marathon4you.de

 

Laufberichte

Jubiläumslauf der Euphorie

 

Der Hahn reißt mich aus dem Schlaf. Ich schnelle hoch und blicke etwas panisch um mich. Laut seufzend beende ich den Kikeriki-Weckton meines Handys. Blöde Idee mit dem Hahn, ich wäre ihm jetzt gern an die Gurgel. Ich will grad echt nicht aufstehen. Füße und Waden schmerzen höllisch...ach herrlich, tut das gut.

Das widerspricht sich? Richtig! Aber so ist das mit uns Läufern, sie kriegen einfach nicht genug. Selbst Schuld, das hab ich so gewollt. Mich beschleicht ein Déjà-vu - das Gefühl, eine unbekannte Situation schon einmal erlebt zu haben. Ich erinnere mich nur zu gut: vor einem Jahr hatte ich an zwei aufeinander folgenden Tagen die Harzquerung sowie den Hannover-Marathon abgefrühstückt. An diesem Frühlingswochenende wollte ich den  zweiten Doppeldecker mit dem Osnabrücker Piesberg-Ultra in luftige Höhen starten und den Rundflug mit einer hoffentlich bravourösen Landung auf der Zielgeraden des 25. HAJ Hannover Marathon 2015 zu Ende bringen.

Die frühmorgendliche Zugfahrt mit Ankunft in Hannover hat bei mir schon fast Tradition. Ich gestehe: Ich liebe diese Stadt! Braunschweig hat den Löwen, Bremen den Roland. Und vor den Gleisen galoppiert mir ein alter Bekannter entgegen: Seit über hundertfünfzig Jahren reitet König Ernst-August schon vor dem Hauptbahnhof herum.  Böse Zungen behaupten ja, dass Ernst August die neumodische Eisenbahn hasste, da in ihr jeder hergelaufene Schneider oder Schuster ebenso schnell wie ein König reisen konnte. Angeblich soll er deshalb als stolzer Reiter dem Bahnhof despektierlich sein Hinterteil zeigen. Ob man es nun glauben mag oder nicht, ich spaziere jedenfalls „unterm Schwanz“ vorbei und folge wie stets den ebenfalls angereisten Läufern.

Damit mich das das Gefühl des Déjà-vu aus dem Vorjahr nicht erneut beschleicht, hatte ich mir während der Zugfahrt doch glatt eine neue Bummel-Route bis zum Veranstaltungsgelände ausgedacht. Ganz gemütlich flaniere ich also durch die Fußgängerzonen der Innenstadt vorbei an Kröpcke-Uhr, Altem Rathaus, Markthalle bis Hoch zum in Bronze gegossenen Landesdenkmal der Göttinger Sieben, unweit des Niedersächsischen Landtags. Man könnte meinen, der König sei mir heimlich hinterher galoppiert. Etwas isoliert steht die Reiterfigur vom Rest der Gesamtkomposition des Denkmals, doch das hat seinen guten Grund. Was war geschehen?

In aller Kürze: Im Jahre 1837 hatte Ernst-August die Regierung in Hannover übernommen und setzte als eine seiner ersten Amtshandlungen das hannoversche Staatsgrundgesetz außer Kraft. "Was eine elendige Frechheit", dürften damals die sieben rechtschaffenen und mutigen Professoren gedacht haben, denn in der Abschaffung des Staatsgrundgesetzes sahen sie einen deutlichen Rechtsbruch. Sie protestierten zwar, doch Ihre Zivilcourage bezahlten Sie unter anderem mit der Enthebung ihres Amtes. Ich stelle mich frech ins halb geöffnete Portal, wundere mich über die Bierpulle, die einer der Professoren in Händen hält und lasse mich ablichten.

