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Laufberichte

Altenburg kann auch Marathon

 

Altenburg liegt in Thüringen und hat ca. 31.000 Einwohner. Schon von weitem erkennt man an den zahlreichen Türmen, dass hier manch architektonisches Kleinod zu erkunden ist. Im Ortskern wandelt man dann meist auf Kopfsteinpflaster durch schmale Gässchen, vorbei an blumengeschmückten Häusern und kleinen, oft besonderen Ladengeschäften. Es gibt ein Schloss nebst Park, diverse Kirchen und Museen, dazu vielfältige Gastronomie. Drumherum viel Wald und Feld, also alles was man zur Erholung braucht.

Wer nun schon die ganze Zeit überlegt, weshalb ihm der Name Altenburg bekannt vorkommt, der ist vielleicht ein passionierter Kartenspieler. In Altenburg wurde so um 1810 das Skatspiel erfunden, und hier sitzt die ASS, die Altenburger und Stralsunder Spielkartenfabrik, Deutscher Marktführer für die Herstellung von Spielkarten.

Skat ist eigentlich ganz einfach, die Anleitung passt auf eine Spielkarte. Man benötigt nur 3 Spieler, das Blatt besteht aus 32 Karten. Trotzdem ist jede Partie anders, mit einer guten Mischung aus Glück und Können. Ich erinnere mich gerne an manch vergnügliche Stunde beim Kartenspiel. Dabei habe ich auch meinen Mann Norbert kennengelernt.

Auch beim Skat kann man Parallelen zum Laufsport erkennen: Man spielt zwar für sich, sollte aber auch als Team funktionieren, bei jedem Durchgang spielt einer gegen zwei. Und wie beim Laufen gilt auch, je lockerer man es angeht, desto mehr Spaß macht es.

Vielleicht mutiert deshalb Altenburg einmal im Jahr zur Laufstadt. Nun schon zum 13. Mal wird dieses Jahr der Skatstadtmarathon ausgetragen. Es steckt zwar Marathon im Namen, trotzdem handelt es sich genauso um eine Breitensportveranstaltung. Viele Unterdistanzen werden angeboten, so dass für jeden etwas dabei ist. Selbstverständlich starten und enden alle, auch die Kinderläufe, auf dem Marktplatz, was ein großes Zuschauerinteresse garantiert.

Wer nun glaubt, dass es sich um einen flachen Stadtmarathon handelt, täuscht sich. Wenn man die Laufberichte auf Marathon4you studiert  und das Höhenprofil betrachtet, stellt fest, dass etliche Höhenmeter zusammen kommen. Ich habe jedenfalls zum Kennenlernen für den Halbmarathon entschieden.

 

 

Wegen der langen Anfahrt sind wir bereits am Freitag vor Ort. Der Start- und Zielbereich auf dem zentralen Marktplatz ist bereits aufgebaut. Dazwischen eine Menge Besucher. Vor dem 1564 erbauten, stattlichen Rathaus sind die Eiskaffees fast überbelegt. Zur Mehrzweckhalle „Goldener Pflug“ ist es nur ein kurzes Stück, weil es aber steil bergauf geht, bin ich schon durchgeschwitzt. Ein Vorgeschmack auf den morgigen Tag.

Wir sind zwar etwas zu früh, aber trotzdem hat sich vor der Halle bereits eine lange Schlange gebildet. Punkt 17 Uhr wird die Startnummernausgabe mit Läufermesse geöffnet. Trotz des Andrangs geht die Ausgabe zügig. Schnell sind wir wieder draußen.

Am nächsten Morgen lassen wir uns Zeit. Der Start des Halbmarathons erfolgt um 9 Uhr 55 und der Weg vom Parkhotel ist nicht weit. Unterwegs queren wir mehrfach die Laufstrecke. Die Marathonis hatten ihren Start um Punkt 9, deshalb sind die Streckenposten momentan recht entspannt. Auf dem Marktplatz ist allerdings die Hölle los. Zuerst bin ich irritiert, weil ich das in dem beschaulichen Städtchen niemals erwartet habe, dann gewinnt das Marathonfeeling die Oberhand, ich finde es einfach toll.

 

 

Gerade wird die Startgruppe F (Fitnesslauf 5,4 km) aufgerufen. Der Moderator Stefan Bräuer hat wie immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Die Läufer sammeln sich unter dem Starttor, eine LaOla Welle folgt der nächsten. Nervöses Getrippel auf der Stelle, die Spannung steigt. Es wird heruntergezählt, der Start ist wie eine Erlösung, schnell leert sich der Startbereich. Unsere Startgruppe H, wie Halbmarathon rückt jetzt auf.

