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Laufberichte

Rock me, Amadeus

 

Da der Titel „Vienna Calling“ in der Liste der Laufberichte vom Wien Marathon schon vertreten ist, rückte ein anderer Falco Song nach, welcher schon in der unserer Vorbereitung immer wieder lief. „Rock me Amadeus“ bezieht sich natürlich auf Wolfgang Amadeus Mozart, welchen ich im Vorfeld eher nach Salzburg verortet hätte. Dies dürfte an den Mozartkugeln liegen, womit die Geburtsstadt den 1756 geborenen Wolferl auf ewig mit sich verbunden hat. Inzwischen bekommt man die Mozartkugeln auch in ganz Wien, wo der Künstler die meiste Zeit seines Lebens wirkte. Noch vor seinem 36. Geburtstag verstarb er und wurde im Wiener Stadtteil St. Marx an nicht genau bekannter Stelle zur Ruhe gebettet.

Sehr genau bekannt ist der Standort der Marx Halle, welche 1881 mit einer Mastvieh Ausstellung in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I eröffnet wurde und für bis zu 4500 Rinder Platz bot. Eine Erweiterung für 6000 Rinder im Jahr 1898 hatte fast hundert Jahre Bestand, erst 1997 wurde sie aufgrund der Schließung des benachbarten Schlachthofes nicht mehr gebraucht. Unter Denkmalschutz gestellt erfolgte in den folgenden Jahren nach und nach der Umbau zur Veranstaltungshalle mit 8000 Stehplätzen. Und genau hier beginnt am Freitag mit der Startnummernausgabe die erste Runde zum 41. VCM, dem Vienna City Marathon 2024.

Eine lange Reihe an Stationen, aufgeteilt nach den einzelnen Strecken, sorgt für eine rasche Bearbeitung. Die Experten von Mika Timing und Race Result bringen reichlich Erfahrung mit. Zur Marathon Anmeldung gibt es eine freie Station und somit keine Sekunde Wartezeit. Nach Vorlage des vorher runtergeladenen Startpasses und eines Ausweises zur Identifikation wird die Startnummer mit aufgedruckten Namen mit dem Transponder verklebt, es gibt einen vorbereiteten Starterbeutel. Etwas länger warten wir auf die zweite Startnummer. Für den Vienna 5K stehen nur vier Anmeldungen zur Verfügung und es staut sich.

Der VCM bietet am Samstag im Rahmenprogramm bereits vier Läufe an. Über 800 m den „Inclusion-Run“, ebenfalls über 800m „The Daily Mile 800“, über 1600m „The Daily Mile 1600“ und abends den „Vienna 5K“. Für Sonntag sind dann Halbmarathon, Marathon und Staffelmarathon geplant. Im Vorfeld hören wir unterschiedliche Meldezahlen, richtig sortiert sind es über 42000 Starter für das Wochenende und rund 35000 für den Sonntag, welche sich auf 10000 für den Marathon, rund 12000 auf 3000 Marathonstaffeln und 13000 für den Halbmarathon aufteilen.

Wir haben uns für Wien etwas Zeit gegönnt und zwei Tage zur Stadtbesichtigung eingeplant. Die Hofburg mit der Spanischen Hofreitschule, die Schlösser Belvedere und Schönbrunn. Der Stephansdom und die Karlskirche, eine Rundfahrt im Fiaker und ein Runde im Prater Riesenrad, schon sind 45000 Schritte an zwei Tagen gegangen und somit ist man aufgewärmt, um Samstag Abend mit dem Vienna 5K einmal über die Ringstraße zu laufen. Hier gibt es, wie bei allen Läufen im Rahmenprogramm, die Auswahl mit oder ohne Zeitnahme zu starten.

Um 18:15 Uhr geht es an den Start, die Stadt ist abgesperrt durch jede Menge Polizei, Führungsfahrzeug mit laufender Uhr auf dem Dach und es fühlt sich an, als stünde jetzt schon die Königsdistanz an. Hier steht aber bei den meisten der Fun im Vordergrund, und es geht leider im Regen auf die Strecke. Wie so oft scheitert ein vernünftiger Ablauf an Ignoranz oder fehlender Selbsteinschätzung. Langsame Läufer und sogar Walker im vorderen Bereich machen ein schönes Laufen trotz der breiten Ringstraße auf den ersten Kilometern unmöglich. Umso schöner wird es hinten raus, sogar Petrus hatte Verständnis und es wurde von oben trocken.

Der Zieleinlauf im Original Marathon Ziel ist heute Abend für viele ein tolles Erlebnis, jeder bekommt eine nachhaltige Medaille in Form, eines hölzernen Sterns und eine vorbereitete Tüte als Zielverpflegung. Das geht schnell und man bekommt somit den häufigen Stau im Zielbereich vermieden. Die möglichen 3000 Startplätze waren ausgebucht und diese Generalprobe für morgen läuft gut.

 

 

 

Sonntag = Race Day!


