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Laufberichte

Zurück auf dem Ulmer Münsterplatz

 

Zehn Jahre ist es her, dass Judith und ich einen Laufbericht aus Ulm geschrieben haben. Auch wenn wir zwischenzeitlich noch mal hier gelaufen sind, ist es endlich mal wieder Zeit, nach Ulm zu fahren. Weit ist es von München ja nicht. Wir nutzen das 49-€-Ticket und reisen schon am Samstag an. Die Startunterlagen könnte man auch am Sonntagmorgen noch bekommen, aber so ist es entspannter, zumal auch das Wetter zu einem Stadtbummel einlädt. Das Entree zur Stadt hat sich sehr gewandelt. Man könnte fast meinen, in einem Neubauviertel in Berlin zu sein.

Start und Ziel liegen ein paar Kilometer auseinander. Der Start befindet sich am Messegelände, wo es auch eine mittelgroße Marathonmesse gibt. Die Startnummern samt Beutel erhalten wir zügig. Dazu gibt es einige Goodies wie Nüsse und Nahrungsergänzungsmittel. Das Ziel ist nach einigen Jahren Pause wieder am zentralen Münsterplatz.

Zurück im Zentrum steht Sightseeing auf dem Programm. Ein nettes Viertel liegt nordöstlich des Münsters. Sehr sehenswert und romantisch ist das Fischer- und Gerberviertel an der Donau, durchzogen vom Flüsschen Blau und mit vielen netten Restaurants und Fachwerkhäusern. Das Kässbohrer Haus, auch „Haus zur Weinrebe“ genannt, wurde 1480 erbaut und ist das Stammhaus von Karl Kässbohrer, dem Gründer der vor allem durch die „Setra“-Busse bekannten Kässbohrer Fahrzeugwerke. Heute dient es als Ausstellungs- und Begegnungszentrum.

Der Name des Marathons geht auf Albert Einstein zurück, den Physiker und Begründer der Relativitätstheorie, der am 14. März 1879 in Ulm geboren wurde und im Stadtbild allgegenwärtig ist. Der Elektrobetrieb von Einsteins Vater und Onkel hat übrigens anno 1888 in München das erste Oktoberfestzelt mit Glühbirnen ausgestattet.

Dann weiter zur Spätzleparty vor dem Münster. Und dann noch ein kurzer Besuch der Kirche. Der Grundstein für das gotische Bauwerk wurde im Jahr 1377 gelegt. 1530 wurde die Kirche per Volksabstimmung evangelisch. Die Besteigung des mit 161,53 m höchsten Kirchturms der Welt verkneife ich mir. Antoni Gaudí plante für seine Sagrada Familia in Barcelona einen Hauptturm, der den Turm des Ulmer Münsters um 11 Meter überragen sollte. Fertiggestellt ist er aber noch nicht.
Im Münster beginnt gerade der gut besuchte Marathongottesdienst. 42 Minuten, passend zur Kilometerzahl, wurden dafür angesetzt.

 

Marathontag

 

Wir werden auf dem Weg zum Bus von zwei Läufern gefragt, ob sie uns in ihrem Wagen mitnehmen können. Da sagen wir gerne ja. Teilnehmende dürfen an den Polizeisperren vorbeifahren, Parkplätze gibt es am Messegelände genügend.

Dort ist viel los. Zeitgleich mit uns starten noch die Halbmarathonis. In einer Halle stehen die LKW für den Gepäcktransport, vor der Halle sind die Startblöcke. Um 9:10 geht es los. Sieben Minuten später sind auch wir aus dem hinteren Startblock auf dem Weg.

 

 

Die Straße führt uns an der Donau nach Nordosten stadtauswärts. Genug Platz zum Zurechtfinden. Ein erstes Stimmungsnest am Rande von Thalfingen. Viel Anfeuerung. Ich rufe ein fröhliches „bis in 2 Stunden“. Stimmt leider nicht, wie sich später herausstellen wird. Der zweite Teil hat einige Anpassungen. Ich sehe schon wieder einen Läufer im Trikot des 1. FC Kaiserslautern  und erfahre auf Nachfrage, dass eine ganze Busreise aus der Pfalz für ein verlängertes Wochenende nach Ulm gekommen ist und alle Disziplinen besetzt sind.

