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Laufberichte

Willkommen an Bord

03.05.09
Autor: Joe Kelbel

Mit zwei Mettbrötchen und einer Dose Bier in den Händen, so kennt mich König Ernst-August von Hannover, seitdem ich ihn vor 24 Jahren das erste Mal umrundete. König Ernst-August (1771-1851) ist nicht der Prinz Ernst August (*1954), der schon mal mit dem Regenschirm ausholt.

Es ist ein Gesetz, das schon lange vor der Zeit Mehdorns erlassen wurde: Kommt der Reisende nach Hannover, so sollte er reichlich Zeit zum Umsteigen haben. Für mich reichte die Zeit immer  für 2 Mettbrötchen, ein Bier und eine Runde um den König, der in Husarenuniform auf seinem stolzen Pferd vor dem Bahnhof thront.

Ich kenne ihn bei gleißendem Sonnenlicht, wenn seine Konturen in der heißen Luft des Bahnhofvorplatzes verwischen. Ich kenne ihn im Regen, wenn die stählernen Muskeln seines edlen Roßes glänzten. Ich kenne ihn im Gewitter, wenn der Blitz in die hohen Reihernfedern seiner Husarenmütze zu schlagen drohte. Er war immer für mich da, mein König - seit 24 Jahren und Seelenklempner der Reisenden seit über 150 Jahren.

Der Hannover-Marathon liegt ungünstig zwischen Hamburg- und Mainz-Marathon, konkurriert zudem mit dem Düsseldorf-Marathon, wo an diesem Sonntag wirklich erstklassige Läufer antreten. Was nun hat eine Stadt, die in keinem Wellnesskatalog zu finden ist, und dessen Sympathie bei mir allein in einer imposanten Reiterstatue begründet liegt, mir zu bieten? Nach 24 Jahren und geschätzten 1480 Mettbrötchen will ich dies wissen.

Informationen: ADAC Marathon Hannover
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

Top-Läufer aus Kenia, Äthiopien und Südafrika sollen dafür sorgen, daß morgen Streckenrekorde fallen, so schreibt die Neue Presse. Beste Chancen hat Ruth Wanjiru. Die Kenianerin erziehlte im Januar als Siebte des Osaka-Marathons ihre Bestzeit von 2:27,38 Stunden - sechs Minuten besser als der Hannover-Streckenrekord von 2003. Bei den Männern macht sich Vorjahresssieger Duncan Cheruiyot Koech Hoffnungen. Und Gela Teshome Etanas Bestzeit von 2:11,50 Stunden (2008 in Reims) ist nur sechs Sekunden schlechter als der Streckenrekord von 2001.

Samstag abend, exakt 24 Stunden nach dem Bärenfels-Ultra-Trail, steh ich vor König-Ernst-August, habe kein Hotel und keinen Stadtplan, aber zwei Mettbrötchen in der Hand. „TUI-fly.com“ lese ich auf Plakaten am Bahnhofsplatz.

TUI-fly.com, der Sponsor passt ja zu Ernst-August, meinem  Bahnreisebetreuer, doch wo bitte geht´s zur Marathonmesse? Keine Reiseführerin mit TUI-Schirm läuft voran, nein, die ganze Stadt zeigt dir wo es lang geht! Ich folge einfach den Absperrungen. Witzigerweise komme ich in einem Hotel in der „Hinüber“straße unter, eine Kopie der Laufstrecke liegt auf dem Zimmer. Bestes Thairestaurant in selbiger Strasse. Hannover läuft soweit ganz gut!

Dieter Baumann selbst hatte die Marathonwoche eröffnet. In einem zweistündigen Soloprogramm im Variete-Theater nahm er die Läuferszene gekonnt auf die Schippe.

Die Marathonmesse ist im Zelt am Neuen Rathaus. Das Neue Rathaus ist gar nicht so neu, sondern von 1913 und verdammt gutaussehend, mit imposanter Kuppel, unter der sich der Nachmeldeschalter befindet. Vor dem Rathaus bereiten sich erstaunlich viele Briten bei Bratwurst und Bier auf den Marathon vor. Familiäre Verbindung der Welfen machen´s möglich.

Vor dem Neuen Rathaus ist am Sonntag auch der Start  um 9 Uhr. Nebenan ist das „Runners Village“. Seit dem Hamburgmarathon kann ich mit diesem neudeutschen Wort auch ein bißchen was anfangen. Die Wege sind kurz. Soweit läuft alles super in Hannover.

Hier  im „Runners Village“ (bääh) tummeln sich ein paar Freaks, hier fühle ich mich auch wohl und mache Fotos. Von Horst Preisler natürlich, der seinen 1625ten Marathon läuft, von Christian Hottas. der weit über 1400 Marathons hat und heute wieder mit seiner Vereinskollegin Christine Schröder  läuft. Von den 100 MC-Kollegen aus Großbritannien, Linda und David und von einem absoluten Freak: dem Sonnen-Löwen-König, Goldi Schein, Nomen est Omen, der mit der Barfußläuferin  Gabriele (eine von Zweien) im Arm für den Super-m4y-Reporter posiert.

