Die Mehrzahl meiner über hundert Marathons und Ultras bin ich auf kleineren Veranstaltungen gelaufen, nur bei wenigen richtig großen Marathons war ich dabei: In Berlin und in Rom bin ich meine schnellsten Marathonzeiten gelaufen, in Paris, Prag und Frankfurt war ich ebenfalls und damit hat es sich schon.
Um mitreden zu können fehlen da noch einige der großen Städtemarathons: Neben anderen auch London, Hamburg, New York, Boston, aber auch Wien. Vergangenes Wochenende war Gelegenheit, eine Lücke zu schließen, sowohl in Hamburg, als auch Wien wurde der Marathon ausgetragen.
Ganz spontan habe ich mich für Wien entschieden, Begründung hatte ich keine. Jetzt, nach dem Wochenende aber weiß ich, dass meine Entscheidung richtig war. Alles hat gestimmt, die Organisation, das Wetter, die abwechslungsreiche Laufstrecke mit dem Zieleinlauf auf dem Heldenplatz und die Stadt sowieso. Ich habe so viele Eindrücke und Anregungen bekommen, dass ich sicher bin, bald wieder in Wien zu sein.
Wenn nur die Entfernung nicht wäre – 630 km von Stuttgart aus, sieben Stunden Fahrt mit dem Auto. Da wir erst Freitagmittag los fahren konnten, verlängerten die Staus unsere Fahrt, so dass wir erst kurz nach Mitternacht bei unserem Hotel ankamen. Für ein professionelles Hotel wie das Mercure am Westbahnhof aber kein Problem. Nach kaum fünf Minuten waren wir eingecheckt, das Auto stand in der Tiefgarage und wir hatten unsere Zimmer bezogen.
Auch die häufig zu laute Musik, wurde hier durch ein Streicher-Quartett ersetzt, das klassische Musik spielte, so dass eine Unterhaltung jederzeit möglich war. Schöner und angenehmer hatte ich eine Party vor einem Lauf noch nicht erlebt. Die österreichischen Marathonmeister, Susanne Pumper und Roman Weger wurden vorgestellt. Beide waren voller Optimismus – wie soll es auch anders sein – am andern Tag ihre jeweiligen persönlichen Bestzeiten zu erreichen und vielleicht gar zu verbessern.
Einige Teilnehmer wurden geehrt, die alle bisherigen 23 Marathons gelaufen waren und die dann anderntags mit dem 24. Lauf auf 1000 Wiener Laufkilometer kamen. Das Tüpfelchen auf dem i war dann noch der kostenlose Kaffee, der reichlich angeboten wurde, dank Sponsor Tchibo.
Das schöne Wetter verlockte dann noch zu einem Spaziergang durch die Parkanlagen am Rathaus bis zum nahe gelegenen Heldenplatz, auf dem wir dann am nächsten Tag einlaufen würden.
Keine 20 Minuten dauerte es mit der U-Bahn und wir waren im Startbereich vor den Gebäuden der UNO auf der Wagramer Straße, einer breiten, durch einen Grünstreifen unterteilten Straße. Das war der wohl großzügigste Startbereich, den ich je erlebt hatte, sowohl in der Breite, als auch der Länge. Kein Gedränge, auch nicht bei der Abgabe der Kleiderbeutel an dem passenden Lastwagen, selbst der obligatorische Stau vor den Dixi-Klos hielt sich in Grenzen.
Beim Wien-Marathon starten der Marathon und der Halbe gemeinsam, so dass wohl insgesamt etwa 15.000 Läuferinnen und Läufer die gekennzeichneten Startblöcke (insgesamt sieben) füllten. Stilgerecht wird man in Wien mit klassischer Musik unterhalten, die immer wieder von Durchsagen des Streckensprechers unterbrochen wurde. Dann wurde die österreichische Nationalhymne gespielt, alle sangen mit und pünktlich um 9 Uhr ertönte das Horn, das den Start signalisierte.
Als abgeklärter Marathonläufer war mir klar, dass ich jetzt einige Minuten warten musste, bis auch ich starten durfte. Aber Wien hatte auch hier Neues zu bieten. Das Elitefeld und die drei Startblöcke links von uns waren bereits gestartet und unser Block hatte sich im Schritttempo etwa 100 Meter vorwärts bewegt, als wir angehalten wurden. Wir mussten an dieser imaginären Startlinie so lange warten, bis die beiden Startblöcke vor uns auf der Strecke waren. Erst etwa neun Minuten nach dem offiziellen Start ertönte auch für uns vielleicht 2000 Läuferinnen und Läufer das Horn und wir konnten ganz ungehindert über die Zeitnehmermatten laufen und waren sofort im richtigen Tempo, ohne Behinderungen.