Auf dem Veranstaltungsgelände finden sich zunehmend mehr und mehr Läufer ein. Es gibt sogar schon welche, die sich aufwärmen. Da ich mich noch mitten in der Regenerationsphase des 55 km langen Ultra-Marathon vom Vortag befinde, beende ich meinen persönlichen „Warm-Up“ - Bummel mit Erreichen des beinahe verlassen wirkenden Trammplatzes vor dem Prachtbau der hannoverschen Stadtverwaltung. Nach Abholung der Startunterlagen betrete ich das Neue Rathaus.

Geschäftiges Treiben in der Haupthalle: An Infoständen und Nachmelde-Terminals werden Läufer beraten und eingecheckt. In einer Ecke steht die Pacemaker-Brigade mit Ihren gelben Ballons und klärt allerletzte Entscheidungsfragen untereinander. Mittendrin treffe ich auf altbekannte Gesichter der Läuferszene: Mit dabei wieder Heinrich Schütte (1. Vorsitzender des VfL Adensen-Hallerburg und Organisator vom Schloss Marienburg Marathon) sowie Christian Pflügler (Veranstalter 6-Std.-Lauf Münster). Beide sind am Vortag ebenfalls den 3. PUM in Osnabrück gelaufen.

“Ebenfalls einen Doppeldecker-Rundflug in Hannover gebucht?“, begrüße ich lachend die Runde. Von Heinrich erfahre ich, dass seine beiden Söhne heute ebenfalls am Start sind und die volle Marathondistanz laufen wollen. Respekt! Bei Verlassen des Gebäudes fällt mir auf, dass der Vorplatz modernisiert wurde. Bei der Erneuerung hatte man einen als Blütenmuster gestalteten Bodenbelag aus Natursteinpflaster gewählt. Das neue Mosaikpflaster harmoniert jedenfalls sehr gut mit dem Gesamtkomplex, wie ich finde.

Ich schaue auf die Uhr: In weniger als einer halben Stunde – genauer gesagt um 9 Uhr - soll der Startschuss für die Teilnehmer auf den unterschiedlichen Teilstrecken fallen. Ich statte dem Maschpark noch einen raschen Besuch ab, deponiere anschließend meine Wechselklamotten bei der Kleiderbeutel-LKW-Kolonne in der Willy-Brandt-Allee und stehe wenige Minuten später auch schon im hinteren Starterfeld der Marathonläufer.

Neugierig schaue ich mich um. Laufkumpel, Verkleidungskünstler und Cabanaut Peter Brause wollte sich heute ebenfalls den Hannover-Marathon geben. Ihn entdecke Ich nirgends. Stattdessen einen Läufer, der in einer prachtvollen, vergoldeten Löwenrüstung steckt. „Immer diese Verrückten...Marathon ist denen echt nicht genug“, denke ich und muss dabei grinsen. „Ja, und andere Spinner laufen zwei Marathon-Distanzen am Stück...“, meldet sich der innere Schweinehund, reibt sich dabei die Hände und freut sich wohl schon ganz besonders auf den heutigen Tag.

Unweit vor mir steht ein Japaner in kompletter Motorradbekleidung. Ich muss echt genauer hinsehen: Er trägt einen dicken, schwarzen Jogginganzug. „Allerbestes Frühlingswetter soll's heut noch geben“, spreche ich ihn an. „Nix Sonne, heute saukalt!“, die Antwort. Er wird wohl später eines besseren belehrt. Während ich für ihn ein stilles Gebet spreche, quatscht mich ein alter Rentner mit Stock, Zigarre im Mundwinkel und Flachmann ganz blöd von der Seite an. „Geh mir aus'm Weg, Jungchen!“. Ich will schon mit einem „Hey Oppa, pass ma schön auf...“ entgegnen, als mich Peter bereits frech angrinst und dabei mit der Krücke wedelt. Im Starterfeld treffen wir außerdem den Paderborner Paul Maksuti, Mitglied der Paderpiraten e.V. Die als Piraten verkleideten Mitglieder hatte ich erstmals beim diesjährigen Paderborner Osterlauf kennengelernt.  Sie unterstützen den Breitensport und sammeln Spendengelder für Kinder in Not – eine großartige Sache!