Reibungslose Startaufstellung, ich muß nicht lange suchen und finde sogleich den  Eingang in meinen Startblock, der mit einem farbigen „Torbogen“ gekennzeichnet ist. Da Hannover seit dem Krieg extrem breite Straßen besitzt, können wir auf der mittleren Busspur starten, die Zuschauer haben links und rechts auf den Fahrstreifen viel Platz.

Der Hannovermarathon ist eigentlich kein Stadtmarathon sondern ein Parkmarathon. Ein Botaniker würde in den Gärten und Parks die Sammelleidenschaft der Forscher von Jahrhunderten benennen können. Wunderbar ist die ewig lange Strecke am Maschsee vorbei, mit den Segelbooten im Hintergrund und den Ruderern im Vordergrund.

Die Streckenführung des Laufevents von Hannover ist erwähnenswert: Bei km 31 stoßen die (zu dieser Zeit)  schnellerer Halbmarathonläufer auf die Marathonstrecke. Sie sind zwei Stunden nach den Marathonläufer gestartet und haben dementsprechend noch viel Power.
Für die etwa 2000 Volldistanzläufer ist dies mental schwierig, da die über 5000 Halbdistanzläufer schneller laufen. Dies stört das Läuferfeld aber keineswegs, ohnehin haben die wenigen (Marathon)-Staffelläufer bisher auch keine Unruhe in das Feld gebracht.

Nach 4 km verläßt uns die Halbdistanz-Begleitung,  die Marathonläufer haben eine Extratour durch die Herrenhäuser Gärten zu absolvieren, von der Streckenführung sicherlich eine Tortur, da man dreimal die vorderen und hinteren Läufer durch die Vegetation sichtet. Wer aber hier, ab km 35 noch so viel Muße für einen botanischen Seitenblick hat, kann uralte Exoten entdecken. Hier laufen wir auch am inposanten Welfenschloß vorbei, heute Universität.

Holger hat seine Aufgabe als 3:45 Pacer sehr gut erfüllt. Ab 4:00 und aufwärts waren unsere holländischen Nachbarn die Pacemaker, was sie auch sehr gut erledigten.

200 Meter vor dem Ziel stoßen zusätzlich die 10 KM-Läufer auf die Strecke. Eigentlich gut gemeint vom Veranstalter, nämlich den gemeinsamen Zieleinlauf von Marathon-, Halbmarathon und 10-km-Läufer, dahinter sogar die Walker. Als ich aber ins Ziel laufe, klappt die (versorgungslose) Umleitung der 10-km Läufer nicht. Ich kämpfe in diesem schweißgeschwängerten, stinkigen  30 minütigen Stau als einer der wenigen Volldistanz-Moleküle gegen die Übelkeit, Rettungs- und ein Lastwagen blockieren ein Fortkommen aus dem Zielbereich, während sich 10-km-„Extremläufer“ noch  kraftvoll durch die Massen drängen, um möglichst viele Energienahrung zu ergattern.

Eigentlich sollten die 10er gleich nach dem Zieleinlauf nach links abgeleitet werden, jedoch kamen soviel Kurzläufer  um die 1:10 Stunden ins Ziel, daß dies organisatorisch wohl nicht mehr möglich war, da auch die Masse der Halbmarathon-und Marathonläufer um etwa 13 Uhr eintrafen.

Abgesehen davon fand ich diese Integration der Kurzläufer absolut gelungen. Alle Kurzläufer laufen separate Strecken, werden aber teilweise vorher, bzw. nachher vollständig in die Marathonstrecke beim Zieleinlauf integriert. Ohnehin ist auf den breiten Straßen Hannovers ein ruhiger, ausgeglichener Lauf möglich, der aber eben nicht durch Staffelläufer und Kurzdistanzler beunruhigt wird. Ich wäre froh, wenn  Mainz und Frankfurt hier was lernen würden.

Über 14.000 Läufer wurden hier betreut. Zugegebenermaßen inklusive Kurzdistanzler. Aber das hat wunderbar geklappt.

„Absolutes Highlight allerdings war das Auslöschen des schon acht Jahre alten Streckenrekordes des Weißrussen Andreij Gordeyev, der gleich von den ersten vieren im Herrenfeld unterboten wurde. Evans Kipkogei Ruto (Kenia) schraubte die neue Bestmarke auf 2:10:47 und siegte vor seinem Landsmann Julius Muriuk (2:10:48), dem Ethiopier Hussen Adem Jemal (2:11:17) und Pius Muasa Mutuku (KEN, 2:11:33).

Bei den Damen musste die lange klar führende und auf Streckenrekordkurs liegende Ruth Wanjiru (2:42:07) auf den letzten sechs Kilometern einer Verletzung Tribut zollen und den Sieg Fridah Jepkite Too (2:35:47) überlassen.“

Ich habe einen freundlichen, ruhigen gut organisierten Parklauf in Hannover erlebt.Die Verpflegung während des Laufes, ausgenommen Zielbereich war perfekt, ohne Panik, ausreichend  und nett.Die Zuschauerstimmung ist natürlich nicht wie in Hamburg, aber der neue Reisesponsor hat seine Rolle sehr sympatisch rübergebracht, und wird dies auch nächstes Jahr machen.

TUIfly hat dem Marathon Flügel verliehen.

 

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