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Laufberichte

Verregnetes Lauffestival

 

Nun beginnt die wunderbare Hellbrunner Allee. Autofrei kann man schnurgeradeaus in 2,5 km durch grüne Wiesen hindurch das Schloss Hellbrunn erreichen. Unter dem alten Baumbestand lustwandelte man bereits vor hunderten von Jahren. Viele Bänke laden zum Verweilen ein. Bei Gewitter sollte man die Hellbrunner Allee allerdings schleunigst verlassen. Einige vom Blitz getroffene Bäume, mit den charakteristischen Spaltungen über die gesamte Länge, zeigen einem hier die Wucht und Energie dieser Naturgewalten.

Mitten auf der grünen Wiese taucht rechts die „Kaisersburg" auf. Das schlichte, dreigeschossige gelbe Schlösschen mit den auffallend hellen Fensterumrahmungen verdankt seinen Namen vermutlich dem hochfürstlichen Hauptmann Hans Kayser, der hier 1625 sein Haus erbaute. Hinter dem offenen Tor liegt die Zufahrt zum Gewandhaus, dem Firmensitz des Trachtenherstellers Gössl mit kleinem Hausmuseum und Restaurant.

Etwas weiter erreichen wir Schloss Frohnburg. Als kleines Schlösschen mit Lustgarten und Meierei um 1620 erbaut, wurde es ca. 50 Jahre später neu konzipiert und ausgebaut. Heute dient es als Wohnheim für die Studenten des Mozarteums.

Kurz vor km 5 liegt rechts Schloss Emsburg: 1620 wurde das stattliche Gebäude samt Mühle am Hellbrunner Bach gebaut und 1701 dem „wohllöblichen Ritterorden des heiligen Rupert“ überlassen und erhielt den Namen Kreuz- oder Ritterhof. 1948 zogen die Halleiner Schulschwestern in den Bau. 2010 wurde das Schloss für einen unbekannten Betrag an privat verkauft.

Links folgt das kleine Schloss Emslieb (auch als Villa Strongfort bezeichnet), das als Miniatur des Palazzo Gallio in italienischen Gravedona konzipiert ist. Durch verschiedene gravierende Umbauten hat das Schlösschen seinen ursprünglichen Charakter verloren. Heute ist es in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Ich halte kurz an und werfe einen Blick durch das reich verzierte, schmiedeeiserne Tor: im Garten sehe ich zwei übergroße Pilze der Schweizer Objekt-Künstlerin Sylvie Fleury aus lackiertem Fiberglas. Gegenüber befindet sich ein weiteres Kunstobjekt, diesmal vom österreichischen Künstler Erwin Wurm. Sein "Pink Men's Suit", mit weißem Hemd und brauen Schuhen mutet im grünen Park sehr eigenartig an.

 

 

Rechts zweigen wir, begleitet vom Spiel eines Gitarristen, in den Fürstenweg ein und passieren den Eingang zum Schloss Hellbrunn. Ein roter Teppich ist für uns ausgelegt und führt direkt auf das imposante Schloss zu. 1615 ließ der Fürsterzbirschof Markus Sittikus den prächtigsten Spätrenaissance-Komplex erbauen. In dem mit allen Annehmlichkeiten damaliger Zeit ausgestatteten Lustschloss wollte er sich vom stressigen Regieren erholen. Als besondere Attraktion wurden im Park, dem wasserreichen Hellbrunner Berg sei Dank, zahlreiche Wasserspiele eingebaut, die, im Original erhalten, auch heute noch ihres Gleichen suchen. Das Schloss kann besichtigt, aber auch für Feste gemietet werden.

Wir verlassen den Schlosshof durch ein kleines Seitentor und werden bereits mit heißen Rhythmen erwartet. An der VP gibt es Wasser. Hinter km 6 geht es kurz nochmal auf den Fürstenweg; dann queren wir von Helfern gesichert die Mozger Straße und biegen in die Keltenallee ein. Es geht nun vorbei an einer langen Reihe mächtiger Eichen und Nestern von Bärlauch an den Anifer Feldern entlang, bis wir den Eichet Wald erreichen. Vor uns liegt zum Greifen nah der 1973 m hohe Untersberg, der Hausberg Salzburgs. Sein schneebedeckter Gipfel ist von Wolken verhüllt. Hinter km 7 führt die Straße in den Wald, bis wir rechts in die Berchtesgadener Straße einbiegen. Ein paar Zuschauer stehen hier, um die Läufer zu anzufeuern.

Nun geht es ca. 2 km auf der Straße geradeaus am Waldrand entlang, wo wir bei km 10 erneut das Salzburger Stadtgebiet erreichen. An der VP werden neben Wasser, Iso und Cola auch Bananen und Orangenstücke angeboten. Die Helfer sind top motiviert und versuchen, jedem Läufer einen Becher in die Hand zu drücken. Wegen der kühlen Temperaturen habe ich bisher auf Trinken verzichtet. Nun mache ich eine kurze Pause, um einen Helfer zu beobachten. Der junge Mann bringt seine Ware wie ein Marktschreier an den Mann, dabei spart er nicht mit coolen Sprüchen. Das kommt bei den Läufern gut an.

Während vor uns leicht erhöht die Salzburger Festung auftaucht, werden wir von Streckenposten am Kreisverkehr nach links zu einer Zeitmessmatte geleitet. Die folgende Strecke führt uns direkt am Leopoldskroner Weiher entlang. Schon von weitem hören wir laute Musik und einen Sprecher. Ein rotes Marathontor ragt quer über den Weg. Hier war der Start zum 10 km-Lauf. Der Moderator heißt uns willkommen und schickt uns mit viel guten Wünschen weiter. Der Leopoldskroner Weiher liegt hinter Bäumen und einer hohen Mauer versteckt, so dass wir rechts über den Almkanal hinweg den Blick auf den Mönchsberg und die Festung genießen können.

