marathon4you.de

 

Laufberichte

Für Leipzig mach ich alles ...

 

... auch wenn es nicht rational erscheint. So in diesem Jahr. In meiner Nachbarstadt Ingolstadt findet am gleichen Wochenende der Halbmarathon statt, der zugleich als Bayerische Meisterschaft ausgeschrieben ist. Darauf kann ich nicht verzichten. Also ist der Plan, mit einem Nacht-Intercity nach Leipzig zu fahren und einen zweiten Halbmarathon (der ganze wäre dann doch übertrieben) innerhalb 24 Stunden zu absolvieren. Etwas hakelig ist meine Absicht schon, aber was mich nicht umbringt …

Für mich ist an diesem Wochenende Schwerpunkt die Bayerische vor der Haustüre. Mit einer hohen 1.45 Stunden und einem sechsten Platz in der AK 60 bin ich hochzufrieden, auch wenn ich im Vergleich zum Vorjahr drei Minuten mehr gebraucht habe. Jünger werden wir alle nicht. Gegen Mitternacht mache ich mich mit Henny dann auf die Reise durch die Nacht ins Sächsische. Schlaf finden wir nicht so recht, dafür erreichen wir in aller Herrgottsfrühe den Hauptbahnhof Leipzig und das auch noch lobenswert pünktlich.

Für ein ausgiebiges Frühstück hat ein Bäcker schon geöffnet. Was zum Nachdenken führt, ist die Wettervorhersage - Winter zur Frühjahreszeit, denn als wir aus der Straßenbahn am Sportforum aussteigen, lässt es Petrus schneien und wir springen im Galopp in die Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig. Die liegt unweit des Sportforums und der Red Bull Arena und ist gleich mit mehreren Straßenbahnenlinien erreichbar. Es wird vom Stadtsportbund eine Anreise mit den Öffentlichen empfohlen, denn Parkplätze sind rar.

 

 

Pünktlich um 08.00 Uhr wird das Meldebüro geöffnet. Dort erhalten wir Startnummern und ein Buff der Leipziger Verkehrsbetriebe als Zugabe. Wir suchen uns noch ein ruhiges Plätzchen für ein Nickerchen, da der Halbmarathon erst um 12.45 Uhr startet. Zu dieser Startzeit kann man noch fast aus dem halben Bundesgebiet anreisen.

Erwähnenswert ist, dass viele Disziplinen angeboten werden: Vom Inlinerbewerb und Rollstuhllauf über die halbe Distanz gibt es für die Familie auch einen Lauf bzw. Walk über vier und zehn Kilometer, dazu Kinderläufe und einen Schüler-Mannschafts-Marathon. Es ist also allerhand los. An der Anmeldung wird uns erzählt, dass eine 91jährige Frau als Älteste teilnehmen wird und die vier Kilometer auch geschafft hat. Das sehe ich später in der Ergebnisliste. Respekt.

Punkt Mittag verlasse ich mit Henny die warme Unterkunft. Zuvor geben wir in der Turnhalle unsere Bekleidung bei den freundlichen Helfern ab. Im Freien ist es nun zwar trocken, aber der Wind ist störend und kalt. Die zweite Hälfte des Marathonfeldes geht gerade auf die zweite Runde. Darunter ist Bodo, der fast jedes Wochenende laufend unterwegs ist. Und eine kleine Gruppe sammelt mit einer Spendenbüchse Geld für die Bekämpfung der ALS-Krankheit.

„Lass uns in die Startaufstellung gehen“, sage ich meiner Holden, da können wir „gruppenkuscheln“ und wir kühlen nicht weiter aus. Wir sehen dann jemand in einem Shirt des Skatstadtmarathon vor uns stehen. Henny spricht ihn an und fragt nach dem sportlichen Oberbürgermeister von Altenburg, André Neumann.  Tja, und der steht dann unmittelbar vor uns und wünscht gutes Gelingen. Ich sortiere mich dann beim Zugläufer für zwei Stunden ein, wohlwissend, dass das wohl für mich eine zu hohe Zielzeit ist. Henny geht weiter nach hinten. Sie wird dann beschreiben, wie im hinteren Feld gekämpft wird.

Gleich danach wird heruntergezählt und pünktlich werden wir auf die Runde unter Jubel und Klatschen der unzähligen Zuschauer hinausgelassen. Es dauert etwa eine Minute, dann überquere ich die Zeitmatten und drücke meine Uhr auf Start.

 

 

Wir verlassen das Sportforum und setzen den Weg geradeaus in die Marschnerstraße fort. Gut 3000 Halbmarathonis sorgen jetzt noch für ein wenig Gedränge, ein wenig Aufmerksamkeit tut Not und daher mein Appell für ein wenig Rücksichtnahme. Das Feld wird sich nach wenigen Kilometern auseinanderziehen, spätestens wenn die Straßen breiter werden. Der Zwei-Stunden-Pacer zieht vorbei mit seinem großen Verfolgerfeld. Ich beschließe, mich in einem Abstand dranzuhängen.

