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Laufberichte

Singapur Marathon: Aller guten Dinge sind vier

09.12.18 Special Event
 

Singapur, ein Insel- und Stadtstaat südlich vor Malaysia und damit nahe am Äquator gelegen, ist das letzte Ziel meiner vierwöchigen Marathontour, die aus meiner sportlichen Sicht bisher nicht so zufriedenstellend verlaufen ist. Das tropische Klima mit großer Hitze und Schwüle auch bei den Starts um Mitternacht oder sehr früh am Morgen, das mir schon bei den Läufen in Bangkok, auf der Penang Bridge und in Ho Chi Minh City nicht behagte,  erwartet mich nun auch hier bei der bedeutendsten Laufveranstaltung in Südostasien.

 

Treffen mit Priscilla Chew

 

Priscilla Chew, die in Singapur die mit einem Award ausgezeichnete „Wellness, Running and Lifestyle Site PrisChew Dot Com“ gestaltet, freut sich auf das Wiedersehen. Gleich am nächsten Tag treffe ich die mittlerweile 29-jährige sportliche junge Frau chinesischer Herkunft bei der U-Bahnhaltestelle City Hall, wo in den Jahren zuvor der Zielbereich dieses größten Laufevents der Region eingerichtet war. Priscilla, die bei den Pressekonferenzen dabei ist und selbst als Medienrepräsentantin fungiert, erzählt, dass bei der 28. Edition insgesamt an die 50.000 Starterinnen und Starter aus 127 Nationen registriert sind.

Im Februar 2014 hat Priscilla an der mehrwöchigen Organisation eines Trail Marathons im McRitchie Reservoir, dem größten Stausee zur Wasserversorgung Singapurs, mitgeholfen. Fünf Weltreisende von der Costa Deliziosa haben an diesem Lauf. Ich erzähle unter Lachen, dass der Deutschspanier Diego, ein muskelbepackter Hüne von Gestalt, sich vor den im Naturschutzpark lebenden Affen gefürchtet hat – und minutenlang auf einem schmalen Weg stehenblieb, weil dort eine kleine Horde sich breit gemacht hat. Ein Bericht über diesen Lauf ist auf M4Y verfügbar.

Singapur kenne ich ein wenig von zwei früheren Reisen. Wo seinerzeit der alte Hafen war, stehen heute Hochhäuser. In der multikulturellen Stadt mit einem prosperierendem Finanzzentrum, höchstem Lebensstandard und dadurch auch hohen Lebenshaltungskosten leben inzwischen an die 6 Mio. Menschen. Den größten Bevölkerungsanteil bilden Chinesen, gefolgt von Malaien und Indern. In der hygienisch unter Strafandrohung („Singapore is a fine city“) sauber gehaltenen Metro sind alle Aufschriften viersprachig: in Englisch, Mandarin, Malaiisch und Tamil. Religiöse Differenzen scheint es in Singapur nicht zu geben, Christen, Hindus, Buddhisten, Muslime, alle haben ihre Gotteshäuser, ob Kirche, Pagode oder Moschee.

 

Bei der Expo

 

Abholungsort der Startunterlagen ist das Marina Bay Sands Convention Center. Eingebettet ist das für laufende Konferenzen bestens genutzte Zentrum in eine riesige, dreistöckige Shopping Mall mit Luxusmarken aus aller Welt – auch Swarovski ist hier vertreten. Im Untergeschoss befindet sich ein Kanal, auf dem man sich wie in Venedig mit einer Art Gondel transportieren lassen kann.

Ich stehe am Eröffnungstag ab 16 Uhr in der Schlange, doch die Abfertigung geht zügig vonstatten. Auch hier bekommt man bereits vor dem Marathon ein sehr gut passendes Singlet in giftgrün, eine Sonnenbrille in der gleichen Farbe und zwei Taschen, eine auch als Minirucksack verwendbar, die andere als Kleiderbeutel. Warenproben vervollständigen das gut gefüllte Starpaket.

