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Laufberichte

ABGESAGT: ERINNERST DU DICH? (12)

26.04.20 Bonn Marathon
 
Autor: Klaus Duwe

Liebe Sportlerinnen und Sportler, der 20. Deutsche Post Marathon Bonn kann aufgrund der aktuellen Situation um den Coronavirus nicht wie geplant am 26. April 2020 stattfinden.

Natürlich ist es für alle Beteiligten absolut enttäuschend, dass unser großes Jubiläum verschoben werden muss, aber die Gesundheit aller Teilnehmerinnen, Teilnehmer, Helfer und Zuschauer steht immer an erster Stelle und macht eine geplante Durchführung unmöglich. In Abstimmung mit der Stadt Bonn konnte aber mit dem 18. Oktober ein neuer Termin für den Deutsche Post Marathon Bonn 2020 gefunden werden!

Uns allen muss bewusst sein, dass eine kurzfristige neue Terminfindung immer auch Kompromissbereitschaft aller Beteiligten voraussetzt. Daher möchten wir uns ganz herzlich bei der Stadt Bonn und unseren Partnern bedanken, dass es gemeinsam gelungen ist, mit dem 18. Oktober 2020 ein Datum zu finden, an dem wir Bonns größte Sportveranstaltung durchführen können. Und wir würden uns sehr freuen, wenn auch ihr dabei seid!

So lautet die Mitteilung des Veranstalters. Wir von Marathon4you freuen uns, wenn der Jubiläums-Marathon am 18. Oktober nachgeholt werden kann und sind dann selbstverständlich dabei. Bis dahin kramen wir in Erinnerungen und stoßen auf den Laufbericht von 2010:

 

 

Wenn's am Schönsten ist ...

 

Es ist also alles gerichtet für ein großes Läuferfest. Um 8.45 Uhr gehen die „Halben“ auf die Strecke, um 10.30 Uhr sind die rund 1200 Marathonis an der Reihe. Das Thermometer nähert sich bereits der 20-Grad-Marke.  Kühl ist es nur in den schattigen Startblocks am rückwärtigen Koblenzer Tor.

Es geht gleich gut los. Brücken haben es ja Läufern und Zuschauern gleichermaßen angetan. Und bei der  Kennedy-Brücke hinüber nach Beuel ist man noch keinen Kilometer gelaufen, aber schon mit vielen Vorschusslorbeeren und Applaus bedacht. Schäl Sick, falsche Seite, nennen die Einheimischen das rechtsrheinische Ufer, was mit der religiösen Trennung der beiden Rheinseiten zu tun haben soll. Während sich auf linken Rheinseite im Römischen Reich das Christentum verbreitete, huldigten auf der anderen Seite die heidnischen Germanen Wodan. So ist das heute zwar nicht mehr, aber die Schäl Sick ist es geblieben. Verständlich, dass sich die so Diskriminierten über die 1969 erfolgte Eingemeindung nach Bonn bis heute nicht freuen.

 

 

Wüsste ich es nicht, ich würde nicht bemerken, dass ich auf der „falschen Seite“ bin. Schön ist es hier, schmucke Ein- und Mehrfamilienhäuser, gepflegte Vorgärten und schicke Autos in den Einfahrten zeugen vom Wohlstand der Anwohner, die uns mit Applaus begrüßen. Viele von ihnen haben hier in Ramersdorf in der Zentrale von T-Mobile ihren Arbeitsplatz. Mit Blick auf’s Siebengebirge wird gewendet und auf gleicher, teils parallel verlaufender Straßen kommt man zurück zur Kennedybrücke.  Sambatrommeln und viele Zuschauer verabschieden uns auf die andere Rheinseite.

Die Brücke ist wegen einer Baustelle nach wie vor menschenleer, alle Fans, es sind hunderte, haben sich bei der Berliner Freiheit versammelt und feiern die Marathonis, als sei schon alles zu Ende. Nach einer weitläufigen Schleife sind wir am Rheinufer, dem wir nun fast 4 Kilometer folgen. Gleich nach der Brücke kommt die Oper und der Alte Zoll. Was sind das nur für Bäume, die da kunstvoll zugeschnitten aber noch völlig kahl in Reih und Glied die Uferstraße säumen?  Es sind Linden.

Außer den Läufern sind auch etliche Radler unterwegs, auf dem Rhein Ausflugsschiffe und einige Frachtkähne. Ich laufe gerne am Wasser, genieße diesen Streckenabschnitt und beneide die Bonner um diese einmalig schöne  Lauf- und Trainingsstrecke. Spätestens jetzt werden wir mit der jüngeren deutschen Geschichte konfrontiert, in der Bonn als Hauptstadt eine wichtige Rolle spielt.  Warum ist  sie damals eigentlich Hauptstadt geworden?

1949, vier Städte stehen zur Auswahl: Kassel, Frankfurt, Stuttgart und Bonn. Kassel scheidet schnell aus wegen der großen Kriegsschäden, Stuttgart hat finanzielle Probleme. Bleiben Frankfurt und Bonn. Für Bonn ist vor allem Adenauer mit seiner Rheinischen CDU. Die Hessische CDU ist aber für Frankfurt, dazu die SPD. Keine Chance für Bonn. Das ist auch das Ergebnis einer Probeabstimmung. In Frankfurt wird bereits ein Gelände für das Regierungsviertel erschlossen, sogar mit dem Bau eines Plenarsaales begonnen. Und Frankfurt OB Walter Kolb hat seine Dankesrede an die Abgeordneten bereits auf Band gesprochen.