Die Marathonluft ist aufgeheizt, die Spannung beinahe unerträglich! Zwei Läufer diskutieren gerade angeregt über den Streckenrekord. Dieser läge wohl derzeit bei 2:08:32. Mit internationaler Beteiligung sollen sechs kenianische Läufer dabei sein, deren Bestzeit unter 2:08 liegt. Der 35-Jährige Falk Cierpinski (SG Spergau) ist der einzige deutsche Topläufer im Elitefeld, lief noch vor sieben Jahren in Berlin eine Bestzeit von 2:13:30. Später erfahre ich, das der Kenianer Cheshari Jacob nach langem Endspurt mit 2:09:31 vor Chala Adugna aus Äthiopien siegt.  Top-Athlet Falk hingegen musste knapp zwei Stunden nach Rennbeginn aufgeben – er hatte mit Muskelproblemen zu kämpfen. Lieber Falk: Gesunde Entscheidung, wie ich finde.

Plötzlich geht ein Raunen durch die Masse und der Läuferstrom setzt sich in Bewegung! Der Startschuss des Jubiläumslaufs ist gefallen, es geht endlich los!

Der Hannover Marathon bietet nonstop Sightseeingtour vom Feinsten. Nach rund einem Kilometer passieren die Teilnehmer bereits die Rund 47 Meter hohe Waterloosäule. Danach läuft das Feld durch eine Spitzkehre, es folgen im Anschluss daran Schützenplatz, AWD-Arena und Nordufer des Maschsee. Gegenüber liegt auch das Sprengel-Museum für moderne Kunst. Eines der größten Kulturprojekte in Hannover wird in wenigen Monaten vollendet. Selbst Kulturbanausen wie mir ist der seit Jahren stattfindende  Museumsanbau nicht entgangen, mit dem dann dauerhaft mehr Kunstwerke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, die heute noch in Depots verwahrt werden müssen. Die Eröffnung soll noch im Herbst diesen Jahres stattfinden.

Während bereits entlang der Hildesheimer Straße die Spitzengruppe anfeuert wird, ist am Maschsee vergleichsweise Totentanz.  Nichtsdestotrotz wird das Feld auch hier von vereinzelten Zuschauer - und Trommelgruppen angefeuert. Ich blicke rüber zum Gewässer und entdecke erste Ruderer und Kanufahrer. Die nächsten Kilometer vergehen wie im Flug, schnell sind wir daher an den markanten Punkten Pier 51, Löwenbastion und Strandbad vorbei. Weiter geht es nun Richtung südliche Leineaue.

Der Rentner gibt ordentlich Kette, ich halte jedoch Schritt und erwäge gerade, mir einen kleinen Schluck aus seinem Flachmann zu genehmigen, als der erste Verpflegungspunkt in Sichtweite kommt. Ich schnacke kurz am VP und erfahre, dass an diesem Wochenende Rund 2000 Helfer im Einsatz sind. Währenddessen macht sich Pantoffel-Peter aus dem Staub. Eine Zeit lang verliere ich ihn aus den Augen.  Nach einem  kurzen, aber herrlichen Abstecher in der Leinemasch inklusive Kleingärtnerverein geht’s zurück Richtung Döhren-Wülfel auf die Hildesheimer Straße. Jawohl, sie ist und bleibt die längste Streckengerade des Hannover Marathon und ist mit ihren knapp 14 Kilometern gleichzeitig eine der längsten Wohn- – und Geschäftsstraßen in Hannover. Dann hole ich den flotten Rentner wieder ein. „Kurze Raucherpause“, ruft er mir zu und pafft an seiner qualmenden Zigarre. Krass, er raucht die ja tatsächlich. „Ähm...ich werd erst mal weiter, wir sehen uns!“, rufe ich ihm zum Abschied zu.

