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Laufberichte

Good-bye Bavaria, welcome in the Länd

 

Ulm ist immer eine Reise und einen Marathon wert. So entscheiden Judith und ich uns, nach 2013, 2014 und 2023 erneut dort zu starten, zumal die Universitätsstadt an der Donau nicht allzu weit von München entfernt ist.

Das Wetter am Samstag kann man als „frisch“ bezeichnen. Erstes Ziel ist die Marathonmesse im großen Veranstaltungsaal der Messe Ulm. Dort bekommen wir schnell unsere Startnummern, Kleiderbeutel samt Gutscheinen, Taschentüchern und einer Tüte getrocknete Mango von Seeberger. Einige Vorträge werden ebenfalls angeboten.

Der traditionsreiche, zum 21. Mal stattfindende Marathon ist nach Albert Einstein benannt, dem Physiker und Begründer der Relativitätstheorie, der am 14. März 1879 in Ulm geboren wurde und der im Stadtbild allgegenwärtig ist. Der Elektrobetrieb von Einsteins Vater und Onkel hat übrigens anno 1888 in München das erste Oktoberfestzelt mit Glühbirnen ausgestattet.

Dann ins Zentrum, wo wir eine günstige Unterkunft gefunden haben. Die Zeit bis zur Spätzle-Party vertreiben wir uns mit einer Fahrt zur höchstgelegenen Tramhaltestelle Deutschlands beim Botanischen Garten. Gut, auf so eine Idee kommt nur ein Straßenbahnfreund wie ich, obwohl die steile Strecke, die bis auf 619 m Höhe führt, schon beeindruckend ist.

Auf dem Weg zurück genießen wir die Aussicht auf die Stadt Ulm samt dem berühmten Münster. Der Grundstein für das gotische Bauwerk wurde im Jahr 1377 gelegt. 1530 wurde die Kirche per Volksabstimmung evangelisch. Die Besteigung des mit 161,53 m höchsten Kirchturms der Welt verkneife ich mir mit Blick auf den morgigen Marathon. Der Architekt Antoni Gaudí plante für die Sagrada Familia in Barcelona einen Hauptturm, der den Turm des Ulmer Münsters um 11 Meter überragt. Fertiggestellt werden soll der aber erst bis zum Jahr 2034.

Direkt vor dem Münster sind Tische und Bänke für die Settele-Spätzle-Party aufgebaut. Nach längerem Anstehen bekommen wir unsere dampfende frische Ration und können uns zu Füßen des höchsten Kirchturms der Welt niederlassen. Dort beginnt gerade das Sechs-Uhr-Läuten, das die Parolen der Pro-Palästina-Demonstration, die gerade aus Richtung des Hauptbahnhofs ankommt, übertönt. In der Kirche findet von 18:00 bis 18:42 ein Sportlergottesdienst statt.

Hinter uns werden die Tribüne und die Stände für die Zielversorgung aufgebaut. Auch viele Firmenstände wird es rund um das Münster geben.

 



Marathontag



Der Start des Marathons ist an der Messehalle um 9:10 Uhr vorgesehen. Erst dachte ich, das sei die Startzeit für den letzten Block, aber vorher starten noch die Handbiker und Inlineskater. Wir sind früh dran und kommen mit dem Bus direkt vor die Halle. Später muss man schon am Donaustadion aussteigen und ein Stück zu Fuß gehen, da die Straße gesperrt wird. Parkplätze gibt es an der Messe ausreichend.

In der Halle ist viel los. Das Angebot, seine Startnummer am Veranstaltungstag abzuholen, wird anscheinend gerne genutzt. Um 8:00 Uhr wird noch eine 21-minütige Andacht angeboten. Die Menge der SportlerInnen ist in den großen Hallen gut aufgehoben. In der Messehalle nebenan stehen LKW‘s, die unsere Kleiderbeutel aufnehmen. Zusätzlich zu den Toiletten im Messebereich stehen draußen noch viele Dixis. Bei 5.600 Halbmarathonis und 1.100 Marathonis lässt sich die Bildung längerer Schlangen trotzdem nicht vermeiden. Über alle Kategorien werden es über 15.000 Teilnehmende sein, was einen neuen Rekord bedeutet.

