Patrick Ereng ist der Sieger des Kassel Marathon 2022. Der Kenianer gewann auf dem neu gestalteten Zwei-Runden-Kurs in 2:19:50 vor seinem Landsmann Lenkai Olenkanae (2:20:36) und Lokalmatador Tom Ring (Laufteam Kassel, 2:31:17).
Die Entscheidung fiel etwa bei Kilometer 39, als sich Patrick Ereng von Lekai Olenkanae absetzte. Zuvor hatte viel Taktik das Rennen bestimmt. Weil Halbmarathon und Marathon erstmals wieder zusammen starteten, war es der spätere Halbmarathon-Sieger Marius Puchta, der auf den ersten 8 Kilometern in der Marathon-Führungsgruppe ohne verpflichteten Pacemaker eine Art Tempomacher war. Schon da war klar, dass es für eine gute Zeit am Ende nicht reichen würde. Dann fiel verletzungsbedingt der Äthiopier Kidus Gebremeskel Abay aus und Ereng und Olenkanae waren unter sich.
Bei guten Laufbedingungen blieb die Zeit dennoch moderat. Schlussendlich wollte sich Patrick Ereng, der nahezu das gesamte Rennen Führungsarbeit übernommen hatte, nicht auf einen Zielsprint einlassen. Lenkai Olenkanae hatte sich bei seinem erst zweiten Marathon etwas mehr erhofft, verbesserte seine bisherige Bestzeit aber um zwei Minuten.
Tom Ring lief erstmals den Marathon vor seiner Haustür. „Es hat Spaß gemacht, hier zu laufen, ich habe die Atmosphäre genossen“, sagte der Physiker, für den es der dritte Marathon war. Bei Kilometer 35/36 wurde es etwas schmerzhaft, aber ab der Party-Meile Friedrich-Ebert-Straße lief es dann wieder. „Da waren viele Bekannte an der Strecke“, berichtete er, „und überhaupt war es gut, dass immer wieder auch da Leute an Stellen standen, wo man sie braucht, wo man sich nicht so gut fühlt zwischendurch, so konnte ich die zweite Runde auch genießen.“
Bei den Frauen waren die Lücken zwischen Siegerin und Platzierten deutlich größer. Mercy Jeptoo Tuitoek (Kimawit Athletic Club, Kenia) gewann in 2:37:36 vor der Äthiopierin Chaltu Fikadu Marame (2:39:53) und Mona Grewe (3:22:37). Für die Gewinnerin war es ebenfalls der zweite Marathon und eine neue, um fast fünf Minuten schnellere persönliche Bestzeit. Und die viertschnellste Zeit bei den Frauen in der Geschichte des Kassel Marathon.
Dieser Kassel Marathon war ein ganz Besonderer. Der erste Marathon ohne den vor einem Jahr verstorbenen Gründer und Macher Winfried Aufenanger. Der erste Marathon ohne Titelsponsor. Der erste Marathon mit Rückkehr zur Zwei-Runden-Strecke. Der erste Marathon unter der Regie von Michael Aufenanger und seinem in großen Teil neuen Team. Die Spannung war groß im Vorfeld angesichts der vielen Herausforderung.
Als dann mit Halbmarathon-Sieger Marius Puchta (Laufteam Kassel) der erste Sieger ins Ziel lief, spätestens da war klar, dieser Marathon wird auch noch in ganz anderer Weise besonders. Als er im Ziel das Schild mit dem Namen „Aufi“ und einem Herz in die Höhe hielt, da kamen nicht nur bei ihm die Gefühle hoch. Lange umarmten sich Marius Puchta und Brigitte Aufenanger und es sollten nicht die einzigen Tränchen sein, die an diesem Sonntag vergossen wurden. Viele Läufer, vor allem aus dem Laufteam Kassel, gaben sichtbar ein Zeichen gen Himmel als Dank für den umtriebigen Trainer und Veranstalter.
„Ich bin sehr froh, gewonnen zu haben, dieser Sieg ist für Aufi“, sagte Marius Puchta, der in 1:11:16 zu neuer persönlicher Bestzeit lief.
„Es macht immer so einen Riesenspaß in Kassel“, sagte etwa Silke Optekamp, die Deutsche Marathon-Meisterin von 2013, die, ebenfalls überwältigt von den Emotionen, den Halbmarathon für ihren Entdecker lief. „Ich bin Aufi so dankbar für alles, Ihr müsst diesen Marathon einfach aufrechterhalten“, so ihr Appell an das neue Organisationsteam.
„Und wenn ich ins Ziel gekrochen wäre, aufgegeben hätte ich nicht“, sagte Sandra Morchner (Laufteam Kassel), die lange geführt hatte bei den Frauen im Halbmarathon, bis eine Verletzung ihr das Laufen fast nicht mehr möglich machte. Aber die W50-Halbmarathon-Weltmeisterin und vielfache deutsche Altersklassenmeisterin- und Rekordhalterin biss sich noch als Zweite (1:21:56) bis ins Ziel durch. „Ich wollte das unbedingt für Aufi zu bringen“, so Sandra Morchner, für die die Medaille mit dem Portrait von Winfried Aufenanger eine wertvolle Erinnerung ist an ihren Trainer und Förderer.
Dass sie am Ende Nina Engelhard (PSV Grün-Weiß Kassel) den Vortritt lassen musste, störte sie angesichts der Umstände nicht. Für Nina Engelhard wurde die starke Halbmarathon-Premiere (1:19:19) gleich mit dem Sieg belohnt. „Mega“ fand sie den Erfolg in ihrer Heimatstadt und auch die neue Strecke.
Auch fern der Spitzen-Athleten wurde an „Aufi“ gedacht. „Ich habe auf der ganzen Strecke immer mal in den Himmel geschaut“, erzählte Stefan Schumacher, der extra für den Kassel Marathon aus Manchester (England) angereist war.
Für Organisationsleiter und Veranstalter Michael Aufenanger war der Kassel Marathon denn auch „sehr gutes Ereignis mit sehr viel positiver Stimmung.“ Mit insgesamt 6733 Meldungen wurden die 7.000 zwar nicht ganz erreicht, aber nach zweijähriger Pause war er mit dem Comeback der größten nordhessischen Laufveranstaltung absolut zufrieden. „Ich bin richtig froh, dass wir es geschafft haben und es ist eine schöne Motivation für unser kleines Team“, so der neue Marathon-Chef. Für den Sohn von Winfried Aufenanger war es natürlich auch eine sehr emotionale Veranstaltung.
Seinem Vater, da waren sich aber Teilnehmer und Zuschauer sicher, hätte diese gut gefallen und er gibt nach den vielen laufenden Grüßen gen Himmel nun wohl endgültig seinen Segen für den Fortbestand und die Weiterentwicklung seines Lebenswerkes.