marathon4you.de

 

Laufberichte

“Pure Running” mit Panoramablick

14.04.24 LAKE GARDA 42
 

Ich gehöre zu einer Generation, die den beginnenden Boom der Italienreisen in den 1970er Jahren noch miterlebt hat. Die Brenner-Autobahn wurde gebaut und viele Familien aus Deutschland fuhren einmal im Jahr nach Bella Italia. Für die einen ging´s ans Meer, die anderen verliebten sich in den Gardasee.

Der größte See Italiens ist 50 Kilometer lang und im Süden 17 Kilometer breit. Reizvolle Städtchen mit historischen Ortskernen gibt es viele. Die Landschaft am Südende ist hügelig und liegt quasi schon in der Po-Ebene. Im Norden ist der Gardasee, der auf einer Meereshöhe von 65 m liegt, von bis zu 2000 m hohen Bergen umgeben.

Judith und ich waren dort oft in den Wintermonaten auf der Durchreise nach diversen italienischen Marathons. Da hat man die Straße am See für sich. Nun freue ich mich auf den Marathon „Lake Garda 42“, der von einem neuen Organisationsteam zum vierten Mal ausgetragen wird. Berichte auf M4Y gibt es schon seit 2007.

Im April erwartet man eher Temperaturen um die 15 Grad. Es ist die Jahreszeit der günstigen Busreisen nach Italien. Da sich einige Tage mit hochsommerlichen Temperaturen ankündigen, fahren wir schon am Donnerstag los und beziehen ein schönes Hotel in Riva del Garda ganz im Norden. Seit den 1980er Jahren fuhren Freunde von uns nach Riva und Torbole, beliebt bei Windsurfern wegen des Vento genannten Nordwindes. Es gibt unzählige Schulen, die Segel-, Windsurf- und Kitesurf-Kurse anbieten.

Am Freitag machen wir einen kurzen Lauf nach Riva und dann weiter auf der alten Ponale-Straße. Diese wurde 1848-1851 gebaut und gehört nach der Eröffnung eines drei Kilometer langen Autotunnels 1982 ganz den Mountainbikern und Wandernden. Mit 8% Steigung geht es am See entlang nach oben bis auf 335 Meter, was dafür sorgt, dass wir schnell wieder umkehren. Dafür unternehmen wir nach dem Frühstück einen „kleinen“ Spaziergang zum Tenno-See. Die geplante Rückfahrt mit dem Bus fällt aus, denn der fährt erst wieder am Sonntag. 30 Kilometer auf den Beinen ist vielleicht etwas viel vor einem Marathon, aber wir können uns am Samstag noch erholen.

Abends geht’s zur Marathonmesse in der Kongresshalle Pala Velo direkt am See in Riva. In der großen Halle gibt es einige Verkaufsstände von Sportartikelherstellern. An der großen Startnummernausgabe geht es ganz schnell. Zusätzlich zur Startnummer gibt es einen Sportbeutel. Er enthält ein Info-Heft, LG42-Laufstrümpfe vom Titelsponsor X Bionic, eine Dose Red Bull, Energieriegel, Wärme- und Kältegel von Sportlab Milano, Loacker-Waffeln, außerdem Rabattgutscheine für Fila-Sportartikel sowie diverse Restaurants in der Nähe.

Der Marathon verläuft am nördlichen Ende des Gardasees inclusive einer Schleife im nördlichen Tal. Besonders freue ich mich auf die langen Strecken direkt am See entlang.

Der Start ist in Limone auf der Westseite, das Ziel in Malcesine auf der Ostseite. Der 21-km-Lauf startet in der Mitte in Arco. Alle drei Orte sind mit Shuttlebussen verbunden oder zusätzlich mit Sonderschiffen am frühen Morgen, später können die Linienschiffe kostenlos benutzt werden.

 

 

 

Marathontag

 

Judith und ich haben in Malcesine Quartier bezogen und stehen nach einem frühen Frühstück um sieben Uhr am Pier. Das Charter-Schiff ist die „Tonale“, eines der größten Schiffe auf dem See. Da passen wir alle gut drauf. Wir beobachten die Kite-Surfer, die über den See fliegen und dem Schiff keine große Aufmerksamkeit schenken. Kurze Zeit später werden wir mit fetzigen Rhythmen in Limone empfangen. Hier warten die Halbmarathonis auf den Transfer nach Riva zu den Bussen, die sie nach Arco bringen. Sie klatschen für uns, dabei haben wir noch gar nichts geleistet. Danke für die Vorschusslorbeeren!

