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Laufberichte

LüHa Fun-Run: Mit dem Bus hin und zu Fuß zurück

19.02.06

Bei dieser Jahreszeit zu laufen ist wie Russisch-Roulette

 
Lübeck ist eine von acht Hansestädten. Diese waren Städte, die sich der mittelalterlichen Handelsorganisation Hanse angeschlossen hatten - Hanse ist die Bezeichnung für die zwischen Mitte des 13. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts bestehenden Vereinigungen deutscher Kaufleute mit dem Ziel, ihre wirtschaftlichen Interessen besonders im Ausland besser vertreten zu können. Aus ihr entstand der Städtebund der Hanse, in dem sich die Hansestädte zusammenschlossen und ihre Interessen gegenüber anderen Nationen sowie dem Kaiser vertraten.


Lübeck hat über 200.000 Einwohner und verfügt über den größten deutschen Ostseehafen. Er verbindet Lübeck mit Skandinavien und dem Baltikum. Zahlreiche Fährlinien verbinden die Lübecker Häfen mit dem gesamten Ostseeraum. Die nächste Großstadt ist die ca. 60 Kilometer entfernte Stadt Hamburg. Logisch, dass Langstreckenläufer auf die Idee kommen, diese Distanz im Laufschritt zu bewältigen. Des einen Freud, des anderen Leid - da die Distanz zwischen dem Start an der Sportanlage des LBV Phönix und dem Ziel an der Hamburger Außenalster 75 Kilometer beträgt.

 


Im Februar 1997 fand der erste Lübeck Hamburg Fun-Run oder kurz LüHa Fun-Run statt. Holger Doose organisiert seitdem den Lauf, der dieses Jahr sein 10-jähriges Jubiläum hatte – Grund genug, dass Holger nach zehn erfolgreichen Läufen den Staffelstab weitergibt. Aber das Weitergeben wird zum Problem, wenn es keinen gibt, der die Nachfolge antreten möchte. Und aus diesem Grund ist eine Fortsetzung im nächsten Jahr nicht geplant. Es ist schade, denn der Termin passt gut in die Saisonvorbereitungen und ist bei vielen Ultramarathonläufern sehr beliebt.


Da der Lauf immer Mitte Februar stattfindet, werden die Wetterverhältnisse zur Unbekannten in der Gleichung. Es ist wie Russisch-Roulette bei dieser Jahreszeit zu laufen. Wenn man Pech hat, läuft man 75 Kilometer bei Eis und Schnee – bei viel Glück kann man sich bei frühlingshaften Temperaturen die Winterdepressionen weglaufen. Dieses Jahr hatten wir zum Glück milde Temperaturen zwischen 4 bis 8°C bei  abwechselnd bedecktem Himmel und Sonnenschein.

 


Am Sonntag charterte der Veranstalter einen Bus, der von Hamburg nach Lübeck fuhr und um 6.00 Uhr am Hamburger Hauptbahnhof startete. Ab 5.30 Uhr versammelten sich die ersten Läufer und der Veranstalter teilte die Startunterlagen aus. Nach einer knappen Stunde kamen wir an der Sportanlage des  LBV Phönix in Lübeck an und es verblieb uns noch eine Stunde,  bis der Start erfolgte. Während dieser Zeit bereiteten sich die meisten auf den Lauf vor. Nach einer Ansprache von Holger Doose erfolgte um 8.00 Uhr der Start zum zehnten und vorerst letzten LüHa Fun-Run. Allerdings wurden die ersten fünf Kilometer im Gruppenverband durch die Stadt zurückgelegt, da keine Absperrungen erfolgten und wir nach zwei Kilometern noch einen Fototermin vor dem Holstentor hatten.


Das Holstentor oder auch Holstein-Tor ist ein Stadttor, das die Innenstadt der Hansestadt Lübeck nach Westen begrenzt. Wegen seines hohen Bekanntheitsgrades gilt es heute als Wahrzeichen der Stadt. Das spätgotische Gebäude gehört zu den Überresten der Befestigungsanlagen. Es ist neben dem Burgtor das einzige erhaltene Stadttor Lübecks.

 


Nach der Gruppenaufnahme liefen wir noch gemeinsam aus der Stadt, bis zu einem Kanal, bei dem der Lauf freigegeben wurde. Dieses Prozedere erinnerte ein wenig an die Formel Eins, wenn das Safety-Car die Strecke verlässt. Die ersten zehn Kilometer der Strecke führten entlang eines Kanals, der von einer dünnen Eisschicht bedeckt war. Danach liefen wir auf einem Radweg entlang einer Landstraße. Die Sonnenstrahlen sorgten für ein frühlingshaftes Flair, welches aber nicht lange andauerte, da sie schon bald von Wolken und Dunst bedeckt wurden. Die Luftfeuchtigkeit war sehr groß – ich merkte das vor allem an meiner Brille, die ständig beschlagen war. Es war eine Situation, die Brillenträger sicher kennen und die einen sehr handicapt. Ich ließ mir dann immer an den Verpflegungspunkten Taschentücher geben, um die Situation ein wenig zu verbessern.

