder eine V-Stelle, wo ich einen Orangenschnitz verdrücke und mit ein Gel einflösse. Das pappt aber die Gosche ungemein zusammen und mit Wasser wird das Ganze runtergespült. Bei der Alp Güschgle endet der Fahrweg. Ein kleiner Helfer reicht mir einen Becher frisches Quellwasser. Ab hier wird wieder der Gehschritt eingelegt.


Später muss dann ein schiebender Velofahrer einen Spurt in die nächste Boxengasse, nein, Ausweichstelle einlegen, denn mit meinem strammen Marsch bin ich doch schneller. "Schieb an", sage ich zu ihm und wir beide müssen lachen.

 

Bei Kilometer 34 kommen wir auf einen Fahrweg, denn ich wieder ein wenig belaufen kann. Dann wartet der zweite Kulminationspunkt auf dem Sass Fürkle (1785 m) . Zugleich wird hier wieder verpflegt. Einem Helfer drücke ich die Kamera in die Hand für die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens.


Ein malerischer Wanderweg folgt, Tendenz fallend. Dann höre ich ihn, den seltenen cuculus malbunus anonymus . Was ist das für ein Vogel? Die Lösung findet ihr später. Seit geraumer Zeit hören wir den Zielsprecher in Malbun. Aber es fehlt noch ein Stück des Weges.

 

Bei der Malbuner Friedenskapelle (Kilometer37) beginnt eine harte Prüfung. In 50 Meter zum Ziel geht unser Weg in ansteigender Form weiter. Unzählige Zuschauer bilden hier eine Gasse und treiben uns hoch. Und ich merke kurz vor dem Blauwerden, dass ich zu schnell die Steigung hochlaufe. Marschieren ist die effektive Lösung. Weiter oben warten zwei Personen, die vorbei kommende Läufer noch mal mit einem Schluck Wasser und Traubenzucker versorgen. Ich greife gern zu.

 

Im letztes Jahr warteten hier auf dem Panoramaweg unzählige Schneefelder, Moraststellen und ablaufendes Schmelz- und Regenwasser auf uns. Doch heuer ist alles schön abgetrocknet, so dass diese Passage etwas einfacher ist. Bei Kilometer 39 befindet sich die letzte Verpflegung, die letzte Steigung ist dann kurz vor Kilometer 40.


Ab Kilometer 41 wird die Tendenz fallend. "Ab hier Endspurt," sagt ein Zuschauer. "Für mich kommt jetzt der Genuss," entgegne ich. Konzentration ist angesagt, da der Weg zunächst noch uneben und steinig ist. Ein paar Konkurrenten sprinten das Gefälle hinab wie die Jemsen (preussisch) oder die Gemsen. Nach der Rechtschreibreform schreibt man sie mit ä. (Das schaut aber auch komisch aus. Gämsen).

 

Im Ortsgebiet laufen wir die letzten 300 Meter auf Asphalt. Vom Ansager frühzeitig angekündigt, laufe ich nach 4.22.04 Stunden ins Ziel . Damit bin ich auf Männergesamtrang 96 und Klassenplatz 17. Meine Zeit von 2004 kann ich fast um sieben Minuten verbessern.


Am Ziel wird der Chip abgenommen und im Gegenzug erhalten wir ein weisses Funktionsfinishershirt und die Gabe von Swarovski, eine Fliege aus Silber, Metall und Glas, ein edles Stück. Elektrolyte, Wasser, Bananen, Orangen und Riegel werden gereicht. Wer mag, kann auch als Zielverpflegung noch Pommes Frites fressen. Diesen Ausdruck muss ich gebrauchen, weil wenn ich diese jetzt futtern müsste, müsste ich speim.

 

Vor der Dusche gehe ich zur Massage, zuvor läuft mir wiederholt die Gaby Schmidtkonz über den Weg. Wir ratschen über Gott und die Welt, bis ihr Mann Thomas in Sichtweite kommt. Der läuft dann noch mit einem Sprint ins Ziel. Die angebotene Massage ist erstklassig, denn nach der Behandlung spüre ich kaum eine Belastung in der Beinen. Ja, ich könnte gleich weiterlaufen. In der warmen Dusche werden dann die letzten Schweissreste abgespült. Vor der Rückfahrt mit dem Bus (Fahrschein ist die Startnummer) futtere ich noch einen Teller Nudeln.


Lobenswert ist die mustergültige Organisation vor, während und nach dem Wettkampf. Viele engagierte Helfer, eine gut ausgeschilderte Strecke und große Kilometerschilder sind vorhanden. 545 Läufer aus 15 Nationen sind an den Start gegangen, 496 haben den Marathon mit 1800 Höhenmeter erfolgreich zu Ende gebracht.


Als schnellster Läufer gewinnt Karl Jöhl (CH-Amden) in 3.09.05 Stunden, nach seinem zweiten Platz vom Vorjahr. Es folgen Thomas Engeli (CH-Thusis; 3.16.21) und Martin Jost (CH-Winterthur; 3.20.37). Als Vierter erscheint Markus Kellenberger (3.21.09), der schnelle Pfarrer aus Vaduz, der in einigen Jahren, so Gott will, nach Südamerika gehen möchte. Die Liechtensteiner würden einen beliebten Gottesmann verlieren. Ja und bei den Frauen siegt wie 2003 und 2004 die Carolina Reiber (CH-Zürich). Mit ihrer Zeit von 3.35.10 sind nur acht Männer schneller als sie. Nach ihr finishen Luzia Schmid (CH-Homberg; 3.47.00) und Claudia Helfenberger (CH-Arnegg; 3.55.33).


Zusammenfassend ist zu erwähnen, dass es Spass macht, hier an den Start zu gehen. Für Ersttäter des LGT empfehle ich Marathonerfahrung, wenn möglich, auch noch mit Berglauftraining, denn nur dadurch wird das Unternehmen kalkulierbar. Das Rennen entschiedet sich nicht auf den ersten zehn Kilometern nach Vaduz, sondern erst an der langgezogenen Steigung ab Steg ins Valloschtal.

 

Am 10.06.2006 ist wieder Gelegenheit dazu. Für den Panoramaweg braucht's auch noch ein paar Körner. Ja, und das Rätsel bin ich auch noch schuldig. Der Vogel war ein Malbuner Kuckuck , der sich nicht blicken ließ, daher der Zusatz anonymus.

 

Servus, Ciao, Gruezi und Heja aus Liechtenstein.

 

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