Der Startbereich liegt gleich in der Nähe am Seeufer auf einem Parkplatz. In den Berg hinein gebaut ist ein mehrstöckiges Parkhaus, dort wie auch am See gibt es Toiletten. Die Anlagen sind nicht riesig, sodass man überall lange Schlangen sieht. Taschenabgabe gleich auf dem Parkplatz. Der Startkanal ist recht überschaubar, immerhin laufen heute hier über 1.300 Marathonis los. Für Judith und mich kein Problem. Wir stellen uns sowieso hinten auf. Wer schnell sein möchte, sollte sich möglichst weit vorne platzieren, so viel sei schon mal verraten. Die Ansagen sind auf italienisch und deutsch.

Der malerische Ort Limone mit seinen 1100 Einwohnern wird täglich von über 10.000 Touristen besucht. Am Porto Vecchio jedoch scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der alte Hafen mutet an wie die Kulisse zu einem kitschigen Film aus früheren Jahrzehnten.

 

 

Pünktlich um 9:00 Uhr der Start. Wir laufen durch den Ortskern mit seinen schmalen Gässchen und Galerien. Immer bergauf, bergab, natürlich mit Tempowechseln, da an einigen steilen Stellen gegangen wird. Mir macht es viel Spaß, weil ich dadurch gefahrlos fotografieren kann. Bald kommen wir auf einen breiteren Weg, der weiter am See entlang leicht nach oben ansteigt. Kurz vor Kilometer drei haben wir dann die Seeuferstraße erreicht. Hier an der Steilküste des Westufers gab es bis 1932 keine Straße. Die Orte konnten nur per Schiff erreicht werden.

Die Straße schmiegt sich meist an die Felswände, oft gibt es kurze Tunnel. Wir dürfen erst einmal auf einem Rad- und Fußweg laufen. Einige Hotels liegen an der Strecke, wobei man nur das oberste Geschoss mit dem Parkplatz und Eingang sieht. Die Etagen liegen nach unten hinunter Richtung See.

In den letzten Jahren hat man hier den Radweg verlängert, und da die Tunnel sehr schmal sind, verläuft der Weg auf kühnen Stahlkonstruktionen um die Felsnasen herum. Spektakuläre Ausblicke warten auf uns. Der Untergrund besteht hier aus Betonplatten, ganz einfach zu laufen, auch wenn das vielleicht auf den Fotos nicht so aussieht. Und schwindelfrei muss man auch nicht wirklich sein. Wenn man nicht aktiv nach unten sieht, kommt man da gefahrlos voran. Judith und ich pirschen uns nach einem Boxenstopp - es gab wirklich ein Toilettenhaus an dem Radweg- von hinten an die Fünf-Stunden-Pacer heran.

 

 

Noch eine Besonderheit ist erwähnenswert: Wir werden heute durch drei italienische Regionen laufen, vergleichbar mit unseren Bundesländern. Aktuell sind wir in der Lombardei. Am VP bei Kilometer fünf endet der Weg und wir kommen auf die Gardesana-Straße. Hinter uns liegt ein Tunnel, den die Polizei abgesperrt hat. Da wartet noch ein Bus, der es wohl nicht mehr rechtzeitig nach Norden geschafft hat. Wir sind nun im Trentino in der autonomen Region Südtirol/Trentino. Und irgendwie habe ich die Vermutung, dass es hier mit dem Radwegbau noch etwas dauert.

Für uns hat das den Vorteil, dass wir nun Tunnel, Galerien und Straße ganz für uns haben. Alle Abschnitte sind heute komplett gesperrt. Man kann quasi unentwegt schöne Ausblicke genießen. Es geht über den Ponale-Bach, der, vom Ledrosee kommend, unter uns in den Gardasee mündet. Ich genieße es sehr, hier zu laufen. Als Autofahrer ist man hier sehr gefordert, da sich die Straßenbreite oft ändert und auch viele Radfahrende unterwegs sind. Da bleibt nicht viel Zeit für Ausblicke. Kurz vor Riva dann ein neuerer und langer Tunnel. Als wir ihn verlassen, sind wir schon im Ort.

 

 

Links ein Wasserkraftwerk aus dem Jahr 1928. Es ist ein Pumpspeicherkraftwerk, das nur im Winter genutzt wird, um das Niveau des Ledrosees im Sommer für die Feriengäste konstant zu halten. Dann unter dem Beifall vieler Urlauber in die Altstadt. Das macht viel Spaß. In der Birreria sitzt man schon beim Frühschoppen und allgegenwärtig ist natürlich der 10-Uhr-Aperol Spritz.

Kurz danach sind wir im Park am See. Es ist viel los, aber wir kommen gut durch. Hier befindet sich die Hotelzone von Riva. Am Meer entlang um den Monte Brione herum, ein Bergkegel, auf dem einige Festungen aus österreich-ungarischer Zeit liegen.

