Erschöpfung, Freude und Betroffenheit. So fühle ich den Marathon 2005 in Bonn noch heute. Aber von vorn.
In Bonn laufe ich ganz gerne und deshalb auch fast jedes Jahr. Mein 165. Marathonabenteuer beginnt am Samstag 09.04. um 11:07 Uhr auf dem Bahnhof Nordstemmen, mit dem Zug nach Hannover und weiter um 12:31 Uhr mit dem ICE nach Bonn. Ankunft dort fast pünktlich um 15:37 Uhr. Nur 5 Minuten Fussweg sind es bis zum Marathonmessezelt auf dem Marktplatz. Ich hole mir gleich die Startnummer und staune nicht schlecht: fünf (!!!) Bons sind angebracht, für Finisher-Shirt, Medaille, einmal Nudeln und 2 Getränke.
Ich checke im Ibis ein und bummele noch durch Innenstadt, wo ich mich nach 5 Teilnahmen inzwischen ganz gut auskenne. Beim Italiener bestell ich mir eine große Portion Pasta. Es ist empfindlich kalt und ich träume in der Nacht tatsächlich von 20 Grad bei strahlender Sonne.Entsprechend ernüchternd ist am Morgen der Blick nach draußen: dicke Wolken, leichter Regen und nur 4 Grad, die aber im Plus.
So ist auch noch, als ich mich nach dem Frühstück auf den Weg in die Innenstadt mache. Aus allen Ecken strömen Läuferinnen und Läufer, alle auf dem Weg zum Viktoriabad, um ihre Kleiderbeutel abzugeben.
Bereits um 9:00 Uhr wird der Halbmarathon gestartet, um 9:45 Uhr sind die Marathonis an der Reihe. Es hat aufgehört zu regnen, aber es ist kalt. Ich habe die richtige Kostümwahl getroffen: oben und unten lang.
Zügig setzte sich das Feld der 3031 Marathonläufer in Bewegung. Die Strecke hat sich gegenüber 2004 kaum verändert. Gleich geht es über den Rhein nach Bonn-Beuel, wo ungefähr 8 km teilweise entlang des Rheins zu laufen sind, bevor dieser wieder Richtung Bonn überquert wird.
Die ersten 10 Kilometer laufe ich in 54 Minuten, ganz gut für mich. Die nächsten Kilometer geht es durch die Stadt Richtung Bad Godesberg, wir werden von den vielen Zuschauern begeistert angefeuert. Viele rufen nach den Namen, die groß auf die Startnummern aufgedruckt sind. In Bad Godesberg wird km 21,1 erreicht, meine Zeit: 1:58:50 Std., das sieht gut für mich aus.
Ab und zu unterhalte ich mich mit anderen Marathonis, ich werde auch angesprochen wegen meines Shirts mit 100-Marathon-Club-Aufdruck. Die Zeit vergeht und schon erreiche ich Kilometer 30, meine Zeit bis hier hin: 2:51 Stunden, bestens.
Bei Kilometer Km 35 geht es wieder über den Rhein, die Brücke steigt leicht an, aber ich komme gut drüber. Das Fotografieren schenke ich mir heute weitgehenst, ich liege so gut in der Zeit und will das ausnutzen.
Obwohl ich tempomäßig etwas zurückstecken muss, kann ich auf den letzten Kilometern noch viele überholen. Das ist mir in letzter Zeit so oft nicht gelungen. Vielleicht verträgt sich die wegen meiner Leukämie notwendige Tablettentherapie mit der selbst verordneten Lauftherapie ja doch ganz gut.
Jetzt geht es rein in die Innenstadt, eine Wahnsinnsstimmung herrscht hier und beflügelt die Marathonis. Auch ich mobilisiere noch einmal alle Kräfte und erreiche überglücklich das Ziel. Meine Zeit von 4:13:39 ist für mich die beste in den letzten zwei Jahren.Bonn ist für mich schon immer ein gutes Pflaster gewesen, auch wenn mich heute der wellige Kurs auf der zweiten Hälfte viel Kraft und auch Zeit gekostet hat.
Ich löse im Zelt meine Bons ein. Dort ist die Stimmung merklich gedrückt. Es hat sich herumgesprochen, dass ein erst 38jähriger Familienvater kurz vor dem Ziel des Halbmarathon zusammengebrochen, und trotz sofortiger ärztlicher Hilfe gestorben ist. Seine Frau lief nur einige 100 Meter hinter ihm. Mich macht das noch heute sehr betroffen. Dass mein ICE in Hannover Verspätung hat und ich den Anschlusszug nach Norstemmen verpasse, ist Nebensache.
Eine 42,2 km Runde durch Bonn nach Bad Godesberg und durch Ortsteile zurück.
Einige Kilometer geht es am Rhein entlang.
Halbmarathon 3229 Teilnehmer
Marathon 3031 Teilnehmer
Hochwertiges Finisher-Shirt, Medaille, Ergebnisliste wird auf CD zugesandt.
Umkleiden, Kleiderbeutelabgabe, Start und Ziel alles innerhalb 5 min. zu erreichen. Auch der HBF nur 5 min entfernt.
Alle 5 km Wasser Tee Bananen, später auch Cola und Red Bull für die Flügel.