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Laufberichte

Fast wäre mir der Sprit ausgegangen

08.03.08

Große Auswahl an Läufen gibt es um diese Zeit noch nicht und so hatte ich mich entschieden, bei den Internationalen deutschen Meisterschaften im 50 km-Lauf in Marburg zu starten. Zwar bin ich von der Elite der Ultraläufer meilenweit entfernt, aber mittlerweile lässt man, wohl mangels Masse, auch solch lahmen Kerle wie mich bei einer deutschen Meisterschaft an den Start. In Rodgau war ich 5:43h unterwegs, das Zeitlimit in Marburg von maximal sechs Stunden sollte somit kein Problem werden. Trainiert hatte ich seither gut, so dass ich am Freitagnachmittag guter Dinge nach Marburg fuhr: Stuttgart, Frankfurt, Gießen, Marburg, nach 280 km und 3 Stunden war ich in der Jugendherberge. Zwar hätte man auch kostenlos in der Halle neben dem Startgelände schlafen können, aber so war es mir lieber.

Bereits als ich auf der Stadtautobahn in Marburg war, sah ich oben am Berg das Landgrafenschloss hell beleuchtet. Auch von der Jugendherberge hatte ich freien Blick auf das Schloss und konnte ein paar Bilder davon machen. Auch den Fluss „Lahn“, dem wir am morgigen Tag entlang laufen würden, lernte ich kennen, denn er verlief direkt hinter der Juhe.


Am nächsten Morgen präsentierte sich die Landschaft wie befürchtet: es war kalt und nass und auch das Schloss war durch den Dunst nur undeutlich zu sehen. Was anziehen? Ich verschob die Entscheidung bis nach dem Frühstück. Das Angebot am Buffet war gut, aber anschließend wusste ich immer noch nicht, was ich anziehen soll. Also fuhr ich erst Mal zum Start- und Ziel im Süden der Stadt im Landschulheim Steinmühle. Noch war der Hof leer, man baute auf, aber einige Bekannte sah ich schon. Mit jedem musste ich natürlich reden und gegen 9 Uhr war das Gelände voll.


Noch eine Stunde bis zum Start und mir war kalt. Schon seit längerem hatte sich zwar der Dunst verzogen und die Sonne blinzelte durch die Wolkendecke, mir war aber trotzdem kalt. Somit war die Kleiderfrage auch geklärt: kurze Hose, Hemd mit langen Ärmeln und eine Weste drüber. 

Punkt 10 Uhr war Start, der Himmel nahezu wolkenfrei und nach einem kurzen Stau vor den „Ohren“ der Bibchip Zeitmessanlage konnte ich sofort frei laufen. Bereits nach wenigen hundert Metern wurde mir warm und nach weiteren Minuten bereits  zu warm! Wieder einmal hatte ich die Regel ignoriert, die da sagt, am Start müsse man frieren, dann sei man richtig angezogen.


Die 50 km werden auf einer 10 Kilometer langen Runde absolviert, Start und Ziel ist südlich von Marburg, etwas außerhalb von Cappel, im Hof des Landschulheims Steinmühle. Es geht zuerst hinaus aus dem Ensemble und man ist dann sofort auf freiem Feld. Nach etwa 800 Metern kommen noch mal ein paar Häuser, es geht vorbei an einem Lagerplatz mit Brettern. Kurz danach geht es links weg und man ist auf einem asphaltieren Feldweg. Nochmals geht es links weg, parallel über uns verläuft die B3, unter der wir bald hindurch laufen. Bis Kilometer drei verläuft der Weg jetzt auf freiem Feld Richtung Norden nach Marburg. In der Ferne vor uns ist das Schloss zu sehen. Die Sonne scheint, mir ist warm, ich schwitze und bin mir sicher, dass ich am Ende der Runde meine Weste ausziehen werde.

Etwa einen Kilometer lang geht es jetzt ziemlich geradeaus auf freiem Feld, bis wir wieder unter einer Straße hindurch geführt werden. Kurz laufen wir jetzt einer wenig befahrenen Straße entlang, rechts ein Industriegebiet, bis der Weg dann wieder weg führt hinein zwischen Wiesen, linkerhand die Lahn. Vor uns taucht nach wenigen hundert Metern bei Kilometer vier die Verpflegungsstelle auf: Wasser, Tee, Iso, Kekse und Bananenstückchen werden angeboten.