Noch vor Kilometer zwei erreicht der Kurs den Westplatz, die Straße wird nun breiter. Der beginnende Innenstadtring, die Prachtmeile Leipzigs, verläuft auf einigen Kilometern auf dem Boden der ehemaligen Stadtbefestigung, die nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) geschleift wurde.

Gleich danach sehen wir links von unserem Kurs das Neue Rathaus, seit 1905 Sitz der Stadtverwaltung. Der 114 Meter hohe Rathausturm dominiert das Stadtbild und dieser kann auch im Rahmen einer Führung bestiegen werden. Auf einer Verkehrsinsel sitzen fünf jugendliche Helfer, die schon einige Stunden dem Wind und den kühlen Temperaturen ausgesetzt sind. Rund 600 Freiwilligen haben sich zur Mithilfe bereiterklärt. Da laufe ich lieber und kann so einer Auskühlung ein wenig vorbeugen. Ja, die Kleidungsfrage war heute nicht leicht, zwei dünne Schichten am Oberkörper dazu eine ärmellose Laufweste habe ich gewählt und fahre damit bisher recht gut. Man sieht aber auch noch „warmblütige“ Läufer mit kurzer Hose und Lauftrikot.

Kurz vor dem Augustusplatz ist ein Blick nach links lohnend: Das Gewandhaus zu Leipzig ist Heimstatt des Gewandhausorchesters und an der Universität sind heute über 30.000 Studenten eingeschrieben.

Kilometer fünf: Kurz zuvor wartet schon die erste Trinkstelle mit Wasser, Tee, Obst und Cola. Die Helfer haben den Andrang im Griff, viele Leute helfen mit. Verhungern und verdursten braucht hier keiner, zumal zwischen den großen Verpflegungsstellen auch noch Wasserstellen eingerichtet sind.

Am Technischen Rathaus führt uns die Weg weiter hinaus bis zur Alten Messe. Ihr kennt das Logo mit dem zwei übereinanderliegenden M. Aber ist es bekannt, dass die zwei M für Mustermesse stehen? Der Begriff galt bis zum Jahr 1991. Die Wolken haben sich nun rar gemacht, die beiden Ms lassen sich gut im Gegenlicht fotografieren.

 

 

Kaum sind wir vorbei, sehen wir die Silhouette des Völkerschlachtdenkmals, das an das Gemetzel im Jahr 1813 erinnern soll, bei den 90.000 Soldaten ihr Leben verloren haben. Ja, die heutige Zeit ist nicht viel besser …. Die Welt spielt derzeit verrückt.

Am Napoleonstein (Kilometer 7) an der Tabaksmühle verlassen wir den Wilhelm-Külz-Park. An dem Stein, eine Anhöhe, soll Napoleon seine Truppen manövriert haben. Immer wieder sind Bands zu hören, die uns Beine machen. Logisch, dass sich hier viele Zuschauer versammeln.

Gleich danach beginnt eine der mehreren Wendepunktstrecken. Vor wenigen Jahren wurde der Kurs geändert, man musste nicht mehr so viele Straßen sperren und Absperrungen einrichten. Wendepunkt-Passagen gefallen vielleicht nicht allen, aber ich sehe das positiv, wenn wir uns im Feld gegenseitig motivieren können. Viele Halbmarathonis klatschen sich ab und grüßen sich.

Bei Kilometer 10 endet die erste Begegnungspassage an der Kreuzung und Trambahnstation Lehmann-/Zwickauer Straße, eine knappe Stunde bin ich unterwegs, noch relativ flott, wie ich glaube. Aber ich merke schon den gestrigen Lauf über die Halbdistanz in den Beinen.

Kurz bevor wir die nächste Pendelstrecke in Angriff nehmen, ist in der Ferne die Russische Gedächtniskirche mit dem markanten goldfarbenen Dach zu sehen. Am Deutschen Platz geht es einmal um einen großen Kreis und am Ende liegt rechts die Deutsche Nationalbibliothek. Hoffentlich biegt da nicht meine Henny, eine ausgemachte Leseratte, ab.

 

 

Am Ende unseres Kreises beginnt auf der jenseitigen Kreuzung an der Semmelweisstraße ein zwei Kilometer langer Pendelkurs auf der Straße des 18. Oktobers. An diesem Tag im Jahr 1813 wurde die Völkerschlacht mit dem Sieg der Alliierten über Napoleon entschieden. Der Zwei-Stunden-Pacer ist noch in Sichtweite, die Gruppe ist vielleicht 200 Meter weiter vorne. Am veterinär-anatomischen Institut biegen wir rechts ab, der 14. Kilometer ist sogleich abgehakt.

Die Kurt-Eisner-Straße bringt uns in die Südvorstadt. Diese Straße wurde nach dem ersten Ministerpräsident Bayerns ernannt, kurz nach dem Ersten Weltkrieg bekleidete er dieses Amt, bevor er durch den Leutnant Anton Graf von Arco auf Valley erschossen wurde. In den Wohnstraßen an der Strecke herrscht Trubel und Heiterkeit unter den Zuschauern. Die machen Halli-Galli, stellen Lautsprecher in die Fenster und feiern Marathon mit allem, was dazugehört. Da möchte man gleich mitfeiern.