Auch hier ist die Straße für den motorisierten Verkehr komplett gesperrt, sodass Spaziergänger den kurzen Autotunnel nutzen dürfen. Ordner weisen sie darauf hin, nicht auf dem Fuß-/Radweg am See zu gehen. Der ist für uns reserviert. Wir kommen nach Torbole, biegen aber erst mal nach links ab. Schlagartig ändert sich die Szenerie und wir laufen auf einer Landstraße durch Weinfelder. Inzwischen brennt auch die Sonne schon ordentlich.

Irgendwo müssen uns doch Laufende nach der Arco-Schleife entgegenkommen und siehe da, bei Kilometer 16 sehen wir gleich drei Lauflinien. Links von uns kommen gerade die 4:45-Pacerinnen von einer kurzen Pendelstrecke zurück. Rechts die Schnellen sind schon bei km 24.

 

 

Endlich kommen wir von der strada statale auf kleinere Sträßchen. Das ist schon idyllischer. Einige deutsche Läufer erkennen mich und wir überlegen, wann sie Judith und mich das letzte Mal getroffen haben. Und alle loben die grandiosen Ausblicke auf die umgebende Bergwelt.

Dann weiter nach Norden. Vor uns das Castello di Arco auf einem Fels. Im Zentrum wird es richtig schön. Hier gibt es viele Jugendstilgebäude. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Arch Wintersitz des österreichischen Kaiserhofs. Grüne Baumalleen. Dann durch den Startbogen des Halbmarathons, der um 9:30 Uhr gestartet wurde. VP, wie immer mit Wasser, Iso, Bananen und jetzt auch Geltütchen. Die Einheimischen genießen den sommerlich warmen Sonntag in den Cafés am Platz. Wir überqueren den Sarca-Fluss. Rechts ein Fußballplatz. Vielleicht ist das hier der Rasen, auf dem die Profis vom FC Bayern öfter mal ihr Auswärtstraining abhalten? Dann wieder zurück auf die andere Flussseite. 

Die Berge um Arco sind beliebt bei Kletterern. Aber die Gegend ist auch ein Radlerparadies, nicht nur für Mountainbiker. Es gibt viele schöne Radwege. Unter anderem der Weg auf dem Damm des Sarca, auf dem wir jetzt unterwegs sind. Wenn ich richtig gelesen habe, ist der Radweg 23 Kilometer lang und startet am Gardasee. Hier ist der Kilometerstein vier, also wissen wir, welche Strecke noch vor uns liegt. Der italienische Leichtathletikverband FIDAL hat festgelegt, dass auf Marathonstrecken keine Autos und auch keine Fahrräder fahren dürfen. Nun ist aber Italien ein Land der Radsportler, und so werden wir auf diesem recht schmalen Weg oft von solchen überholt. Interessant, wie eine radelnde Familie sich zwischen der Fünf-Stunden-Pacergruppe hindurch schlängelt. Die Pacerin Ilaria schimpft laut und die meisten Ordner haben wohl resigniert.

 

 

Km 25 mit Verpflegungsstelle. Positiv zu vermerken ist der kühle Wind, der wohl durch das kalte Flusswasser entsteht. Dann endlich die Fußgängerbrücke über den Sarca am Gardasee. An den Kiesstränden von Torbole entlang. Ilaria ruft zum Abkühlen unter einer Dusche auf. Hier ist nun viel los. Im Wasser sieht man aber nur wenige Gestalten, denn der See hat aktuell 12 Grad. Das muss man mögen.

VP im historischen Ortskern. Ich schnappe mir eine 0,5-Liter-Flasche. Ilaria zieht lachend davon und das möchte ich nicht so hinnehmen. Also verabschiede ich mich von Judith, die vielleicht auch wieder aufholt, und rase der Pacerin hinterher.

Der dritte Abschnitt beginnt. Wieder am See entlang, Diesmal mit schönen Ausblicken auf die westliche Seite. Ich sehe den Ponale-Einschnitt. Auf unserer Seite gibt es auch noch kurze Tunnel und eine recht lange Galerie, in der es merklich kühler ist. Wunderschön, die ganze Straße für sich zu haben. Die allgegenwärtigen Radelnden stören hier nicht, da es genug Platz gibt. Ich laufe die Ideallinie und mache viele Plätze gut. Ilaria habe ich auch schon hinter mir gelassen. Aber noch sind 10 Kilometer zu bewältigen.

