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Laufberichte

Lieber ohne Packung

18.11.12

Der Lauf in Frauenfeld hat was, ich weiß nur noch nicht ganz genau was! Auch wenn wir Zivilisten nicht zeitgleich mit den „richtigen Waffenläufern“ starten dürfen, fühlte ich mich irgendwie zugehörig, war aber auch froh, dass mir die für die Waffenläufer vorgeschriebene „Packung“ (Marschgepäck incl. Gewehr) erspart blieb. Aber ich war voll der Bewunderung für die Läufer und Läuferinnen, die das auf sich nehmen und dann auch noch solche Zeiten laufen! Ich muss und werde daher unbedingt nochmals bei diesem Wettkampf dabei sein und das Außergewöhnliche genauer ergründen.

Von Stuttgart aus waren es etwas mehr als zwei Stunden und schon waren wir in der Kaserne in Frauenfeld. Läuferlegende Klaus Neumann war auch dort, kannte sich bestens aus und so war ich in kürzester Zeit im 1. OG der Kaserne, hatte mich lauffertig gemacht und mein Gepäck dort abgelegt. Daniel, mein Reporterkollege, rieb noch seine Wade ein, die ihm Sorgen machte und dann warteten wir auf die „Besammlung“ der Waffenläufer im Kasernenhof.

Der Waffenlauf ist eine weltweit einzigartige schweizerische Besonderheit mit beinahe 100-jähriger Tradition. Bereits 1916 fand in Zürich erstmals ein Armee-Gepäckmarsch statt und 1934 zum ersten Mal in Frauenfeld. Dieses Jahr wurde also der 78. Frauenfelder Militärmarsch ausgetragen – wahrlich eine beeindruckende Tradition. Seit 1998 waren auch Zivilisten zu dem Lauf zugelassen und man ergänzte ihn gleichzeitig um einen Halbmarathon. Eine weitsichtige Entscheidung, ist doch der HM mit in diesem Jahr 1.416 Finishern „Träger“ der Veranstaltung und auch die zivilen Marathonis haben mit 280 die Waffenläufer (191) überholt. Die Zivilisten haben somit wohl das Militär gerettet, auch ein schöner Gedanke.

Start für uns Zivilisten war um 10.30 Uhr, für die Waffenläufer um 10 Uhr, aber bereits um 9.30 Uhr traten sie im Kasernenhof an, mit dabei ein paar österreichische und auch deutsche Soldaten, ebenfalls mit vorschriftsmäßiger Ausrüstung, also dem 6,2 kg schweren Gepäck mit Gewehr und Tarnanzug. Nach kurzer Zeremonie marschierten sie die etwa 10 Minuten zum Start auf dem Marktplatz. Oben erwähnter Klaus hielt mich davon ab, mit dem Tross mitzugehen und Bilder zu machen: „Zu kalt da draußen, lieber in der angenehm warmen Kaserne bleiben“.

Es half aber nicht viel, bald mussten auch wir auf den Startplatz, wo ich wenigstens noch ein paar Bilder von den zivilen Läufern machen konnte. Auch die Kanone, die Punkt 10.30 Uhr mit gewaltigem Knall den Startschuss gab, konnte ich noch ablichten, ebenfalls den Weihnachtsmann und zwei Läufer im rosaroten Pelzkostüm. Beachtet auch die intelligente Startlinie, die es ermöglichte, dass alle ca. 280 Starter ohne Gedränge in ihrem Tempo loslaufen konnten.

Stramm ging es gleich den ersten Kilometer aufwärts. Zum Glück hatte ich noch ein paar wenige Läufer hinter mir und auch nach vorne hatte ich noch Anschluss, also dran bleiben. So stark aufwärts aber hatte ich mir das nicht vorgestellt. Auch die nächsten Kilometer ging es in Wellen weiter, immer wieder ein Anstieg dazwischen, den ich teilweise gehen musste und bei km 5 hatten wir die ganzen gewonnenen Höhenmeter (über 100) wieder verloren.

Ab hier ging es dann beständig aufwärts, bis zum höchsten Punkt der Strecke bei der Halbmarathonmarke in Wil. Den größten Teil der insgesamt 520 Höhenmeter machte man also auf der ersten Hälfte.

Das Wetter war beinahe perfekt, teilweise leichter Nebel, der die Landschaft weichgespült darstellte, dazwischen aber auch sonnige Abschnitte und mit etwa 7 Grad konnte ich auf meine Handschuhe verzichten. Vor allem aber war die Strecke sehr abwechslungsreich: Stadt, freie Landschaft, Wald, kleine Ortschaften, schöne, große Höfe, viele repräsentative Häuser, Kühe und viel Schafe auf der Weide. Auch gab es erstaunlich viele Zuschauer an der Strecke. Überall, wo auch nur ein Haus in der Nähe war standen sie, beklatschten und spornten uns an: „Hopp, hopp, bravo!“

Alles also perfekt, nur ein wenig zu schnell war ich für die anspruchsvollen Kilometer bis zur Streckenhälfte. Dadurch aber konnte ich mich etwas nach vorne absetzen und hatte nach 10 Kilometern den lästigen Besenwagen nicht mehr hinter mir. Gott sei Dank, das ist nämlich eine ganz nervige Sache, wenn dir jemand so penetrant im Nacken hängt.

Immer wieder fragte ich mich, ob ich wohl den Vorsprung der Waffenläufer von 30 Minuten auf- und den einen oder anderen gar überholen konnte. In Wil war es dann soweit. Noch vor der Hälfte hatten wir den Letzten eingeholt. Er marschierte recht zügig und ließ sich dabei auch nicht durch die beiden Besenradler stören, die dicht hinter ihm fuhren.

