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Laufberichte

Ausgerechnet Bananen

08.10.06

Hier wurde Marathongeschichte geschrieben

 

Trotz der Nähe Stuttgarts zum Schwarzwald Marathon bin ich hier noch nie gelaufen. Stets waren mir andere Läufe wichtiger. Dabei hat dieser Marathon Tradition, findet er doch dieses Jahr zum 39. Male statt und ist damit einer der ältesten Marathons in Deutschland! In seinen besten Jahren hatte er 4.000 und mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wohlgemerkt beim Marathon! Aber irgendwie ist dieser Lauf ein wenig in Vergessenheit geraten, was sich in stark rückläufigen Teilnehmerzahlen ausdrückte. Offensichtlich jedoch haben sich die Bräunlinger wieder ihrer Tradition erinnert und sind in den letzten Jahren mit Schwung daran gegangen, den Schwarzwald Marathon wieder attraktiv zu machen.


Das ist ihnen augenscheinlich gelungen, denn für einen Landschaftslauf sind knapp 1.700 Finisher doch eine sehr respektable Anzahl, wenn auch wie so oft mehr Halbmarathonis (1.115 Finisher) als Marathonis (558 Finisher) teilnahmen. Wenn man jetzt noch ein paar Schwächen ausmerzt und das „Marketing“ verbessert, kann man auf diesen Zahlen aufbauen. Wert wäre es dieser traditionsreiche Marathon allemal.

 

Apropos Marketing: Irgendwo hatte ich gehört, dass hier in Bräunlingen das erste Mal deutschlandweit oder gar weltweit Frauen bei einem Marathonlauf teilnehmen durften. Verzweifelt suchte ich auf der Homepage nach Informationen. Nichts! Kein Wort darüber? Ebenfalls fand ich kein Wort über die Tradition dieses Laufes. Erst bei meiner Suche im Internet wurde ich fündig:


"Der erste Marathonlauf mit Frauen und Frauen-Altersklassenwertung wurde […] 1968 von der Sportvereinigung Donaueschingen (Bräunlingen) unter der Leitung von Roland Mall ausgeschrieben. […] Der DLV war der erste Verband der Welt, der 1969 den Schwarzwaldmarathon von Donaueschingen als erste Deutsche Marathonmeisterschaft der Frauen offiziell anerkannte. 1972 erlaubte der Amerikanische Leichtathletikverband den Frauen ohne Einschränkungen die Teilnahme am Marathonlauf in Boston.“


Leute von der Organisation, das ist doch etwas, ihr habt hier eine unvergleichliche Tradition, redet doch auch drüber!


Bereits am Samstag ging es in Bräunlingen los mit 10 km Lauf und 10 km Walking, Pasta Party, Sportmesse, Fallschirmsprung und Gottesdienst. Wir reisten jedoch erst am Sonntagmorgen an, unterwegs immer wieder dichter Nebel, der die Landschaft teilweise verzauberte, aber manchmal auch den Straßenverlauf schlicht undurchsichtig machte. Bräunlingen aber empfing uns mit strahlend blauem Himmel. Wir konnten problemlos parken und mit wenigen Minuten zu Fuß waren wir im Start-Zielbereich an der Stadthalle, wo wir unsere Startunterlagen bekamen. Statt der üblichen T-Shirts bekam man hier ein paar Laufsocken von Falke, eine blendende Idee.


Noch war es empfindlich kalt, nur in der Sonne konnte man es gerade noch aushalten, aber es würde wärmer werden, die Vorhersage sprach von 20 Grad. Also nur nicht zu warm anziehen und lieber vor dem Start und auf den ersten Kilometern etwas frieren. Die Musik aus den Lautsprechern, die den Startbereich beschallten, sollte wohl an vergangene Zeiten erinnern: „Tanze mit mir in den Morgen“ war in den 60er Jahren ein Schlager und nur noch so alte Kerle wie ich können sich daran überhaupt erinnern. Trotzdem füllte sich der Platz und es harrten hunderte Zuschauer vor der Halle aus, denn bald sollte ein Fallschirmsprung stattfinden.


Kurz nach 9 Uhr war das Flugzeug gestartet und um 9.10 sah man es über uns. Dann lösten sich zwei Punkte. Die Musik, jetzt von einer Blaskapelle vor der alten Schule, war mit „Paint it black“ deutlich fetziger und fünf Jahre jünger (1966). Die beiden bunten Punkte am Himmel wurden größer und waren als bunte Gleitschirme zu erkennen. In eleganten Schwüngen kamen sie herunter, meist synchron in ihren Bewegungen. Erst ganz spät lösten sie sich voneinander und kurz danach rauschte der erste Springer herunter und landete punktgenau auf der Gymnastikmatte auf dem Platz vor dem alten Schulhaus. Sofort räumte er das Feld und schon landete auch der Zweite auf der Matte. Nun, das waren eben Könner und entsprechend war auch der Beifall.