 

 

Kilometer 16: Wir tangieren nur kurz das Scheibenholz, wo immer im Januar der Winter-Teammarathon stattfindet. Da muss man zu dritt den langen Kanten laufen. Schaut euch einmal die Erlebnisberichte an, vielleicht mag der eine oder andere seine Form im Winter testen. Aber nicht zu lange zuwarten mit der Meldung, der Lauf ist schon Weihnachten ausgebucht. Wir überqueren die Pleiße und das Elsterflutbett. Die ersten Wassersportler hantieren schon mit ihren Booten.

Gleich danach reichen uns Soldaten Getränke zu, es wird auch moderiert. Ihr macht einen  tollen Job, Jungs. Rechterhand tangieren wir das Küchenholz, auch ein Park für Spaziergänger. Wisst ihr, dass Leipzig außerordentlich viele Grünanlagen hat?

Bei Kilometer 18 dreht der Kurs nach Norden in die Erich-Zeiger-Allee im Stadtteil Plagwitz. Auch hier wieder tolle Stimmung durch die vielen Zuschauer. Fast zwei Kilometer lang zieht sich die Allee. Kurz vor dem Ende wieder ein unglaubliches Straßenspektakel. Kinder haben die Straße bemalt mit motivierenden Sprüchen. Am Ende könnte ich mir noch ein Bier erbetteln. Das macht Henny, sie berichtet davon später. Mir brennen mittlerweile die Füße, es wird Zeit zum Finish. Noch ein Kilometer, da steht eine Mami mit drei Kindern, die ihren Vater erwarten.

Auf der Bowmanstraße sehe ich rechts den Palmengarten, gleich laufe ich auf die Jahnallee, nach dem Turnvater benannt. Richtig hieß er Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn, er lebte 1778 bis 1852, war Pädagoge und Politiker. Dazu initiierte er die deutsche Turnbewegung mit den Geräten wie Reck und Barren.

Die Zeppelinbrücke führt uns über das Elsterbecken, die Moderation aus dem Zielbereich ist bereits zu hören. Wir sehen links die Red Bull Arena. Der Zuspruch von Zuschauern nimmt zu, viele Motivationsschilder von Angehörigen. Dann sehe ich bereits die letzte Linkskurve, die uns in Ziel bringen wird.

 

 

Die Straße „Am Sportforum“ ist der Abschluss meines Halbmarathons, in 300 Meter sehe ich das Zielbanner. Zuschauer stehen an den Absperrungen und jubeln. Ich versuche noch eine Beschleunigung, gebe das jedoch auf, die Gefahr eines Muskelkrampfes erscheint mir zu hoch. Und dann laufe ich unterm Zieltransparent durch, die Uhr zeigt eine Bruttozeit von 2.05 Stunden. Das passt.

Ich stoppe meine Uhr und mache noch einige Bilder, ziehe dann den mitgeschleppten Windschutz über, denn sofort wird mir kalt. Danach führt mich mein Weg in den Verpflegungsbereich mit Bier, Isogetränken und Obst. Trotz Sonnenschein wird mir wegen des Windes und der tiefen Temperaturen immer kälter, so dass ich mich nach dem Genuss eines zu kalten Radlers unter die Dusche verziehe. Die ist heiß und aus der verschwinde ich erst, als die Haut vor Wärme schrumpelt.

 

Mein Fazit:

 

Hier findet man einen günstigen Lauf für die ganze Familie. Die vielen ehrenamtlichen Helfer machen einen tollen Job. Wer Leipzig noch nicht kennt, hat echt etwas verpennt. Rund 9234 Läufer stehen in den Ergebnislisten, der Halbmarathon hatte einen Melderekord und alleine 1500 Schüler waren gemeldet. Und schon ist er wieder zu Ende, der 46. Leipzig Marathon, einer der ältesten im Land. Nächster Termin ist der 13.04.2025.

 

Marathon

 

Ergebnisse Männer (640 im Ziel):

1. Nic Ihlow, SC DHfK Leipzig, 2.28.59
2. Joris Spigt, LG eXa Leipzig, 2.33.01
3. Ronny Seidel, Ausdauercoach4YOU, 2.36.11

 

Ergebnisse Frauen (148 im Ziel):

1. Antonia Müller, LG eXa Leipzig, 2.54.30
2. Maria Miether, 200 Puls, 2.59.16
3. Kristina Grieger, MaliCrew Bayreuth, 3.06.59

 

Halbmarathon

 

Ergebnisse Männer (1990 im Ziel):

1. Jakob Lange, PTSV Rosenheim, 1.06.56
2. Marcus Herbst, Aloha Kalle Podcast, 1.12.26
3. Dominik Weidner, Ungarn Amateure Wermsdorf, 1.12.26

 

Ergebnisse Frauen (1045 im Ziel):

1. Yvonne van Vlerken, Vonsy’s TRI Family, 1.16.58
2. Nora Holesch, Spiridon Frankfurt, 1.24.14
3. Johanna Maurer, SC DHfK Leipzig, 1.25.5

 

 

 

Informationen: Leipzig Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024