Für 19 Uhr bin ich mit Lichu Sloan verabredet, es geht wieder um das obligate Erinnerungsfoto für den Country Club. Noch weitere Kollegen sollen hier sein, doch nur Lichu erscheint. Lichu ist asiatischer Abstammung und lebt mit ihrem Ehemann in den USA – trotz ihrer 70 Jahre hat sie ihr großes Ziel fest vor Augen: noch 23 Länder fehlen ihr auf den angestrebten Hunderter.

Draußen an der Waterfront drängen sich die Touristen, man hat von hier einen weiten Blick auf das gegenüberliegende Finanzzentrum, das inzwischen Hongkong überholt hat und nun hinter London und New York City auf dem dritten Platz in der Welt liegt. Barbecue-Stände sind hier aufgebaut, einige Läufer, an den Tragetaschen gut erkennbar, haben sich flugs die Liegestühle geangelt und genießen mit einem Getränk und einer Bratwurst den Blick aufs Wasser.

 

 

 

Mehre Tage Zeit für Sightseeing

 

Der Name „Raffles“ taucht in Singapur an jeder Ecke auf, als Straße, Krankenhaus, Hotel, das derzeit umgebaut wird und eingerüstet ist, und dgl. mehr. Der Engländer Sir Thomas Stamford Raffles gilt als Gründer von Singapur, am Singapore River an der Landing Site steht die weiße Marmorstatue von ihm, die ein beliebtes Fotomotiv ist.

Im Colonial District, wie das alte Viertel von Singapur genannt wird, stehen die restaurierten Kolonialbauten aus der britischen Kolonialzeit. Für die Besucher ist ein eigener Pfad als „Walking Trail“ ausgewiesen, an  dem viele Sehenswürdigkeiten liegen, wie bspw. das Fullerton Fünfstern-Luxushotel, das 1928 fertigstellt wurde – hier wird auch der Marathon vorbeiführen, ferner das etwas weiter entfernten Raffles Hotel, die neogotische Saint Andrew Cathetral, eine anglikanische Kirche mit weißer Fassade und prunkvollem Kirchturm, die City Hall, wo 1945 die Kapitulationserklärung der Japaner entgegengenommen und erstmals die Fahne von Singapur gehisst wurde, das nicht zu übersehenden Gebäude des Obersten Gerichtshofes, dem Supreme Court  von Singapur sowie das älteste Regierungsgebäude der Stadt, das Parliament House. Auch die Victoria Concert Hall, das ursprüngliche Rathaus von Singapur, ist hier anzutreffen sowie der Singapore Cricket Club und Padang für Sportveranstaltungen. Das meistfotografierte Objekt bei Tag und Nacht ist aber die an der Mündung des Singapore Rivers stehende Merlion-Statue. In Gestalt halb Fisch und halb Löwe, ist dieses Fabelwesen Schutzpatron der Stadt. Der Löwenkopf symbolisiert Stärke und Furchtlosigkeit, der Fischkörper den Ursprung aus und die Verbundenheit mit dem Meer. Auf der Freizeitinsel Sentosa befindet sich eine Nachbildung dieses Maskottchens von Singapur.

Auch ein Besuch des von Sir Stamford Raffles auf dem Fort Canning Hill 1822 gegründeten Botanischen Gartens fix eingeplant. Er ist 74 Hektar groß und mit jährlich 4,2 Millionen Besuchern der meistbesuchte botanische Garten der Welt. 2015 wurde der Garten als erste Stätte Singapurs ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Der National Orchid Botanical Garden befindet sich innerhalb der frei zugänglichen Grünanlage, die Vielfalt der Orchideen ist atemberaubend.

Für den Nachmittag habe ich einen Kurzbesuch von Chinatown auf meinem Programm. Die Essenslokale und Souvenirläden, die nur Kitsch verkaufen, interessieren mich nicht. Beliebtes Fotomotiv für die Touristen in Chinatown ist der Sri Mariamman Tempel von 1827 und der neu erbaute Buddha Tooth Relic Temple and Museum. Auffallend ist auch die erst 2017 eröffnete 50. Filiale des Gastronomieunternehmens „Hans im Glück“ – doch um einen Grillburger zu bestellen, müsste ich zuerst die Straße überqueren. Mir fehlt der Appetit bei der Hitze.