Da wird Adenauer eine Pressemitteilung des SPD-Vorsitzenden Kurt Schuhmacher an den Deutschen Pressedienst (dpd) zugespielt, in der sich dieser so äußert, als habe die CDU in der Hauptstadtfrage bereits verloren. Diese Mitteilung präsentiert Adenauer den Abgeordneten unmittelbar vor der entscheidenden Abstimmung. Es kommt zu der erhofften Trotzreaktion der Hessischen Abgeordneten und Bonn wird zur  Hauptstadt gewählt. Was der Fuchs verschwiegen hatte: die Pressemitteilung war ein internes Papier und ist nie verschickt worden.

Natürlich wollte man mit der Entscheidung für Bonn, das ja alles andere als eine Metropole war,  auch unterstreichen, dass man nur eine Übergangslösung wollte und gleichzeitig die Abkehr vom Größenwahn  des Dritten Reiches zum Ausdruck bringen.

Rechts liegen die Villa Hammerschmidt und das Palais Schaumburg, ehemals Sitz des Bundespräsidenten und des Kanzlers, heute deren Zweitsitz und da Wasserwerk, der ehemalige Parlamentssaal. Man muss sich auskennen, sonst sieht oder erkennt man die Gebäude nicht. Unübersehbar dagegen ist de „Lange Eugen“, das ehemalige Abgeordnetenhaus. Namensgeber ist Eugen Gerstenmeier, in dessen Amtszeit als Bundestagspräsident der Bau des 114 m hohen Gebäudes (1965/69) fiel. Heute sind in dem denkmalgeschützten Gebäude verschiedene Einrichtungen der Vereinten Nationen darin untergebracht.

Wie man heute baut, sieht man am Post-Tower. Der Koloss aus Stahl und Glas ist 162 m hoch und hat die Form zweier versetzter Kreissegmente. Nur in Frankfurt stehen noch höhere Hochhäuser.   Die Postzentrale liegt fast genau gegenüber der T-Mobile-Zentrale auf der anderen Rheinseite. Gut für Bonn, dass der aufgeteilte ehemalige Staatsbetrieb nicht auch nach Berlin umgezogen ist, wie beispielsweise die Bahn von Frankfurt. Für die Stadt, die den Verlust des Hauptstadtstatus überraschend gut verkraftet hat, wäre das die Katastrophe.

Aber es gibt nicht nur Post und Telekom, sondern viele andere namhaften Firmen haben hier ihre Zentrale. Außerdem sind auch noch einige Ministerien (z.B. Gesundheit, Umweltschutz) und Behörden (z.B. Bundeskartellamt) hier ansässig.

 

 

Fast zwei Kilometer geht es jetzt auf der Petra-Kelly- und dann Ludwig-Erhard-Allee südwärts. Bei der Rheinaue, einem Freizeitpark, der sich auf beide Rheinseiten erstreckt, ist eine große Verpflegungsstelle eingerichtet, die wie alle anderen zuvor sehr gut bestückt ist. Viele Leute sonnen sich auf den grünen Hügeln. Die Sonne macht sie träge. Auch den Läuferinnen und Läufer setzt sie etwas zu, denn Schatten gibt es keinen und die vorausgesagten 20 Grad sind längst überschritten.

Bei km 15 wird gewendet und nach 2,5 km sind wir auf der B 9 Richtung Stadtmitte. Hier reihen sich repräsentative Firmenzentralen, Behörden und Ministerien aneinander. Die Bundesnetzagentur kann ich erkennen, Tank und Rast, das Haus der Geschichte usw. Rechts das Adenauer-Denkmal, das Kanzleramt und Palais Schaumburg. Ich rüttle am Zaun und rufe: „Ich will hier rein“. Nichts rührt sich. Da laufe ich einfach weiter.

Beim Museum König, einem international anerkanntem zoologischen Forschungsinstitut, beginnt die Bonner Museumsmeile. Einen Kilometer weiter, beim Akademischen Kunstmuseum mache ich mir so meine Gedanken. Nicht über die antiken Kunstschätze, die hier ausgestellt sind, sondern über den Marathon heute. Die Strecke ist wirklich schön, das Wetter herrlich, die Stimmung gut und mir geht es prächtig. Was kann da noch besser werden auf der zweiten Runde? Wenn’s am Schönsten ist, soll man aufhören.  Ich steige aus und schone mich für’s nächste Wochenende.

Frisch geduscht und mit schwerem Fotogerät mache ich mich auf, um auch den letzten Kilometer der Strecke zu erleben. Und der ist echt der Hammer. Zuerst kommt noch eine Verpflegungsstelle, schon mit Blick auf das Münster (11. Jahrhundert), dem Wahrzeichen der Stadt.

Auf dem Münsterplatz ist dann echt der Teufel los. Ein gut informierter Sprecher unterhält die vielen Zuschauer. Weiter geht’s zum Sterntor, 1244 als Teil der Stadtbefestigung erbaut. Das Straßencafé ist bis auf den letzten Platz besetzt. Der Triumphlauf geht weiter, rechts in die Sternstraße. Gleich blickt man auf eine riesige, jubelnde Menschenmenge – und auf die T-Werbung, hinter der die Fassade des Alten Rathauses renoviert wird. Die Stimmung ist phantastisch, einmalig. Jeder Läufer, jede Läuferin wird begeistert gefeiert. Gleich kommt der rote Teppich, voll besetzte Tribünen und weitere Jubelstürme. Der Sprecher beglückwünscht die Finisher. Im REWE-Dorf fließt das Bier in Strömen. Schmalz- und Wurstbrote, Süßes und Salziges, Schäumendes und Prickelndes. Alles da im Bonner Marathon-Paradies.

 

Auf Wiedersehen beim Deutsche Post Marathon am 18. Oktober 2020

 

 

Informationen: Bonn Marathon
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