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Laufberichte

Ohne Schnörkel

04.06.06
Autor: Klaus Duwe

Wasser, Berge und tiefe Wolken

 

Weil die Grafen von Montfort ihr bereits 1360 die Stadtrechte verliehen, ist Immenstadt heute die älteste Stadt im Oberallgäu. Die günstige Lage an der Salzstraße von Hall in Tirol an den Bodensee verhalf der Stadt als Zoll-, Lager-  und Umschlagplatz zu wirtschaftlichem Wohlstand, wovon noch heute historische Gebäude wie das Stadtschloss oder das Rathaus Zeugnis geben.

 

Eine ähnlich wichtige Rolle spielt heute der Fremdenverkehr. Die 15.000 Einwohner-Stadt Immenstadt hat mit dem Großen und Kleinen Alpsee, der Iller und den umliegenden Bergen den zahlreich anreisenden Feriengästen viel zu bieten.

 

Dieses Jahr an Pfingsten haben die Urlauber allerdings wenig Freude. Wie überall in Deutschland ist das Wetter schon viel zu lange viel zu schlecht. Wenn die tief hängenden Wolken einen freien Blick zulassen, sieht am auf den umliegenden Bergen den Schnee bis hinunter auf ca. 900 Meter liegen. Im Moment regnet oder schneit es nicht, aber es ist kalt, 6 Grad zeigt mein Außentemperaturmesser an.

 

Wir sind zu viert angereist: Angelika, Eberhard, Bernhard und ich. Die Fahrt war entsprechend kurzweilig. Wer Bernhard kennt, weiß,  was ich meine. Wer nicht, dem empfehle ich seine Laufberichte. Einige sind hier auf marathon4you nachzulesen.

 

Im Sportzentrum ist es gegen 7 Uhr noch ruhig. Nur die von weit her Angereisten und die Schlafgestörten sind schon da und vertreiben sich die Zeit, nehmen ein zweites Frühstück ein oder studieren die Veranstaltungsprospekte. Den Meldelisten ist zu entnehmen, dass 300 Läuferinnen und Läufer für die Marathonstrecke, den Halbmarathon und den 10 km-Lauf vorangemeldet sind. Einige kommen wohl noch dazu, denn die für Nachmeldungen zuständige Dame hat gut zu tun.

 

Das sind nicht viel, gemessen an manchen anderen Veranstaltungen. Aber in Immenstadt ist man bescheiden und hat auch gar nicht den Anspruch, eine Massenveranstaltung aufzuziehen. Man verzichtet bewusst auf Showeffekte, konzentriert sich auf den Sport und auf die Aktiven in der Region und stellt eine schnörkellose Veranstaltung auf die Beine, die sich sehen lassen kann.

 

Das Startgeld für den Marathon beginnt bei 18,00 Euro für Frühbucher und beträgt für Nachmelder 30,00 Euro (Halbmarathon 12 – 21 Euro, 10 km 8 -10 Euro). Dafür gibt es ein T-Shirt, ein Paar Marken-Laufsocken, Nudelessen mit Getränk (nur für Marathon) und Medaille. Da kann man nicht meckern.

 

Inzwischen hat sich die kleine Halle gut gefüllt. Trotz der überschaubaren Zahl sind etliche Bekannte da. Es wird eng, wir gehen raus. Es ist immer noch kalt, viel zu kalt. Bernhard friert in seiner kurzen Hose und dem Kurzarmshirt. Er gibt es zwar nicht zu, nimmt aber die Handschuhe von Eberhard gerne an und gibt sie auch nicht mehr her. Vor dem Eingang ins Stadion bildet sich eine lange Schlange, weil der Strichcode auf der Startnummer eingescannt wird. Erst dann ist man registriert und kann auch gewertet werden.

 

Der Sprecher gibt noch einige Informationen weiter und wünscht dann allen einen guten Lauf. Um 8.16 Uhr geht es los. Außer den Angehörigen der Läuferinnen und Läufer ist kein Publikum hier. Ruhig ist es auch in der Stadt, als wir über den Marktplatz laufen. Nur auf dem Viehmarktplatz herrscht emsiges Treiben. Die Händler richten ihre Verkaufsstände für den großen Trödlermarkt her.

 

Schnörkellos wie der Veranstaltungsrahmen sind auch die Laufstrecken. Erst geht es auf einen Wendekurs Richtung Westen  am Kleinen und Großen Alpsee vorbei. Zurück in Immenstadt macht man eine kleine Schleife und läuft dann auf einem weiteren Wendekurs der Iller entlang. Das hört sich schlimm an, ist es aber nicht. Im Gegenteil. Die Landschaft hier ist äußerst attraktiv.

