11:30 soll der Start sein, ich stehe wieder ganz vorne. Bekomme gleich Etalemanhu Kidane vor die Linse, sie wird Platz 3 machen. Cosmas Kigen (Platz 3 ) mit seinen Pacemakern. Grimmige Security, aber ich habe Vip-Status, ich bin 63, stehe vor allen Weltklasseläufern, vor Kenianern und Ethiopiern. Eigentlich sollte der Oberbürgermeister Jürgen Roters den Startschuß geben, aber der ist auf der Halbmarathonstrecke verschollen, also hat Mocki die Ehre. Die Pistole hoch, das linke Ohr zuhalten und die Augen zukneifen, so macht man das.
Und augenblicklich befinde ich mich auf den zweitschnellsten 500 Metern meiner Laufgeschichte. Schwinge mein Weltklassegewicht von 0 auf 100 während mir brutale Stiche im Ischias das Ende des Tages aufzwingen wollen. Entgegen aller Gesetze der Natur kommt mein Ultrakörper blitzartig zum zweiten Mal an diesem Tag auf Weltniveau, fetzt die Deutzer Brücke hoch und verpisst sich dann klammheimlich in die Reihen der Zuschauer. Fotos sind angesagt. Luft holen und Ehre genießen. Wie geil war das denn!
Auf der Deutzer Brücke kommen uns die Halbmarathonkriecher entgegen. Dann habe ich endlich Ruhe und ein normaler Lauftg bricht an. So denke ich. Aber was ist in Köln normal?
Direkt hinter der Deutzer Brücke führt die neue Streckenführung kurz über den Heumarkt, dann nach Norden, durch den Tunnel auf dem Konrad-Adenauer-Ufer entlang. Musical Dome. Adenauer ist übrigens in der Walhalla, in der Rumeshalle über der Donau verewigt, meine Aufnahme ist beantragt, kann aber frühestens 20 Jahre nach dem Tode meiner Persönlichkeit erfolgen, und dann steht über meiner Büste: „Er startete neben Mocki“.
Ausblick auf den Rheinpark, der 1913 zum 25jährigen Jubiläum der Inthronisation Kaiser Wilhems angelegt wurde, mit den Messegebäuden und dem Tanzbrunnen. Empfehlenswert ist die Talentprobe im Tanzbrunnen, bei der sich „angehende Stars“ vor gröhlendem Publikum präsentieren. Davor der Beachclub „km 689“, Chillout mit Blick auf dem Dom!
Linker Hand jetzt der Zoo. Ein Erlebnis, die Sommernacht im Zoo (2.Samstag im August). Rechter Hand die Kölner Seilbahn über den Rhein (Hin-u Rückfahrt 6 € ) Am 31.10 gibts wieder die Halloweenfahrt.
Das Colonia Brauhaus. Kölsch, als geschützte Herkunftsbezeichnung darf zwar nur in Köln gebraut werden, doch die Schweiz, Türkei, Japan, USA und Kanada halten sich nicht an EU-Gesetze. In der deutschen Kolonie Blumenau in Brasilien gibt es das sogenannte „Eisenbahn Kölsch“, wird auch in die USA exportiert, unbedingt probieren! In Köln unbedingt das Wieß in der Dom-Brauerei probieren! Nochwas: Kölsch darf nur aus einer 0,2 Liter Stange getrunken werden, keine größeren Gläser!
Da kommt uns der Pulk der Nordafrikaner entgegen, riesiger Beifall, nach der Truppe ist erstmal kilometerlang tote Hose. Wende in Riehl bei km 7 und zurück.
Vorbei an de Bastei, einem 1924, wie ein Fernsehturm gebauten Restaurant mit fantastischem Blick über Köln. Ich finde die neue Streckenführung sensationell. Schnell mit vielen Zusschauern, viel Begegnungsstück und herrlicher Blick über den Rhein.
Sicht auf den Kölner Dom, Sankt Kunibert, Groß St Martin. Groß St Martin ist neben dem Dom der auffälligste Turm dank seiner exponierten Lage am Rhein. Der Erzbischof ließ im Mittelalter den Rheinarm zuschütten um Platz für die Kirche zu schaffen.
Bei km 12 passieren wir wieder die Hohenzollernbrücke. 2008 enstand der Brauch, Liebesschlösser an der Brücke anzubringen. Mittlerweile befinden sich Vorhängeschlösser im Gesamtgewicht von über 3 Tonnen am Zaun des Fußgängerweges. Hier ist dermaßen die Hölle los! Die Zuschauer stehen hier in mehreren Etagen. Im heißen Morgendunst, gegen die Sonne, rechts der Dom, tausende von Zuschauern, und dann geht es wieder durch den Tunnel, wir unterqueren die Deutzer Brücke.
Links das Schokoladenmuseum, rechts die Firma Stollwerk. Erst letzte Woche verkauften die Schweizer Besitzer die Firma, die die Mikaschokolade herstellt, an die Belgier.
Am Rheinauhafen entlang auf dem Aggripinaufer laufen wir an den imposanten Kranhäusern vorbei, die 2008 fertiggestellt wurden. Wer sich hier eine Wohnung über dem Rhein schwebend leisten kann, der hat es geschafft.
Der trutzige Bayenturm (1220) ist der Rest der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Neben seiner Schutzfunktion gegen Feinde zu Land und zu Wasser konnte von hier aus auch der Treidelbetrieb, also das Ziehen von Kähnen stromaufwärts durch Pferde auf dem Leinpfad überwacht werden. Gloreiche Zeiten waren das damals, jetzt dient der Turm für frauenrelevante, feministische Themen, Alice Schwarzer steckt dahinter. Schnell weiter, bevor er mir hinterherläuft.