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Laufberichte

Hier wird noch Marathon pur gelebt

14.10.07

 

Fotos von Werner Kerkenbusch und Marcel Lorek

 

Kleines Jubiläum am Baldeneysee - Deutschlands ältester Marathon feiert zu Recht


Nach einer dreimonatigen Zwangspause war es am Sonntag für mich wieder soweit. Ich konnte beim 45. RWE Marathon am Essener Baldeneysee über die 42,195 KM starten.

 

Hier im Essener Süden hat man im Oktober die Gelegenheit, einen schönen Herbstmarathon zu laufen. Diese Möglichkeit hatte ich bereits fünfmal in den Vorjahren genutzt und hier auch 1994 meine Bestzeit mit 3:12:12 aufgestellt.

 

Das ist lange her, aber noch länger ist es her, dass man in Essen auf die Idee kam,  einen Marathonlauf zu veranstalten. 1963 wurde hier bereits erstmals ein solcher ausgerichtet. Zu dieser Zeit wusste man in Berlin, Hamburg und Köln noch nicht so genau, wie lang eigentlich die Marathonstrecke ist. Nun konnte man mit der 45. Auflage bereits ein kleines Jubiläum feiern. Damit ist der Marathon am Baldeneysee die älteste kontinuierlich durchgeführte Marathonveranstaltung Deutschlands.

 

Was hier der TUSEM Essen als Veranstalter auf die Beine stellt, kann sich wirklich sehen lassen und schon bald wird einem klar warum diese Veranstaltung sich in all den Jahren erfolgreich durchgesetzt hat.

 

Hier wird noch Marathon pur gelebt. Lediglich am Vortag macht man Walkern und Nordic Walkern ein Zugeständnis, am Sonntag gehört die Strecke dann allein den Marathonläufern. Die Strecke führt zweimal „Rund um den Baldeneysee“ mit einer Wendeschleife in der ersten Runde. Natürlich ist die  Strecke nach den neuen Richtlinien des DLV vermessen und jeder Kilometer ist ausgeschildert. Für die korrekte Zeitnahme sorgt der ChampionChip.

 

Um Hektik zu vermeiden, hatte ich meine Startunterlagen bereits am Samstag abgeholt und konnte noch an der Pasta-Party vor dem Regattahaus teilnehmen. Hier kann ich auch etliche Bekannte begrüßen. Viele Läufer aus der Region nutzen die  Gelegenheit, hier ohne großen Reiseaufwand ihrer Laufleidenschaft nachzugehen. Ein Blick in die Startliste zeigt aber auch, dass dieser Lauf im In- und Ausland bekannt ist und seine Freunde gefunden hat.

 

Da die Parkplatzsuche etwas problematisch werden kann, habe ich mich am Sonntag für eine frühe Anreise entschieden. Der blaue Himmel verspricht einen schönen Herbsttag. Wenn es auch jetzt mit 6 Grad noch etwas frisch ist, wird es um die Mittagszeit doch um die 16 Grad warm werden. Ideale Bedingungen also.

 

Zusammen mit meiner Frau habe ich auch bald schon meine Bergheider Vereinsfreunde gefunden. Sie wollen in der nächsten Woche mit 21 Vereinsmitgliedern beim Marathon in Magdeburg starten, aber heute werden sie mich unterstützen. Das sind die Vorteile bei einem Heimspiel.

 

Mit Volker Berka aus Bonn habe ich mich vor dem Regattahaus verabredet. Unermüdlich ist er an jedem Wochenende irgendwo in Deutschland oder im Ausland bei einer Laufveranstaltung dabei. Unterhalb der Marathondistanz läuft er natürlich nicht, allerdings darf es gerne etwas mehr sein. So sind es mittlerweile schon sagenhafte 321 M+U geworden. Nun können wir uns mal wieder direkt austauschen. Seine Planungen gehen schon bis ins nächste Jahr. Auch Horst Preisler kann ich kurz begrüßen. Mit 1519 Marathonläufen hält er den Weltrekord. Wir hatten uns beim Athen Classic Marathon 2005 kennengelernt.