 


An allen sechs Verpflegungspunkten sowie im Start- und Zielbereich lagen Listen aus, in denen die Läufer durch ihre Unterschrift bestätigen mussten, dass sie den Punkt passiert hatten. Eine sinnvolle Idee, da die Helfer auch darauf achteten, dass jeder Läufer sich nur einmal einträgt. Gleichzeitig wurde die Startnummer mit der Unterschrift verglichen. Schummeln war also zwecklos, aber wer das vorhatte, ist bei derartigen Läufen eh fehl am Platz.


Wer den vierten Verpflegungspunkt in Lütjensee erreichte, hatte auch die klassische Marathondistanz von 42,195 Kilometern überstanden. An diesem Punkt gab es zudem ein Zeitlimit, welches 5:05 Stunden betrug – alle Läufer, die nach dieser Zeit den Punkt passierten, wurden durch die Offiziellen aus dem Rennen genommen. Ich hatte mir allerdings schon ein einstündiges Polster herausgelaufen, sodass mich das Limit nicht besonders tangierte - jedoch sind fünf Stunden nicht viel, wenn man die Jahreszeit und die Streckenlänge bedenkt. In Lütjensee bot sich auch die Möglichkeit, die Bekleidung zu wechseln, da am Start die Gepäckstücke zwischen Lütjensee und dem Ziel unterschieden wurden.

 


Weiter ging es auf dem Radweg in Richtung Hamburg. Ich staunte immer über die vielen Hügelchen, die wir hoch und runter rannten. Bei mir in der Lausitz ist die Umgebung sehr flach. Deshalb war ich sehr erstaunt, da ich immer annehme, dass es im Norden Deutschlands auch flacher ist.  Die Realität sieht allerdings anders aus bzw. läuft sich anders.  Alles kein Problem, da ich wie viele andere auch, den Lauf als längere Trainingseinheit betrachtete.


Bei Kilometer 57 erreichten wir die Stadtgrenze von Hamburg. Man muss kein Genie sein, um die Differenz zwischen Grenze und Ziel auszurechnen - 18 Kilometer waren also noch innerstädtisch zu bewältigen. Jetzt kam es eher auf einen ausdauernden Läufer an. Die Strecke wurde für mich zunehmend interessanter, da ich sehr gerne im Stadtgebiet laufe. Nach 3 Kilometern (bei km 60) ging es dann durch Parkanlagen.

 


Allerdings erstmal nicht für mich, da ich den riesigen Markierungen keine Beachtung schenkte und weiter in meinem Trott die Hauptstraße entlang bretterte. Nach einem Kilometer wurde es immer merkwürdiger, da auch an den großen Kreuzungen keine Ausschilderung mehr folgte. Ich fragte Passanten, ob ihnen Läufer entgegengekommen waren, aber sie verneinten nur und mir wurde klar, dass ich auf der falschen Fährte war. Mein Streckenplan bestätigte mir zudem mein Gefühl, und ich lief zurück. Leider war mir Mike Friedl gefolgt, den ich vom Deutschlandlauf kannte. Er hatte sich ausschließlich nach mir orientiert, nahm mir meinen Schnitzer nicht übel und machte ebenfalls kehrt. Für Mike wohl eher eine Kleinigkeit, da er den Deutschlandlauf letztes Jahr komplett gelaufen ist und dieses Jahr wieder auf der Liste steht. Damit ist er einer von ganz wenigen, die sich diesen harten Kanten ein Jahr später erneut vornehmen.

 


Nach dem ich den richtigen Abzweig genommen hatte, lief ich die restlichen 15 Kilometer entlang der Parkanlagen zur Außenalster. Dort angekommen, konnte ich die zurückgekommenen Sonnenstrahlen genießen und bei einem frühlingshaften Sonnenuntergang beobachten, wie die restlichen Läufer eintrudelten. Im Anschluss an den Lauf gab es noch ein sehr gutes Abendessen, von dem ich mir nur berichten ließ, da ich mich bereits auf dem Heimweg befand.


Fazit:

Schönes Wetter, nette Leute, perfekte Verpflegung und eine nette Trainingsdistanz – kaum zu glauben, dass der Lauf das letzte Mal stattgefunden haben soll. Ein Jahr bleibt Zeit um einen würdigen Nachfolger zu finden oder das Holger Doose seinen Rücktritt vom Rücktritt erklärt.


Teilnehmer:

75 Läufer – pro Kilometer ein Läufer


Streckenbeschreibung:

25 Kilometer Wanderwege (Kies- und Waldboden), 50 Kilometer Rad- und Fußwege (Asphalt und Pflaster)


Drumherum:

Urkunde und Abendessen im Startgeld inbegriffen, Busshuttle für 6 Euro von Hamburg nach Lübeck,  Duschen und Umkleidemöglichkeiten im Ziel


Verpflegung:

Bei Kilometer 12,3 / 22,2 / 29,8 / 42,2 / 53,5 / 60 / 67,8 sowie im Start- und Zielbereich: Wasser, Tee, Iso, Cola, Brühe, Äpfel, Bananen, getrocknete Früchte, Kuchen, Riegel, Semmeln, Keks, Schokolade

 


 
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