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Laufberichte

Von hinten losgelaufen und dort geblieben

 

Fleckenberg  ist mit seinen 1500 Einwohnern ein beschauliches Örtchen im Hochsauerlandkreis in NRW. Die für die Region typischen, mit  Schiefer gedeckten Fachwerk- und Bauernhäuser prägen das Ortsbild. Der Latropbach mündet hier zu Füßen des Rothaargebirges in die Lenne,.

Dass es hier ein rühriges Vereinsleben gibt, zeigt das einzigartige Gemeinschaftsprojekt der drei Sportvereine VFL  und STC Fleckenberg und des Skiclubs Jagdhaus: Am 16.10.2004 war die Geburtsstunde des FALKE Rothaarsteig-Marathon.

Der Einstieg des Schmallenberger Unternehmens FALKE war ein Coup mit beidseitigem Win-Win. Gerne wollte man das Image der biederen Strumpffabrik ablegen und als Komplettanbieter funktioneller Sportbekleidung mit ganzheitlichem, optimal aufeinander abgestimmtem Produktportfolio in Erscheinung treten.

20 Jahre später geht das Konzept immer noch auf, so dass man zum bereits bestehenden Marathon, dem Halbmarathon und den Walking-Wettbewerben noch einen anspruchsvollen 12 km Berglauf anbieten kann. Für Norbert und mich steht der Lauf schon lange auf der Wunschliste. Mit sind gespannt, was uns hier erwartet.

Anreisetag ist Donnerstag, damit wir uns nach 4 Stunden Autofahrt gut akklimatisieren können. Die schöne große Ferienwohnung in Schmallenberg und die Gastfreundschaft der örtlichen Gastronomie erledigen das wie von selbst. Nur das Wetter macht uns Kopfzerbrechen, denn seit Tagen ist es frisch mit anhaltenden Regenperioden.

Die Startunterlagen gibt es am Freitag ab 17 Uhr in der Schützenhalle in Fleckenberg. Das ist von unserer Unterkunft nur 3 Kilometer entfernt. Leider liegt ein Berg mit veritabler Steigung dazwischen; so entscheiden wir uns mit dem Auto dahin zu fahren.

 

 

An der Schützenhalle gibt es ein paar Parkplätze. Daher erfolgt heute schon die Einweisung durch Helfer. In der Halle sind gerade so viel Menschen, dass wir bequem unsere Startnummern, die Starterbeutel und ein paar Sportsocken der neuesten Generation aus dem Hause FALKE erhalten. Am Streckenplan stehen ortskundige, die die verschiedenen Streckenführungen erklären und auch sonstige Fragen beantworten.

In der Nacht regnet es unaufhörlich. Am Morgen begrüßt uns ein Regenbogen über den Dächern von Schmallenberg. Die Wetter-App verspricht die letzten Tropfen um 10 Uhr, das würde genau zu unseren Start um 11 Uhr passen.

Parken ist um 10 Uhr kein Problem. Der kurze Fußweg von 5 Minuten führt auf der Laufstrecke im Zickzack durch den Ortskern. In der Halle ist es heute brechend voll. Wir finden einen Sitzplatz vor der Bühne.

Kurz vor 11 Uhr werden wir auf den tiefer liegenden Sportplatz gebeten. Wir geben auf dem Weg dahin unseren Kleiderbeutel ab und versammeln uns hinter dem Starterbogen. Der Moderator ist kein geringerer als der Schmallenberger Marathon- und Ultraläufer Hermann-Josef Belke. Er lobt die Läufer für ihre umsichtige Schuhauswahl: „Ein bisschen Profil kann heute nicht schaden.“

Pünktlich um 11 Uhr kommt die Sonne raus, und die Läufer dürfen sich auf die Strecke machen. Ich probiere heute einmal etwas Neues aus: Von hinten loslaufen und dort bleiben. Laut Streckenprofil geht es die ersten 3 km flach, dann 3 km hoch auf den Rothaarsteig.  Dort bleiben wir bis ca. km 30. Anschließend geht es praktisch wieder runter. Da ich dann gerne noch laufen möchte, ist bis dahin Kräftesparen angesagt.

 

 

Nach einem stimmungsvollen Abschied durch viele Zuschauer und den „Sambastics“, einer Sambagruppe aus dem Landkreis, geht es bergab durch den Ort, über die Lenne und Richtung Sägemühle. Ab dort führt ein gut ausgebauter Rad- bzw. Wanderweg das Lennetal entlang. Die Lenne mäandert mal mehr mal weniger weit vom Weg entfernt, Kühe grasen auf der Weide und in der Ferne hört man den spärlichen Straßenverkehr der B 236. Ich bin froh, dass sich die Sonne schon wieder zurückgezogen hat. So kann es von mir aus bleiben. Hinter km 3 warten Helfer an einer Spitzkehre. Links geht es steil bergauf. Hinten im Feld hat sich ein kleines Grüppchen zusammengefunden, sofort fallen alle ins Gehen.