Im hinteren Startblock treffen wir bekannte Gesichter. Volker als Pacer wird heute das 4:30-Stunden-Grüppchen betreuen. Die Blöcke werden mit kleinem Abstand gestartet, sodass Judith und ich erst um 9:33 Uhr auf die Strecke geschickt werden. Viel Publikum ist hier versammelt, aber schnell wird es auf der Thalfinger Uferstraße ruhiger. Nur das Trappeln unzähliger Füße ist zu hören und gar nicht so selten ein Regionalzug neben uns.

 

 

Von der Donau sieht man nicht so viel. Zu viel Grün liegt noch dazwischen. Bei einstelligen Temperaturen ohne Regen sind die Bedingungen aktuell ganz gut. Die Läuferin vor mir schimpft über die „Schnaitheimer Mauer“, die vor uns liegt. Gemeint ist damit eine große Läufergruppe vom TSG Schnaitheim, die drei Viertel der Straße belegt und an der man erst mal vorbeikommen muss.

Dann verlassen wir Ulm und Baden-Württemberg, werden von den Anwohnern im bayerischen Thalfingen kräftig angefeuert und überqueren bei km 2580, also Flusskilometern, die Donau. Gute sechs Kilometer geht es nun durch Wald und Flur, leicht gewellt und abwechslungsreich dahin. Überholen ist nun kein Thema mehr. An einigen Stellen hat man Ausblicke auf den unteren Teil des Münster-Turms. Der obere ist noch wolkenverhangen. Aber um 11:00 Uhr soll ja laut Wetterbericht die Sonne herauskommen. Unterbrochen wird die Tour durch 800 aufregende Meter in Pfuhl. Hier erwarten uns eine Verpflegungsstelle und musikalische Darbietungen der großen örtlichen Feuerwehrkapelle. Außerdem sind einige Vorgarten-Partys im Gange. Seit 1977 gehört Pfuhl zu Neu-Ulm.

Auf dem Golfplatz ist viel los. Später kommen wir zum Tennisclub Blau-Weiss 1905. Zwei junge Läuferinnen haben Musik dabei. Aktuell spielen sie ABBA. Es geht direkt auf einem Rad-/Fußweg an der Donau entlang, bis km 12. Eine 500 Meter lange Pendelstrecke und dann ins Herz von Neu-Ulm. Das markante 18- stöckige Donau-Center wurde 1971-1974 gebaut und sollte einen Gegenpol zur historischen Kulisse von Ulm bieten. Inzwischen ist es saniert und strahlt in frischem Weiß. „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“ Der bekannte gelbe Aufkleber, der uns zuletzt in Helsinki begegnete, lacht von einem Schild herab, welches auf ein rücksichtsvolles Miteinander zwischen Radelnden und Fußgängerinnen und Fußgängern hinweist. Aber gut, dann „Good-bye Bavaria, welcome in the Länd“.

 

 

Zwei Brücken sind zu queren, was man eher nicht merkt, da hier recht viel Remmidemmi ist und es auch noch Gegenverkehr gibt. Die Halbmarathonis kommen entgegen. Ich sehe einen Läufer mit grauer Marathon-Nummer. Hoffentlich hat der sich nicht verlaufen. Aber ehe ich ihm etwas zurufen kann, ist er schon weg.

Es gibt nun viel zu sehen. An der Baustelle der Gänsetorbrücke werden Automobilisten gebeten, nicht zu hupen. Glaubt wirklich jemand, Hupen würde die Bauarbeiten beschleunigen? Ein paar Höhenmeter warten auf uns, dann wird es wieder idyllisch. Vor uns die Stadtmauer mit Häusern oben drauf. Wir unten durch das Zundeltor, dann zum Zeughaus und dort durch eine Hofdurchfahrt. Gefällt mir.

Als ich mich nach einem kurzen Fotostopp wieder umdrehe, sehe ich Judith auf der Halbmarathonstrecke. Sie hat die Trennung samt großer Schilder übersehen. Ich rufe ihr hinterher und bringe sie auf den rechten Weg zurück. Links hätte man hier abbiegen müssen. Unter der Münchner Straße hindurch zum Congress Centrum und hinunter zur Donau. Ich liebe solche Abschnitte. Ohne die Gesellschaft der Halbmarathonis wird alles etwas überschaubarer und weniger hektisch. An der Donau feuern uns zwei junge Burschen an. Nach den Trikots zu urteilen, handelt es sich um Fans des TSV 1860 München.