Nun wurde es Zeit, sich in den Startbereich zu stellen. Das sollte heute mein letzter langer Trainingslauf werden, bevor ich dann 10 Tage später auf Reunion beim Grand Raid starte. Wie bei meinen letzten Läufen hatte ich eine Zeit von etwa 4:30 geplant, wir stellten uns also ziemlich weit nach hinten. Pünktlich um 9.30 Uhr wurde dann auch gestartet, aber erst vier Minuten später lief ich über die Zeitmessmatten. Man könnte daraus schließen, dass es recht eng zuging, aber dem war nicht so. Man hatte den Startbereich schmäler gemacht, als die anschließenden Straßen. Wenige Meter nach den Matten öffnete sich aber die Strecke, wurde breiter und man konnte vollkommen ungestört laufen, trotz der vielen Läuferinnen und Läufer um einen herum. Sehr klug von den Organisatoren, wurden doch so die vielen Läuferinnen und Läufer bereits von Anfang an zeitlich verteilt auf die Strecke geschickt und durch die Netto-Messung mit dem Champion Chip hatte keiner einen Nachteil.


Der erste Kilometer führte durch das schöne Städtchen, vorbei an der Kirche mit Pfarrer und Messdienern auf der Treppe und vielen Zuschauern, die uns freundlich beklatschten und in die Landschaft hinaus verabschiedeten. Eine schöne Stimmung diese vielleicht fünf Minuten in der Stadt.



War es zwischen den Häusern recht schattig und kühl gewesen, änderte sich das schlagartig. Wir liefen auf einer Straße zwischen Wiesen und das Einzige, was hier Schatten gab, waren Telefonmasten und ab und an ein Baum. Ich war froh, dass ich meine Mütze mitgenommen hatte, auch wenn es jetzt noch nicht zu warm war, eher konnte man es als angenehm empfinden, nach der Kühle vor dem Start. Aber wenn die Strecke weiter so durch die offenen Felder verlief, dann würde es in kurzer Zeit recht unangenehm warm werden.


Die Organisatoren hatten den Temperaturen Rechnung getragen und außerplanmäßig bei Kilometer fünf eine improvisierte Getränkestelle eingerichtet. Sie war jedoch so überlaufen, dass ich ohne Halt daran vorbeilief. Kein Problem, kam doch bald darauf bei Kilometer 6,5 die erste offizielle Verpflegungsstelle. Die war ganz profihaft eingerichtet: mehrere aufeinander folgende Biertische mit gefüllten Bechern darauf, Tee, Iso und Wasser, alles bestens beschriftet und man kam störungsfrei an die Tische. Einige Läufer fragten nach Bananen, die waren jedoch ausgegangen.

 

Weshalb sollte man bereits jetzt etwas essen wollen? Ich trank meine drei Becher und lief sorgenfrei weiter. Sollten die sich doch wegen der fehlenden Bananen grämen, mir fehlten sie nicht. Was mir aber beim Verlassen der Verpflegungsstelle sehr angenehm auffiel, waren die riesigen Kartons am Wegrand, in die man seinen Becher werfen konnte. In der Tat lagen nur wenige Becher auf dem Boden. Endlich mal ein Organisator, der mitdachte!



Bereits nach hundert Metern führte der Weg in den Wald. Richtig! Das war ja der Schwarzwald Marathon und der musste ja im Wald verlaufen. Bald freute man sich, wenn mal wieder ein Stück Weg kam, das von der Sonne beschienen wurde und man sich wenige Sekunden lang aufwärmen konnte. Meine Sorge über zu hohe Temperaturen waren gänzlich unnötig gewesen.
Hier kam ich mit Josef-Martin ins Gespräch, der diesen Marathon schon öfter gelaufen war und froh war, dass der OK-Chef Klaus Banka den Lauf wieder reanimiert hat. Josef-Martin wollte heute seine Zeit von vor zwei Jahren mit 4:53h wieder erreichen, ließ sich aber von mir eine Zeit lang verführen, etwas schneller zu laufen.


Bei Kilometer 12 kam dann die Weiche: Die Halbmarathonis liefen geradeaus weiter, wir schwenkten nach rechts weg auf unsere knapp 23 Kilometer lange „Extra“-Schleife. Kurz nach der Trennung kam schon Verpflegungsstelle 2, aufgebaut nach demselben Muster, vorbildlich die einzelnen Getränketische beschriftet. Allerdings gab es auch hier keine Bananen, überhaupt nichts zu essen. Nun, wieder machte ich mir nichts draus, hatte ich doch in meinen Hosentaschen Nahrungsreserven in Form von Gel und Ultra-Chips, was ich aber, wenn überhaupt, erst gegen später benötigte. Einige Teilnehmer mehr als bei VP1 murrten oder beschwerten sich sogar über das fehlende Angebot. Nützte natürlich nichts, sie mussten ohne Essen weiter.