Wir treffen Robert Wimmer, den sympathischer Ultraläufer. Sein Plan für heute ist „einfach Spaß haben“. Deshalb steht er auch bei uns in der letzten Startreihe. Und Spaß haben wir bereits jetzt. Wir können es kaum erwarten, dass bei uns heruntergezählt wird. Dann ist auch unser Start freigegeben.

Hinter dem Starttor geht es scharf rechts und durch einen abgesperrten Korridor an langen Reihen von laut jubelnden Zuschauern entlang. Leicht rechts führen jetzt Topf-  und Kesselgasse steil bergauf. Noch geht es mir ganz gut, ich steuere aber auf die linke Straßenseite, da kann ich mal kurz ein paar Schritte gehen ohne andere zu behindern.  Wir erreichen durch eine schmale Gasse den Nikolaikirchhof mit dem markanten Nikolaiturm. Der Turm ist ein Überbleibsel der gleichnamigen Pfarrkirche, die aber bereits 1528 Wohnhäusern weichen musste.

 

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Schon von weitem sind die Rhythmen von Como Vente zu hören. Die Percussions-Gruppe vereint mit ihrer Musik bis zu 60 Jugendliche unter dem Motto „Inklusion ohne Diskussion“. Unbewusst übernehmen wir den Takt in unseren Laufschritt. Hier ist auch schon die erste Erfrischungsstation, für den Halbmarathon aber noch nicht nötig. Wir laufen um den Turm und auf der anderen Seite, hurra, bergab.

Unten erreichen wir den Großen Teich mit seiner Wasserfontäne. Dort laufen wir parallel zur Verkehrstraße auf der etwas unwegsamen Teichpromenade am Ufer entlang. Dazwischen wird bereits für die Party am Nachmittag aufgebaut. Grund genug für einige Zuschauer, hier die Läufer anzufeuern. Mitten im Großen Teich befindet sich eine Insel mit einem netten Tierpark, wo man für kleines Geld allerhand einheimische und exotische Tiere erleben kann.

Wir verlassen den See und umrunden die Hellwiese, hier fliest der Weiher „Blaue Flut". Das Gebiet wurde früher als „Höllgrund" bezeichnete, wegen der dauernden Überschwemmungen konnte es nicht bebaut werden. Aus Höllwiese wurde Hellwiese und Anfang des 20. Jahrhunderts ein Naherholungsgebiet und Biotop. Trotz flacher Strecke sind meine Beine schwer, auch der Kreislauf spielt verrückt. Das wird heute zäh werden.

Wir umrunden den Steinbruchteich, dann geht es wieder bergauf. Im Stadtwald ist es schattig, daher versuche ich gehen und laufen abzuwechseln. Laute Musik ist zu hören. Ein DJ macht Stimmung und begrüßt die Läufer. Etwas weiter bei km 5 schenken Mitglieder des Deutschen Alpenvereins, Sektion Altenburg, Getränke aus. Auch diverse Leckereien sind appetitlich angerichtet. Ich lösche meinen Durst und kühle meinen Kopf. Am denkmalgeschützten 33 m hohen Bismarckturm, dem höchsten Punkt der Strecke, zweigen wir auf einen schmalen Trail.

 

 

An mannshohem verblühten Raps am Waldrand entlang, dann leicht bergab, erreichen wir eine asphaltierte Straße. Über den Feldern ist es nun ziemlich warm geworden. Von der Brücke über die B7 / B93 gibt es tolle Weitsicht auf das Örtchen Paditz. Mit Schwung laufe ich die Brücke hinunter, dahinter geht es im spitzen Winkel richtungsmäßig zurück. Unterhalb der Brücke liegt die nächste Erfrischungsstation bei km 7,5. Schon von weitem wird uns das aktuelle Angebot zugerufen. Ich entscheide mich für Radler.

Nun folgt eine mentale Prüfung: Der Radweg führt an der Straße entlang und ein Ende ist nicht in Sicht. Wenigstens geht es leicht bergab. Während ich den Blick schweifen lasse, erkenne ich in ziemlicher Entfernung bunte Punkte auf der anderen Straßenseite. Oh je, da muss ich wohl auch noch hin. Von hinten kündigt eine Fahrradklingel den führenden Marathonläufer an. Er spurtet an mir vorbei. Beim Umdrehen erkenne ich Ulrike hinter mir. Wir haben uns beim Rennsteiglauf kennengelernt.

