marathon4you.de

 

Laufberichte

Verona Marathon: Una festa per la città

05.10.14 Special Event
 

In der nächsten Ortschaft fallen mir zwei Belgierinnen am Straßenrand auf, die richtig Stimmung machen. Die hatte ich auch schon in Parona gesehen. Jetzt stelle ich fest, dass sich die Laufstrecken hier fast berühren und die Zuschauerinnen nur eine Straße weiter gehen mussten. Die Simone-Truppe hält die Damen aufgrund der ähnlich aussehenden Fahnen für Deutsche, wird aber gleich über den Unterschied aufgeklärt. Die Glocken der Kirche von Parona beginnen zu schlagen. Jetzt fehlt nur noch der Monsignore am Wegesrand.

Bei km 15 wieder eine Verpflegungsstelle, jetzt mit Wasser, Tee, ISO, Keksen, Bananen, Fruchtschnitten, alles gut beschildert. Freundliches Personal und die obligatorischen Häuschen gleich nebenan.

Ein kleiner Einschub zu Land und Leuten,
weil die nächsten zwei Kilometer etwas öde sind:

Friseur im römischen Parlament müsste man sein. Laut Süddeutscher Zeitung versucht Premier Renzi zurzeit, die Gehälter des Parlamentspersonals etwas einzudämmen. So sollen die dort tätigen Friseure zukünftig nicht mehr als 99.000 € pro Jahr verdienen. Ein angestellter Friseur in der freien italienischen Wirtschaft bringt es im Schnitt im selben Zeitraum gerade mal auf 14.400 €!

Die Abgeordnetenbezüge sollen mit die höchsten in Europa sein. Aber da hält sich Renzi mit dem Rotstift noch zurück. Zu verdanken haben die Italiener diese „paradiesischen Zustände“ wohl Silvio Berlusconi, der während seiner Amtszeit ein Verwaltungsgebilde aufgebaut hat, das vielen „Freunden“ eine sichere Zukunft bieten sollte.

Der bürokratische Wasserkopf ist unübersehbar und zeigt sich auch am Nachmittag: Für Marathonis soll es in allen städtischen Museen einen reduzierten Eintritt von 1 € geben. Wir wollen mit dem Aufzug auf den Glockenturm Torre Lamberti fahren, normalerweise kostet das 8 €. An der Kasse legen wir unsere Startnummern vor. Die Kassiererin weiß ungefähr, worum es geht, muss sich aber erst mal telefonisch absichern und nach den Modalitäten fragen. Die Schlange hinter uns wird immer länger. Letztendlich erhalten wir unseren reduzierten Eintritt. Seltsamerweise kommen die Nicht-Sportler hinter uns ohne große Komplikationen auch für 1 € auf den Turm: Am 1. Sonntag des Monats gilt nämlich für alle Besucher ein ermäßigter Eintrittspreis von 1€, wie wir später erfahren. Aber wir sind ja Marathonis, und die wollen extra verbucht sein. Ordnung muss sein. Die Italiener haben die Deutschen in Sachen Bürokratie schon lange überflügelt.

Zurück zum Lauf.

Bei Kilometer 17  überqueren wir die Etsch und die bekannte Marathonlaufstrecke. Unten sind die Läufer bereits bei km 21. Nun bietet sich wieder ein schöner Blick auf den Kirchturm von San Zeno. Die schon erwähnte Abtei, die auf  das  5. Jahrhundert zurückgeht, liegt an einem stillen, weiten Platz. Still und ruhig bleibt es dort auch heute, denn leider drehen wir kurz davor ab. Die Trennung zur zweiten Runde steht an, sehr gut beschriftet und von freundlichen Helfern kontrolliert. Da läuft keiner falsch.

Ich halte mich Richtung Mezza Maratona (Halbmarathon), da ich nach zwei Wochenenden mit Full- Marathons in Karlsruhe und Ulm jetzt mehr auf Entspannung eingestellt bin. Die Marathonis werden die Runde mit einer Verlängerung um vier Kilometer im Norden laufen. Die hat dann auch noch einige zusätzliche Höhenmeter zu bieten, wie uns Robert aus Deutschland später berichten wird.

Bei km 20 überholt uns der im Marathon führende Kenianer Saeckwo Alex Chepkwik. Hinter ihm liegen schon 39 km. Die fehlenden Kilometer muss er noch in der Stradone Porta Palio zurücklegen und sieht noch das klassizistische Stadttor Porta Palio aus dem 16. Jahrhundert, einst Schauplatz des traditionellen Pferderennens.

