An der Großen Moschee, die angeblich die größte in Europa ist, geht es einige Meter mit mehreren Kurven leicht bergab. Meine geschärften Augen können ein blaues Röckchen ausmachen, wieder muss ich mehrmals das Tempo anziehen um ein vernünftiges Bild zu bekommen, gerade als ich wieder abdrücken will, wird sie von der 4:15er Pacergruppe verschluckt, aber ein richtiger Paparazzi legt sich natürlich mehrmals auf die Lauer und so bekomme ich noch einige Fotos von ihr.
Das Beste kommt zum Schluß
Wir nähern uns langsam der Altstadt. Hier dürfen wir des Öfteren auf dem berühmt-berüchtigten römischen Kopfsteinpflaster laufen. Es sind schon mal einige Abschnitte dabei, die ziemlich uneben sind und etwas Aufmerksamkeit erfordern. Einen Tunnel dürfen wir auch durchqueren. Den Läufern scheint das Spaß zu machen, hier kommt richtig Stimmung auf. Der verstärkte Hall verleitet einige, in Jubelorgien auszubrechen.
Das Beste kommt in Rom zum Schluss. Ab km35 beginnt eine Sightseeingtour vom Feinsten. Eigentlich ist es ein Zieleinlauf über 7 km und den sollte man wahrlich genießen. Zuerst erreicht man meinen persönlichen Höhepunkt, die Piazza Navona. Auf diesem wunderschönen Platz herrscht ein munteres Treiben und eine tolle Stimmung. Hier tummeln sich neben vielen Zuschauern auch Künstler, Artisten, Händler und Wahrsagerinnen. In den Straßencafés herrscht Hochbetrieb und sogar eine Band spielt hier auf, die erste die ich heute wirklich wahrnehme. Mein Blick streift vom herrlichen Neptun- bis zum kolossalen Vierströmebrunnen mit dem Obelisk.
Die ovale Form der Piazza Navona entspricht dem Rand eines Stadions. Julius Cäsar errichtete es an dieser Stelle als eher provisorisches Stadion für athletische Wettkämpfe. Kaiser Domitian baute es 85 n.Chr. monumental aus und so bot es über 30.000 Zuschauern Platz. Die Außenseite war im Erdgeschoss mit Arkaden aus Travertinpilastern umgeben, es konnte sogar für Wasserspiele überflutet werden. Die Barockzeit brachte dann große Umwälzungen. Papst Innozenz X. ließ sich hier um 1650 seinen Familienpalast und die Hauskirche bauen. Noch heute folgen Paläste, Kirchen und Wohnhäuser um den Platz herum den Begrenzungen der früheren Sportstätten.
Wir streifen die Piazza Venezia und wechseln wieder die Richtung nach Norden um der Via del Corso zu folgen. Kerzengerade führt der Weg durch die Altstadt über zwei Kilometer bis zur Piazza del Popolo. Den dort stehenden Obelisk und das dahinter liegende Porta del Popolo kann ich wie mit Kimme und Korn schon von weitem ins Visier nehmen. Es war in der Antike das Tor, durch das man Rom betrat, wenn man von Norden in die Stadt reiste. Generationen von Kaufleuten, Künstlern und Staatsmännern, feindliche Armeen und Ströme von Pilgern gelangten hier in die Stadt.
Wir umkreisen den Platz und laufen etwas weiter östlich in gleicher Richtung zurück, 37,5 km liegen hier hinter uns. An der Spanischen Treppe und am Fontana di Trevi vorbei geht es wieder zur Piazza Venezia und Il Vittoriano. Noch einmal sehen wir den Circo Massimo und schon ist die Schlussrunde um das Kolloseum erreicht. Gott sei Dank oder leider, das kommt natürlich auf jeden selber an. Die, die noch ein paar Kräfte übrig haben, werden es bedauern, diesen einmaligen Marathon schon beenden zu müssen.
Marathonsammler und –genießer sollten diesen Lauf unbedingt auf ihre Liste nehmen, nicht um eine besondere Zuschauerbegeisterung, sondern um einen einzigartigen Sightseeing-Ausflug in der Ewigen Stadt zu erleben. Mehr für’s Auge wird einem wohl bei keinem anderen Citymarathon geboten.