Gemeinsam laufen wir bergab, unter der B7 hindurch und auf der anderen Seite weiter. Ein Motivationsschild verspricht die „Achterbahn“. Und tatsächlich geht es auf und ab. Gut, dass wir uns einig sind: Hoch wird gegangen, runter locker gejoggt. Die B7, jetzt rechts von uns, führt mal über mal unter uns entlang, stört dabei überhaupt nicht. Alle paar hundert Meter bringt uns ein neuer Motivationsspruch zum Lachen. Dieser Streckenabschnitt ist kurzweiliger als ich befürchtet habe.

Kurz vor km 10 biegen wir scharf rechts ab. Hier kommt schon die nächste VP. Ich wähle Wasser und Obst. Bergab lasse ich es nun locker laufen. Scharf links und wir sind wieder auf den Feldern und bei km 10,5 am tiefsten Punkt der Strecke. Dafür geht es nun bergauf.

Bald taucht vor mir ein Tunnel auf, herausgeputzt  wie eine Diskothek mit entsprechender Atmosphäre, lauter Musik und kleiner Lightshow. Eine Fangruppe klatscht jeden Läufer ab. Derart motiviert laufe ich betont locker an der Gruppe vorbei.

Am Ende des Anstiegs gibt es bereits wieder Getränke. Liegt es am ständigen Kühlen mit kaltem Wasser, an der netten Gesellschaft, den motivierten Helfern oder an der abwechslungsreichen Strecke? Trotz der Hitze geht es mir mittlerweile immer besser.

Ungefähr bei km 12 erreichen wir wieder den Ortsrand von Altenburg. Die Zuschauer feuern uns an. Unerwartet schiebt sich eine dunkle Wolke vor die Sonne. Trotz der Steigung ist es sofort angenehmer. „Danke für den Schatten!“ Die Zuschauer nehmen meinen Scherz lachend zur Kenntnis.

Ich biege jetzt in die Schwanenstraße ein, oh je, Gegenwind. Mittlerweile kommen vereinzelt, schnelle Marathonläufer von hinten. Anwohner haben Wasserwannen zum Kühlen bereitgestellt. andere stehen mit ihren Gartenschläuchen und bieten eine Dusche. Die Begeisterung der Bevölkerung für das Laufereignis ist in der ganzen Stadt spürbar.

 

 

Auf dem Eselsweg geht es nun länger bergab. Beim Einbiegen in die Brunnenstraße habe ich erneut ein Fahrrad hinter mir. Es begleitet den Läufer der führenden Staffel. Wir unterqueren die Eisenbahn und müssen die Poschwitzer Straße hinauf. Der Anstieg ist nochmals ziemlich steil. An Laufen ist hier nicht zu denken. Die Sonne ist jetzt auch wieder da.

Gut, dass oben die Helfer des THWs mit Getränken und Obst auf uns warten. Wir laufen nun weiter Richtung Kraftfutterwerk mit seinen markanten Silos. Hier kommen auf schmalem Trail Läufer entgegen. Ich mache schnell Platz und wir grüßen freundlich hin und zurück. Wieder auf der Straße werde ich vom Streckenposten nach rechts geleitet. Es geht auf einem Feldweg steil bergab, im Wald um einen verwunschenen, grünen See herum und am Industriegebiet wieder auf die Straße.

Bald erreiche ich die Begegnungsstrecke, diesmal allerdings von der anderen Seite. Ich feuere die Entgegenkommenden an und biege ins Industriegebiet Weißer Berg in Richtung eines hohen Sendemasts ab. Hier überholt mich die führende Marathonläuferin. Der nächste Erfrischungspunkt bei 15,8 km kommt in Sicht.

Nachdem ich mich wieder ausgiebig verpflegt habe, stelle ich mich kurz unter die Gartendusche und gelange über einen Wiesenweg auf die Mozartstraße. Hier ist es schön grün und relativ flach. Auf der Leipziger Straße geht es an den Gebäuden der Altenburger Spielkartenfabrik vorbei.

 

 

Die VP bei km 17,4 liegt am Fuße des Schlossbergs auf Höhe des renommierten Kunstmuseums Lindenau. Ungefähr 500 m geht es nun hinauf. Jede Menge Motivationsschilder, liebevoll von Fans der Teilnehmer gestaltet,  lenken wieder die Gedanken ab und bieten Abwechslung beim anstrengenden Aufstieg. Ich habe so was noch nirgendwo erlebt. Allerdings macht die Percussion gerade ihre wohlverdiente Pause. Oben angekommen, laufen wir eine Schleife zum Teehaus, einem Barockkleinod aus dem frühen 18. Jahrhundert. Hier gibt es schon wieder Getränke. Das lasse ich aber aus, es sind ja nur noch 3 km bis ins Ziel.