Der Abstecher nach Sentosa Island an den Strand ist dann für mich eine willkommene und entspannende Abwechslung. Diese nur ca. 5 km² große singapurische Insel bietet zahlreiche Vergnügungsmöglichkeiten wie z.B. ein Casino, Museum für Schifffahrt, Parks und Gärten, Restaurants und stellt sowohl für die Bevölkerung Singapurs als auch für die Touristen eine Attraktion dar. Vom Strand nehme ich mit wieder ein Säckchen Sand für meine große Sedimentsammlung mit – mir graut vor dem Tag, wenn einmal ein Einbrecher aus Wut, bei uns zu wenig Bargeld gefunden zu haben, meine mehr als 200 mit verschiedenfarbigem Sand aus aller Welt gefüllten 0.125 l-Gläser ausleert nach dem Motto „Sand zu Sand“, wenn nicht „Geld zu Geld“.

 

Ein langer Renntag steht an

 

Vorschlafen vor einem Marathon, der offiziell für die erste Startgruppe um 4:30 Uhr beginnen wird, ist recht schwierig. Um 03:00 Uhr begebe ich mich zum Hinterausgang des Hotels, wo sonst immer die Taxis stehen. Doch heute ist keines da, ich erblicke nur zwei bereits in Laufkleidung wartende Kollegen. Einer ist Schwede und Mitglied bei den Globetrotters. Er berichtet, dass sich heute wegen des großen Staus im Nahbereich des Starts kein Taxler dort hineinwagt. So bleibt uns keine andere Möglichkeit, als die knapp 2,8 km zu Fuß zurückzulegen. Nach einer guten halben Stunde sind wir da, vor und hinter uns Tausende ebenfalls marschierende Läuferinnen und Läufer.

 

 

Wir sind hier im Startgelände des offiziellen Formel-1 Nachtmarathons, der als Großer Preis von Singapur erstmals in der Saison 2008 auf dem speziell dafür eingerichteten Stadtkurs Marina Bay Street Circuit ausgetragen wurde. Nach Bahrain, wo der Marathon beim Start und dann Zieleinlauf auf der F1-Rennstrecke verlief, sind es hier eher platztechnische Vorteile, um die geschätzten 30.000 Starter logistisch gut koordinieren zu können. Nur 300 m davon entfernt befindet sich der Singapur Flyer, das mittlerweile nur mehr zweitgrößte Riesenrad der Welt, das bereits 2008 eröffnet wurde.

Die Strecke ist hell erleuchtet, alle Pacemaker stehen hinter der Absperrung im Block F, sie lächeln in die Kamera. Fast 25 Minuten nach dem Start der Elitegruppe geht es für uns im Block E los. Der Stützstrumpf soll mein linkes Knie stabilisieren, doch schon nach wenigen Schritten merke ich, dass ich heute nicht einmal zum langsamen Joggen imstande bin. Sehr frustrierend, wenn man einen Marathon bestenfalls in einem flotten Gehtempo unter Schmerzen bewältigen kann. Aber da ich extra wegen des Marathons angereist bin, steht keine Sekunde außer Frage, dass ich heute nicht antreten werde – auch Einbeinige und Kollegen auf Krücken habe ich schon bei Marathons finishen gesehen.

Der Aufdruck auf einem Shirt „Feels like heaven after running like hell“ könnte heute mein Dauerleitmotiv bleiben. Auf der Republic Av. kommen uns mittlerweile schon Tausende entgegen, bereits nach 1 km erfolgt hier die Wende. Es geht durch einen Tunnel, das leichte Gefälle beflügelt zunächst, bremst aber dann am Rückweg. Bereits nach 2 km wird eine Versorgungsstelle angeboten. Noch verspüre ich keinen Durst, auch das Knie hat sich auf die Bewegung eingestellt, ein langsames Laufen ist möglich. Ein „Turn right“ wird angekündigt, wir biegen auf den gesperrten Nicoll Highway ab. Jetzt in der Dunkelheit sieht man all die nun folgenden Sehenswürdigkeiten im Kolonialdistrikt nicht wirklich – gut, dass ich hier schon fotografisch vorgearbeitet habe.