 

Zunächst wird auf einem schmalen Kiesweg und über einen Holzsteg der Kleine Alpsee erreicht. Der See ist an seiner tiefsten Stelle 6 Meter tief, entsprechend angenehm sind normalerweise die Badetemperaturen im Sommer. Für einen Sommer wie diesen gibt es zusätzlich ein beheiztes Freibad.

 

Auf dem Trieblingser Weg, einem geteerten Rad- und Wanderweg, der auch einige spürbare Anstiege beinhaltet,  laufen wir weiter an bunten Blumenwiesen vorbei Richtung Großer Alpsee. Wir sehen etliche Bauernhöfe, die  mittlerweile alle Gästezimmer oder Ferienwohnungen anbieten. Rechts verläuft die Bahnlinie, dahinter liegt der 2,4 qkm Große Alpsee inmitten von Wiesen und Wäldern. Schade, dass die Wolken den Blick auf Stuiben (1749 m), Lederer (1737 m), Hochgrat (1832 m) usw. nicht freigeben.

 

Ich bin langsam angelaufen und hole jetzt Bernhard ein,  der mit seiner sommerlichen Laufbekleidung und den dicken Handschuhen ziemlich auffällt. Er trabt neben zwei Mädels her und ich erkenne sofort, hier läuft wieder die „Bernhard-Show.“ Er erzählt in seiner unnachahmlichen Art von seinen tollen Laufabenteuern und hat damit die volle Aufmerksamkeit. Auf seine Frage, warum sie (die Mädels) halbe Sachen machen, und nur den Halbmarathon laufen, sind sie allerdings überhaupt nicht verlegen: „Wir machen doch keine halbe Sachen, wir laufen doch den ganzen Halbmarathon ….“ Jetzt hat Bernhard kurz Pause.

 

Nach 35 Minuten kommen uns bereits die ersten Läufer entgegen. Es sind zunächst die Halbmarathon-Läufer, die in Trieblings (km 7) ihre Wende haben. Genau 17 Minuten später kommt Andreas Sterzinger, der erste Marathonläufer. Es ist immer wieder interessant, die Gesichter zu studieren. Sind die Ersten noch von konzentrierter Lockerheit, folgen gleich die mit ernster Verbissenheit. Die nächsten sind dann schon eher von  sportlicher Gelassenheit.

 

Die Zeit vergeht trotz mäßigem Tempo im Flug. Kaum zu glauben, bei km 11 bin auch ich an der Wende. Zwei Mädchen unter riesigen Schirmen, es hat inzwischen angefangen zu regnen, weisen mir den Weg rechts zu einem Bauernhof. Dort bekomme ich ein rotes Halsband überreicht, das den Nachweis liefert, dass ich den Wendepunkt ordnungsgemäß angelaufen habe.

 

Jetzt geht es die schöne, abwechslungsreiche Strecke zurück. Ganz andere Dinge fallen mir nun auf. Da ist zum Beispiel der alte Bauernhof mit Familienwappen aus dem Jahr 1422 neben der Haustür und dem alten Güllewagen im Garten. Dann kommt eine herrlich bunte Blumenwiese. Die wenigsten Blumen kenne ich noch mit Namen, aber als Kind kannte ich mich ganz gut aus. In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, wurde zu der Zeit nämlich Fronleichnam noch  mit einer großen Prozession gefeiert. Das Dorf war weit und breit für seine prachtvollen Blumenaltäre und – teppiche bekannt. Viele Gäste kamen von weit her, um sich das anzusehen. Es gab einen richtigen Wettbewerb um den schönsten Blumenteppich. Unserem Nachbarn gelang es fast jedes Jahr, den schönsten Teppich zu gestalten. Mit einer Liste und großen Körben zogen wir mit den Frauen des Dorfes und anderen Kindern los, um die erforderlichen Blumen einzusammeln.

 

Bei Kilometer 15 kommen wir wieder zum Großen Alpsee und nach zwei weiteren Kilometern an die schon bekannte Getränkestelle. Als Besonderheit bietet man ein Duschgel an, denn es regnet noch immer.

 

Wir erreichen die ersten Häuser von Immenstadt (km 18), einen Kilometer weiter geht es links unter einer Unterführung durch und auf der anderen Seite dann parallel zur Hauptstraße auf einem Radweg Richtung Stadt. Nach einer überdachten Holzbrücke (km 20) kommen wir zu einem großen Parkplatz und einer weiteren Verpflegungsstelle. Es gibt das schon Gewohnte: Wasser, Iso, Tee, Dinkel-Riegel und Bananen, und jetzt auch Cola.