Nach ein paar Metern geht es eine kurze Rampe hoch bis zur Straße, wir überqueren auf einer Brücke den Fluss, auf der anderen Seite geht es wieder hinunter und die nächsten drei Kilometer laufen wir wieder zurück, dem Fluss entlang Richtung Süden. Diese drei Kilometer allerdings haben es in sich und werden mich auf den letzten beiden Runden echt fordern. Aber noch ist es nicht soweit, ich bin von vielen Läuferinnen und Läufern umgeben und habe daher jede Menge Ablenkung.

Nach knapp drei Kilometern kommen links die ersten Häuser und kurz danach, bei Kilometer sieben, geht es scharf links, weg von der Straße, dann halbrechts und nochmals halbrechts. Wir laufen jetzt ein kurzes Stück durch ein Wohngebiet, vorne an der Straße ist schon die nächste Verpflegungsstelle zu sehen.


Ich habe mir vorgenommen, etwa 20 Minuten schneller als in Rodgau zu laufen. Der Blick auf die Uhr zeigt, dass ich voll im Plan liege. Nun ja, kein Kunststück in der ersten Runde. Trotzdem verliere ich keine Zeit, trinke einen Becher Tee und laufe sofort weiter. Es geht links weg und nach hundert Metern haben wir die Häuser verlassen. Wieder geht es unter einer Straße durch, scharf nach rechts und wir sind auf einem Wendepunktabschnitt von knapp 500 Metern Länge.
Hier kommen mir all die entgegen, die vor mir liegen. Da ist Ingo Schulze, der bei jedem Lauf zu schnell angeht, um dann nach 30 Kilometern dem zu hohen Tempo Tribut zu zollen. Auch heute ist er flott unterwegs und macht noch einen guten Eindruck – mal sehen, wie es weiterhin bei ihm läuft.

Die Wende habe ich erreicht und kann nun die wenigen hinter mir Liegenden beobachten. Im unverwechselbaren Laufstil kommt mir da schon Marathon Weltmeister Horst Preisler entgegen. Na, um den muss ich mir keine Sorgen machen, der kommt immer an.

Wir passieren Kilometer acht, kurz danach geht es rechts weg und nach wenigen hundert Metern wieder unter der B3 durch. Hätte man hier geradeaus über den Fluss laufen können, nach hundert Metern wäre man im Ziel gewesen. Ging aber nicht und war auch nicht geplant, denn noch musste man etwa 1,6 Kilometer laufen, bis die 10 voll waren.

Nach der Unterführung ging es nach links und ein Stück der B3 entlang. Allerdings sah man die Straße nicht, da sie etwas erhöht verlief und als wir auf gleicher Höhe waren, war sie durch Sichtschutzlamellen nahezu unsichtbar. Ein kurzes Stück liefen wir hier eingezwängt, links die Straße, rechts eine Lärmschutzwand, waren aber bald wieder unterhalb der Straße.


Kilometer neun war vorbei und wir liefen nun Richtung Ziel. Hier kamen uns die entgegen, die bereits die zweite Runde begonnen hatten. Elke Streicher und Jochen Höschele waren heute langsamer als üblich unterwegs, sie wollten hier einen langsameren, langen Lauf machen. Aber auch Sigrid Eichner lag schon weit vor mir. Sie war nach ihrer Operation wieder schmerzfrei und freute sich, dass sie ihre alte Form gefunden hatte. Auch Gabi Leidner eilte mit hochrotem Kopf auf ihre zweite Runde; sie lief nur den Halbmarathon, um anschließend noch genügend Zeit zum Fotografieren zu haben.

Während ich so die Entgegenkommenden beobachtete, kam ich dann auch endlich wieder in den Hof des Landschulheims und beendete meine erste Runde. Ich zog meine Weste aus und machte mich auf den Weg zur nächsten Umrundung.


So, jetzt habe ich zwar die Runde beschrieben, fürchte aber, dass es den Leserinnen und Lesern so ergeht, wie mir. Vor lauter rechts, links, unten durch, oben drüber geradeaus und anderen Winkelzügen war ich ganz durcheinander - hätte man mich alleine auf die Strecke geschickt, vermutlich wäre ich manches Mal falsch gelaufen. Wer unsere verschlungenen Wendungen aus der Vogelperspektive anschauen möchte, findet auf der Hompage des Veranstalters eine Seite mit einem Satellitenbild von Google Earth, in das die Strecke eingezeichnet ist. Auf jeden Fall aber kann ich überhaupt nicht bestätigen, dass die Strecke langweilig sei, wie mir mancher im Vorfeld gesagt hatte.