Beim Civilian War Memorial zu unserer Linken, das an die Zeit der japanischen Besatzung erinnert, sind 4 km erreicht. Ich bleibe an der Labestelle stehen und gönne mir gleich zwei Becher Wasser. Auf der St. Andrews Rd. geht es weiter, die Kirche ist in der Nacht hell erleuchtet. Mehrere Läufer versuchen ein Handyfoto. Entlang der Fullerton Rd., wo sich das gleichnamige weltberühmte Hotel befindet, verläuft der Marathonkurs auf die über den Singapore River führende Anderson Bridge. Die 1910 eröffnete, 70 m lange und 23 m breite Brücke, die ein beliebtes Fotomotiv ist, besteht aus drei miteinander verbundenen Stahlbögen. Sie trägt zwei voneinander getrennte zweispurige Fahrbahnen.

Einen etwas weiteren Steinwurf von hier entfernt steht der Merlion, das Wahrzeichen von Singapur. Leider sieht man ihn nicht. Die 5 km-Anzeige ist eine Art Trennlinie, wir verlassen das Touristenviertel von Singapur, es geht nach Westen. Mit ein paar lustigen Sprüchen auf Tafeln wie z.B. das bekannte „Run like you stole something“ sollen die müden Geher in den hinteren Blöcken beflügelt werden. Bereits nach 7 km kommen uns auf der gegenüberliegenden gesperrten Seite die Führenden entgegen.

Der folgende Abschnitt des Marathonkurses hat tlw. Autobahncharakter, wie ich dies in Bangkok und Penang erlebt habe. Der Isodrink nach knapp 8 km tut gut, aber ich befinde mich schon die längste Zeit in einem Umfeld, wo keiner mehr läuft, sondern alle gehen. Da habe ich mit meinen langen Beinen gewisse Vorteile. Die 10 km in 1:19 h bei einem flachen Marathon bedeuten für mich einen Negativrekord, für tausende Mitstreiter im Umfeld ist die Zeit aber völlig unwichtig – sie sind dabei und noch im Rennen.

 

 

Die Wende folgt nach ca. 12,5 km, es geht nun für uns zurück auf der Gegenseite des Westcoast Highway. Das Cut-off ist hier mit 07:30 Uhr Ortszeit festgesetzt, als flotter Geher liege ich gut 30 Minuten darunter. Ich bekomme mein Umfeld auf beiden Seiten der Strecke nun immer besser ins Bild. Unter einem aufgeblasenen Torbogen wird zur Erfrischung mit Wasser angereicherte, feinst zerstäubte Luft freigesetzt. Man wird dabei gar nicht nass, viele verweilen hier eine Zeitlang.

Die 15 km-Marke erreiche ich diesmal erst nach 2 h, wir nähern uns langsam wieder der Innenstadt, wenngleich diese noch gut 4 km entfernt ist. Zu unserer Linken kommen uns nun vereinzelt die Allerletzten entgegen. Zu unserer Rechten erblicken wir nun in der Dämmerung die Harbourfront, auch die Cable Car Station für Fahrten nach Sentosa befindet sich in der Nähe.

Beim im 19. Jahrhundert gebauten Lau Pa Sat Market Gebäude, das 1973 offiziell zum Nationalen Denkmal ernannt  wurde, biegt der Marathonkurs nach rechts bzw. in südliche Richtung ab. Bei der 19 km-Marke erfolgt eine Trennung der Läufergruppen: für die Halbmarathonis geht es geradeaus weiter, für uns nach rechts auf den Marina Blv. An der Labe knapp vor erreichten 20 km werden große Berge von Gels angeboten.

