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Laufberichte

Zum dritten Mal in Folge: veni, vidi, vici

28.10.07

Gratulation! Zuerst dem Sieger: Wilfred Kigen gelang, was bisher keiner vor ihm in Frankfurt schaffte: Hattrick und neuer Streckenrekord in 2:07:58 h nach 2:08:29 h in 2005 und 2:09:06 h in 2006.

 

Die „Grundlagenausdauer“ hierzu hat er sich auf dem Schulweg geholt: 10 km hin, 10 km zurück im Laufschritt. Für europäische Verhältnisse schlicht unvorstellbar. Die Schnelligkeit folgte als Jugendlicher auf der 5000 m-Distanz. Sein Traum ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking. Wie bitte, „Traum“? In Athen war die Goldzeit 2:10:54. Ja, die Konkurrenz ist unvorstellbar groß in Kenia. Da ist nicht einmal bei dieser Zeit die Teilnahme gesichert. Aber dieses Ergebnis in Frankfurt gibt doch Zuversicht.

 

Die Zuschauer bekamen dieses Jahr beim Zieleinlauf der Besten soviel wie noch nie geboten: Hosea Rotich lief als Zweiter in 2:08:11 nur wenige Sekunden später ins Ziel, auch die Finisher der Plätze 3 bis 6 liefen unter 2:10 ins Ziel. Bessere Zeiten gab es dieses Jahr nur in London  und Amsterdam. Aber auch die Läufer konnten die Spitzenläufer kurze Zeit von vorn sehen und mit Applaus würdigen: Wer sich im mittleren Starterfeld befand, bog gerade bei km 2 an der Alten Oper vorbei in die Bockenheimer Anlage, als ihm das Spitzenfeld ihm bei km 5 entgegen kam.

 

Die äußeren Bedingungen waren gut: Bei Temperaturen von 13 Grad C und trockener Witterung gab es nichts zu meckern. Auch die Streckenänderung wurde positiv aufgenommen: Über die Eschersheimer Landstraße, Bremer Straße, Reuter Weg und Mainzer Landstraße gelangt man zurück zum Wendepunkt der Friedrich-Ebert-Anlage und ist wieder am Messeturm-Startgelände. Mit der neuen Streckenführung verlaufen über 20 km im Innenstadtbereich. Auch wenn man die Mainzer Landstraße ein kurzes Stück fünf Mal läuft, ist das überhaupt kein Problem: Hier im Innenstadtbereich heizen 15 Bands (!) ein – Solisten präsentieren sich außerdem noch  -, die Stimmung und die Zuschauerbeteiligung sind grandios.

 

Bei km 8 kann allerdings ein Läufer seinen Frust nicht mehr für sich behalten: „Sonst laufen sie los wie die Blöden, und heute bremsen sie uns nach hinten aus.“ Dies war, wie sich später herausstellte, keine einzelne Stimme. Gemeint waren die mit gelben Rückenschildern versehenen Staffelläufer/innen. In der Tat war schon auffällig, wie viele Läufer Staffelteilnehmer überholt haben. Selbst bei km 40 konnte man im mäßigen Tempo noch Staffelläufer überholen. Da sind doch wohl einige, um es einmal vorsichtig zu formulieren, von der falschen Stelle aus gestartet.

 

Wieder geht es auf die Mainzer Landstraße über die Taunusstraße, Am Rossmarkt vorbei zum Eschersheimer Turm; von dort über die Bleichstraße, die Kurt-Schumacher-Str., über die Mainbrücke Richtung Kennedyallee. Überall herrscht eine prächtige Stimmung, auch die Sonne lässt sich gelegentlich blicken. Gab es sonst noch Veränderungen an der Strecke gegenüber dem Vorjahr? Ja, in der Kennedyallee, an einer Tankstelle: Diesel EUR 1,249. Nach diesem Tief kommt dann gleich aber die nächste Stimmungshochburg in Niederrad.

 

Kurz vor km 19 treffe ich auf Dr. Bernd Sohlbach, einem Allgemeinmediziner aus Bad Wildungen, für den anders als bei vielen seiner Kollegen Präventivmedizin kein Fremdwort ist. Er macht einen ausgesprochen frischen Eindruck. Das Ziel erreicht er plangenau nach 3:56 h, eine bessere Zeit als in den letzten beiden Jahren.

 

Nach dem Klärwerk in Niederrad in Richtung Schwanheim wird es wie immer ruhiger, aber nie langweilig, hier geben die Goldsteiner Schlippcher ihr Bestes, ein erster Eindruck von der  Stimmung in Schwanheim. Dort steht der halbe Ort Kopf. Eine schöne abwechslungsreiche Strecke. Dann kommt mit der Schwanheimer Brücke eine gemäßigte, in Frankfurt aber die größte Steigung des gesamten Laufes, bevor wir über Nied in Höchst, dem Ursprung des Frankfurt-Marathons, einlaufen. Ein Läufer leert plötzlich seinen Magen, und auch das Publikum bekommt etwas davon ab, nimmt es aber gelassen: „Junge, wird schon wieder!“ 

 

In Nied werden wir mit „fiesta mexicana“ und „go west“ empfangen, hier ist die Stimmung noch besser als in Höchst. Und Gott sein dank sind wir schon wieder auf Weg nach Osten Richtung Innenstadt. In der Nähe der Eisenbahner-Siedlung gibt es noch einmal eine ordentliche Wegzehrung und dann weiß jeder: jetzt beginnt das Frankfurter „bad water“, die lange Mainzer Landstraße Richtung Gallusviertel. Heute aber kann man auch diesen Streckenteil nur genießen: Kein Orkan, Kein Regen, wir sind wie badischer Wein, von der Sonne verwöhnt. Von einer Brücke winkt Pumuckl, der auch in Frankfurt wieder Spenden sammelt. In der Frankenallee mit ihrem vielen Grün oder jetzt schon herbstlichem Gold kann man sich vom „Trommeln mit Heike“ inspirieren lassen, und im Nu ist man schon wieder am Platz der Republik.

