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Laufberichte

Genk: Gnadenlose Duelle

14.01.07

Gute Bedingungen = gute Laufergebnisse

 

Genk ist eine Stadt in der belgischen Provinz Limburg und liegt am Albertkanal. Will man von Bonn aus auf schnellstem Wege nach Genk gelangen, benutzt man die deutschen Autobahnen A555 und A4, dann durchquert man mit 28 km Autofahrt über die dortige A76 den Südzipfel der niederländischen Provinz Limburg und gelangt schließlich über die belgische A2 nach ca. 140 Gesamtreise-km zur Ausfahrt Genk-Ost. Auf dieser recht kurzweiligen Route passiert man in Deutschland Städte wie Köln und Aachen sowie in den Niederlanden Heerlen und Stein (Ultraläuferinnen und -läufern bestens bekannt als Austragungsort von "the world's fastest six-hours-run").

 

Genk war ein unbedeutender Weiler, bis im Jahr 1901 im nahen Dorf As und kurz darauf auf der eigenen Gemarkung bedeutende Kohlevorkommen entdeckt wurden. Der Ort wuchs daraufhin zu einem der bedeutendsten Kohlereviere Belgiens an. Seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte ein Strukturwandel in der dortigen Region ein. So wurde 1966 die erste von drei Zechen stillgelegt. In den 80er Jahren wurden auch die beiden verbliebenen Bergwerke geschlossen. Erst im Jahr 2000 wurde die Gemeinde Genk zur Stadt erhoben. Diese hat derzeit ca. 64.000 Einwohner.

Heute ist "Ford" mit rund 10.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Stadt. Der amerikanische Automobilkonzern stellt dort die Modelle "Mondeo" sowie auf einer neuen gemeinsamen Plattform den "Galaxy" und den "S-MAX" her. Bis 2004 wurde in Genk auch der "Transit" gefertigt. Ein weiterer größerer Arbeitgeber ist das Stahlwerk "A.L.Z.".

 

Am 14.01.2007 richtete der in Genk beheimatete "Atletiekclub De Demer" nunmehr bereits zum 6. Male sein stets am zweiten Sonntag im Januar stattfindendes "Memorial Louis Persoons" aus. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden ein Marathonlauf (Start um 10.00 Uhr), ein Halbmarathonlauf (Start um 11.00 Uhr), ein 12.195-m-Lauf (Start um 13.00 Uhr) und ein 6.195-m-Lauf (Start um 14.00 Uhr) durchgeführt.

 

Die Veranstaltungsleitung lag wie bisher in den bewährten Händen von Micha Havreluk, der selbst ein in der Langstreckenlaufszene weit über Belgiens Landesgrenzen hinaus bekannter und geschätzter Marathon- und Ultraläufer ist. Ihn unterstützte erneut ein eingespieltes Team aus fleißig anpackenden und stets freundlichen Helferinnen und Helfern, deren gastfreundliches Verhalten besondere Erwähnung verdient.

 

Veranstaltungszentrum war wiederum das in der schmucken Naherholungsanlage "Kattevennen" gelegene "Sporthotel BLOSO", dessen großzügig angelegte Baulichkeiten sich für die Ausrichtung eines derartigen "Laufevents" vorzüglich eignen.

 

Die "Marathonis" hatten zunächst einen "Prolog" von 195 m und dann 7 x eine exakt vermessene 6.000-m-Runde zu absolvieren. Dieser sehr abwechslungsreiche Kurs mit seinem doch recht welligen Profil führte zu 4/5 durch parkähnlichen Wald des Naturschutzgebietes "Midden-Limburg" und zu 1/5 durch das ruhige Wohngebiet "Gelieren" mit seinen beeindruckenden Bungalows und Villen.

 

Eigentlich wären durchgängig asphaltierte Wege zu belaufen gewesen. In diesem Jahr zwang jedoch eine Straßenbaustelle am "Europlanetarium" zur Parallelverschiebung eines kurzen Streckenabschnittes. Der als Umleitung neu angelegte Wanderweg brachte zunächst noch eine kurzzeitige "Entlastung der Orthopädie". Sein naturbelassener Untergrund weichte unter den Füßen der Teilnehmer/innen vorgenannter 4 Laufwettbewerbe dann allerdings zunehmend auf.

 

Dass nach jedem km eine Tafel aufgestellt war, auf der die nach Anzahl der Runden zutreffenden Gesamt-km aufgelistet waren, dass am Rundenende von einer großen Digitaluhr die jeweilige Zwischenzeit abgelesen werden konnte und dass zu Rundenbeginn eine Verpflegungsstelle mit einem sehr vielfältigem Angebot eingerichtet war, versteht sich bei dieser hervorragend organisierten Laufveranstaltung von selbst.

 

Und fast möchte man meinen, dass Micha mit Petrus einen Schönwettervertrag abgeschlossen hatte. Am Vormittag schien die Sonne von wolkenlosem Himmel. Erst im Laufe des Nachmittags waren ein paar dünne weiße Wölkchen und Wolkenschleier zu erblicken. Dabei dürfte die Temperatur in den Mittagsstunden bei +10° Celsius gelegen haben. In einem von Pferdeställen abgeschirmten Winkel konnte man sich an rosafarben blühenden Bäumen erfreuen.

