Bertlicher Straßenläufe und Marathon bereits zum achtzigsten Mal
In der letzten Woche wollte ich in Rodgau dabei sein. Aber ich kam nur bis Solingen dann musste ich einsehen, dass ich bei diesen Wetterverhältnissen es nicht mehr rechtzeitig bis zum Start schaffen würde. Frustriert fuhr ich wieder zurück. Hätte ich mich mal für die Turnhallenübernachtung entschieden.
Nun, dieses Problem stellt sich heute für mich nicht. Denn seit Donnerstag haben wir Tauwetter und die Schneereste schmolzen schnell dahin. Nach einer halbstündigen Autofahrt bin ich schon mit meiner Frau Petra und unserem Sohn Sascha am Veranstaltungsort in Herten-Bertlich. Sascha hat sich noch kurzfristig für die Halbmarathonstrecke entschieden. Parkplätze gibt es noch am großen Kaufhaus genug.
Der SuS Bertlich richtet bereits zum achtzigsten Male die Bertlicher Straßenläufe aus und feiert damit in Deutschland ein ganz seltenes Jubiläum. Dreimal im Jahr werden hier im Rahmen der Straßenläufe die verschiedensten Strecken angeboten. Waren es bisher 7 verschiedene Strecken zwischen 5 KM und der Marathonstrecke, so hat man nun sogar noch zusätzlich einen Lauf über 850 Meter für die 5 bis 8jährigen ausgeschrieben. Eine gute Idee, werden doch so vielleicht Talente entdeckt und mancher wird sicher auch in den nächsten Jahren wiederkommen.
Ich selbst habe bereits schon mehrfach hier in Bertlich die Marathonstrecke bewältigt und war immer begeistert von der Veranstaltung. Eine Voranmeldung ist zwar nicht möglich, aber die Anmeldung geht schnell und problemlos. Mit 16 Euro ist man beim Marathon dabei. Der SuS Bertlich kann auf viele engagierte Ehrenamtliche zurückgreifen, der Erlös der Veranstaltung fließt voll in die Jugendarbeit des Vereins.
Die Räume der Glück-Auf-Werkstätten stehen dem SuS Bertlich zur Verfügung und in der Pausenhalle kann man entspannt auf den Start warten. Hier treffe ich auch meinen Vereinsfreund Werner Kerkenbusch, der heute nur zuschauen wird. Durch eine Augen-OP muss er notgedrungen zwei Monate pausieren. Aber natürlich lässt er es sich nicht nehmen, wenigstens an der Strecke dabei zu sein und den Fanclub zu verstärken.
Auch Hartmann Stampfer kann ich begrüßen. Er ist extra aus Südtirol angereist und nutzt seinen Besuch in der Kulturhauptstadt, um heute am Jubiläumslauf teilzunehmen und hier seinen 146ten Marathon zu laufen. Zuletzt hatte ich ihn im vergangen Jahr beim Ricky Marathon in Sarnthein gesehen. Seitdem sind wir per E-Mail immer in Kontakt geblieben.
Auch sonst gibt es jede Menge bekannte Gesichter. Bernhard Sesterheim, Helmut Rosieka, Hans Drexler, HaWe Rehers - alle sind heute in Bertlich, um mal wieder einen schneefreien Lauf zu genießen. Wenn ich alle nennen wollte, gäbe es noch eine lange Liste. Insgesamt sind heute 838Läufer am Start.
Um 10:30 Uhr erfolgt dann ganz unspektakulär der Start des Marathonlaufes vor dem Stadion. 88 Teilnehmer machen sich auf die 13,9 KM Runde, welche nun dreimal bewältigt werden muss. Aus den bisherigen Teilnahmen kenne ich die Strecke ziemlich gut und bin doch jedes Mal wieder erstaunt, wie abwechslungsreich sie ist. Trotz der zentralen Lage im Ruhrgebiet bietet sie mit Feldern und Wiesen überwiegend ländlichen Charakter. Jeder Kilometer ist ausgeschildert und mit 7 Verpflegungsstellen bleibt kein Wunsch offen.
Ich laufe mit Hartmann zusammen und im Gespräch sind die ersten Kilometer schnell geschafft. Hartmann erzählt mir von seinen gestrigen Eindrücken in der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet und seinen läuferischen Plänen in 2010. Zypern, Belgrad, Riga und Tromsö sind für dieses Jahr unter anderem geplant. Da kann man neidisch werden.
Bald können wir mit Polizeischutz eine Landstraße überqueren, bevor wir wieder auf ruhigen Wirtschaftswegen weiterlaufen. Die Strecke ist vollständig asphaltiert und natürlich amtlich vermessen. Zuschauer gibt es allerdings nur am Ende der Runde in der Nähe des Stadions. Hier steht denn auch meine Frau mit den anderen Fans und feuert uns für die nächste Runde an. Ein Moderator informiert die Zuschauer über die Teilnehmer und den Rennverlauf.
Inzwischen sind auch die Halbmarathonläufer auf der Strecke und die Spitze überholt mich bereits. Viele schnelle Läufer nehmen dies als Gelegenheit mal ihre Form zu überprüfen.
Die Verpflegungsstellen nutze ich jetzt regelmäßig, denn trotz der kühlen Temperaturen ist doch auch immer ein Flüssigkeitsverlust da. Auch wenn man nicht gleich den Durst spürt, möchte ich hier kein Defizit entstehen lassen.