 

Hier muss man dem Kopf aber deutlich sagen, dass jetzt nicht - wie in den Vorjahren - das Ende in Sicht ist, sondern noch sieben Kilometer abzuspulen sind. Zum zweiten Mal geht es am Opernplatz vorbei, das ist wie in Köln auf der Domplatte! Wunderbar! Und die Bands an der Strecke bauen jetzt noch viel mehr auf als beim ersten Durchgang. Und nach km 40 wird der Läufer/die Läuferin nur noch vom Publikum gefeiert und getragen.

 

Bei km 40 ruft plötzlich Simone Nasemann aus Bad Wildungen meinen Namen. Eigentlich hätte ich sie viel früher treffen müssen, habe sie aber bei km 7-10 im Pulk übersehen. Und jetzt hat sie mich wieder eingeholt. Es ist nach Kassel ihr zweiter Marathon, und sie hat sich enorm gesteigert, ist aber auch bereit, bis an ihre Grenzen zu laufen. Bis zur Festhalle. Über den roten Teppich laufen wir gemeinsam ein. Wieder unvergleichliche Sekunden mit Gänsehautfeeling. Die Uhr bleibt bei 3:42 h brutto stehen. Netto sind es bei Simone 3:38 nach 3:49 in Kassel. Trainingsziel war 3:45 h. Souverän gesteigert!

 

Übrigens: Den übergroßen „Hammering Man“, den Mann mit dem Hammer, eine Art Wahrzeichen des Frankfurt-Marathons, sehen die Läufer/innen erst bei km 42.  Da ist es für einen Hungerast zu spät. Und zu Beginn des Rennens ist es zu früh. Dies ist die elegante Lösung auf Frankfurter Art.

 

Im Ziel können wir dann wieder das sprichwörtlich opulente Buffet genießen. Insbesondere die heiße Brühe ist genau das Richtige, um wieder zu Kräften zu kommen. Und Weintrauben gibt es um diese Zeit anderenorts auch nicht. Dass vom Kuchen nach 3:45 h nichts mehr zu sehen war, ist zwar bedauerlich, kann den positiven Gesamteindruck aber nicht erschüttern. Nehmen wir es sportlich: Im nächsten Jahr schneller laufen, und schon ist man/frau dabei (vorausgesetzt, die anderen laufen langsam genug). Aber ein Hefeweizen ist noch da. - Auch an der Strecke ist die Verpflegung gut: Wasser, Apfelschorle, warmer Tee, später Cola und energydrinks, da ist für jede/n das passende dabei. Und ich persönlich freue mich jedes Mal auf das Trockenobst, das ich bei Marathonläufen in Deutschland noch nirgendwo gesehen habe.

 

Später sehen wir Antje Stracke, die ihr Ziel unter 4 Std. zu finishen, mit 3:56 ebenfalls souverän erreicht hat und vor Freude strahlt. Unterwegs wurde sie von ihrem Lebensgefährten und von Silvia Kienle, die dieses Jahr nicht mitlaufen konnte, tatkräftig unterstützt.

 

Und jetzt zum Schluss noch einmal Gratulation. Dem Veranstalter! In diesem Jahr passte einfach alles. Bei keinem anderen Marathon waren so viele bekannte Spitzenläufer/innen zu sehen: Dieter Baumann, der seinen ersten Marathon als Spendenlauf in 2:30 h finisht. Welche Zeit wird er wohl erreichen, wenn er mal ernst macht? Normann Stadler, der dreifache Ironman-Sieger von Hawaii, der zusammen mit seinem Teamkollegen Jan Raphael ebenfalls einen Spendenlauf für krebskranke Kinder absolviert und in 2:32 finisht. Und nicht zuletzt die Damen: Die Überraschungssiegerin Melanie Kraus von Bayer Leverkusen, die ihren Lauf in 2:28:56 beendete und die lange führende Favoritin Svetlana Zakharova mit 2:29:12 auf Platz 2 verwies. Dann Luminita Zaituc, die trotz muskulärer Probleme mit 2:29:41 die Olympia-Norm schaffte und Gesamtfünfte wurde. Und nicht zu vergessen Ulrike Maisch, die sich mit 2:33 eindrucksvoll zurückgemeldet hat.

 

Und noch eine gute Nachricht: In Frankfurt gab es auch in diesem Jahr wieder einen Rekord bei den Finisherzahlen: 9.162 nach 8.906 im Vorjahr.

 

Auf dem Nachhauseweg sehe ich an einer S-Bahnhaltestelle eine Helferin von der Caritas, die meint, dass ich ein Apfelstück aus ihrer Hand genommen hätte. Sie fragt, wie mir die Veranstaltung gefallen hat. „Ich weiß nicht, was man an diesem Marathon noch verbessern könnte“, antworte ich ihr. Sie verabschiedet sich mit einem Lächeln bis zum nächsten Jahr.

 

PS.: Die Bilder stammen dieses Mal übrigens alle von Klaus und Margot, die mir diese Arbeit abgenommen hat. Was will man mehr?

 

Informationen: Mainova Frankfurt Marathon
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