Ein Alpaka steht am Zaun und schaut verwirrt den Läufern zu. „Wie süüüss!“ Da sind sich alle einig. Ich bin gut drauf und kann Michaela einholen. Die junge Läuferin hat hier letztes Jahr ihren ersten Marathon gefinisht. Wir haben viel zu erzählen. Die Steigung könnte nicht kurzweiliger sein, km 5.

Die erste Verpflegungsstation bietet bereits das volle Programm mit Wasser, Tee, Cola, Iso, Äpfel, Bananen und Riegel. Wir verlassen den Wald dann fällt der Weg bis zum Wanderparkplatz „An der Böhre“, km 7, um dort wieder in den Wald einzubiegen.

Die nächste Steigung lässt nicht lange auf sich warten. Ungefähr 4 km lang zieht sich der Weg sehr abwechslungsreich nach oben. Die Führenden des 12 km Laufs sprinten  an uns vorbei. Je höher wir kommen, desto langsamer werden die Überholmanöver. Bis kurz unterhalb des 666 m hohen Heidkopfs kann ich auch die ersten Geher des kurzen Laufs sichten, km 10.

Bergab jogge ich annähernd gleich schnell. Plötzlich kommt ein Fahrrad von hinten: „Achtung Läufer!“, gefolgt vom Führenden des Halbmarathons. Hinter der nächsten Kurve verlässt uns der Halbmarathon aber schon wieder. Wir laufen weiter bergab. Bevor wir die Straße erreichen, werden wir auf einen schmalen Trail geleitet. Auf dem welligen Terrain mache ich gerne Platz für die schnelleren 12 km Läufer.

 

 

Der Trail endet auf einem Wiesenweg steil bergauf. Ein junger Mann kommt von hinten und beklagt sich bei mir über die profilierte Strecke. Es war ihm allerdings nicht aufgefallen, dass ich den Marathon laufe, also noch etwas mehr Höhenmeter machen werde, als er bei seinen 12 Kilometern. Er ist verblüfft und erfreut und wünscht mir alles Gute, bevor ich ihn, oben angekommen, ordentlich stehen lasse. Es geht über eine Wiese und am Ende links die Straße hinunter bis Jagdhaus, einem Ortsteil von Schmallenberg. Dort gibt es wieder Vollverpflegung. Hier verabschieden wir uns von den 12 km Läufern, die es von hieraus nicht mehr weit ins Ziel haben.

Weiter bergab stoßen nun die Halbmarathonläufer erneut zu uns. Eine Streckenposten weist uns auf das parkähnliches Gelände des Wellnesshotels Jagdhaus Wiese. Anschließend folgt die Streckentrennung. Marathonis geradeaus, km 12.

Nach den letzten aufregenden Kilometern wird es nun ruhig. Wir befinden uns endgültig auf dem Rothaarsteig auf über 600 m Höhe. Insgesamt ist der Rothaarsteig ca. 156 km lang und führt von Brilon im Sauerland nach Dillenburg in Hessen. Der Name hat nichts mit roten Haaren zu tun, sondern kommt von Rod-Hardt-Gebirge was so viel wie Gerodetes Waldgebirge bedeutet.

Obwohl die Namensgebung schon sehr viel älter ist, ist er nun wieder Programm, denn die Borkenkäferplage macht den Bäumen auf den Höhen immer mehr den Garaus. Für die Läufer bieten sich dadurch grandiose Ausblicke auf eine atemberaubende Hügellandschaft.

Wir passieren den Paul Ermecke Platz, eine weitläufige Wegkreuzung , und steigen auf zur Köhlerhütte bei km 15. Am scharfen Linksabzweig wartet ein Streckenposten mit „versteckter Kamera“ und etwas weiter eine Kontrollstelle.

 

 

Norbert ist jetzt in Sichtweite vor mir. Die nächsten Kilometer verlaufen relativ ungeschützt mit einzigartigen Ausblicken. Hinter km 17 erkenne ich einen Streckenposten vor mir. Gleich kommen mehrere Walker aus dem Wald. Unsere Strecken verlaufen nun die nächsten Kilometer gemeinsam. Die nächsten Straßenkreuzung wird von Feuerwehrleuten gesichert. Gleich darauf steht die VP. Ich gönne mir eine Cola und ein Stück Banane. Dann mache ich mich weiter auf den Weg. Ich teile mir die Strecke gerne mit den Walkern. Die sind gut gelaunt und Platz gibt es auf dem breiten Weg genügend; wenn nicht gerade riesige Pfützen die Strecke blockieren.

An der VP bei km 20 kann ich Norbert und Björn überholen. Björn ist aus Schmallenberg und wird heute seinen ersten Marathon finishen. Es geht bergab, am Kontrollpunkt vorbei, die Walker verlassen uns. Zunächst folgen wir einem breiten geschotterten Weg. Bei km 23 weist uns der Streckenposten durch einen Sumpf. Gut dass Norbert und ich unsere Goretex-Schuhe angezogen haben.

Der Matsch nimmt kein Ende. Ich bewundere die Geduld der Streckenposten, die nun regelmäßig an wichtigen Abzweigen stehen. Die Wege werden schmäler, aber trotz müder Beine habe ich riesigen Spaß. Höhepunkt ist ein richtiger Downhill, wurzelig und steinig. Die Hindernisse sind mühevoll mit roter Farbe markiert, da hat sich jemand richtig Arbeit gemacht.

