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Laufberichte

Immer wieder ein fantastisches Erlebnis

 

Erneut sind Judith und ich auf dem Weg nach Luxemburg. Der ING Night Marathon steht auf dem Programm. Und für mich ist dieser sommerlichen Nachtmarathon ein Highlight im jährlichen Laufkalender. Zu erreichen ist Luxemburg von München aus nicht ganz so einfach, Sportlerinnen und Sportler aus den westlichen Landesteilen sind sicher schneller dort. Als touristisches Ziel und Hauptstadt des gleichnamigen Großherzogtums verfügt Luxemburg über genügend Hotelangebote. Auch die Preise erscheinen uns erschwinglich. Ich vermute, dass es aufgrund der Preissteigerungen in Deutschland zu einer Annäherung des Niveaus gekommen ist.

Die schnell wachsende Stadt Luxemburg hat nun eine Einwohnerzahl von 136.000 erreicht. Als Gründungsdatum der Ansiedlung gilt das Jahr 963, obwohl es hier schon in der Antike eine kleine Festung an der Kreuzung zweier Römerstraßen gab. In der Kathedrale Unserer lieben Frau von Luxemburg sind viele Herzöge beerdigt. Da Luxemburg anno 1868 eine der fortschrittlichsten Verfassungen überhaupt einführte, war der Wunsch der Bevölkerung, sich einem der großen Nachbarländer anzuschließen, eher gering. Bis zu deren Schleifung 1867 besaß Luxemburg ausgeklügelte Festungsanlagen. Die Besichtigung der unterirdischen Kasematten am Bockfelsen ist besonders bei heißem Sommerwetter eine wohltemperierte Option.

Wir kommen nach der Arbeit spät am Freitagabend an und schlafen am Samstag erst mal aus. Nach dem Frühstück geht es zur Lux-Expo, dem Messegelände. Dort erhalten wir am Vormittag ohne Wartezeiten unsere Startunterlagen – gegen Vorlage von Anmeldecode und Personalausweis, den wir glücklicherweise nicht im Hotelsafe zurückgelassen haben. Der große Kleidersack enthält einen Energieriegel, einen Rabattcoupon für den Sportschuhkauf vor Ort und einen Infozettel. Das „Runner´s Book“ kann man sich herunterladen.

Mit der Trambahn geht es für uns auf Rundfahrt. Die Linie ist inzwischen bis zum Stadion verlängert. Dort ist auch ein großes Neubaugebiet entstanden. In die andere Richtung ist inzwischen auch der Flughafen angebunden. Und wichtig: Im gesamten Großherzogtum sind alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos zu benutzen. Auch für Touristen. In einem Multikulti-Viertel in Bahnhofsnähe finden wir ein gutes italienisches Restaurant für unser „Carbo-Loading“. Wer schon am Freitag seine Startnummer abgeholt hatte, konnte im Messegelände an einer kostenlosen Pasta-Party teilnehmen.

Dann zurück ins Hotel. Ich bin jetzt schon ziemlich fertig und ruhe mich noch einige Stunden im Zimmer aus. Der Start ist auf 19:00 Uhr festgesetzt, die Taschenabgabe sollte bis 18:00 Uhr erfolgen, sodass wir uns um 17:00 Uhr per pedes auf den Weg machen. Autofahrer sollten sich die Infos zu Parkplätzen und Shuttlebussen gut ansehen.

 

 

Im Messegelände ist alles gut organisiert. Immer den Pfeilen nach. Wer mit der Tram kommt, steigt günstigerweise eine Station vorher aus, betritt das Gelände vom westlichen Eingang her und landet dann gleich in der richtigen Halle. Dort herrscht schon Hochbetrieb, und wir müssen etwas warten, bis wir die Taschen los sind.

Dann weiter zum Startbereich. Der Wetterbericht verheißt eine geringe Regenwahrscheinlichkeit bis hin zum Gewitter gegen Mitternacht. Aber es ist recht warm, aktuell fallen einige Regentropfen. Pünktlich um 19:00 Uhr  dann der Start aller Bewerbe. Die Halbmarathonis und Staffeln sind gut an ihren Rückenschilden zu erkennen und scheinen zahlenmäßig weit überlegen zu sein.