Auf der hier durch Gitter getrennten Strecke kommen uns nun vereinzelt sehr schnelle Marathonis entgegen, die ihren Vorsprung von mittlerweile 17 km (!) gewiss aus den vorderen Startgruppen in der noch etwas kühleren Nacht herausgelaufen sind. Etliche gehen nun nach geschafften 37 km nur mehr. Ich hingegen habe für 20 km fast 3 h benötigt, das sind Zeiten, wie ich sie sonst nur bei Bergmarathons mit vielen Höhenmetern aufreiße.

 

 

Wir befinden uns in einer Grünzone im Marina Bay-Gelände, die durch Bauarbeiten ohnehin z.T. gesperrte Strecke weist einen löchrigen Asphalt auf. Das passt gar nicht zur auf First Quality eingestellten Stadtverwaltung von Singapur.

Beim Marina Barrage führt der Kurs auf einer Brücke über die Marina Bay. Während wir erst 23 km geschafft haben, kommen uns auf der anderen Seiten jene Läufer entgegen, die nur mehr 7 km vor sich haben. Auf der Mitte der Brücke bekommt man einen Teil der Skyline von Singapur ins Bild, doch außer mir denkt in meinem Umfeld wohl keiner ans Fotografieren.  

Der Marathonkurs verläuft nun zwar in einer parkartigen Umgebung, aber neben dem schlechten Straßenzustand ist jetzt die aufkommende Hitze ein echter Prüfstein. Viele Einheimische setzen sich einfach auf den Boden oder auf einem Randstein und schnappen nach Luft. Auch ich habe zu kämpfen, das Knie schmerzt, die Sonnenkappe hilft nicht gegen die Hitze und Schwüle. Die 25 km-Tafel erreiche ich nach 3:32 h um ca. 8:30 Uhr Ortszeit – für das festgesetzte Cut-off bei 27,7 km habe ich noch gut 1 ½ h Zeit zur Verfügung – ich könnte also einen McDonald aufsuchen und dort eine Milchshake bestellen.  

Aber mir ist nicht zum Scherzen zumute, denn beim East Coast Park kommt es wieder fast durchgehend zu einer Begegnungszone. Die uns Entgegenkommenden haben schon 30 km geschafft, wir liegen 5 km zurück. Die ermunternde Aufschrift auf der Vorderseite des luftgefüllten Bogens, der zum Duschen einlädt, steht „Anything is possible“.

Hier zieht sich die Strecke ins Unendliche, mir ist jeder Kilometer zu lange – und die GPS-Uhr zeigt bereits mehr als 2 km über der angeführten Distanz an. Dies wird mir von einem Japaner bestätigt, der mich anspricht und fragt, was meine Uhr anzeigt. Wasserbecher mit Eiswürfel drinnen, Iso, Bananen und Gels bauen die Psyche auf. Die 5:30er kommen auf der anderen Seite entgegen, sie haben ca. 2 km Vorsprung. Auch Laufkollege Klaus aus Dänemark, wie ich Mitglied im CC, hat sich für Singapur registriert, er lacht mir entgegen.

Erst nach etwas mehr als 28 km erfolgt die Wende. Ich schau mir die Gesichter der Nachkommenden an, alle leiden heute wegen der Hitze. Endlich komme ich am Rückweg zur 30 km-Tafel, wo wieder die Zeit gemessen wird. Meine Uhr zeigt hier bereits 31,8 km an. Nach 31 km biegen wir nach Norden ab, nur hin und wieder kommt einer nach und überholt, das Gehtempo beträgt nur mehr 12min/km. Ich bin der einzige, der knipst, man schaut mich verwundert an. Nach 34 km geht es über die Brücke der Marina Bay.