Letztendlich laufen wir zwei Runden an der Donau entlang. Aber was für welche. Die Veranstalter schaffen es, eine attraktive Route mit zwei unterschiedlichen Varianten zu markieren und dann auch noch 10er, 5er und Nordic Walker unterzubringen. Und alles so perfekt, dass man nie ein Problem bekommt, den richtigen Weg zu finden. Obwohl es genug Helfende gibt, die bereit stehen und etwaige Zweifel ausräumen.

 

 

Wir überqueren die Donau und bleiben weiter auf kleinen Landstraßen, bis wir bei km 8 den Ortsrand von Pfuhl erreichen. Hier warten viele Zuschauer samt Feuerwehrkapelle auf uns. Kurz danach wieder in die Felder. Und immer wieder sieht man den Turm des Münsters in der Ferne.

Hinter Kilometer 10 und dem Tennisclub Blau Weiss erreichen wir das Donauufer, dem wir nun abwechslungsreich folgen. Mir gefallen die alten Bäume im Herbelhölzle. Ein Vati mit Kindern hält ein Schild hoch: „Schnell Mama, wir haben Hunger, Essen wird kalt“. Ich rufe was von alten Rollenkonzepten und werde von einer Mitläuferin aufgeklärt, dass das Essen anscheinend vom Vater zubereitet wurde und die Familie nun auf die Rückkehr der sportlichen Mutter wartet. Oje, da habe ich mich schön blamiert. Und da Mama den Halbmarathon läuft, kann ich mich nachher nicht entschuldigen.  Es folgt eine kurze Begegnungsstelle. Wir sehen einige Pacerteams. Lächeln sieht man hauptsächlich die Halbmarathonis.

 

 

Und dann hinein ins Zentrum vom Neu-Ulm. Die Donau markiert hier auch die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern und so kommen Laufende aus anderen Bundesländern in den Genuss der Werbung für die bayerische Landtagswahl inklusive großer Plakate des Ministerpräsidenten.

Sonnig und warm ist es auch nach der Gänstorbrücke in Ulm, wo es nun eine Schleife zu absolvieren gibt - samt einiger Höhenmeter. Dann folgt eine Sightseeing-Runde durch die Altstadt an der Donau.

Nun die Herdbrücke, dann eine Schleife in Neu-Ulm. Ein Hingucker ist St. Johann Baptist,  ursprünglich 1857 als Garnisonkirche erbaut und in den 1920er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg im expressionistischen Stil umgestaltet. So etwas würde ich eher in Italien vermuten. Die Außenmauern und der Turm bestehen aus Material der abgebrochenen Ulmer Befestigungsanlagen. Daneben eine große Cheerleader-Gruppe und Band.

 

 

Zwischen modernen Gebäuden hindurch, dann eine Verpflegungsstelle. Derer gibt es zahlreich,  meist mit Wasser, Iso, Cola, Bananen, Müsliriegeln. Und viele freundliche Helferinnen und Helfer. Wieder an der Donau entlang. Rechts atemberaubende Blicke auf Ulm mit seiner Stadtmauer, die zu Zeiten Napoleons nicht geschleift wurde, sondern als Hochwasserschutz stehen bleiben durfte. Heute ist sehr wenig Wasser in der Donau, aber oft sieht das Ingenieursauge kleine Dämme oder auch Aufnahmepunkte für mobilen Hochwasserschutz.

Unter der Eisenbahnbrücke hindurch, dann queren wir die Donau unterhalb der B10 über eine Fußgängerbrücke. Nun auf der Ulmer Seite zurück. Vor uns ragt eine Wendeltreppe in den Himmel. Es handelt sich um den 2020 eröffneten 20 m hohen begehbaren „Berblinger Turm“, der genau an der Stelle steht, wo der Flugpionier Albrecht Ludwig Berblinger, bekannt als der „Schneider von Ulm“, am 31. Mai 1811 mit seinem selbst gebauten Flugapparat in die Donau stürzte.

Die Trennung von den Halbmarathonis steht kurz bevor und ich wünsche dem 2:10-Grüppchen noch viel Erfolg. Judith, einige MitstreiterInnen und ich bleiben am Fluss. An der Friedrichsau dann der Halbmarathon-Punkt mit Zeitnahme.