Wir queren unter dem Beifall der vielen Zuschauenden 15 Minuten nach dem Startschuss die Linie. Es folgt eine kurze Schleife hinter der Messe, dann schwenken wir auf die breite und gerade Hauptachse Avenue John F. Kennedy auf dem Kirchbergplateau ein.

Die Streckenführung verheißt viel städtisches Ambiente, aufgelockert durch Grünanlagen der ehemaligen Wehranlagen. Fünf Kilometern nach dem Start geht es über vier Schleifen durch Luxemburg, dann quer durchs Zentrum und wieder zurück zur Messe.

 

 

Aber erst einmal kann man sich auf der breiten Straße gut einordnen. An der Nationalbibliothek vorbei, rechts der Luxemburger Sitz des Europaparlaments mit den Fahnen der Mitgliedsstaaten davor. Am Wegesrand auch immer wieder Trommelgruppen. Am Gebäude der Philharmonie dann ein Schlenker, der auch den Zufahrtstunnel unter der Oper beinhaltet. Zurück zur Avenue.

Zwischen dem Kirchbergplateau und der Ville Haute, also der Oberstadt, liegt das Pfaffenthal. Mit dem Beginn der Erschließung des Plateaus wurde auch eine neue Brücke angelegt. Der Pont Grand-Duchesse Charlotte, wegen seiner Farbe „Rote Brücke“ genannt, wurde im Jahr 1965 fertiggestellt und wird nun auch von der Straßenbahn befahren. Neu gestaltet die Gitter an den Fußwegen. Blickt man im 90-Grad-Winkel auf das Tal, bemerkt man das Gitter kaum. Ab hier fährt die Straßenbahn übrigens mit Akku. Daher sieht man keine Oberleitung mehr.

 

 

Den langsameren LäuferInnen kommt hier schon die Spitze des Halbmarathons entgegen. Durch eine kurze Unterführung steht eine erste kleine Schleife durch den Stadtpark an, um dann auf dem großen Fouerplaatz zu landen. Hier ist Beginn und Ende der ersten Stadtschleife im Ortsteil Limpertsberg und unheimlich viel Remmidemmi. Der Nieselregen hat aufgehört und es sind wie erwartet unzählige Menschen an der Strecke. Auf einer Leinwand sieht man den späteren Marathonsieger James Dunn, der gerade im hellen Sonnenlicht das Tal der Pétrusse verlässt. Das werden wir anders erleben. Die Route durch das Viertel ist spannend. Oft gibt es Richtungsänderungen, an jeder Ecke stehen Zuschauende vor Restaurants und feiern uns.

Richtig flach ist der Marathon auch hier nicht. Außerdem gibt es einige schmale Abschnitte, die den Lauffluss etwas bremsen können. Dann genießt man eben die Stimmung und die vielen Animationspunkte. Auch traditionelle Musik- und Volkstanzgruppen haben sich in größerer Zahl an der Strecke postiert. Angefeuert wird fast nur auf Französisch mit „allez“ oder „courage“, während man in der Stadt sonst oft Letzebuergesch hört, eine moselfränkische Variante des Westmitteldeutschen, die mich von der Tonmelodie her an Dialekte im rheinischen Raum erinnert.

 

 

Bei km 13 trifft man wieder auf den großen Parkplatz. Beeindruckend die Fesselballons. Zurück in den Stadtpark und dann bei km 15 in die Innenstadt  Gut durch Gitter gesichert über die Einkaufsstraßen. Unglaubliche Anfeuerung von beiden Seiten, oft per Namen, der groß auf der Startnummer steht. Auf dem großen Platz Guillaume II dann die Trennung von den Halbmarathonis. Die Einweiserin kenne ich doch? Fotovergleich nach dem Lauf: Ja die stand hier vor fünf Jahren auch. So sieht man sich wieder!

Kleines Highlight: Durch eine Passage hindurch. Rechts ein Fischlokal samt Geschäft mit entsprechender Auslage.

Trambahnweiche: Das bedeutet, dass der Strom der Laufenden einmal links oder rechts um eine Haltestelle geführt wird, sodass die Bahnen dazwischen hindurchfahren können. Ist so gut organisiert, dass es viele wahrscheinlich gar nicht merken oder sich eben wundern, warum einige MitstreiterInnen auf der anderen Straßenseite laufen. Solche Stellen gibt es auf der Strecke dreimal. 