Diese intelligente Startverzögerung war wirklich eine optimale Art den sonstigen Stau auf den ersten Kilometern zu vermeiden. Ich konnte daher auch von Anfang an fotografieren, ohne dass ich die Nachfolgenden zu sehr gestört hätte. Für mich war das sehr angenehm, wollte ich doch heute mit etwa 4:20 h einen etwas „schnelleren“ Lauf als sonst machen.
Mir ging es gut, mein Tempo passte, die Strecke war bisher recht ansehnlich und auch hier auf der gesperrten Schüttelstraße lief es sich ganz angenehm in sanftem Bogen dem Donaukanal entlang. Auf der Schwedenbrücke liefen wir dann links weg über den Kanal und weiter am Rande der Innenstadt nach Süden. Es standen keine Zuschauermassen am Straßenrand, aber doch so viele, dass man immer wieder Mal angefeuert wurde.
Die Temperaturen waren bereits beim Start bei vielleicht 18 Grad und natürlich weiter gestiegen. Trinken, genügend trinken war also angesagt. Alle fünf Kilometer sollte eine Verpflegungsstelle kommen, ein wenig knapp für die Temperaturen. Glücklicherweise aber gab es meist noch Wasserstellen dazwischen, so dass für ausreichend Flüssigkeit gesorgt war.
„Werfen Sie die leeren Trinkbecher, sowie Obstreste in die Abfallbehälter neben der Laufstrecke, Sie helfen damit den nachfolgenden Läufern!“ Ich glaube, dass ich an keiner einzigen Verpflegungsstelle Abfallbehälter gesehen habe, die Straße war jedes Mal übersät mit zertretenen Bechern und Bananenschalen. Abfallbehälter hätten aber auch überhaupt nichts geholfen. Wenn 15.000 Läufer an so einem Stand vorbeikommen, meist auch noch in Eile, hilft überhaupt nichts, dann wird es immer so aussehen.
Hier war auch der erste Wechsel der Staffelläufer. Dicht gedrängt warteten viele hundert am linken Straßenrand auf „Ihren“ Partner, den sie ablösen mussten. Jeweils vier Läuferinnen oder Läufer teilten sich die Strecke (16,1 – 5,7 – 9,1 – 11,3). Die schnellen Staffeln waren sicher längst vor mir, aber ganz erstaunlich viele lagen auch hinter mir. Da hatten sich viele, viele Läuferinnen und Läufer zu einer Staffel zusammen getan, die trotz der kürzeren Distanzen langsamer waren. Da sah man ungemein viele mäßig bis stark übergewichtige Teilnehmer, die ich alle ob ihres Mutes bewunderte, trotz der Massen, die sie tragen mussten, hier teilzunehmen. Auf jeden Fall waren die Staffeln ein belebendes Element in der gleichförmigen Läuferschlange und ich wunderte mich, weshalb Staffeln nicht bei jedem größeren Marathon angeboten wurden.
Nun ging es auf der Mariahilferstraße, der angeblich längsten Einkaufstraße Europas, wieder vier Kilometer zurück, Richtung Nordosten, in die Innenstadt. Auch hier natürlich flanierende Menschen und auch Zuschauer, die auf „Ihre Läuferin, ihren Läufer warteten, um ihn oder sie anzufeuern.
Die Innenstadt war wieder erreicht, die Zuschauer hatten deutlich zugenommen, Musik war wieder zu hören und schon wurde die Weiche angekündigt, an der die Halbmarathonis nach rechts ins Ziel geführt wurden.
Kurz vor Kilometer 21 war es dann soweit, die „halben“ Helden liefen nach rechts auf dem Heldenplatz und wir Marathonis und Staffelläufer liefen weiter, bogen dann links ab und vorbei am Parlament, wo auch für uns Halbzeit war: 2:13 h meine Zeit, nicht ganz im Plan, aber vielleicht war es heute einfach ein wenig zu warm. Mein Ehrgeiz richtete sich nun darauf, die zweite Hälfte nicht langsamer zu werden.