Hinter dem Teehaus geht es wieder hinunter. Schilder warnen vor einer Treppe. Das Gefälle in den Gassen mit ihrem Kopfsteinpflaster ist ganz schön herausfordernd. Obwohl es eng ist, stehen an allen möglichen Stellen Zuschauer und feuern uns an. Es geht erneut kurz hinauf und oben gibt es nochmals etwas zu trinken.

„Am kleinen Teich“ werde ich zum Kunstturm, dem ältesten technischen Denkmal der Stadt geleitet. An dieser Stelle befand sich einst ein Brunnen und eine Mühle. Nach dessen Abriss entstand nach Vorbild eines Campanile im florentinischen Stil der 1845 vollendete Turm.

Scharf rechts herum laufen wir nun über die Wallstraße Richtung Theaterplatz. Die Musiker von Como Vento, die uns vor Stunden noch auf dem Nikolaiplatz Beine gemacht haben, sind immer noch nicht müde.

 

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Impressionen

(Klaus + Margot Duwe)
 

 

 

 

Plötzlich liegt das Schloss vor mir. Die Schlossauffahrt ist steil und führt mich durch den„Triumphbogen“. Die Altenburg wurde erstmals 976 urkundlich erwähnt. Zwischen 1706 und 1744 wurde die Burg nach und nach zum Schloss ausgebaut. Heute werden hier ostasiatisches Porzellan, historische Uhren, eine Rüstkammer und vor allem herzogliche Wohnkultur ausgestellt. Bekannt ist die Schlosskirche St. Georg für ihre barocke Trostorgel. Sehenswert sind der 32 m hohe Hausmannsturm und der Wohnturm „Flasche“. Das Schloss beherbergt außerdem ein einzigartiges Spielkartenmuseum.

Rechter Hand führt eine Straße um das Schloss herum. Auf der Rückseite hinunter werden wir auf einen Fußweg geleitet. Eine Treppe mit breiten Stufen ist kein Hindernis und auch die folgende schattige Gasse ist angenehm zu laufen. Unten geht es über die Rosa-Luxemburg Straße in eine weitere schmale Gasse leicht bergauf und anschließend links in die Pauritzer Straße.

Wir überqueren die Burgstraße, ein Helfer ruft mir zu: „Noch hundert Meter“, oder waren es vierhundert? Ein schneller Marathonläufer überholt mich, bevor wir in die Marktgasse einbiegen. Der Zielkorridor ist abgesperrt. Jede Menge Zuschauer bevölkern den Marktplatz, Live-Musik spielt, die Stimmung ist fantastisch. Der Moderator Stefan Bräuer sagt mich an, im Vorbeilaufen bekomme ich eine Rose, ehe ich das Ziel erreiche.

Klaus macht das Finisher-Foto  und Norbert bringt mir das Zielbier. Obwohl ich zunächst außer Atem bin, erhole ich mich schnell und wir können die tolle Stimmung auf dem Eventgelände und dem für Läufer reservierten Zielbereich genießen. Es geht gemütlich zu. Unter dem Zeltdach ist man vor der Sonne geschützt und Bierbänke laden zum Verweilen ein. Es gibt diverse Getränke und einen leckeren Eintopf. Schnell ist man mit anderen Finishern im Gespräch.

Trotz schöner, kurzweiliger Strecke bin ich diesmal froh, mich für nur eine Runde entschieden zu haben. Diese konnte ich dafür in vollen Zügen genießen. Die Veranstalter haben Erfahrung mit  hohen Temperaturen und versorgen die Läufer aufs Vortrefflichste. Auch Kleinigkeiten werden berücksichtigt (z.B. die überdachte Sitzgelegenheiten im Ziel). Die knappen 300 Höhenmeter des Halbmarathons sind über die ganze Strecke verteilt, so dass es immer wieder rauf und wieder runter geht.

Die Organisation ist perfekt und auch auf ein attraktives Beiprogramm wird großen Wert gelegt. Auf dem Marktplatz gibt es den ganzen Tag über fetzige Rock- und Guggemusik, Eyecatcher ist eine Sambagruppe.  Am Vorabend gibt es den  Vortrag einer Sportgröße, diesmal war Lisa Hahner zu Gast. Natürlich muss man auch Stefan Bräuer als Stimmungskanone und Moderator erwähnen.

Der Skatstadtmarathon Altenburg ist eine rundum gelungene Sache - perfekt geeignet für einen sportlichen Kurzurlaub mit der ganzen Familie.

 

Informationen: Skatstadtmarathon Altenburg
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