Und nun in die dritte Region. Hinein nach Venetien. Da kann das Meer doch gar nicht mehr weit sein. Viele Sportler scheinen unter der Sonne zu leiden und sind deutlich langsamer geworden. Zur Abwechslung werden wir hinunter auf eine Seepromenade geleitet. Ich wundere mich darüber, dass alle vor mir gehen, bis ich auf der Rampe bin. Die ist wirklich zu steil zum Laufen. Der nächste VP liegt bei einer Windsurfschule. Reggaemusik empfängt uns.

Wir wechseln für die letzten Kilometer auf die Straße zurück, die nun auch auf Seehöhe verläuft. Die Sonne scheint uns direkt ins Gesicht. Der Scaligerburg von Malcesine ist zu sehen. Dahinter wartet das Ziel.

Malcesine ist ein beliebter Ferienort mit mittelalterlichem Dorfkern, über dem eine mächtige Burg thront, die von der Herrscherfamilie der Scaliger um 1300 wieder aufgebaut wurde und heute ein Museum beherbergt. Eine Seilbahn führt auf den 1760 m hohen Tratto Spino, einen Gipfel des Monte Baldo, von dem aus sich ein spektakulärer Ausblick auf den in Bergketten eingebetteten See bietet. Sportlich kommen hier Drachen- und Gleitschirmflieger, aber auch Wanderer, Kletterer und Mountainbiker auf ihre Kosten. Wer es beschaulicher mag, der spaziert entlang der Uferpromenade bis hin zur üppig bewachsenen Halbinsel Val di Sogno, oder kehrt in einer der zahlreichen Strandbars ein.

 

 

Bis es für mich so weit ist, sind aber noch zwei Anstiege zu meistern. Ich fange an zu schwächeln. Dann endlich der Hinweis auf Km 42. Hinein in die Altstadt. Hier ist der Teufel los. Echt super. Rechtskurve. Dann etwas weiter unten der Zielbogen. Bloß nicht hinfallen. Nach 4:53 Stunden komme ich glücklich an. Und was hier noch los ist! Zielschluss ist nach 6:15 Stunden, aber ich denke, der Veranstalter lässt das Ziel wegen der warmen Witterung noch etwas länger offen.

Die Zielverpflegung umfasst außer Wasser, Apfelsaft und Iso Bananen, Haselnussriegel und Mandeln. Bier und Drinks muss man sich kaufen. Einen kostenlosen Massageservice bietet die zertifizierte Massageschule Evolution Academy an.

 

Fazit

 

- Ein großartiger Panoramamarathon. Die Strecke ist aufgrund einiger Engstellen und des manchmal hügeligen bis steilen Kurses aber nicht bestzeitenfähig. Es ist bemerkenswert, dass drei Regionen diese wichtigen Straßen für einen Tag sperren, aber sie werden mit Starterinnen und Startern aus 72 Ländern belohnt, die zwei Drittel der Teilnehmenden stellen und am Anfang der Sommersaison sicher für ein gutes Zusatzgeschäft sorgen. Auf den Startnummern stehen die Nationenfahnen. So sah ich im Zielbereich drei Thailänderinnen und welche aus Brasilien, über 170 Israelis sollen dabei gewesen sein.

- Es gibt zwei Wertungen: Die offizielle mit Gesundheitszeugnis und Runcard und eine Wertung „außer Konkurrenz“ mit eigenem Haftungsausschluss und ohne Anspruch auf Preisgelder. Keine Altersklassen-Prämierung.

- Die Strecke ist von vielen Ordnern gesichert, oft waren es pensionierte Carabinieri. Zuschauer finden sich eher nur in den touristischen Hotspots.

- Sinnvoll ist eine Übernachtung im Start- oder Zielort. Die Rückfahrt erfolgt mit dem Schiff oder nach Streckenfreigabe per Bus.

- Drei Zwischenzeiten, gute KM-Markierung. Die Zahl der VPs entspricht den Vorgaben des Leichtathletikverbands, wobei es angesichts der Hitze im letzten Drittel etwas mehr hätten sein können.

- Schönes gedrucktes Infoheft

- Gutes Preis-/Leistungsverhältnis

 

Siegerinnen Marathon

 

1. Wasniewska, Karolina       POL    3:12:56      

2. Winter, Sarah                     GER    3:14:48                       

3. Mandlbauer, Christina        AUT    3:25:38

 

Sieger Marathon

 

1. Puskar, Michal                   SLO    2:48:10           

2. Hultqvist, Andreas             SWE   2:48:53           

3. Zoller, Alessio                    ITA     2:51:36

 

Finisher

 

Marathon Sportlich                            540

Marathon Nicht-Sportlich                  772

 

Halbmarathon Sportlich:                    478

Halbmarathon Nicht-Sportlich:         1.739

 

Informationen: LAKE GARDA 42
Veranstalter-WebsiteE-MailHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024