Ecke Marthastraße will mich die Wechselzonen-Crew aus dem Rennen ziehen. “Bitte in Box 5 einreihen, Mario, Box 5!“. Kurzer Blickkontakt, der Typ meint es offensichtlich ernst damit. „Roger that!“, ruf ich zunächst zurück, ignoriere dann allerdings gekonnt seine Aufforderung, indem ich stattdessen zur Verpflegungsstelle rüber laufe und mir Wasser in den Rachen kippe. Stadteinwärts fällt der spätmittelalterliche Döhrener Wartturm aus dem 14. Jahrhundert als weiteres kulturelles Zeugnis ins Auge, dicht gefolgt von der einst traditionsreichen Gilde Brauerei. Entlang der Hildesheimer klatschen die vielen Zuschauer unermüdlich Beifall. Viele halten stolz diverse Pappschilder mit Anfeuerungs-Sprüchen wie „Go Guddy Go“ oder „Lauf Werner Lauf“ in die Höhe. Hier und dort entdecke ich auch diverse Aktionen für die Besucher des Marathon: Kinderschminken, Trommeln zum Anfeuern, Musik-Shows.

Die Sonne scheint, es ist jedoch nicht zu heiß für die Läufer. Die Stimmung der Hannoveraner steigt mit den frühlingshaften Temperaturen sprunghaft an. Das GOP bietet direkt auf dem Aegi eine Ballon-Fahrt an: Für ein paar Euro kann man den Jubiläums-Marathon in 45 Meter Höhe anschauen. Ballonfahrer Joachim bringt die Fahrgäste im 10-Minuten-Takt nach oben. Dicht an dicht reihen sich weitere Sehenswürdigkeiten: Es folgen das Opernhaus in der Georgstraße, die zentrale Fußgängerzone mit Kröpcke-Uhr, der Hauptbahnhof. Nach einem kurzen Tunnelabschnitt Höhe Thielenplatz fragt mich eine lächelnde Läuferin, ob sie denn mal ein Foto von mir machen solle – als Laufreporter müsse ich doch ebenfalls im Bericht zu sehen sein. „Wir seh'n uns bestimmt noch öfters, Dagmar, dann komm ich auf Dein Angebot zurück“, rufe ich dankend zurück. Tatsächlich aber will ich meinen Laufrhythmus nicht unterbrechen. Ich würde mich später noch sehr wundern...

Als ich im Vorjahr den Marathon lief, führte der Streckenabschnitt meines Erachtens noch komplett durch die Fritz-Behrens-Allee bis zum Zoo. Nun aber scheint man diesen Teil der Strecke  modifiziert zu haben, denn ein kurzer Umweg sorgt dafür, dass die Läufer einen raschen Blick auf das nun nah gelegene Hannover Kongress Zentrum werfen können. Klasse Idee: An der Kreuzung jubelt uns Zoo-Maskottchen Tatzi-Tatz mit lustigen Begleitern in hautengem Tierfetisch zu. Anschließend führt die attraktive Strecke entlang der Bernadotteallee mitten durch die List Richtung Oststadt und Vahrenwald.

Vorbei geht es an Markuskirche die Bödekerstraße hinunter. Nichts Böses ahnend, öffnen sich bei Kilometer 22 urplötzlich die Schleusentore und sämtliche Halbmarathonläufer strömen den Marathonis entgegen! Ecke Eichstraße prallen beide Gruppen aufeinander, vereinen sich und verschmelzen zu einem rauschenden Bach, der auf dem Asphalt so ziemlich alles wegspült, was gerade geht, schleicht oder steht...zum Beispiel Rentner wie den Pantoffel-Peter. Ich werde mitgerissen und habe kaum Zeit zum Luft holen. Ungewollt erhöhe ich mein Lauftempo. Die Halbmarathon-Stampede hat die ersten zehn Kilometer hinter sich, kennt kein Erbarmen und rauscht regelrecht an uns vorbei. Übrigens: Wer von Euch war nicht schon einmal in der Schlussverkauf-Hölle? Rücksichtslose Rempeleien bei der Schnäppchenjagd, endlose Schlangen vor der Kasse, Nervenzusammenbrüche in Umkleidekabinen, überall heulende Menschen. Man könnte folgenden Satz unfertig stehen lassen: Als die Volldistanzläufer zusammen mit den Halbmarathonis den Verpflegungspunkt erreichen...