Mit 1:04 h beendete ich die erste Runde und war damit voll im Plan. Auf der zweiten Runde lief ich eine zeitlang mit Peter Genz, der seine Freundin auf ihrem Halbmarathon begleitete. Wir unterhielten uns ganz angeregt, so dass er beinahe seine Aufgabe vergaß. Ich ließ die Beiden zurück und absolvierte meine zweite Runde in nahezu exakt derselben Zeit wie die erste – so konnte es weiter gehen.


Auf der dritten Runde holte mich Peter wieder ein. Er hatte seine Aufgabe gut erledigt, besser, seine Freundin hatte ihren Lauf gut beendet und so konnte er jetzt die restlichen 30 Kilometer sein Tempo laufen. Gemeinsam liefen wir diese Runde zu Ende und unterhielten uns dabei bestens. Wieder 1:04 h – gut so Eberhard! Aber ich musste aufpassen, Peter lief beinahe einen Tick schneller als mir gut tat. Vorerst aber ging es noch problemlos, ich hatte aber noch 20 Kilometer vor mir.

Kurz bevor wir unsere dritte Runde beendeten, sahen wir Ingo, wie er sich auf seine vierte Runde machte. Die Dynamik war verschwunden, den würden wir wohl demnächst einholen. Tatsächlich hatten wir ihn dann auch nach zwei Kilometern erreicht. Wie ich schon befürchtet hatte, war er wieder Opfer seines zu hohen Anfangstempos geworden. Er musste jetzt Gehpausen einlegen und wollte nach der Marathondistanz aufhören. Dies wird in Marburg unterstützt, kann man doch hier als gemeldeter 50-km-Läufer auch bereits nach einer kürzeren Distanz, Marathon oder auch Halbmarathon, aufhören und kommt dann in diesem Wettbewerb in die Wertung. Nun, für Ingo und noch ein paar andere war das ein willkommenes Angebot.


Peter ist Vorsitzender des TSV Schwarzenbek (Region Lübeck) und organisiert dort schon den vierten Marathon seines Vereins. Für dieses Jahr hat er sich den Medoc-Marathon zum Vorbild genommen und möchte bei „seinem Marathon“, ähnlich wie dort, an den Verpflegungsständen, neben der üblichen Marathonverpflegung kleine Spezialitäten der Region anbieten. Er hat mir die Gegend und den Lauf so freundlich geschildert, dass ich tatsächlich überlegt habe, hin zu fahren. Leider aber bin ich an diesem Wochenende beim 12-h-Lauf in Fellbach. „Peter, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und ich hoffe, dass es nächstes Jahr klappt!“

Etwa nach der Hälfte der vierten Runde machte ich einen Tick langsamer und Peter etwas schneller, so dass er sich langsam absetzte und ich ihn erst wieder sah, als er mir am Ende der Runde bereits wieder entgegen kam. In der Tat war ich in dieser Runde zwei Minuten langsamer als bisher.

Bereits seit meiner dritten Runde wurde das Getränkeangebot an den Verpflegungsständen mit Cola ergänzt. „Gut so“, dachte ich mir, „die wissen, was ein erschöpfter Ultra auf seiner letzten Runde braucht.“ Dieses Getränk würde mir über die letzte Runde weghelfen, so dass ich mein Tempo halten konnte.

Ich begann also frohgemut meine letzte Runde und steuerte sofort den Verpflegungsstand im Hof des Landschulheims an. Meine Frage nach Cola wurde aber ganz lapidar beantwortet: „Ist ausgegangen!“ Donnerwetter, so langsam war ich doch nicht! Das Zeitlimit war auf sechs Stunden festgelegt und bereits nach 4:18h geht denen das Cola aus! Nun, offensichtlich waren die doch nicht so professionell. Ich lief also enttäuscht weiter und holte die Kraft aus mir selbst, auch nicht schlecht, denn ich fand tatsächlich noch Reste davon.  Spätestens nach vier Kilometern an der zweiten Verpflegungsstelle würde ich ja Cola bekommen. In der Tat war es so, der vorhandene Rest reichte gerade noch für einen Becher.  

Die nächsten drei Kilometer der Straße entlang setzten mir dann auch mächtig zu. Drei Kilometer und niemand mehr vor mir. Mutterseelen alleine trabte ich vor mich hin und strengte mich mordsmäßig an, um mein Tempo einigermaßen zu halten. Weit vor mir sah ich einen Läufer, den ich dann tatsächlich nach drei Kilometern eingeholt hatte. Der musste offensichtlich noch mehr kämpfen als ich.

