Ein Selbstläufer wie manch anderer Marathon ist der in Kassel nicht. Vielleicht sogar das Gegenteil. Die Stadt hat zwar knapp 200.000 Einwohner, ist aber die einzige Großstadt in Nordhessen. Bad Hersfeld und Baunatal als nächstgrößere Städte haben um die 30.000 Einwohner.
Wer in einer solchen Region eine Großveranstaltung wie einen Citymarathon aufziehen will, braucht zunächst einmal Mut. Nun, Winfried Aufenanger, der Chef des Kassel Marathon, war mal ein hohes Tier bei der Polizei mit ausgeprägten Alpha-Qualitäten. Einige Jahre trainierte er die Nationale Marathon-Elite. Man kann ihm vielleicht einiges nachsagen, nicht aber, dass er sich vor schwierigen Aufgaben drückt.
Alleine mit dem Startgeld der Teilnehmer hat noch niemand einen großen Stadtmarathon auf die Beine gestellt. Will man keine Eintagsfliege, sondern langfristig etwas aufbauen, braucht man Sponsoren. Erfahrungsgemäß korrespondiert die Dichte potentieller Sponsoren in etwa mit der der Bevölkerung. Demnach müssen sie hier in Nordhessen dünn gesät sein. Da muss man sich schon was einfallen lassen, um sich für Geldgeber interessant zu machen. Man muss zum Beispiel dafür sorgen, dass über den Marathon nicht nur Wochen vor und ein paar Tage nach der Veranstaltung gesprochen wird, sondern nach Möglichkeit das ganze Jahr.
Auch dafür hat „Aufi“, wie man Winfried Aufenanger gerne nennt, Ideen und ein gutes Händchen. Mit der Eon Mitte holt er ein Unternehmen ins Boot, das in der Region tief verwurzelt ist und das auch bleiben will. Unter vielen weiteren Sponsoren, die gewonnen werden, wird ein engmaschiges Netzwerk gestrickt, das inzwischen weit über das Engagement für den Marathon hinausreicht.
Das ist aber nur die eine Seite. Um das Projekt Kassel Marathon auch von der Teilnehmerseite her zu stabilisieren, muss überregional geworben und regional missioniert und ausgebildet werden. Missionieren ist schon das richtige Wort. Es geht nämlich nicht alleine darum, Laufwilligen das Laufen beizubringen, sondern die Lust zum Laufen bei allen Altersgruppen erst einmal zu wecken.
Seit sieben Jahren richtet man zu diesem Zweck sogenannte Stützpunkte ein, 21 sind es bis heute. 46 Trainer hat man speziell für diese Stützpunkte ausgebildet. Der zurzeit größte Stützpunkt ist in Baunatal, ihm sind 90 Läuferinnen und Läufer angeschlossen. Insgesamt hat man über 1000 Sportabstinenzlern das Laufen beigebracht, oder Gelegenheits-Jogger zur Marathonreife geführt. Dass dann der eine oder andere seine Marathon-Premiere nicht in Kassel, sondern in Berlin oder New York feiert, ist ein Hinweis darauf, dass das, was hier geleistet wird, nicht nur der Region zu Gute kommt, sondern dem Laufsport insgesamt.
An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, dass bei den Kinder- und Jugendläufen sage und schreibe 4226 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt wurden. Das Auestadion war dabei so gut besucht, dass manche Kicker vor Neid erblassten.
Wie überall, so ist auch in Kassel der Marathon keine „One-Man-Show“. „Aufi“ Aufenanger mag der Motor und die treibende Kraft sein, aber ohne Sponsoren, die nicht nur Geld, sondern auch Ideen und Manpower einbringen, ohne ein engagiertes Team und ohne die vielen hundert Helferinnen und Helfer geht gar nichts.
Das wollte ich schon lange mal sagen.
Einen ausführlichen Laufbericht
von Joe Kelbel gibt es hier
Männer
1 Hosea Kiplagat Tuei Kenia 02:15:21 1
2 Felix Kipkorir Kenia 02:15:41
3 Pharis Kimani Kenia 02:15:51
Frauen
1 Zerfe Worku Boku Äthiopien 02:38:40
3 Alice Jepkemt Kibor Kenia 02:45:41
5 Abebech Bulbula Elite Club Spiridon Ethiopia 02:52:48