Wieder geht es durch die kleine Zechensiedlung und dann hinaus in die Felder. Bei Temperaturen um die null Grad ist es heute schon ganz angenehm zu laufen, wenn man sich der Witterung entsprechend angezogen hat. Die Sonne lässt sich aber nicht sehen und es bleibt den ganzen Tag hier neblig und trüb, Da muss man halt durch. Wie schrieb Klaus Duwe so schön: „Marathonläufer sind keine Weicheier“.
An der nächsten Verpflegungsstelle biegen die Halbmarathonläufer nach rechts ab, während ich nach links wieder auf die volle Runde laufe. Streckenposten weisen an allen Abzweigungen den richtigen Weg und ich kenne die Strecke ja auch schon fast auswendig. Die Strecke ist schneefrei und gut zu belaufen.
Bei der Halbmarathonmarke zeigt meine Uhr 1:52 und damit bin ich zufrieden, denn ich fühle mich auch noch gut. Zwar sind mittlerweile auch die 30 KM Läufer auf der Strecke, aber es ist trotzdem etwas einsam. Doch auch das liebe ich an Bertlich. Hier kann man ohne das Tamtam der großen Cityläufe die Marathonstrecke bewältigen und wird doch mit allem versorgt, was man als Läufer braucht.
Die Veranstaltung ist ein Treffpunkt für Jung und Alt, Leistungs- und Freizeitsportler. Selbst Walker kommen hier auf ihre Kosten. Kein Wunder, dass dieses Erfolgsrezept jetzt schon zum achtzigsten Male aufgeht.
An der Bundesstraße ist der Standstreifen für uns abgesperrt und bald kann ich wieder Richtung Bertlich abbiegen. Werner hat es nicht länger am Stadion gehalten und er kommt mir bereits entgegen um ein paar Fotos zu machen. Er wäre sicher auch lieber laufend auf der Strecke. Schon sehe ich das Kaufhaus und höre bald den Lautsprecher.
Petra hat auch die warme Pausenhalle verlassen und feuert mich mit dem Bergheider Fanclub an. Jetzt geht es in die letzte Runde und vielleicht ist es ja nun ein Vorteil, dass ich in Rodgau nicht starten konnte und meine Kräfte für Bertlich sparen konnte. Letzte Woche wäre es auch hier schwierig gewesen zu laufen. Also positiv denken. Wir haben schließlich immer noch Winter.
Wieder geht es über die Landstraße und ich sehe nur ein paar Läufer vor mir. Nur wenige kann ich jetzt noch überholen. Die letzten 10 Kilometer sind zu laufen und ich versorge mich nochmals gründlich. Ja, auch Cola ist noch im Angebot.
Hartmann hat sich inzwischen nach vorne abgesetzt. Dann ist Kilometer 33 erreicht. Das ist immer ein schwieriger Teil. Die Beine werden langsam schwer, aber man muss noch 9 KM weiter. Jetzt muss ich doch ziemlich kämpfen und ich verspüre ein unangenehmes Ziehen im Oberschenkel. Ja, wahrscheinlich waren die gestrigen Renovierungsarbeiten doch nicht die richtige Vorbereitung. Oder sind das die Auswirkungen der Kälte?
Dann sind es nur noch 3 Kilometer aber meine Oberschenkelmuskulatur verkrampft sich immer mehr. Ich muss kurz gehen, doch zum Glück befindet sich hier eine Abteilung des Roten Kreuzes und man massiert mir kurz den Oberschenkel fachmännisch. Da löst sich der Krampf wieder und ich kann wieder vorsichtig anlaufen. Dann geht es auch schon am Parkplatz vorbei und ich rieche bereits das Ziel. Diesmal darf ich links abbiegen und ins Stadion einlaufen. Noch 300 Meter auf der Aschenbahn und unter dem Beifall der Vereinsfreunde laufe ich durch den großen Zielbogen. 3:57:28 zeigt die Uhr und das ist für mich Platz 11 in der AK 50.
Schnell habe ich mich wieder erholt und begebe mich zu den Duschen. Die sind noch warm und das tut gut. In der Pausenhalle treffe ich alle wieder. Hier kann man sich bestens verpflegen, denn neben Kuchen und Kaffee werden auch Reibeplätzchen, Erbsensuppe und Bratwürste zu günstigen Preisen angeboten. Ja das ist das Erfolgsrezept des SuS Bertlich eine Laufveranstaltung in familiärer Umgebung, welche alles für Läufer und Zuschauer bietet.
Auch Hartmann, der schon Laufveranstaltungen in ganz Europa mitgemacht hat, ist von der Veranstaltung angetan und hat seine Teilnahme nicht bereut. Nur dass es hier keine Medaille für seine Sammlung gibt, bedauert er. Doch dafür hat Werner noch gesorgt und überreicht uns eine schöne Erinnerungsmedaille.
In Bertlich erhalten nur die Sieger in den Altersklassen einen kleinen Pokal. Schon bald beginnt die Siegerehrung. Schnellster war heute Schultz-Bargmann vom LC Duisburg in 2:47:02. Bei den Frauen siegte Friederike Spengler vom BSG Springorum Bochum in 3:36:24.
Ein herzliches „Glück auf“ für den SuS Bertlich und seine Straßenläufe. Ich hoffe, dass man dort auch noch die 100ste Veranstaltung feiern kann.
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