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Laufberichte

Tra lago e monti - der Gardasee Marathon 2010

10.10.10

Es gibt Orte, die auf uns reisefreudige Deutsche in besonderer Weise “massenaffin” wirken. Mallorca ist so einer und die türkische Südküste auch. Die Nummer eins in Sachen Kurzurlaub, vor allem für Süddeutsche, ist aber ein anderes Ziel: der Gardasee.

Wie keines der anderen Reiseziele vereint der Gardasee die Generationen und verschiedensten Interessen. Die „jungen Wilden“ fahren zum Surfen und Biken in den Norden, Familien mit Kindern füllen die zahllosen Campingplätze im Süden, Wanderfreunde tummeln sich am Monte Baldo und Tignale, vor allem ältere Reisende sammeln sich in Kulturhochburgen wie Malcesine und Sirmione. Und dann gibt es noch die, wie etwa mich, die den Gardasee einfach dafür lieben, weil man hier so nah und unkompliziert das Italia-Feeling genießen kann. Zumindest für die Münchner zählt der Gardasee ohnehin zum erweiterten Kreis der oberbayerischen Badeseen. 

In wilden läuferischen Fantasien habe ich mir schon vorgestellt, wie es denn so wäre, diesen schönen See einmal in drei bis vier Tagen per pedes zu umrunden. Die bittere Realität ist aber: Auf der engen, von zahllosen Autos und Rennradlerpulks okkupierten Uferstraße ist kein Platz für Läufer, außer man liebt die Gefahr und ist allzeit bereit, über die Leitplanke zu hechten.

Eine Möglichkeit, zumindest Teile des Seeufers ganz gefahrlos läuferisch zu erobern, gibt es aber doch: Den Gardasee-Marathon. Die Strecke von Limone nach Malcesine, mit Abstecher nach Arco, erschließt seit 2007 läuferisch den landschaftlich besonders attraktiven Nordteil des Sees. Und in diesem Jahr auch noch zu einem ganz besonderen Datum: dem 10.10.2010.

 

Limone

 

Der Startort Limone ist ein traumhaft gelegenes Fleckchen Erde: Hier der unergründlich dunkelgrüne See, unmittelbar dahinter steil in den Himmel ragende Berge. Dazwischen, unter den jäh über 1000 Meter ansteigenden Felsen, duckt sich die winkelige Altstadt des ehemaligen Fischerdorfs mit ihren abschüssigen Gassen und pittoresken, pastellfarbenen Häuserfassaden. Jeder Quadratmeter auf dem schmalen Streifen zwischen Seeufer und Fels wird intensiv genutzt, wobei ein kleines Seitental ein wenig mehr Luft schafft als an der übrigen Steilküste. Vor allem die zahlreichen Hotels und Ferienwohnungen lassen das 1.150-Seelen-Dorf durchaus größer erscheinen als es ist.

Kaum zu glauben ist dennoch, dass in der Hauptsaison täglich bis zu 10.000 Touristen diesen malerischen Winkel überfallen. Ob Limone seinen Namen der gleichnamigen Zitrusfrucht verdankt, die hier einst intensiv angebaut wurde, ist nicht ganz geklärt. Zumindest erinnern in und um Limone zahllose Stelen, einst die Tragesäulen der verfallenen Zitronengewächshäuser, an die Kultivierung. Wahrscheinlich stammt er aber vom lateinischen „limes“ (Grenze) ab, da hier einst die Republik Venedig endete. Für die Tourismusindustrie ist der Fall jedoch klar: Der Name steht für die Frucht und die ist in jeder Beziehung Symbol und Imageträger des Ortes. Daher wundert es auch nicht, dass es etwa den berühmten „Limoncello“ an jeder Straßenecke gibt.   