Die letzte Verpflegungsstelle (km 7,3) kam in Sicht. Ein aufmerksamer Junge radelte uns entgegen und fragte nach unseren Wünschen. „Cola!” Er drehte um, fuhr zurück und gab den Wunsch am Verpflegungstisch in Auftrag. Voller Hoffnung und frohgemut ob dieses Services kam ich am Verpflegungstisch an, als mir der Knabe erklärte: „Leider haben wir kein Cola mehr!“ Ganz offensichtlich ist Marburg Entwicklungsland, was das gute, rettende, amerikanische Energiegetränke betrifft! 

Ich trabte also weiter, entdeckte tatsächlich noch einen Rest von Energie in mir und schaffte es tatsächlich noch bis ins Ziel. Zu meiner Freude sah ich, dass ich die letzte Runde nur ein paar Sekunden langsamer war als die vorletzte. Donnerwetter, das hätte ich jetzt aber nicht von mir gedacht! Wie das erst mit ein paar Bechern Cola gewesen wäre!


Fazit: Jetzt bin ich auch bei einer deutschen Meisterschaft gelaufen und habe sogar noch 13 Konkurrenten hinter mir gelassen. (Die 147 vor mir will ich jetzt mal verschämt verschweigen.)

Abgesehen vom fehlenden Cola war das ein schöner Lauf. Zwar fehlten Zuschauer an der Strecke vollkommen, aber mir genügte der Beifall am Ende jeder Runde. Auch das Wetter trug natürlich zu dem gelungenen Lauf bei und nicht zuletzt muss ich die Strecke erwähnen, die keineswegs langweilig war. 

Sicher, es gibt schönere Strecken, aber mir reichte die Abwechslung und auch der Abschnitt von km 4 bis 7 war ok, zumindest stählte er meine mentale Kraft. Also ich würde hier jederzeit wieder laufen und wenn die das mit dem Cola noch in den Griff bekommen, wird auch die Zeit noch besser.

Ach, bevor ich es vergesse: Auch nach dem Lauf könnte man noch mehr anbieten, vielleicht ein paar Tische und Bänke, eine Bratwurst und ein alkoholfreies Weizenbier, dann würde mancher noch ein wenig länger bleiben.

Siegerliste
50 km Männer

1 Hasslinger, Johannes Nienburg VC/LG Nienburg M 3:14:55,7 
2 Kersten, Sven Berlin LTC Berlin M40 3:17:10,0 
3 Rauter, Roland Würzburg LG Würzburg M35 3:20:05,0 

 

50 km Frauen

1 Frey, Dorothea Leonberg EK Schwaikheim W35 3:43:18,1 
2 Krause, Antje Marburg USC Marburg W35 4:06:39,7 
3 Benning, Nicole Vaihingen/Enz EK Schwaikheim W35 4:09:06,2

Marathon Männer

1 Hardenack, Frank Olpe Neuenkleusheim M30 2:50:48,7
2 Mark, Thorsten Hammelburg   HKM 2:59:40,9 
3 Nölker, Stefan Bünde Randringhauser Rennschnecken M40 3:03:15,4 

Marathon Frauen

1 Lause, Ursula Paderborn VfB Salzkotten W45 3:30:34,8 
2 Hertel, Mareile Nürnberg Never Walk Alone Nürnberg e.V. HKW 3:32:13,5 
3 Hein, Susanne Hilchenbach anlauf Marathonteam 2008 W45 3:36:34,2 

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Statistik
Finisher 50 km: 161
Finisher M: 43
Finisher HM: 189
Finischer Staffel 30 km: 14 Staffeln
(Staffeln laufen 6 x 5 km)


Kosten
50 km: 25 Euro für DUV-Mitglieder, sonst 30 Euro, Nachmeldung 10 Euro.
Marathon: 20 Euro, Nachmeldung 3 Euro.
Halbmarathon: 10 Euro, Nachmeldung 3 Euro.
Staffel: 12 Euro, Schulstaffeln kostenlos.
Team: 50-60 Euro
HM: 18-24 Euro, Nachmeldung 28 Euro

Zeitnahme
Die Zeitnahme erfolgt elektronisch unter Verwendung des bibchip, der in der Startnummer integriert ist.

Streckenbeschreibung
Flacher 10-km-Rundkurs, nur an den Übergängen über den Fluss kurze Anstiege.
Verpflegung
Drei Verpflegungsstellen mit Tee, Wasser, Iso, Keksen und Bananen. Zwischendrin eine Zeitlang Cola. 

Zuschauer
Keine. Im Zielbereich Angehörige der Läuferinnen und Läufer.

 

Informationen: Lahntallauf
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