 

Bei so günstigen Bedingungen war abzusehen, dass auch gute Laufergebnisse erzielt werden würden. Und so kam es dann auch. An der Spitze des Männerfeldes "bretterten" zwei Athleten derart schnell dahin, dass einem beim Überholtwerden Hören und Sehen verging. Der eine war der belgische Lokalmatador Marc Papanikitas, ein absoluter Weltklassemann, wenn es um 6-Stunden- und um 50- bis 100-km-Läufe geht. Er hat trotz unzähliger Erfolge die Bodenhaftung nicht verloren. Seine zugängliche und unkomplizierte Art machen ihn zu einem der sympathischsten Vertreter der Ultralaufzunft. Der andere war Dimitry Bula, ein Weißrusse, der an Marc in dessen Windschatten wie eine Klette klebte.

 

Würde Marcs permanente Führungsarbeit für ihn am Ende gut ausgehen? Sie ging gut aus! Marc siegte in ausgezeichneten 2:29:54 Stunden zum sechsten Mal in Serie. Auch Dimitry Bula erbrachte mit 2:30:11 Stunden eine herausragende Leistung. Einfach super, was die beiden trotz des welligen Rundenverlaufes dem staunenden Publikum geboten hatten.

Bei den Frauen war der Sieg von Petra Knops nie in Gefahr. Die in Maastricht/NL wohnhafte deutsche Staatsangehörige lief einmal mehr gleichmäßig wie ein Uhrwerk dahin. Ihr Vorsprung auf die Nächstplatzierte betrug am Ende knapp 5 Minuten. Auch Petras Leistung muss mit der Bewertung "große Klasse" bedacht werden.

 

Ich selbst hatte im Vorfeld zu jener schönen Laufveranstaltung wie üblich Micha Havreluk angemailt, ihm meine eine Woche zuvor beim "Honigkuchenmann-Marathon" in Kevelaer erzielte Zeit mitgeteilt, ihn befragt, ob ich mit diesem kargen Leistungsvermögen seinen Organisationsablauf nicht zu sehr verzögern würde, und um schonungslose Auskunft gebeten. Die Antwort lautete wie immer: "Kein Problem, wir warten auf dich!" So wagte ich es also, auch in diesem Jahr wieder die Reise nach Genk durchzuführen, diesmal als Mitfahrer im PKW meines "alten Laufkumpels" Ernst Güdelhöfer. Dieser hatte sich trotz seines derzeitigen Übergewichtes erstaunlich widerstandslos zu einem gemeinsamen Start beim "Memorial Louis Persoons"-Marathon bewegen lassen und zudem noch angeboten, den Fahrdienst zu übernehmen.

 

Im Wettkampf selbst vermochten wir beide uns dann schon kurz nach dem Start deutlich vom Teilnehmer/innenfeld abzusetzen, allerdings leider nach hinten. Ernst, durch eine lange Marathonpause etwas verunsichert, ging das "Rennen" noch langsamer als ich an, und so konnte ich auf einem Gegenlaufabschnitt (hier wurden die exakten 6.000 m pro Runde hergestellt) registrieren, dass mein Vorsprung auf ihn kontinuierlich wuchs. Doch dann kam die 5. Runde, in der sich offensichtlich rächte, dass ich während der vorangegangenen Woche mit rapiden Methoden versucht hatte, mein Gewicht zu verringern.

 

Immer wieder stellten sich nun Anflüge von Krämpfen ein, sodass ich meine ohnehin nur Zuckeltrab darstellenden Laufphasen oft früher abbrechen musste, als dies organisch notwendig gewesen wäre. Die Folge war, dass Ernst beim nächsten Passieren des Gegenlaufabschnittes "mächtig Boden zurückgewonnen" hatte. Und so ergab sich von nun an ein Verfolgungsrennen, dass ich mir in meiner persönlichen Situation besser erspart hätte. Ich rettete zwar 30 - 40 m Vorsprung ins Ziel (Endzeit 5:41:40 Stunden), vermute inzwischen jedoch, dass Ernst auf den letzten hundert m darauf verzichtet hatte, mich bedingungslos zu attackieren.

 

Anzumerken ist noch, dass Voranmelder/innen ein Startgeld in Höhe von nur 12 € entrichten mussten. Selbst für Nachmelder/innen betrug dieses lediglich 15 €. Hierfür bekamen alle Zielankömmlinge eine Medaille umgehängt. Außerdem wird ihnen in 3 bis 4 Wochen eine mit dem individuellen Resultat versehene Urkunde sowie eine Gesamtergebnisliste zugesandt werden. Voranmelder/innen fanden in ihrem Startunterlagenkuvert zudem noch Bons, die zum kostenlosen Empfang einer Tasse Suppe und eines mit Schinken oder Käse belegten Sandwichs berechtigten. Ein bemerkenswertes Preis-Leistungs-Verhältnis! Bei manchen deutschen Stadtmarathonläufen übersteigt alleine die Nachmeldegebühr das für den "Memorial Louis Persoons"-Marathon erhobene Startgeld.

 

Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, dass man für 40 € ein "Marathon-Paket" buchen konnte. Dieses Angebot beinhaltete eine Übernachtung im "Sporthotel BLOSO" in einem sehr komfortablen Zwei- oder Vierbettzimmer mit Dusche und Toilette, ein Frühstück, die Teilnahme am Marathonlauf sowie alle bei Voranmeldung vergebenen Auszeichnungen und Vergünstigungen.

 

Die drei erstplatzierten Männer (von 161 Finishern):

1. Marc Papanikitas, Belgien, 2:29:54
2. Dimitry Bula, Weißrussland, 2:30:11
3. Valery Kanarski, Weißrussland, 2:42:13

 

Die drei erstplatzierten Frauen (von 14 Finisherinnen):

1. Petra Knops - Deutschland, 3:18:43

2. Ann Matton, 3:23:29
3. Dora van de Waetere, Belgien, 3:33:42

 


 
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