Erster Anlaufpunkt für die Marathonis ist das „Centro Congressi“ Limones am Rande der Altstadt an der Hauptstraße gelegen. Meine Befürchtung, dass sich hinter dieser Bezeichnung ein überdimensionierter Neubauklotz verbirgt, bestätigt sich nicht. Ganz im Gegenteil: Der natursteinverkleidete Bau fügt sich bestens in die Umgebung ein. Hier können die Läufer von Freitag bis Sonntag Morgen ihre Startnummern abholen. Wer seine Wettkampftauglichkeit bisher noch nicht durch ein Gesundheitszeugnis belegt hat, muss dies spätestens hier tun. Mit der Startnummer bekommen wir ein Stockwerk höher im Rahmen einer kleinen Messe das „Gardasee Marathon-Set“, das neben einem netten Funktionsshirt auch ein grünes Armband beinhaltet. Dieses ermöglicht uns von Freitag Mittag bis Sonntag, kostenlos die Fährdienste im nördlichen Gardasee in Anspruch zu nehmen.

Und das sollte man am gerade am Samstag unbedingt nutzen. Eine entspannte Bootsfahrt von Limone über Riva, Torbole nach Malecsine und zurück nach Limone, hier ein Spritz Aperol in einer Bar, dort ein Cappucino in einem Cafe - das macht Laune und man bekommt ganz entspannt schon einmal einen Eindruck von den Orten, die auf unserer Laufstrecke liegen.

 

Start auf der Gardesana Occidentale

 

Wer in Limone wohnt, hat es gut. Und wer in einem so wundervollen kleinen Hotel wie dem Hotel Monte Baldo direkt am alten Hafen (Porto Vecchio) untergebracht ist, noch viel besser.  Ich sitze mit Seeblick gemütlich beim Frühstück, als gegen 7.30 Uhr, zwei Stunden vor dem Start, schon die große Fähre auftaucht, die auf einer Sonderfahrt diejenigen Läufer nach Limone bringt, die im Zielort Malcesine wohnen.

Die Fähre legt am größeren Porto Nuovo an, von wo die Läufer durch die Altstadt zum Startgelände auf Limones Hauptstraße, der Via IV Novembre, ziehen. Diese ist wiederum Teil der berühmten Gardesana Occidentale, der letztlich einzigen, heute allerdings ausnahmsweise für den gesamten sonstigen Straßenverkehr gesperrten Verbindungsstraße zur Außenwelt.

Auf dem Weg dorthin müssen die Ankömmlinge zum ersten und einzigen Mal für heute richtig Höhenmeter überwinden.

Als ich mich eine Stunde später aufmache, ist der ganze Spuk längst vorbei. Die Altstadt präsentiert sich in beschaulicher Morgenruhe wie eh und je. Nur ab und an verraten ein paar herumirrende folienummantelte Gestalten, dass heute kein normaler Tag ist. Dieser Eindruck ändert sich schlagartig, als ich Via IV Novembre erklommen habe. Lauter Italopop schallt durch die Luft, die Straße zwischen dem Kongresszentrum, wo man seinen Kleiderbeutel mit Wechselkleidung für Malcesine abgeben kann, und dem zweihundert Meter entfernten Startbogen, der auf Höhe des hübschen Stadtparks mit dem Rathaus, der Villa Borghi, gespannt ist, ist voller erwartungsfroher Menschen. Die Stimmung ist wie das Wetter: prächtig. Nachdem gestern noch dicker Hochnebel etwas trübe Herbststimmung verbreitet hat, taucht heute die Morgensonne alles in ein warmes, wohliges Licht. 

Die Via IV Novembre bietet viel Platz und Auslauf für die immerhin 1.800 Starter aus 36 Ländern. Von diesen stellen die Deutschen traditionsgemäß ein dreistelliges Kontingent, aber selbst aus Japan kommen mittlerweile Läufer angereist. Obwohl es keinerlei Startblocks gibt, gibt es bei der Aufstellung weder Hektik noch Gedränge. Der Startmoderator heizt die Stimmung nochmals richtig an, die Läufer jubeln und recken die Arme in die Höhe.
 
Dann auch einmal:  Sekunden der Stille, die Spannung steigt. Peng - um 9.30 Uhr knallt die Startpistole. Und los geht’s.

 
 

Informationen: LAKE GARDA 42
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