Die Startaustellung erfolgt in der Donau-City auf einer sechsspurigen Straße am Fuße des Donau-City-Towers 1. Mit 60 Etagen und 220m Höhe ist er das höchste Gebäude Wiens und Österreichs. Er wird nur um 2 m überragt vom 1 km entfernt stehenden Donauturm, welcher als Fernsehturm das höchste Bauwerk sein darf, aber eben nicht als Gebäude eingestuft wird. Eingeteilt in 6 Startblöcke geht der erste pünktlich um 9 Uhr auf die 42,195 km. Es läuft gut, die geplanten 5 Minuten Abstand von Block zu Block werden verkürzt und mein 6. Block startet 5 Minuten eher bereits um 9:20 Uhr.

Der erste Kilometer steigt leicht an und mit der Reichsbrücke queren wir über die Donau und Donauinsel, wir verlassen den 22. Bezirk. Auf der westlichen Donauseite passieren wir die auffällige 1913 unter den Augen von Kaiser Franz Josef I geweihte Franz-von-Assisi Kirche, dessen Grundstein auch in des Kaisers Anwesenheit bereits 1900 gelegt wurde. Gut Ding braucht Weile denke ich mir, passt zu meinem Fitnesslevel für den heutigen Marathon.

Und schon sind wir im 2. Bezirk Leopoldstadt und begeben uns in die Häuserschluchten Wiens. Die Temperatur ist noch sehr frisch, mein letzter Blick auf ein Thermometer beim Verlassen des Hotels zeigte frostige 3 Grad, bis 10 sollen es heute noch werden. Wenigstens ist der Sonntag komplett trocken gemeldet, ein Trost nach den gestrigen nassen Läufen.

 

 

Der zweite Kilometer ist kurz vor dem Praterstern abgehakt, die Strecke ist gesäumt von Zuschauern und wir erhaschen einen Blick auf das weltberühmte Prater Riesenrad. Hier hat vor37 Jahren James Bond eine Runde mit Kara gedreht, Bürgermeister Helmut Zilk hatte dem Filmteam angeboten das es, sollte es notwendig sein, auch die U-Bahn in die Luft sprengen könne. Mit einem Augenzwinkern. Wir biegen auf den „Mythos Prater Hauptallee“ ein. Hier ist am 12.10.2019 Eliud Kipchoge als erster Mensch einen Marathon in unter zwei Stunden gelaufen (1:59:40,2)gelaufen, allerdings unter „Laborbedingungen“ und mit sich abwechselnden Pacemakern. Auf seinen Spuren geht es von Bäumen gesäumt schnurstracks geradeaus,  wir passieren Kilometer 3 und 4. Für Unterhaltung sorgt eine große Leinwand auf der Fans Anfeuerungen für die Läufer einsprechen können.

Der erste Verpflegungspunkt ist erreicht und bei der Masse an Läufern auch das erwartete Chaos. Ich laufe schnell durch, die kühlen Temperaturen gestatten es mir, einmal auszulassen. Neben 8 regulären VPs sind noch 15 Wasserstellen angekündigt, das sollte reichen und ist eine dichtere Versorgung als bei manchen Hitzeläufen im Sommer. Wir verlassen den Prater und laufen an dessen Rand wieder stadteinwärts. Inzwischen hat sich das Feld sortiert und die Geschwindigkeiten passen. Die Kilometer ziehen vorbei und ab und zu strahlt die Sonne vom Himmel.

 

 

Wir erreichen die Ringe und damit die Innenstadt, der zweite VP ist dann auch der meine. Trotz großzügig geplanten Bereich, reichlich Mülltonnen mit darüber angebrachten Zielscheiben, sind leider viele meiner Mitläufer nicht fähig diese zu nutzen. Und so laufen wir durch ein schmieriges Mix aus Wasser, Geltütchen und Resten aufgeweichter Pappbecher. Ja, diese sind 100% recyclebar, aber nicht, wenn Sie aufgeweicht plattgetrampelt werden. Liebe Mitläufer, hier ist meines Erachtens Umdenken überfällig.

Der Track über die Ringe führt uns über den Schwarzenbergplatz, nach gestern auf den 5K das zweite Mal, und wie ich aus der Vorbereitung weiß, später noch ein drittes Mal. Auf einer großen Bühne läuft eine Leinwand und zeigt gerade die Spitze an. Wie Fernsehschauen, vom Tempo her eine andere Welt! Auf der darunter liegenden Bühne tobt sich gerade eine Sambagruppe aus, heiße Rhythmen und heiße Kostüme der Tänzerinnen lenken schnell von der rasenden Marathon-Spitze ab.