Es ging die Fußgängerzone hinauf und noch weiter aufwärts bis zum höchsten Punkt der Strecke, dem Marktplatz von Wil. Während ich anschließend eine malerische Gasse wieder hinunter lief, hörte ich einen Gewehrschuss und bald danach sah ich die Ursache: hunderte Halbmarathonis waren plötzlich auf der Strecke, ganz offensichtlich der dritte und letzte Block, den man da gestartet hatte.

Genial das Timing! Vor allem wir am Ende des Marathonfeldes hatten plötzlich wieder Läufer um uns herum, die einen vergessen ließen, dass man am Schluss lief. Auch intensivierte sich ab jetzt alles. Die Verpflegungsstellen folgten dichter aufeinander, die Zuschauer wurden nochmals zahlreicher und wir konnten immer wieder Läufer überholen, Halbmarathonis und auch Waffenläufer. Es war wieder richtig Leben auf der Strecke.

Zwei Kilometer später waren wir wieder in der angenehmen Landschaft, liefen durch Ortschaften, vorbei an beeindruckenden Häusern, noch mehr Zuschauern als auf der ersten Hälfte, vielen Spaziergängern, die das schöne Wetter genossen. Ganz offensichtlich ist der Frauenfelder in der gesamten Region verankert und wenn das Wetter so schön ist, wird das von vielen Hundert ausgenutzt. So viele Zuschauer habe ich noch nie bei einem Landschaftslauf erlebt.

Übrigens, die Strecke ist auf der zweiten Hälfte tatsächlich einiges leichter, es geht viel bergab und nur noch wenige Steigungen waren zu bewältigen. Wenn ich am Anfang vernünftiger gelaufen wäre, hätte ich das noch viel mehr genießen können. Nun ja, ab km 30 wird jeder Marathon schwer.

Und dann waren wir schon wieder in Frauenfeld. Die letzten eineinhalb Kilometer ging es im Zickzack recht angenehm abwärts und wir konnten tatsächlich noch mal richtig zulegen bis ins Ziel. Schön war es und angenehm das Gefühl, die Anstrengung hinter sich zu haben. Daniel war längst geduscht und abreisebereit. Seine Wade hatte durchgehalten und mit seiner Zeit war er, glaube ich, auch zufrieden.

Der Frauenfelder hat was Besonderes! Ob man sich wohl als Zivilist die Ausrüstung leihen und dann auch bei den Waffenläufern mitmachen darf? Nein, ich glaube das würde ich doch nicht machen wollen, da bekäme ich womöglich noch Probleme mit den sechs Stunden Zeitlimit! Auch lässt sich die Strecke und die schöne Landschaft sicher besser ohne Beschwernis genießen.

Auf jeden Fall aber werde ich hier noch mal laufen. Wenn ich dann nächstes Jahr wieder dabei bin, werde ich auch Bilder vom Start der Waffenläufer mitbringen, da hält mich weder Klaus, noch Kälte, Regen oder Schnee ab. Versprochen!

Noch ein Satz zur Verpflegung. Die Getränkeauswahl mit Wasser, Iso, Bouillon, Tee, teilweise Rivella war perfekt. Die Verpflegung selbst aber könnte besser sein. Mag sein, dass wir am Ende des Feldes Pech hatten, aber ich habe lediglich ein paar mal Bananen auf den Tischen gesehen, sonst nichts.

Veranstaltungen
Militärmarsch-Marathon, Marathon, Halbmarathon, Juniorenlauf
Kosten
Militärmarsch 33 Franken
Marathon: 42 Franken
Halbmarathon 37 Franken, Jahrgang 1993-2000 ermäßigt 25 Franken
Zeitnahme
Zeitmessung in Startnummer, Zeiterfassung im Ziel per Handscanner
Streckenbeschreibung
Eine Schleife über Matzingen, Wängi, Eschlikon bis Wil und zurück über St. Margarethen, Lommis, Weingarten, Stettfurt bis Frauenfeld. Nur wenige Kilometer am Anfang sind deckungsgleich.
Auszeichnung
Glas Honig, oder eine Medaille oder 10 Franken.
Verpflegung
Etwa alle 6 km: Wasser, Tee, Iso, Bouillon, Bananen ab km20 deutlich dichtere Abfolge der Stationen.
Zuschauer
Erstaunlich viele, nicht nur in den Ortschaften, sondern auch auf der Strecke.

Sieger

 

Waffenlauf 42 km
Männer

1. von Allmen Konrad, Olten 2:57.10,7
2. Brennwald Adrian, Aeugst am Albis 2:59.32,9
3. Bosshard Patrick, Münchwilen TG 3:05.34,9

Frauen

1. Zimmermann Denise, Mels 3:31.58,0
2. Cina Barbara, Wölflinswil 3:35.03,9
3. Siegenthaler Jeannette, Ettenhausen TG 3:50.45,5

191 Finisher

 

Marathon
Männer

1. Hermann Daniel, Münchwilen TG 2:42.58,1
2. Schenk Felix, Wigoltingen 2:44.45,8
3. Hanser Robin, Kreuzlingen 2:45.42,0

Frauen

1. Müller Astrid, Grafstal 2:53.05,1
2. Mazenauer Daniela, Oberbözberg 3:22.07,0
3. Altenbeck Melanie, D-Ditzingen 3:22.22,2

277 Finisher

 

 

Informationen: Frauenfelder Marathon
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