Wer mich kennt, weiß, dass ich solche Begegnungsstrecken liebe, kann man dort doch die Entgegenkommenden anschauen und hat so viel Ablenkung, dass man beinahe vergisst, dass die vor einem liegen und man den ganzen Weg wieder zurücklegen muss. Dem ganzen Abschnitt auf dieser schönen Alleestraße entlang waren Lautsprecher aufgestellt, aus denen, ganz entgegen der bisherigen Gepflogenheit, Popmusik gespielt wurde, die mir tatsächlich noch etwas Schwung verlieh. Bei Kilometer 33 war es dann soweit, wir umrundeten das Lusthaus und waren auf dem Weg zurück.
Schon seit etwa einer halben Stunde war es zunehmend diesiger geworden, die Sonne war nicht mehr so stark und die Blätter der Bäume taten ein Übriges. Einmal hatte ich sogar ein paar Tropfen verspürt, zum Regnen ist es jedoch nicht gekommen. Aber immerhin war es etwas kühler geworden, was sich sofort an unserer Geschwindigkeit zeigte: diese fünf Kilometer waren unsere schnellsten.
Dann ging alles ganz routiniert weiter: wir bekamen unsere Medaille umgehängt, gingen auf einen Nebenhof, auf dem wir etwas zu Trinken bekamen und unseren „goody bag“ mitnehmen konnten. Weiter ging es, vorbei an den vielen Festzelten und Getränkeständen auf dem Heldenplatz, bis zu den Lastwagen, wo wir unsere Kleiderbeutel bekamen.
Jetzt, nachdem ich meine Bilder gesichtet habe und im Geiste noch Mal die ganze Strecke abgelaufen bin, wurde mir erst richtig bewusst, was ich alles noch hätte anschauen müssen. Selbst wenn ich morgen wieder hier laufen würde, ich bin ganz sicher, dass ich mich nicht langweilen würde, sondern ganz viel Neues entdecken und Bekanntes genauer oder anders wahrnehmen würde. In Berlin oder Hamburg sind sicher mehr Zuschauer an der Strecke, aber an den entscheidenden Bereichen in der Innenstadt und auf dem Heldenplatz war auch in Wien der Zuspruch riesig.
Ganz eindeutig, die lange Anfahrt hat sich mehr als gelohnt. Ach, übrigens, die zweite Hälfte waren wir mit 2:13:47 eine knappe Minute langsamer als auf der ersten, beide Ziele also knapp verfehlt, was mich aber ganz sicher nicht um meinen verdienten Schlaf bringen wird.
50 bis 80 Euro je nach Anmeldezeit und -Art, Teilnehmer limitiert auf 8.000
25 bis 40 Euro, je nach Anmeldezeit und -Art, Teilnehmer limitiert auf 7.000
80 bis 125 Euro, je nach Anmeldezeit und -Art,
Teams limitiert auf 1.600, vier Läufer: 16,1 km, 5,7 km, 9,1 km, 11,3 km
5 Euro, Teilnehmerlimit 2.500, Start 8.30 Uhr
kostenlose Teilnahme, Teilnehmerlimit 1.500,
kostenlose Teilnahme, Teilnehmerlimit 700
Championchip, gegen Kaution von 28 Euro (25 zurück, bei Rückgabe) konnte man sich einen Chip auch leihen
Eigentlich ein Punkt zu Punkt Kurs, gleichzeitig ein Rundkurs, aber auch Wendepunktstrecke mit ca. 11km Begegnungsteil, keine nennenswerten Steigungen.
Startnummernausgabe und Messe, Kaiserschmarrnparty, Start, Ziel jeweils räumlich getrennt, mit der U-Bahn aber bestens zu erreichen. Empfehlenswert dafür ein 24h- bzw. 72h-Ticket (5, bzw. 12 Euro), mit dem man beliebig oft fahren kann.
Medaille, Urkunde wird nachgeschickt
Alle ca. 5 km Wasser, Powerade, Bananen, bei km 35 auch Cola, immer wieder auch reine Wasserstellen. Im Ziel dann Mineralwasser und ein so genanntes „Goody bag“, mit Obst, Riegel und sonstigen Beigaben.
Dicht auf den Kilometern vor dem Zieleinlauf, sonst eher durchschnittlich.