Bei Kilometer 18 treffen wir auf die alte Strecke, die aber noch einige Neuigkeiten bereithält: Zuerst sehe ich einige Boote, die „Ulmer Schachteln“, ein schlicht konstruierte, flache Flussschiffe, der seit dem Mittelalter für den Warentransport gebräuchlich war und ab dem 16. Jahrhundert auch die sogenannten Donauschwaben an neue Siedlungsorte im südöstlichen Europa beförderte. Erst ab Kelheim gibt es dann Großschifffahrt.

Danach über das Wehr Böfinger Halde zurück nach Bayern. Zwei Streckenposten warnen vor dem kurzen Bergabstück über Kies. „Augen auf den Boden“, rufen sie. Ich antworte mit einem Liedtext, der mir spontan dazu einfällt: „Die Hände zum Himmel und lasst uns glücklich sein.“ Irgendwie glauben sie wohl, ich mache mich über sie lustig. Im Davonrennen versuche ich noch, diesen Eindruck zu korrigieren.

 

 

Gute zwei Kilometer nun auf Schotterweg an der Donau entlang. Viele Wurzeln und Steine sind rot markiert. Da hat man sich viel Mühe für uns gemacht. So bei km 23 treffen wir auf das bekannte Sträßlein, um etwas später einen Abstecher um den Pfuhler See zu machen.

Der für den späten Vormittag versprochene Sonnenschein ist bislang ausgeblieben. Ich kann gar nicht glauben, dass vor einer Woche noch hochsommerliche Temperaturen herrschten. Nicht auszudenken, dass heute so ein schöner, warmer Sommertag hätte sein können. Obwohl aus sportlicher Sicht kühlere Temperaturen ihre Vorteile haben. Am See auch ein Toilettengebäude, welches augenscheinlich gerne genutzt wird.

In Pfuhl ist immer noch viel los. Der VP ist noch gut ausgestattet. Es gibt Wasser, Iso, Cola, Bananenstücke und Müsliriegel. Die Vorgartenpartys sind noch im vollen Gange. Vielen Dank! Dann wieder was Neues: eine Pendelstrecke. Auf der Reinzstraße geht es an der Reinz GmbH vorbei. Die gehört zur amerikanischen Dana-Gruppe und stellt Zylinderkopfdichtungen her, neuerdings auch Dichtungen für Brennstoffzellen. Mich wundert nur die große italienische Fahne vor dem Gebäude. Da werden sich italienische Teilnehmer freuen. Überhaupt ist das Starterfeld ziemlich international.

Auf der Pendelstecke hat man mehr als einen Kilometer Zeit, sich das Feld vor und hinter einem zu betrachten. Ein strenger Geruch trifft unsere Nase und verleitet mich zu der Frage, bei wie vielen Marathons ich schon an Klärwerken entlanggelaufen bin.

Kilometer 30 ist erreicht. Zeit, sich ein wenig mit Mitstreitern zu unterhalten, die wir nun schon öfter gesehen haben. Etliche Erstlinge sind darunter. Wir kommen nach Neu Ulm, wo viele Zuschauende die Strecke säumen, vielleicht auch, weil noch ein großer 10-km-Wettbewerb ansteht. Das 5-Km-Feld werden wir langsamen Marathonis nicht mehr sehen.

 

 

Zurück nach Ulm, und da kommen uns die ersten Zehner“ entgegen. Eine zweite Gruppe wartet ein Stück weiter auf der Gegenfahrbahn noch auf den Startschuss. Bis die uns einholen, können wir nun noch mal die Zeughaus-Passage genießen und den Weg zurück nach Neu-Ulm. Ein Hingucker ist St. Johann Baptist, ursprünglich 1857 als Garnisonskirche erbaut und in den 1920er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg im expressionistischen Stil umgestaltet. Mit den zweifarbigen Bändern würde ich das Gebäude eher in der Toskana vermuten. Die Außenmauern und der Turm bestehen aus Material der abgebrochenen Ulmer Befestigungsanlagen. Daneben eine große Band, aktuell pausierend. An der evangelischen Petruskirche wenden wir und haben noch einige schöne Blicke auf das Münster.

Dann Donauaufwärts. Es bietet sich ein schöner Blick auf die Ulmer Altstadt mit ihrer Stadtmauer auf der anderen Flussseite, die zu Zeiten Napoleons nicht geschleift wurde, sondern als Hochwasserschutz stehen bleiben durfte. Heute ist wenig Wasser im Fluss, aber oft sieht man kleine Dämme oder auch Aufnahmepunkte für mobilen Hochwasserschutz. Die sehr schnellen „Zehner“ kommen gut an uns vorbei. Vier Alphornbläser legen sich ins Zeug.  Auch viele Schweizer Teilnehmer sind heute nach Ulm gekommen.