Wieder kam ich mit einem Mitläufer ins Gespräch. HaWe war vom Laufbazillus befallen, hatte er doch erst mit 52 Jahren mit dem Laufen angefangen und in den fünf Jahren seither bereits über 50 Marathons hinter sich. Heute wollte er exakt 4:45 h erreichen. Unter manchen anderen Zielzeiten fehlte ihm diese noch in seiner Sammlung „Ziel 60-Marathons“. Was ist das? Beim "Ziel-60-Marathonwettbewerb" sind 60 Marathonläufe zu absolvieren, bei denen innerhalb eines Zeitrahmens von 60 Minuten in jeder einzelnen Minute eine Zielankunft erfolgt sein muss. Tja, da könnte ich eigentlich auch teilnehmen, ich müsste dann nur mein Zeitintervall geschickt legen, z.B. von 4:10 bis 5:09, dann hätte ich eine perfekte Ausrede, wenn ich mal einen Marathon langsam gelaufen bin. Werde bei Gelegenheit meine Marathonzeiten daraufhin genauer anschauen.



Recht kurzweilig brachte ich die nächsten Kilometer hinter mich, immer im Gespräch mit einem Läufer, stets im schattigen Wald, wo es so kühl war, dass ich gerne Handschuhe gehabt hätte. Trotz kalter Hände aber war ich froh, dass ich nicht in der warmen Sonne laufen musste.


Bei Kilometer 18 erreichten wir die dritte Verpflegungsstelle und wieder gab es nur Getränke und nichts mehr zu essen. HaWe ärgerte sich jetzt richtig. Er hätte sich auf die Aussagen verlassen, dass es auch Bananen geben würde. Als Organisator müsse man auch darauf achten, dass die Teilnehmer im hinteren Bereich auch noch ausreichend verpflegt würden. In der Tat darf es nicht passieren, dass das Essen ausgeht. Vor allem die hinteren Teilnehmer sind besonders darauf angewiesen, sind sie doch einiges länger unterwegs. Wenn man dann noch mit anderen Marathons vergleicht, war das Angebot bei diesem Marathon mit Tee, Iso, Wasser und Bananen eh nicht konkurrenzfähig. Hier gibt es eindeutig noch Potential für Verbesserungen.

 

Nun, HaWe hatte von einem Mitläufer ein Stück Käsebrot bekommen, das dieser von einem Sanitäter bekommen hatte. An den Betreuern an der Strecke und den Verpflegungspunkten lag der Mangel ganz sicher nicht, die waren stets freundlich und entschuldigten sich für die fehlenden Bananen, obwohl sie ja ganz sicher nichts dafür konnten.


Dafür aber entschädigte der Lauf bisher und auch bis ins Ziel mit schöner, abwechslungsreicher Streckenführung und immer wieder herrlichen Ausblicken in die Landschaft. Auch das Höhenprofil war geradezu perfekt für einen Landschaftsmarathon. Die ersten ca. 16 Kilometer stiegen nahezu unmerklich von 700 Meter auf nicht ganz 1.000 Meter an, dann kamen neun „wellige“ Kilometer auf dieser Höhe und ab Kilometer 25 würde man dann die Höhenmeter bis ins Ziel wieder „verlieren“. Ich machte mir daher auch keinerlei Gedanken über meine Halbmarathonzeit, die mit 2:22h nicht zu meiner Zielzeit von 4:30 passte. Das würde ich hoffentlich dann auf den letzten 15 Kilometern wieder ausgleichen können.


Bei Kilometer 20 verließen wir für ein paar hundert Meter den Wald, streiften Spitzwald und waren kurz danach wieder im Schatten der Nadelbäume. Richtig angenehm war das kurze Stück in der Sonne und ein wenig konnte ich mich sogar aufwärmen.


Weitere vier Kilometer dauerte es bis zur nächsten Verpflegungsstation. Hier hatte sich eine Helferin erbarmt und ihren privaten Kuchen in kleine Stücke geschnitten, damit wir wenigstens eine Kleinigkeit zu essen hatten. Ich nahm ein Stück und verließ mich ansonsten auf mein Gel, das ich jetzt „verspeiste“. Das musste und würde auch die restlichen Kilometer ausreichen.