 

Langsam müssen wir unsere Startaufstellung einnehmen, denn pünktlich um 10:00 Uhr wird Willi Wülbeck den Startschuss geben. Der ehemalige Weltmeister über 800 Meter ist hier immer noch ein Aushängeschild.

 

Über 2100 Läufer haben sich eingefunden als es jetzt Richtung Werden auf die Strecke geht. Das Feld zieht sich auf der breiten Straße schnell auseinander und dass es leicht bergan geht, bemerkt man in der Starteuphorie kaum. Meine Uhr zeigt beim ersten Kilometer 5:15 an. Ich bin also recht flott unterwegs. Zur Orientierung sind die bewährten Steinfurter Brems- und Zugläufer dabei und bieten Richtzeiten von 2:59 h bis 4:14 h an. Alle fünf Kilometer werden außerdem die Zwischenzeiten auf einer großen Uhr angezeigt.

 

Nach 3 KM geht es über die Ruhr nach Werden und schon bald haben wir den See wieder erreicht. Viele Zuschauer sind vom Start die Abkürzung gekommen und feuern am Wehr die Läufer an. Hier gibt es auch bereits die erste Verpflegungsstelle mit Wasser, Mineralgetränken, Tee und Bananenstücken. Die Strecke ist flach und vollständig asphaltiert. Von einer Anhöhe gegenüber grüßt die Krupp Villa.

 

Man kann nun seinen Gedanken nachhängen oder den Gesprächen der Mitläufer lauschen. Von den Marathonläufen in Berlin und Köln ist die Rede. Ja, jetzt im Herbst häufen sich nochmals die Veranstaltungen. Die Stimmung ist hier entspannt und locker. Der Weg führt direkt am Seeufer entlang. Auf dem See kann ich eine Menge Wassersportler beobachten, welche auch den goldenen Oktobertag nutzen.

 

Bei Kilometer 12 überqueren wir wieder die Ruhr und müssen nun auf der halbseitig gesperrten B227 eine 3 KM lange Pendelstrecke bewältigen. Hier kann man der Spitze des Feldes ins Gesicht sehen und staunen, mit welcher Leichtigkeit diese Läufer unterwegs sind. Stefan Koch vom TV Wattenscheid will heute bei seinem Marathondebüt den 20 Jahre alten Streckenrekord knacken und hat sich dafür sogar zwei Hasen aus Kenia mitgebracht. Trommlergruppen haben sich am Wegesrand aufgebaut und geben einen schnellen Rhythmus vor. Am Wendepunkt liegt zur Kontrolle eine Zeitmatte. Auf dem Rückweg kann ich mich davon überzeugen, dass auch noch Läufer hinter mir sind.

 

Bei Kilometer 18 geht es durch eine Wohnsiedlung in Heisingen, bevor wir an der Halbmarathonmarke wieder das Seeufer erreichen. Bald geht es am Start- und Zielbereich vorbei und hier stehen zahlreiche Zuschauer und veranstalten einen Heidenlärm. Unter ihnen ist auch meine Frau mit den Freunden  vom VfL Bergheide. Ich habe jetzt das Gefühl, es läuft heute nicht so gut. Ein Ziehen im Lendenbereich und im Knie macht sich bereits bemerkbar. Durch meine Knieverletzung war ich im Vorfeld schon etwas verunsichert.

 

Wieder geht es über die Ruhrbrücke nach Werden. Am Wehr ist immer noch Stimmung, der freundliche Moderator informiert die Zuschauer und motiviert die Läufer. Meine Frau ist auch herübergeeilt um sich von meinem Wohlbefinden zu überzeugen. Kurz darauf überholt mich mein Arbeitskollege Jürgen Kolodziej von Marathon Mülheim. Es ist sein vierter Marathonlauf und er macht noch einen frischen Eindruck. Na ja, er ist auch fast 20 Jahre jünger.

 

Auf der Strecke sind nun auch zahlreiche Spaziergänger unterwegs aber man kann ungehindert laufen. Gelegentlich gibt es sogar Beifall. Am beliebten Bikertreff „Haus Scheppen“ riecht es nach Bratwurst, aber ich halte mich doch lieber an die offiziellen Verpflegungsstellen. Jetzt bei Kilometer 30 kann ich ein Stückchen Banane gebrauchen, um die restlichen Kilometer anzugehen. 