 

Danach kommt eine etwas steile Passage, die uns auf einen Höhenweg am Stadtrand führt. Es ist offensichtlich eine gute Wohngegend hier (km 21). Die Bewohner haben von ihren großen Balkons einen schönen Blick auf die Stadt und die Berge. Einige Häuser sind mit Lüftlmalerei versehen. So nennt man eine besondere Art der Fassadenmalerei.  Die Bezeichnung soll von dem bekannten Fassadenmaler Franz Zwinck  aus Oberammergau stammen, dessen Wohnhaus „Zum Lüftl“ hieß.

 

In den folgenden 5 großen Wohnblocks in der Kalvarienbergstraße ist das Wohnen vielleicht weniger schön, aber zweckmässig und den schönen Blick hat man von hier ebenso. Am Waldrand führt die breite Verkehrsstraße abwärts. Es ist kaum jemand unterwegs und auch Läufer sehe ich schon einige Zeit nicht mehr. Ich werde links Richtung Stein eingewiesen, und nach 1 Kilometer und einem kurzen Anstieg erreiche ich den Immenstadter Ortsteil, dann geht es schon wieder rechts weiter in Richtung der kleinen Siedlungen Unter- und Obereinharz (km 24).

 

Endlich geht es einmal eine längeres Stück bequem abwärts. Ich geniesse das und lasse es rollen, bis ich an der Verpflegungsstelle an der alten Mühle gebremst werde. Entlang des Mühlenbachs geht es weiter mit leichtem Gefälle bis zum Ortsrand von Bräunlings, wo wir uns dann Richtung Stein orientieren. Ein Stück geht es parallel zur B 308, wir sehen vor uns die Ruine Laubenstein und überqueren dann auf der breiten Brücke die Iller. Der 147 km lange Fluß hat seinen Ursprung bei Oberstdorf und bei Ulm mündet er in die Donau. „Isar, Iller, Lech und Inn, fließen zu der Donau hin,“ habe ich einmal gelernt. Hier bei Immenstadt ist die Iller sehr  geeignet für Rafting und auf den ruhigeren Baggerseen in der Nähe steht Wasserski in allen möglichen Variationen hoch im Kurs.

 

Nach einem kurzen Stück am Waldrand laufen wir zuerst durch ein Kieswerk und dann an einem Baggersee vorbei, überqueren wieder die Iller und sind, ich will es kaum glauben, plötzlich im Sportzentrum (km 29). Es gibt zu Essen und zu Trinken und nach einer halben Stadionrunde geht es raus in den Wald, hinauf auf den Illerdamm und dann 6 Kilometer dem Fluss entlang in nördlicher Richtung zum nächsten Wendepunkt. Es ist jetzt mehr Leben auf der Strecke, weil uns etliche Läuferinnen und Läufer entgegen kommen. 

 

Auf der Iller sind viele Paddler und Rafter unterwegs, rechts auf dem Baggersee üben Wasserskifahrer. Spaziergänger sind kaum unterwegs, das Wetter ist einfach nicht danach. Auch wenn es wieder einmal aufgehört hat zu regnen, es ist kalt und nur als Läufer mit entsprechender Betriebstemperatur kann man sich einigermaßen wohl fühlen. Mit Ausnahme zweier etwa 1000 Meter langer Streckenabschnitte, wo grober Splitt lose auf den Weg geschüttet wurde, ist der Weg gut zu laufen.

 

Kurz vor dem Wendepunkt bei Rieden (km 36), das schon zu Sonthofen gehört, geht es unter einer Brücke durch und ein paar kurze, schmerzvolle Schritte aufwärts. Diesmal gibt es ein schwarzes Band als „Trophäe“ und ich mache mich auf, um die letzten 6 Kilometer auf gleichem Weg zurück zulaufen. Bei der Gelegenheit kann ich mich vergewissern, dass ich bei Weitem nicht der Letzte bin.

 

Als ich das Sportzentrum erreiche, gibt es noch einmal reichlich Getränke (Cola, Wasser, Erdinger), Bananen und die Medaille. Der Sprecher hat keine Mühe, die einzeln und in ziemlich großen Abständen eintreffenden Finisher namentlich zu begrüßen.

 

Die kleine Halle ist voll besetzt und nicht nur Kaffee und Kuchen finden reichlich Abnehmer. Die Duschräume haben den größten Ansturm hinter sich. Es ist Platz und das Wasser heiß.

 

 

Streckenbeschreibung

Sehr schöne Strecke am Kleinen und Großen Alpsee vorbei und entlang der Iller, mit zwei Wendepunkten. Der Kurs hat zwar auch lange flache Passagen, ist aber meist wellig und einige (kurze) Anstiege haben es in sich. Mit einigen Ausnahmen (an Baustellen) sind die Wege gut zu laufen.

 

Zeitnahme

Scanner

 

Logisitik

Großer Parkplatz beim Sportzentrum

 

Auszeichnung

Medaille – mit den Startunterlagen gibt es ein T-Shirt und Laufsocken

 

Informationen: Iller Marathon
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