Die nächsten Kilometer verliefen recht übersichtlich: einen Kilometer geradeaus, 90 Grad nach links, einen Kilometer geradeaus, 90 Grad nach rechts, einen Kilometer … Hört sich langweilig an, war aber nicht so. Erstaunlicher Weise lief ich nie alleine, stets waren Leute da, mit denen man ein paar Worte wechseln konnte, oder man wurde überholt und überholte selbst und wenn das dann immer wieder dieselben waren, wie mit Lisa und Marina, dann kam man ganz automatisch ins Gespräch. Bei der Verpflegungsstelle fünf (natürlich ohne Bananen) traf ich Uli, der in St. Georgen in der Kur ist und die Gelegenheit ergriffen hatte, das langweilige Kurleben durch einen Marathon aufzulockern.



Die nächsten fünf Kilometer von 30 bis 35 lief es richtig flott. Auf diesem Abschnitt überholte ich auch HaWe wieder, der jetzt langsam tun musste, weil er sonst deutlich vor den geplanten 4:45h im Ziel war. Meine Kilometerzeiten um 5:40 zeigten, dass es abwärts ging und bald hatten wir Unterbränd erreicht. Hier war noch richtig viel los, Biertische waren aufgestellt, eine Kapelle spielte und Zuschauer gab es auch noch. Man merkte, dass hier auch die Strecke der Halbmarathonis wieder zu uns stieß, wenn die auch längst hier vorbei waren.


An der Verpflegungsstelle hier gab es sogar Red Bull, so dass für Energie auf den restlichen sieben Kilometer gesorgt war. Wir liefen am Kirnbergsee vorbei, dann weitere zwei Kilometer durch Wald, hier aber vorwiegend Mischwald und kamen dann kurz vor Waldhausen wieder auf freies Feld. In der Ferne konnte man jetzt schon Bräunlingen erkennen. Ein kurzes Stück verlief noch auf einer Verkehrsstraße, die halbseits für uns gesperrt war, dann ging es links weg und wir erreichten die letzte Verpflegungsstelle, ausgestattet mit allem was man sich wünschte, natürlich auch mit Bananen.

 


Die letzten drei Kilometer laufen wir auf einem asphaltierten Weg durch Wiesen. Das nahe Ziel motiviert zu einem flotten Tempo und bald haben wir Bräunlingen erreicht. Auf den letzten 500 Metern werden wir nochmals richtig angefeuert von den vielen Zuschauern, die hier immer noch stehen.
Mit 4:34h haben wir dann unsere Wunsch-Zielzeit nahezu erreicht. Auch HaWe kommt beinahe pünktlich ins Ziel – nun ja, er musste noch etwa vier Minuten lang kurz vor dem Zielbogen mit ein paar Zuschauern reden, damit er dann seine 4:45 h genau erreichte.



Der Schwarzwald Marathon ist ein Klasse Landschaftsmarathon. Er hat in den letzten Jahren viel Konkurrenz bekommen, die ihm Teilnehmer abspenstig gemacht haben und noch abspenstig machen werden. Er hat aber als Plus seine Lage, die Landschaft, das ideale Profil und auch einen Start- und Zielort, in dem sich die Bevölkerung ganz offensichtlich mit ihrem Lauf identifiziert. Der gemeinsame Start von Marathon und Halbmarathon ist hier überhaupt kein Problem, die Organisation ist professionell, die Schwachstellen Verpflegung und Marketing lassen sich noch abstellen, so dass ich keine Sorgen habe, dass der Lauf eines Tages verschwinden wird. Ich jedenfalls bin hier nicht das letzte Mal gelaufen.


Kosten Marathon

Bis 1. August: 31 Euro, bis 26. September: 33 Euro; Nachmeldegebühren 3 Euro.


Zeitnahme

Mit eigenem ChampionChip, oder Leih-Chip bei Abholung der Startunterlagen; Leihgebühr 5 Euro


Weitere Veranstaltungen

Halbmarathon, 10 km-Lauf, 10 km-Walking, verschiedene Kinder- und Jugendläufe


Auszeichnung

Laufsocken (Falke) bei Abholung Startunterlagen, Medaille nach Zieleinlauf, Urkunde wird nachgeschickt.


Verpflegung 

Sechs Verpflegungsstationen mit Wasser, Iso, Tee, Iso, Bananen (nicht das hintere Feld).


Zuschauer

In Bräunlingen beim Start und im Ziel viele Zuschauer, unterwegs wenige, bei Kilometer 35 in Unterbränd wieder viele.


Rahmenprogramm

Verkaufstände örtlicher Händler und Fallschirmspringer jeweils Samstag und Sonntag, Nudelparty und Gottesdienst am Samstag,

 

Informationen: Schwarzwald-Marathon
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