Noch drei Kilometer. Zuerst einmal über die Donau, dieses Jahr wegen einer Baustelle über die Eisenbahnbrücke, also inklusive einiger Höhenmeter. Aber wellig bleibt es nun bis ins Ziel. Immer wieder am Automobilverkehr vorbei erreichen wir das Fischerviertel. Da gibt es viele idyllische Ecken, für die wir so kurz vor dem Ende aber kaum einen Blick übrighaben. Die Haken der Absperrgitter und der gepflasterte Untergrund erfordern volle Aufmerksamkeit.

Durch die Stadtmauer kommen wir an die Donau. Letzter VP. Vor uns das Tor unter dem Metzgerturm. Erbaut im Jahre 1340, kommt er mir auf den Fotos irgendwie schief vor und ist es auch. Der 36 Meter hohe Turm ist um 2,05 Meter nach Nordwesten geneigt. Steil hinauf auf das historische Ulmer Rathaus mit seiner Fassadenmalerei zu. Die Synagoge fällt mir erstmals auf. Sie wurde 2012 eröffnet.

 

 

An den Ufern der Großen Blau, die aus dem 22 Km entferntem Blautopf kommt, schlängeln wir uns dahin und treffen endlich auf die Hirschgasse, eine Haupteinkaufsstraße. „Noch dreihundert Meter“, rufe ich Judith zu. Der Turm des Münsters kommt näher und der bekannte Sprecher Artur Schmidt erkennt die m4y-Reporter und kündigt uns an. Judith erreicht das Ziel in neuer persönlicher Jahresbestzeit. Ich werde mich nachher darüber wundern, dass in meiner Altersklasse fast alle schneller waren als ich. Jean aus Kamerun, dem ich zum Erreichen des Ziels gratuliere, lag zwar hinter uns, hat mich aber netto knapp überholt.

Es gibt eine schöne Medaille, dann geht’s schnell weiter zur Zielverpflegung. Beim „Goldochsen“-Stand („Go Go Gold“) gibt es Bier mit und ohne Alkohol. Außerdem natürlich viele andere Getränke und Obst, Popcorn, Nüsse, Riegel sowie Nuss- und Mandelzöpfe. Ganz nach meinem Geschmack.

Leider hatte der Wetterbericht wieder mal falsch gelegen. Keine Sonne und es wird frisch. Massagemöglichkeit gibt es, wir holen unsere Kleiderbeutel und gehen zum Duschen. Die sanitären Einrichtungen in zwei Schulen stehen zur Wahl.

 

Fazit

 

Der Einstein-Marathon überzeugt mich auf ganzer Linie. Eine abwechslungsreiche Strecke in zwei Bundesländern, bei der 16 km an der Donau zweimal gelaufen werden. Viel zu sehen, Musik, viele Verpflegungsstellen. Bei der Vielzahl der Wettbewerbe ist für jeden Sportbegeisterten etwas dabei. Einige schnelle Streckenabschnitte wechseln sich mit verwinkelten Ecken ab. Ebenso gibt es verschiedenartige Laufuntergründe. Der Veranstalter schreibt: „Die Strecke hat minimale Höhenunterschiede und es lohnt sich nicht, diese im Höhenprofil darzustellen. Es sind ca.100 Höhenmeter.“ Ansonsten beste Organisation zu einem umwerfenden Preis. Schöner Internetauftritt samt e-Magazin. Und Ulm ist auf jeden Fall eine Reise wert.

 

Siegerinnen Marathon

1. DANNHEIMER Martina     3:06:41
2. BEDNORZ Simone      3:08:39
3. KOCH Corinna      3:13:14

 

Sieger Marathon

1. EWENDER Matthias  2:29:54
2. BICKEL Moritz  2:30:40
3. BRAMMEN Oliver    2:31:32

 

Finisher

Marathon        1.080
M-Staffel          124
Halbmarathon 5.57
10k                  4.072
5K                   2.420

 

Außerdem gibt es eine Teamwertung über die gelaufenen Kilometer:

Sieger wird die Uni.Klinik.RKU mit 923 Finishern und 15.180,48 km.

Das Zweierteam von marathon4you landet mit 84,39 km auf Rang 213.

 

Informationen: Einstein-Marathon
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