Wir drehen beim Castelvecchio auf die Via Roma und sind ruckzuck beim Ziel vor der Arena. Hier ist dann mal richtig was los. Die Zeitung L'Arena titelt denn auch am nächsten Tag: „Maratona, una festa per la città“ (Ein Fest für die Stadt).

Ich freue mich schon auf die Ankunft von Saeckwo. Wann ist man schon mal vor einem Marathonsieger im Ziel? Die Medaille ist sehr hochwertig. Sie zeigt einen Blick von oben auf die Marktschirme der Piazza Erbe, Hauptplatz von Verona und ehemals römisches Forum.

Um die Zielverpflegung zu erreichen, muss man sich durch die Expo-Stände samt der zahlreichen Besucher drängeln. Nicht jeder findet schnell dorthin. Einmal angekommen, erhält man dann aber alles, was das Herz begehrt  - außer Bier, aber dafür leckeren Panettone (Kuchen). Auch einige gut gekleidete Herrschaften, die mit Sport wohl eher nichts zu tun haben, befüllen ihre Taschen mit den Köstlichkeiten. Massage und einen Busshuttle zur  Duschgelegenheit gibt es auch.

An der Taschenaufbewahrung treffe ich endlich Judith. Die war viel schneller und ist Dritte in ihrer Altersklasse geworden. Was wir aber erst zuhause in München feststellen und damit die Siegerehrung verpassen.

Nach einer Dusche im Hotel fahren wir wieder ins Zentrum und sehen die letzten Marathonis auf die Ziellinie einbiegen. Unter ihnen auch Läuferinnen des Klinikums Nürnberg, die heute in einem 15-Personen-Team angetreten sind. Das scheinen sehr aktive Sportler zu sein, da man die T-Shirts bei vielen Laufveranstaltungen sieht.

Leider fehlte diesmal die bisherige Hauptattraktion des Verona-Marathons: der Zieleinlauf in die Arena, den Judith und ich 2012 als Teilnehmer des Last-10 km-Laufs noch genießen konnten.

Schon damals stand die Nutzung der Arena für Popkonzerte und andere „opernferne“ Veranstaltungen öffentlich in der Kritik. Die Lautsprecheranlagen des geplanten Adriano-Celentano-Konzerts waren wirklich riesig und man fürchtete offenbar, der Sound könnte das Jahrtausend alte Gemäuer zum Einsturz bringen.

Vor einigen Monaten erhielten wir dann einen Newsletter, in dem es hieß, das Ziel sei auf die Piazza Erbe verlegt worden. Strecke und Ziel änderten sich dann nahezu bei jeder neuen Information, bis man Start und Ziel auf der Piazza Bra beließ. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn die Strecke wie in den Jahren zuvor wesentlich länger in der Altstadt bliebe und wenn man außerhalb mehr von den Wohngebieten der Veroneser sehen würde.


Zusammenfassend

- Der Verona-Marathon bietet für internationale Marathontouristen eine perfekte Kombination aus Laufen und Stadturlaub. Wenn der Streckenverlauf sich stärker an den architektonischen Highlights orientieren würde, könnte Verona in Sachen Attraktivität mit Florenz gleichziehen.

- Organisatorisch ist alles in Ordnung. Keinerlei Störung durch Autoverkehr. Alle Infos gibt es auch auf Englisch.

- Preislich relativ günstig.

- Verzichten muss man auf lautstarkes Zuschauerinteresse außerhalb des Zentrums.

- Gesundheitszeugnis muss vorhanden sein

- Die FIDAL (ital. Leichtathletikverband) verlangt neuerdings 7 € für eine Tagesmitgliedschaft. Wer einem Verein eines assoziierten Verbands in einem anderen Land angehört, spart sich das Geld. Wir haben unseren Sportverein angegeben, hat funktioniert.

Herren
1. SAEKWO ALEX CHEPKWIK, KEN 02:14:12
2. BOFFO MARCO, ITA    02:36:21
3. BOGDANICH MASSIMILIANO, ITA 02:37:50

Damen

1. BAGATIN ERIKA, ITA    02:50:32
2. VRAJIC MARIJA, CRO   02:59:19
3. KUZMINSKA KATARZYNA, POL 02:59:26

 

12
 
 


 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024