Die nun folgenden langen Geraden im Stadtteil Belair liebe ich. Viele Partys vor den schönen Häusern entlang der Straße. Da fällt es gar nicht auf, dass es leicht bergauf geht. Zurück an der modernen Kirche Saint Pie X vorbei, heute ohne Kirchenfest. Und die beleuchtete Uhr zeigt eine falsche Zeit. Dafür dann gleich Technomusik am Wegesrand, gefolgt von einer Jugendbläsergruppe. Wieder kurz durch den Stadtpark, dann die Halbmarathonmatte.

 

 

Schleife drei steht an, diesmal im Stadtteil Merl. Wieder sechs Kilometer. Inzwischen wird es dunkler. Aber weiterhin Partynester und viel Musik an der Strecke. Und natürlich VPs: Die sind gut organisiert und perfekt ausgeschildert. Es gibt Wasser, Iso-Getränke, jetzt auch Cola, Orangenstücke und kleine Bananenstückchen mit Schale.

Auf die Stelle kurz nach km 24 freue ich mich schon. Da geht es in einen kleinen Park mit Teich und großer Fontäne. Heute wartet auch ein Musiktrio auf uns. Eine schöne Atmosphäre. Dann durch die Rue Munchen und bald zurück. Wiedersehen mit dem 21-km-Punkt. Der Besenwagen kommt uns dort entgegen.

Der Pont Adolphe ist das nächste Highlight. Die Brücke war nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1903 die größte Steinbogenbrücke der Welt und besteht aus zwei parallelen Bögen, auf denen eine Stahlbetonplatte für Straße und Tram ruht. Dadurch konnten die Kosten während des Baus reduziert werden, da das Tragegerüst schmaler war und für beide Seiten Verwendung fand. Unter der Brücke zwischen den beiden großen Bögen wurde quasi ein dünnes Band angehängt, auf dem Radler und Fußgänger queren können.

Ab km 28 geht’s hinunter ins Tal. Inzwischen ist es 22:40 Uhr und stockdunkel. Viele Teilnehmende haben Stirnlampen dabei. Ohne Lampe muss man schon viel Gottvertrauen haben oder sehr trittsicher sein. Technoparty unter der Brücke, dann geht es auf einem Sträßchen wieder mit Licht steil bergab. Hier kann man Zeitverluste gutmachen. In der Nähe fließt der Fluss Pétrusse in die Alzette, dort im idyllischen Stadtteil Grund gibt es schöne Häuschen und Kneipen. Wir drehen aber Richtung Pétrusse aufwärts. Der Weg ist hier neu angelegt und gut beleuchtet. Das ändert sich bald. Trommelgruppe in absoluter Dunkelheit. Ich rufe „Danke“ ins Schwarze.

Ein Arbeiter steht neben einer mobilen Beleuchtungseinrichtung. Kein Strom? Dann ein nettes Stück nach oben, über ein schwankendes Brückchen und wieder in ein Wohngebiet. Nach km 31 dann ein letzter Aufstieg und weiter in einen Kneipenbereich, quasi die vierte Schleife im Bahnhofsquartier. An einer dunklen Häuserecke werden portugiesische Lieder gesungen. Beeindruckend dann die Prachtallee „de la Liberté“. Letzter Staffelwechsel. Die „Teamrunner“ stören kaum.

 

 

Km35: Zurück auf dem Pont de Viaduct hinein in die Innenstadt. Rechts die Kathedrale, dann links auf die Place de la Constitution mit dem „Monument du Souvenir“ und seiner „gëlle Fra“ („goldene Frau“) genannten goldenen Statue auf hohem Obelisk. Heute wurde der kleine Parkplatz zur Partyzone. Junge Menschen wollen abgeklatscht werden. Viele halten mir den Bierbecher hin. Hier steht auch das neue Highlight: Ein Turm, an dem vier Gondeln nach oben fahren. Es folgt ein guter Kilometer Party. Auch die etwas langsameren Teilnehmer genießen noch genug Aufmerksamkeit. Echt cool. Großer VP, der schon langsam abbaut, dann beginnt der letzte Teil unserer Abendveranstaltung:

An einem Seniorenheim speziell für Stadtluxemburger, dem schlossartig anmutenden Gebäude der Stiftung J.P. Pescatore, vorbei zur Hangkante. Dort wurde ein Steg angelegt, über den wir nun zur Roten Brücke laufen. Hier gibt es auch einen Panorama-Aufzug ins Tal. Ein schöner Blick auf die Brücke und die Hochhäuser des Kirchbergs. Noch fünf Kilometer, und das leicht bergauf. Als kleine Zwischenauflockerung über eine nagelneue Fußgängerbrücke, die Passerelle, hinüber zur Bastion im Parc drai Eechelen. Heute mal ohne Party. Der Plattenweg ist feucht und fühlt sich rutschig an. Durch die bekannte Tunneldurchfahrt und noch mal Stimmung: Der Lauftreff „FatBetty“, traditionell an dieser Stelle vertreten, hat uns den roten Teppich ausgerollt und trotz der späten Stunde jede Menge jubelndes Publikum mobilisiert. Abklatschen und weiter. Das gibt noch mal einen kräftigen Motivationsschub.

Die Avenue zieht sich dahin. Km 40: An der Universität nach links auf einen dunkleren Fußweg durchs Grüne. Die Kilometerschilder haben alle auch eine gelbe Baustellenlampe. Die km-41-Lampe blinkt und dann zurück in die Bebauung und fast schon im Ziel.

Die Stimmung steigt. Es wird voller: Angemeldete Begleitpersonen dürfen als Running Buddy „ihrem“ Marathoni ins Ziel folgen. Dann hinein in die Disco: Auf blauem Teppich durch die Messehalle. Rechts der ING-Bereich für geladenen Gäste. Man prostet den LäuferInnen mit Sekt zu. Links die „offene“ Party-Zone. Hier kommen vor allem Biergläser zum „Einsatz“. Unglaublich, was hier nach Mitternacht noch los ist. Die letzten Meter genießen. Judith ist bereits im Ziel. Die Medaille ist groß und schwer.

 


In der nächsten Halle die Zielverpflegung. Schon etwas abgegrast, aber es ist alles noch da, sogar alkoholfreies Bier. Eine Halle weiter warten die Kleiderbeutel auf Abholung. Duschen und Massagemöglichkeiten sind auch vorhanden. Noch fahren einige Nachtbusse. Da unser „Parc Hotel Alvisse“ aber eine 50-Minuten-Busfahrt entfernt ist, gehen wir die 2 Kilometer zu Fuß durch den Wald. Gut, dass wir eine Lampe dabei haben und was für ein Glück, dass das vorhergesagte Gewitter erstmal ausfällt.

 

Fazit:

Der Nachtmarathon Luxemburg ist für mich immer wieder ein fantastisches Erlebnis. Wo sonst bekommt man so viel Stimmung an einem warmen Sommerabend? Die Strecke ist sehr abwechslungsreich. Alles ist sehr gut organisiert. Aufgrund des gemeinsamen Starts aller großen Wettbewerbe und der welligen und kurvigen Streckenführung wird man hier keine Bestzeiten laufen. Aber das Erlebnis ist einzigartig.

Nach der Trennung von den Halbmarathonis bei km 15 wird es ruhiger, aber dank der hohen Teilnehmerzahlen inklusive Staffeln sind auch langsame Marathonis bis zum Schluss nicht allein unterwegs. Laufenden, die drei Stunden oder mehr für die ersten 28 km benötigen, empfehle ich eine Stirnlampe. Bunt illuminierte TeilnehmerInnen werden besonders enthusiastisch angefeuert.

 

Siegerinnen

1. STIEPEL EDITH               GER               3:12:32        

2. PROCA TATIANA           MDA              3:15:01           

3. SCHANK KARIN             LUX               3:15:54

           

Sieger

1. JAMES DUNN                  LUX               2:29:04           

2. CALEB TRABITZSCH    GER               2:33:45

3. LUC SCHELLER              LUX               2:37:38

 

Finisher

Marathon:                   1.693
Halbmarathon:            8.479
5 k – dreier:                   260
Marathon-Staffel:          735

 

 

Informationen: ING Night Marathon Luxemburg
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