Hinter hohen Bäumen verborgen ist die Bismarcksäule, Wendepunkt (km 16). Viele Nationaldenkmäler wurden damals am Rhein gebaut, sie sollten symbolhaft den Feind (damals die Franzosen) abwehren. Schließlich war Köln oft genug von den Franzosen besetzt. Ganz oben, auf der „Wacht am Rhein“, befand sich eine Feuerschale, die den nächtlichen Himmel von Köln erleuchtete. Wegen der Rauchbelästigung der Anwohner wurde sie ab 1907 mit Gas betrieben. Bismark ist als Ritter Roland dargestellt. Der Roland steht für bürgerliche Freiheit, er geht auf Hruotland, einem Befehlshaber des fränkischen Herres unter Karl dem Großen zurück, als Deutschland und Frankreich noch zusammen gehörten.
Links, bei km 19 gegenüber der Severinsbrücke ist das Severinstor. Zu Weiberfastnacht wird hier ein trauriges Lied gespielt, das „lihrt vum Jan und Griet“. Es handelt vom Knecht Jan und der Magd Griet in der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Griet lehnte den Heiratsantrag von Jan ab, obwohl sie ihn liebte, sie wollte aber einen reichen Bauern haben. Vor Kummer über den erhaltenen Korb zog er als Landsknecht in den Krieg, bereit, sein Leben im Kampf zu lassen. Als Kämpfer und Stratege brachte er es dann in den Jahren zum Feldmarschall und viel Reichtum. Als er die Franzosen aus der Festung Koblenz vertrieb, war er der Held und zog mit seinen Truppen triumphierend durch das Severinstor. Griet, mehrfach unglücklich verheiratet, dick und fett geworden, verkaufte Esskastanien am Tor, als sich beider Blicke trafen. Er schaute nur mitleidig auf sie hinab. Zu spät ist zu spät.
Alljährlich zieht nun das Reiterkorps von Severinstor zum Jan-von-Werth Brunnen am Alter Markt, jahrelang das gleiche Spiel: Dem Ausspruch der Griet: „Jan, wer et hät gewoss“ entgegnet Jan: „Griet, wer et hätt gedonn!“
Bis heute erinnert das Spiel und der Brunnen an das unglückliche Schicksal und soll Kölner Mädchen warnen, bei den Männern allzu wählerisch zu sein. Zumindest an Weiberfastnacht halten sich die Mädchen dran.
Nun beginnt die Strecke, die wir heute Morgen beim Halbmarathon schon gelaufen sind. Der Heumarkt war zur Römerzeit noch ein tiefer Sumpf, erst im Mittelalter wurde er trockengelegt und zum Handelsplatz für Heu und Korn ausgebaut. Schon 1580 wurde das Kölner Börsengebäude erbaut.
Bei km 21 erreichen wir den Neumarkt. Wer sich mal den Deckel des Richmodis Kölsch anschaut, der erkennt zwei Pferde, die aus einem Giebelfenster schauen. Es war 1357, der schwarze Tod zog durch die Stadt und holte sich Richmodis, die Ehefrau eines Kaufmannes. Als Grabräuber ihren Sarg öffneten, erwachte sie und ging zu ihrem Haus am Neumarkt. Das fahle Mondlicht erhellte ihr gruseliges Totenhemd. Die Magd entdeckte „das Gespenst“ ihrer Herrin vor der Tür und weckte den Kaufmann. Der sagte: „Eher klettern meine beiden Schimmel die Treppe hinauf in den Speicher, als dass mein Weib von den Toten aufersteht.“ Kaum ausgesprochen polterten die beiden Rösser die Treppe hinauf. Voll Freude rannte der Kaufmann hinunter und nahm seine Frau Richmodis in die Arme.
St Aposteln: Der Westturm ist der dritthöchste Turm der Kölner romanischen Kirchen.
Bei km 21,5 laufen wir an der Hahnentorburg (Rudolfplatz) vorbei. Eine der 12 Torburgen Kölns. Durch dieses Tor zogen die Könige nach ihrer Zeremonie in Aachen zum Schrein der Heiligen Drei Könige im Dom.
Habsburgerring, Zülpicher Platz, hier beginnt das „Kwartier Latäng“, das Quartier Latin mit seinen zahlreichen Studentenkneipen. „Samstags up der Zülpe“ mal so als kleiner Tip. Und wie das so in Köln ist, es wird gefeiert. Hier ein Stop, da ein Stop und ich verdrück mich erstmal in die Kebabstube, ein Döner Dürüm ist besser als ein Powergel. Nun duelliere ich mich seit Kilometern mit Pumuckl, immer wieder treffe ich ihn am Strassenrand und helfe ihm bei der Getränkeaufnahme.
Und dann seh ich ihn: Hans Süper! Rosa Hemd, blaues Basecap, so steht er vor seiner Stammkneipe, diesmal nicht im Urlaub in Spanien (siehe Bericht 2009). Hans Süper ist der kleine mit der Mandoline („Flitsch“) vom Colonia Duett. Von 1974 bis 1990 traten er und Hans Zimmermann („Zimmermän) mit seiner Gitarre beim Kölner Karneval auf. Bis zu 300 Auftritte hatten die pro Jahr, und ich habe jedesmal Tränen gelacht. Die Bezeichnung Zimmermanns als „Ei“ bezog sich auf dessen kahler werdenden Kopf. Ich sage zu Hans Süper: Sach mal „du Ei, du“ zu mich! Sächt der Hans: „Nee, mach ich nich!“ Das bleibt seinem Kumpel Zimmermän vorbehalten, der 1994 viel zu früh starb.