Die Welt der Ultra-Läufer ist übrigens nicht so klein, wie manch einer denken mag. Unweit vom Raschplatz-Pavillon entdecke ich beim Vorbeilaufen zwei weitere PUM-Finisher vom Vortag: Jutta Eis und Stephan Perpeet. Wie auch im Vorjahr führt mich die Reise einmal mehr durch den bevölkerungsreichsten Stadtbezirk von Hannover, welches sich an diesem besonderen Tag in ein gigantisches Amphitheater verwandelt.  So müssen sich wahre Helden der Antike gefühlt haben, wenn sie siegreich von einer Schlacht nach Hause zurückgekehrt sind. Von allen Seiten werden wir gefeiert, während der DJ-Service von Mecky-Music den Hard-Trance Track „Move  your Ass!“ von Scooter durch die Straßen hämmert.

Nach wenigen Kilometern verabschieden sich die Halbmarathonläufer von uns und laufen Richtung Herrenhäuser Gärten, während die Marathonis noch ein Stück weit Vahrenwald-List erkunden. Der Stadtteil ist von Bürgerhäusern aus der Gründerzeit mit teilweise sehr aufwendigen Ornamenten an Fassaden und Balkonen geprägt. Von weitem erkenne ich bereits das Continental-Werk. Bei Kilometer 28 merke ich bereits, was ich Füßen und Waden Gutes tue. Das schmerzvolle Jammern diverser Körperteile hatte ich jedenfalls schon lange abgeschaltet.

„Hey Mario, möchtest Du jetzt vielleicht ein Foto?“, ruft mir Dagmar erneut lachend zu. „Wenn wir uns zum dritten Mal sehen, dann bleibe Ich garantiert für ein Foto stehen“, rufe ich zurück. Es folgt ein kurzer Abstecher entlang der freien Gärten des Kleingärtnervereins Hainholz e.V.  Rege Zuschauer haben sich auch hier versammelt und feuern die Läufer mit allerlei Krachmachern an. „Gib alles, Mario, gib jetzt nochmal wirklich alles! Ach, und guck mal hier...wie gefällt Dir meine ENTENHUPE AM FAHRRAD?!“ Ich zucke zusammen und krieg gerade noch so ein schiefes Grinsen zustande.

Bei KM 32 führt die Strecke erneut durch einen Bahngleistunnel. An der Nordostecke der Kreuzung Kopernikusstraße/ Weidendamm laufe  ich am Alten Bunker und Lutherkirche vorbei. Ein Zuschauer hält eine aufreizende Pappdame  mit dem Spruch „Bitte Lächeln“ hoch - vermutlich ein Relikt aus der Erwachsenenabteilung einer VHS-Videothek umme Ecke. Die Dame verspricht mit dem Welfen – und Georgengarten sicherlich nun das Paradies auf Erden, aber darin versteckt sich auf die letzten Kilometer auch gleichzeitig eine gewisse diabolische, zickzackförmig angelegte Streckenführung. Vor dem Campus sitzen Studenten auf mehreren Ledersofas und feuern uns an. Gerade, als ich winken will, höre ich jemanden rufen: „So, Mario, wir machen jetzt das Foto!“. Lauthals lache ich los, drehe mich um und überreiche Dagmar schmunzelnd die Kamera.