 

 

Die Kilometerschilder an der Strecke decken sich gut mit den Entfernungen, die unsere Laufuhren anzeigen. Hinter dem Messegelände kommen wir auf bekanntes Terrain, jedoch nun auf den gesicherten Fußweg an der Straße. Am Donauwehr geht es wieder nach Bayern. Die Schleusen hier am Oberlauf haben eine Größe von 22 x 4 Metern und können somit von „Ulmer Schachteln“ benutzt werden, einem schlicht konstruierten Einweg-Bootstyp, der seit dem Mittelalter für den Warentransport gebräuchlich war und ab dem 16. Jahrhundert auch die sogenannten Donauschwaben an neue Siedlungsorte im südöstlichen Europa beförderte. Erst ab Kelheim gibt es dann Großschifffahrt.

Über einen Kiesweg weiter. Bei km 24 wird der schöne Weg rustikaler. Da heißt es aufpassen. Dann wieder auf bekannter Landstraße durch die Felder.

Von wegen „zweimal gleiche Strecke“: Der Pfuhler See wartet auf eine Umrundung. Hier gäbe es auch ein Toilettenhäuschen, ansonsten sieht man vereinzelt Hinweise auf stationären Anlagen. Hier überholt uns Volker, der 4:30-Pacer. Heute können wir leider nicht dranbleiben. Dann noch mal eine kurze Pendelstrecke. Der Golfplatz, der auf der ersten Runde gut besucht war, ist inzwischen verwaist. Mittagessenszeit?
 


Hatte ich nun den gleichen Weg vermutet wie beim ersten Mal, liege ich wieder falsch: Ohne Schlenker laufen wir weiter am Fluss. Gut so, denn die beiden Pendelstrecken waren nicht so spannend. Über eine kleine Insel in der Donau. Die hübschen Anwesen mit Blick auf Stadt und Fluss hatte ich vorher schon gesehen. Die Rückseiten sind eher unspektakulär. Noch eine kleine Pendelstrecke Richtung Ulm, wahrscheinlich, um von der Brücke noch mal die Ausblicke zu genießen, dann die bekannte Häuserschleife in Neu-Ulm. Die Cheerleader sind weiter aktiv und die Band spielt gerade „Wahnsinn“ von Wolfgang Petry. „Hölle Hölle Hölle“ höre ich sonst nur auf der Wiesn. Da müssen Judith und ich ja auch noch hin.

Weiter wie gehabt. An der Wendebrücke steht immer noch die Jamaika-Band. Nun überholen uns die ersten 10-km-LäuferInnen. Wir halten uns am Rand, aber es scheint auch hier diese magnetenartige Anziehung zu geben, wie wir sie im Training oft mit vorbei brausenden Radlern erleben.

Hinter der Himmelstreppe, dem Berblinger Turm dann auf neues Terrain: Hildegard-Knef-Platz, zwei Fußgängerunterführungen und dann nur noch 2 Kilometer, gespickt mit allem, was ein Stadtmarathon so bieten kann: Noch mehr Entertainment, Zuschauer, die uns als Full Marathonis noch speziell anfeuern - oder bemitleiden. Kopfsteinpflaster, Höhenmeter. Das Rathaus, die Pyramide mit der Stadtbibliothek, die neue Synagoge, dann hinunter zur Blau. Das ist super idyllisch hier. Palmen am Wegesrand. Dann auf die Hirschstraße, die Einkaufsstraße, das Münster vor Augen.

 

 

Unter dem Jubel der Zuschauenden (Marathonis!) ins Ziel. Dort schnell zum „Goldochsen“-Stand (Go Go Gold) ein Bier holen. Seeberger spendiert Nussmischung, außerdem gibt es Striezel und Popcorn…

Warme Duschen finden wir in einer nahegelegenen Schule. Für die AK-Prämierung sind wir dann leider zu spät.

 

Fazit


Der Einstein-Marathon überzeugt mich auf voller Linie. Eine abwechslungsreiche Strecke mit zwei teilweise unterschiedlichen Runden. Viel zu sehen, viel Musik, viele Verpflegungsstellen. Mehrere Wettbewerbe. Beste Organisation zu einem umwerfenden Preis.

 

Siegerinnen Marathon
1. GEYER Sabine    3:05:34    
2. HUSSAK Bettina    3:24:52    
3. LUTZ Christina    3:26:18    

Sieger Marathon
1. LUTZ Christian    2:40:52    
2. SPÄHN Leonard    2:41:53    
3. BÖCK Sebastian    2:44:14

 

Finisher

Marathon:           584
Halbmarathon:    3.170
10k:            2.200
5k:            1.650
10 k Walk, Inliner-HM, Handbike-HM

 

 

Informationen: Einstein-Marathon
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