Und es wird immer lustiger, zunächst bekomme ich ein Autogramm vom Hans Süper, quer über das m4y-shirt, dann den Deckel mit der Anzahl der Getränkeaufnahme an die Brust geheftet. Pumuckl zeigt seine Füße und wie das so ist in Köln.... eine Stunde ist vergangen.
Schweren Herzens lasse ich Hans und Pumuckl bei km 24 stehen, doch auch der Rest des Weges wird nicht einfach werden, wir sind schließlich in Köln! Ja, Kölsch ist die einzige Sprache, die man auch trinken kann! Die Omas von heute Morgen sitzen jetzt auf der anderen Strassenseite, die Weinsorte hat sich geändert, man kennt mich, man weiss, dass ich Dorscht habe.
Herz Jesu Kirche. Am Barbarossaplatz Richtung Westen. Bei km 26 in die Universitätsstrasse nach Norden. Mann, was habe ich für einen Spass, die Zuschauer sind der Hit! Die Universität wurde 1798 von Napoleon geschlossen, um dann 1919 wieder gegründet zu werden.
Dürener Straße bis km 28, Aachener Straße vorbei am Melatenfriedhof (von franz. malade = krank). Hier befand sich Europas größter Siechenhof, Leprosenstation und Hinrichtungsstätte. Das bekannteste Opfer der Kölner Hexenverfolgung ist Katharina Henot. Die Bläck Föös haben ihr ein Lied gewitmet.
“Salve Katharina in memoriam
du bes für uns die Königin,
salve, salve, Regina Katharina
Du wees uns unverjeßlich sin.“
Rudolfplatz, Hahnentor. Rudolf von Habsburg gilt als Namenspatron. Der „Rudi“ wird von der Hahnentorburg geprägt, eine der zwölf mittelalterlichen Torburgen Kölns. Früher betraten die frisch gekrönten Kaiser über die Aachener Straße durch dieses Tor die Stadt, jetzt laufe ich das zweite Mal hier vorbei und habe so einen Spass, so einen Riesen-Spass, es ist unglaublich!
Km 31 Friesenplatz. Die Hölle ist los, Moschee, Innere Kanalstraße, Fernsehturm Colonius, Schlag auf Schlag und nur Partystimmung. Doch schon entdecke ich die ersten Halbleichen. Mir egal, ich bin fit und überhole alle, die überholen mich an der nächsten Partystelle bestimmt wieder.
Mediapark . In der Mitte des Parks befindet sich ein künstlich angelegter See, Schwäne, sehr schön. Blickfang ist der 148m hohe KölnTurm. Hier habe ich dem Jupp vor zwei Jahren das Kölschglas entführt. Schon damals war meine Getränkeaufnahme während eines Marathons perfekt. Kaum komme ich an, verzieht er Feigling sich ins Innere.
Km 37. Die Gereonsmühle ist Bestandteil eines ca. 300m langen Teils der mittelalterlichen Stadtmauer von Köln. Die Mauer enthielt zwei Türme, von denen einer zur Windmühle umgebaut wurde.
Dahinter der Turm der Klosterkirchs St. Ursula. Die heilige Ursula zog mit 11.000 Jungfrauen zur Pilgerfahrt nach Rom. Bei ihrer Heimkehr nach Köln wurden alle vom Hunnenkönig Etzel (= Attila) ermordet. Die 11 Tränen im Stadtwappen Kölns erinnern daran. In St. Ursula liegen nun die Gebeine der 11.000 Jungfrauen, das größte Gebeinhaus nördlich der Alpen. Sehenswert!
Wieder der Friesenplatz. Es ist eine ganz andere Stimmung als in Berlin, viel lockerer, weniger Halbleichen, viele lachende Gesichter, keine Erschöpfung. Und dann die Comboband in den m4y-Farben. Ich lege ne lockere Tanzpause ein, für die Leser wird das ein Suchbild in mitten der Orangen, hahahah.
Wieder Rudolfplatz bei km 38 mit dem Hahnentor und zurück Richtung Deutz. Das Weltstadthaus ist ein Kaufhausgebäude in der Schildergasse, welches 2005 fertig gestellt wurde. Wegen seiner auffälligen Form wurde es „Walfisch“ getauft.
Bei km 39 Abstecher in die Altstadt. Mir ist das nur recht, ich bin geil wie Agrippina und möchte laufen, nur noch laufen und habe soviel Spass hier mit all den Menschen am Streckenrand. Der Lauf unterhalb des Domes ist der Höhepunkt, ich durfte heute 2mal hier lang.
Am historische Rathaus ist die mächtigste Frau der Stadt als Statue am Rathaus verewigt: Agrippinia, die wäre mir heute nicht wie Mocki davongelaufen. Der Gürzenich (1441), von hier sendet die ARD am Rosenmontag die Sendung „Karneval in Köln“, mit Hans Süper. Mein Pumuckl hängt immer noch bei der Karnevalslegende, bei km 24 fest, wird als Letzter, total nüchtern auf dem Polizeiwagen ins Ziel transportiert werden.
Der Zieleinlauf ist mir egal. Platz 44 von 89 Startern auch. Ich hatte eine riesige Party, das zählt. Nur hier in Köln und in Bonn kann man bei der Zielverpflegung das Startgeld kompensieren. Warum auch nicht! Bei Kölner Kaviar (Blutwurst) und Kölsch lassen wir hier den Tag ausklingen. Oder später im „Reiss-dorf“ bei der AfterRun Party, ob da aufgerissen wird? M4y-Reporter schweigen. Eins ist aber sicher: nicht 21 und nicht 42, nur mit 63 biste in Kölle janz vorn dabei.