Mitten im Grünen passieren die Marathonis nun das Welfenschloss im Stadtteil Nordstadt, seit 1879 Sitz der Universität. Davor das Sachsenross, das Wahrzeichen des Landes Niedersachsen. Bevor es durch den Georgengarten geht, höre ich erneut eine mir bekannte Frauenstimme meinen Namen rufen. Überrascht entdecke ich meine Frau mit Töchterchen Merida. Nanu ? Ich bin im Begriff, stehenzubleiben. Sie macht ein Foto und bedeutet mir mit Handzeichen, einfach weiterzulaufen. Dann spaziert sie mit Kinderwagen gemütlich zum Königsworther Platz und außer Sichtweite.

Für mich endet der Zickzackkurs nicht, denn es geht nun schnurstracks wieder die Herrenhäuser Allee hoch und am Großen Garten vorbei – dem bedeutendsten Barockgarten Europas und historisches Kernstück der Herrenhäuser Gärten. Gegenüber vom Palais im Georgengarten reihen sich bei bestem Frühlingswetter viele bunte Ballons hoch in den strahlend blauen Himmel. Im Palais befindet sich das Wilhelm-Busch-Museum für Karikatur und Zeichenkunst. Füße und Waden tanzen vor Freude, denn: die letzten zwei Kilometer liegen vor mir. Jaulend verabschiedet sich der Schweinehund.

Jetzt ist es auch bald geschafft. Am Königsworther Platz wartet freudestrahlend meine Frau, winkt mir zu. Töchterchen guckt eher verdutzt und denkt sich wohl ihren Teil. Wer glaubt, mit den Gärten hätten die Teilnehmer die letzten Highlights des Tages hinter sich gelassen, der irrt. Am Leibniz-Ufer passieren die Läufer zunächst die drei Nanas der französischen Künstlerin Niki de Saint Palle, danach geht es ans Leineschloss vorbei, dem Sitz des Niedersächsischen Landtages. Kurz vor dem Zieleinlauf könnte zwar noch das Alte Rathaus am Marktplatz bewundert werden, aber um ehrlich zu sein habe ich nur noch Augen fürs Ziel. Ich mache mich also bereit: Der Doppeldecker setzt endlich zur Landung an.

Vollkommen erledigt laufe Ich durch den Zielbereich und schlurfe zusammen mit den übrigen Marathonis zum Theodor-Lessing-Platz. Der Weg zu den Medaillen ist un-end-lich lang. Angekommen, lasse ich mir entkräftet die besondere Jubiläumsmedaille mit der großen „25“ umhängen, schnappe mir einen Bierbecher und torkele zu Salami, Keksen und Obst. Ich kann kaum stehen, aber ein breites Lächeln krieg ich einfach nicht mehr aus dem Gesicht. Unweit der Aegidienkirche finde ich endlich ein Fleckchen Wiese und brauche eine gefühlte Ewigkeit, um mich hinzusetzen.

Später erfahre ich, dass gut 150000 Zuschauer die Rund 20000 Teilnehmer angefeuert hatten. Vor dem Start war es die besondere Magie und das Kribbeln. Nach dem Zieleinlauf wird man belohnt mit einem Wechselbad an Gefühlen: Schmerz, Glück, Regenration, Heiterkeit – nur um einige zu nennen. Ich verliere mich eine Zeit lang in der Euphorie des „Runner's High“.

Die Veranstalter haben uns mit der Jubiläumsauflage des Hannover Marathon einmal mehr ein wunderbares Hochgefühl und einmaliges Lauferlebnis in der schönen niedersächsischen Landeshauptstadt geschenkt.. Na, wer ist 2016 dabei?

 

Marathonsieger

 

Männer

1 Jacob, Cheshari Kirui (KEN)  02:09:32  
2 Bekele, Chala Adugna (ETH)  02:09:42  
3 Kosgey, Martin Kiprugut (KEN) 02:09:50

Frauen

1 Ait Salem, Souad (ALG)  02:27:21  
2 Kotovska, Olha (UKR)  02:29:13  
3 Makhanya, Mapaseka (RSA) 02:31:02

1808 Finisher

 

Informationen: ADAC Marathon Hannover
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024