Jetzt führt ein gemächliches Gefälle hinunter, genau das richtige, um die Beine aufzulockern. Ich genieße die Aussicht, denn der bunte Herbstwald ist eine wahre Pracht.  Erst steil, und dann etwas flacher geht es schließlich wieder bergauf. Der nächste Streckenposten weist mich lauf einen Trail. Hier sind die Wurzeln diesmal mit weißer Farbe gut erkennbar gemacht.

Ich befinde mich auf einem schmalen geschotterten schnurgeraden Pfad. So erkenne ich schon von weitem, dass es da vorne erneut bergauf geht. Am Parkplatz Kühhude wartet wieder ein Helfer, km 27. Ein schöner Weg führt nun tendenziell bergauf. Die VP wartet bei km 28. Ich greife zum Veltlins. Auch Norbert kommt schon.

Gemeinsam geht es den Berg hinauf. Oben erreichen wir den höchsten Punkt der Strecke mit 760 Metern Höhe bei km 29. Nach einem weiteren Kilometer erwartet uns der nächste Streckenposten und weist uns den Weg. Die Aussicht hier ist nochmal zum Genießen. Dann geht es bergab.

Aber nur kurz. Ein paar Jungs übernehmen den Streckendienst und schicken mich steil den Berg hinauf. Na hoffentlich treiben die keinen Spaß mit mir. Aber nein, schon kann ich die nächsten Streckenposten oberhalb erkennen. Gerade kommt die Sonne etwas raus, die Helferinnen schreiben das prompt auf ihre Fahnen. Mir wäre lieber, wenn sie den Wind ausschalten könnten. Sie versprechen, ihr Möglichstes zu tun.

Eine Straße führt mich nach Schanze, einem weiteren Ortsteil von Schmallenberg. Die sehenswerte St. Bonifatius Kapelle weist mir den Weg. Hinter dem Skilift wartet die nächste VP. Von nun an geht es wirklich bergab.

„Noch 10 km“ verheißt ein Schild. Das Gefälle liegt mir, ich lasse es kontrolliert rollen und erreiche Latrop km 35,5 mit einer weiteren VP. Die Helfer sind schon ein bisschen müde, lassen sich aber nichts anmerken und sind uper drauf.

Es geht ein Stückchen durch den Ort und dann auf einen schmalen Fußweg direkt am Bächlein Latrop entlang. Solche Wege liebe ich, völlig flach, gut gepflegt und kurzweilig. Über eine Holzbrücke steige ich ein paar Stufen hoch auf einen breiteren Waldweg, noch 5 km.

 

 

Mein Plan ist voll aufgegangen. Die Kräfte, die ich am Anfang gespart habe, kann ich nun abrufen und in angenehmem Tempo  dahin traben. Ungefähr 2,5 km vor dem Ziel kommt nochmals eine Getränkestation.

Nun hole ich die letzten Wanderer ein. Im Wald biegen wir nochmal auf schmalen Pfad; es wird schon dämmerig. Eine schöne hölzerne Bogenbrücke bringt mich erneut über den Bach. Noch 1 Kilometer und ich befinde mich immer noch zwischen Bach und Kuhweide. Ich bin gespannt, wie ich zu den Sportanlagen kommen werde. Ein Streckenposten lotst mich über die Straße auf eine Wiese, es geht erneut über ein Brückchen. Nun kann ich die Sportanlagen schon zwischen den Bäumen vor mir erkennen und die Lautsprecherdurchsagen hören.

Es geht jetzt Zickzack an überdimensionalen FALKE Socken vorbei. Da kommt der Eingang des Sportplatzes, noch ein paar Meter, ich werde angesagt und passiere die Ziellinie. Einerseits bin ich froh im Ziel zu sein und glücklich über die tolle Zeit. Andererseits waren die letzten Kilometer ein Traum, der eigentlich zu schnell zu Ende ging. Ich wende mich der Zielverpflegung zu und stoße mit den anderen Finishern an. Norbert kommt auch bald.

Als wir die Halle erreichen, ist die Siegerehrung in vollem Gange. Hermann-Josef Belke ist ganz in seinem Element und beglückwünscht die Altersklassenathleten zusammen mit Schmallenbergs Bürgermeister Burkhard König.

Ich bin 3. in meiner AK, darf auf die Bühne und bekomme eine wunderschöne Medaille.

 

Fazit:

Der Rothaarsteigmarathon ist ein wunderbarer Landschaftslauf mit guter Verpflegung und super markierter Strecke. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist super. Vielen Dank an die vielen Helfer, die uns einen schönen Tag beschert haben. Die Stimmung, vor allem nach dem Lauf, auch dank des phantastischen Moderators, ist super. Das umfangreiche Kuchenbuffet haben Norbert und ich leider verpasst.

Da müssen wir wohl wiederkommen!

 

 

 

 

 
 
 

Informationen: FALKE Rothaarsteig-Marathon
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