Die Sonne scheint inzwischen durchgehend und es ist Zeit, sich der ersten Kleidungsstücke zu entledigen. Eine schwierige Einschätzung, denn zwischendurch pfeift immer wieder ein eisiger Wind durch die Häuserblocks. Tanja lauert mir auf und ich gebe Buff und Handschuh ab, die Mütze darf noch bleiben. Die Strecke zieht sich flach durch die Stadt in westliche Richtung, wir erwarten den Wendepunkt bei Schloss Schönbrunn. Der nächste VP ist erreicht und der erste Wechselpunkt für die Staffeln bei 15,5 km. Der erste einer Staffel muss in Wien ganz schön was leisten, die nächsten Abschnitte fallen mit 8,6 km, 6,7 km und 11,4 km deutlich kürzer aus. So lassen sich auch langsamere und noch nicht sehr geübte Läufer schön in eine Staffel integrieren. Wir passieren Schönbrunn in etwas Entfernung kurz vor Kilometer 16, dann drehen wir wieder stadteinwärts.

 

 

An der TU vorbei, stets angefeuert, immer wieder musikalische Hot Spots, geht es über Straßenbahnschienen und Fußgängerzonen immer weiter zurück Richtung City, sogar teils spürbar angenehm bergab. Kurz hinter der 20 sind wir im Museums-Quartier und die Streckentrennung steht an. Die Halbmarathonis dürfen rechts ab durchs rote Tor zum Ziel am Burgtheater, die Staffeln und Marathonis begeben sich durch das blaue Tor und starten die 2 Hälfte. Schilder, ein blinkendes Display und Helfer mit Schildern, wer das verpasst verläuft sich auch in seiner Küche.

Was mich hier erfreut ist, dass die zweite Runde nicht eine Wiederholung der ersten darstellt, sondern vorwiegend über neues Terrain führt, und damit auch für Abwechslung sorgt. Wie zu erwarten wird es mit einem Schlag ruhiger auf der Strecke, an den folgenden VPs und auch an den vielen Zeitmessmatten. Die Strecke bietet einige Möglichkeiten zum Abkürzen, dies wird durch geschickt platzierte Zeitnahmen unmöglich. Er dennoch tut, ist raus.

Nach dem km 27 biegen wir zum zweiten Mal auf die Prater Hauptallee ein. Fast 3 km geradeaus, dann links weg zu einer ca. 1,5km langen Pendelstrecke bei der wir mal kurz beim Ernst-Happel-Stadion vorbeischauen. Zurück auf die Hauptallee und 2 km weiter strack geradeaus bis zum Lusthaus. Hier wurde schon 1560 das Casa Verde erwähnt und diente als Jagdhaus. Mehrfach zerstört, wurde es 1949 im Stil des Baus aus dem 18. Jahrhundert wieder aufgebaut und ist heute Cafe und Restaurant.

 

 

Wir dürfen einmal im Kreisverkehr drum herum und dann noch 2,5 km Rückweg über die Hauptallee antreten. Auf den dadurch entstehenden Begegnungsstrecken bekomme ich einige Läufer vor die Kamera. Der Mythos ist ein echter Kampf! Es geht zurück Richtung Innenstadt parallel zu den Kilometern 5-9 und bei 40 erreichen wir wieder den Ring. Noch einmal über den Schwarzenbergplatz auf der Prachtstraße bis zur Hofburg. Auf der vorhin schon passierten Bühne ist jetzt Mitläuferin Xin zu sehen. Sie erfreut sich an der metergroßen Übertragung und schießt davon noch eine Erinnerung. Auf der Bühne geht es danach zu einer Rap-Aktion über und wir werden Richtung Ziel gefeuert. Die Cheer-Leader haben wir knapp verpasst.

 

 

Die letzten 500m sind mit Schildern pro 100m angezeigt. Es ist zwar schon ruhig so spät im Rennen, aber die verbliebenden Zuschauer feuern noch kräftig an. Kurz vorm Ziel stehen die Walzertänzer Spalier, ich hebe die Kamera und das Display erlischt. Also stehe ich 100 m vorm Ziel und fummel an meiner Kamera rum um den leeren Akku zu tauschen. Sekundenlang spüre und sehe ich die ungläubigen Blicke der Tänzer und Zuschauer: „Was macht der da?“ Dann ist der Akku drin, und die Walzertänzer jubeln mich ins Ziel, da sie registrieren, dass mir das Foto von ihnen wichtiger ist, als ein paar Sekunden schneller im Ziel zu sein. Dadurch ist ein wirklich tolles Foto der Truppe entstanden, im 3/4 Takt!

Ich überquerer die Ziellinie, zufrieden drin zu sein. Ein Streckensprecher begrüßt uns, die wunderschöne Medaille wird überreicht und anschließend gibt es wieder den fertigen Verpflegungsbeutel wie auch schon am Vortag.

Und schon ist er Geschichte, der 41. VCM und meine erste Teilnahme in der Metropole Wien. Es war kühl und windig, zwischendurch brannte die Sonne was zu einem ständigen Wechsel führte. Die Organisation spricht für sich und ist wie erwartet hoch professionell. Ein schöner Stadtkurs mit 100% Teer bei nur 140 m Anstieg auf der Marathondistanz. Sehr zu empfehlen! Rock me Amadeus forever & Vienna‘s still calling!

 

 

 

 

 

Informationen: Vienna City Marathon
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