 

 

In einem großen Bogen führt der Marathonkurs entlang des Gardens by the Bay, ein 101 ha großes Parkgelände, das auf künstlich aufgeschüttetem Land angelegt wurde und als Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung fungiert. Vereinzelt kommen uns Touristen entgegen, die es hierher verschlagen hat. Vereinzelte Anfeuerungsrufe verhallen, bei einer hochstehenden Sonne, 33 Grad auf dem Außenthermometer und 95% Luftfeuchtigkeit wird auch Gehen zur Tortur.

Für uns geht es jetzt wieder in Richtung Innenstadt. Hier erlebe ich nun, das mich etwas schnellere Geher überholen. Aber keiner ist wie ich über 60, es sind lauter junge Leute. Das Marina Bay Sands Hotel habe ich von dieser Seite noch nie gesehen, es bieten sich tolle Perspektiven an.

Die nachfolgenden Kilometer scheinen nicht zu enden, nach Kilometer 39 kommt es wieder zu Gegenverkehr, Klaus und der Schwede Roger winken rüber, sie liegen einen Kilometer vorne. Meine GPS-Uhr zeigt bei Kilometer 40 längst 42 km an – aber der Kurs ist ja AIMS-vermessen. Die irren sich nicht, oder?

 

 

Auf der Raffles Av. geht es nun auch für mich ins Ziel beim Marina Bay Grandstrand. Der Vater von Priscilla erwartet mich schon. Wie abgekämpft schaue ich aus – ein Gehmarathon, der mich sehr gefordert hat. Die wirklich beindruckende übergroße Finishermedaille mit dem Löwenkopf, der den ersten Teil des Merlion darstellen soll, erfreut auch mein Gemüt. Ich würde mich gerne in den Schatten setzen, doch den gibt es nicht. Stattdessen müssen wir uns in eine Schlange stellen, um das Finisher-Shirt entgegen zu nehmen. Danach kann man sich ein eisgekühltes Handtuch nehmen und am Getränkevorrat bedienen. Viele Läuferinnen und Läufer hocken jetzt um 12 Uhr mittags in der prallen Sonne am Boden und versprechen sich Abkühlung durch das über den Kopf gestülpte Handtuch. Ich versuche den kürzesten Weg zu finden, um zur Metrostation zu gelangen. Mein Late check out endet um 13 Uhr, ich habe aber schon angekündigt, zwei Stunden länger gegen Aufzahlung bleiben zu wollen.  

 

Mein Fazit

Der Singapur Marathon ist trotz der klimatischen Erschwernisse ein echtes Highlight, an dem man als Hobby-Marathonläufer einmal teilgenommen haben sollte. Die Organisation des Laufes erfolgt auf höchstem Niveau, die Zugaben übersteigen deutlich das Startgeld. Das hohe Qualitätsniveau der Versorgung beim Lauf erreichen in Europa nur wenige Marathons.

Meine Sammler-Jahresbilanz mit mehr als 45 Marathons in über 20 Ländern, davon die Hälfte in außereuropäischen Regionen, ist herzeigbar. Meine Laufleistungen sind hingegen im Vergleich zum Vorjahr deutlich schlechter geworden. Der Trend, das Reisen in den Mittelpunkt zu stellen und dabei die dort angebotenen Marathons sozusagen mitzunehmen, ist ein Grund dafür.

Mit der nun zu Ende gegangenen Marathontour nach Südostasien und vier gefinishten Läufen, wenn auch in Zeiten, die man lieber nicht in die Liste eintragen würde, bin ich insgesamt zufrieden. Das Leben dort ist viel anstrengender als bei uns, wie gut und schön haben wir es in unseren Breiten.


Siegerliste Männer:

Joshua Kipkorir (KEN) – 02:12:17
Felix Kirwa (KEN) –  02:13:41
Andrew Kimtai (KEN) – 02:14:28

 

Reihung bei den Frauen:

Priscah Cherono (KEN) – 02:32:09
Stella Barsosio (KEN) – 02:33:21
Jane Jelagat (KEN) –  02:35:36

 

9.312 Finisher beim Marathon,
10.169 beim Halbmarathon,
310 Fünferteams beim Staffellauf (Ekiden)

 

 

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