 

Ich komme mit Lutz Hethey aus Osnabrück ins Gespräch. Es ist sein erster Marathon und er hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Im letzten Jahr ist er zum ersten Mal Großvater geworden und hat sich vorgenommen, aus diesem Anlass mal einen Marathon zu laufen. Da seine Tochter und der Enkel in Berlin wohnen, möchte er natürlich auch dort starten. Ein Jahr lang hat er sich vorbereitet, dann erwischt ihn in der Nacht vor dem Start eine Magen- und Darmgrippe. Nichts geht mehr.

 

Er den Marathonkalender durchgesehen und den Baldeneysee gefunden. Jetzt möchte er hier gerne unter vier Stunden bleiben. Im Moment hat er Zweifel, ob ihm das gelingt. Doch zusammen sind wir stark, gemeinsam laufen wir weiter und bauen uns gegenseitig auf. Als wir seine Frau mit Begleitung treffen, kann er schon wieder lächeln.

 

Vor der Brücke in Kupferdreh stehen wieder Zuschauer und halten Schilder hoch. „Du schaffst es“ und „Quäl Dich“ kann ich lesen. Ich bin froh, dass es nicht nochmals auf die Pendelstrecke geht, sondern wieder direkt zum See. In Heisingen gibt es an der Verpflegungsstelle nochmals Musik und Aufmunterung durch einen Moderator.


Bei Kilometer 37 schickt mich Lutz nach vorn.  Er ist nun sicher, auch den Rest der Strecke alleine zu schaffen. Die Ergebnisliste zeigt mir später, dass er mit 3:54:14 sein Ziel locker erreicht hat.

 

Ich fühle mich noch stark und meine Uhr zeigt jetzt wieder Zwischenzeiten um die 5:30. Das sind die schönsten Läufe, wenn man auf den letzten Kilometern noch überholen kann.

 

Dann geht es direkt am Ufer Richtung Ziel. Hier kann die Tribüne der Regattastrecke für die Zuschauer genutzt werden, aber die meisten hält es nicht auf den Sitzen. Sie wollen direkt an der Strecke stehen und so bleibt nur eine schmale Gasse für die Läufer. Eine tolle Atmosphäre, die alle Schmerzen vergessen lässt. Noch eine Kurve und dann sehe ich das Ziel. Die große Uhr zeigt 3:49:26 als ich die Ziellinie überquere. Das ist Platz 14 in der M60.

 

Ein Mädchen hängt mir eine Medaille  um und ein Helfer reicht mir eine Wärmefolie. Hier im Ziel gibt es nochmals Cola, Iso, Wasser, Bananen und wer möchte, kann sogar ein Pils bekommen. Schnell hat mich meine Frau gefunden. Sie freut sich, dass ich gut ins Ziel gekommen bin und hat mir eine warme Jacke mitgebracht.

 

Langsam gehen wir zum Auto zurück. Der Weg über die Holzbrücke ist jetzt für mich etwas mühsam. Aber ich bin froh und glücklich, dass ich wieder einen Marathonlauf erfolgreich abschließen konnte.


Bei den Männern siegte übrigens Stefan Koch von der TV Wattenscheid in guten 2:17:17. Der Streckenrekord von Werner Gromisch mit 2:14:36 hat also weiterhin Bestand. Bei den Frauen konnte sich Romy Spitzmüller, LAZ Leipzig in 2:41:49 mal wieder in die Siegerliste eintragen.

 

Für den RWE Marathon wünsche ich mir, dass man hier auch in fünf Jahren das große Jubiläum mit dem 50ten feiern kann. Ich werde versuchen, spätestens dann wieder dabei zu sein.  

 

Auszug aus der Ergebnisliste:

Männer

1. Koch, Stefan  TV Wattenscheid  02:17:18 
2. Kreth, Magnus   ASV Duisbur
3. Petersen, Kevin 02:34:48  

 

Frauen


1. Spitzmüller, Romy LAZ Leipzig   02:41:49 
2. Pfeiffer, Ilona LC Solbad Ravensberg  02:48:43  
3. Gayk, Svenja    02:58:36  

 

Informationen: Westenergie Marathon Rund um den Baldeneysee
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