Als größte vollständig erhaltene Burg Mitteleuropas wurde sie 1077 von Erzbischof Gebhard erbaut, um das Fürstentum und die Erzbischöfe vor feindlichen Angriffen zu schützen. 1500 gab Erzbischof Leonhard von Keutschach ihr heutiges Aussehen. In all den Jahren wurde sie nie von auswärtigen Truppen eingenommen. Seit 1892 führt eine Standseilbahn hinauf, die 2012 vollständig renoviert und modernisiert wurde. 1,7 Millionen Fahrgäste im Jahr haben dadurch während der 54 Sekunden dauernden Fahrt einen spektakulären Ausblick auf die Stadt.

Der 508 m hohe Mönchsberg, benannt nach den Mönchen des Klosters St. Peter, erstreckt sich auf einer Länge von 500 m vom Festungsberg in nördlicher Richtung am linken Salzachufer entlang bis Mülln. Teilweise im Wald versteckt gibt es Schlösschen, Villen, alte Wehranlagen, Wiesen und nicht zuletzt das Salzburger Museum der Moderne. Ein Aufzug fährt in 30 Sekunden die 60 m nach oben. Wer es geruhsamer mag, nimmt einen der Spazierwege, die einen von allen Seiten auf den Berg bringen. Viele Aussichtsplattformen laden zum Verweilen ein und bieten mannigfaltige Ausblicke auf die wunderbare Stadt zu ihren Füßen.

Die Straße macht einen Knick nach links und wir kommen am Tor von Schloss Leopoldskron vorbei. Am Ausgang des Sees gelegen, wurde es 1736 als Familienbesitz von Salzburgs Fürsterzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian erbaut. 1918 kaufte Max Reinhardt das mittlerweile heruntergekommene Schloss und renovierte es liebevoll. Mit Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss entwickelte Reinhardt im Schloss die Salzburger Festspiele. Heute ist es ein Luxushotel. Rechts liegt übrigens das Leopoldskroner Freibad. Abermals links geht es, diesmal direkt am Leopoldskroner Weiher zurück (km12).

 

 

Der Weiher ist ein stattlicher See mit 13 ha Wasserfläche und 3 Inseln. Hier gibt es jede Menge Graugänse. Lauter als die Graugänse sind nur die Trommler von SoriNaTu, einem gemeinnützigen Verein, der Kinder in Ghana unterstützt. Der pulsierende Takt der Trommeln lässt die Füße fast von selber laufen. Hundert Meter weiter gibt es am nächsten VP Wasser und später einen schönen Blick auf die umliegende Bergwelt, leider etwas getrübt durch die tief hängenden Wolken.

Hinter km 14 sorgt eine größere, gut gelaunte Clique von Mädels für Getränke und Bananennachschub. Wenig später erreichen wir die bekannte Salzburger Brauerei Stiegl, an dessen Firmengebäude wir entlang laufen. Gegründet 1492, ist sie fast 200 Jahre später 1650 die größte Salzburger Brauerei. Getrunken, oder besser gesagt „gesoffen“, wird zu dieser Zeit im Übermaß. 1765 gibt es in Salzburg zwölf Brauereien mit angeschlossener Wirtschaft und 42 weitere Gasthäuser. Und das für 16.000 Einwohner. 1863 sind die Betriebsgebäude in der Altstadt zu klein, das neue Areal in Maxglan wird eröffnet.

Auffallend sind die Karawanen von Dirndlträgerinnen und Mannsbildern in Lederhosen,  die am sonntäglichen Morgen auf dem Weg zur Gaststätte sind. Um 10 Uhr beginnt heute das traditionelle „Maibaumfest“ auf der Stiegl Festwiese mit Aufstellung eines zünftigen Maibaums und dem obligatorischen Fassanstich.

Streckenposten weisen uns nach rechts in die breite Maxglaner Hauptstraße. Sie ist für die Läufer halbseitig gesperrt. Es geht richtungsmäßig zurück. Rechts kann man ab und zu zwischen den Häusern einen Blick auf den Rainberg werfen. Mit seiner Höhe von 511 Meter und einer Fläche von heute etwa 10 ha ist der Rainberg, früher Riedenburg, nach dem Bürglstein der kleinste Stadtberg von Salzburg. Im Westen grenzt er an den Mönchsberg. Seit dem frühen Mittelalter wurde der Rainberg als Steinbruch genutzt bis er 1941 als Kulturdenkmal ausgewiesen wurde. Seit 1986 ist der bewaldete, höher gelegenen Teile des Berges Naturwaldreservat und für die Allgemeinheit nicht mehr begehbar.

Vor dem Mönchsberg biegen wir in die Reichenhaller Straße. In der Kurve ist einiges los. Viel Publikum hat sich versammelt und eine schottische Band spielt Dudelsack. Ich werfe noch einen kurzen Blick auf das Sigmundstor, im Volksmund ausschließlich Neutor genannt, dem Portal eines 131 m langen Tunnels unter dem Mönchsberg hindurch. Seit dem 18. Jahrhundert verbindet er die Altstadt mit dem Stadtteil Riedenburg. Er war früher gleichzeitig eines der Stadttore der historischen Altstadt. Für Fußgänger gibt es daneben einen kleineren Stollen.

Bei km 18 überholt mich bereits der Führende des Marathon, der Kenianer Hosea-Kiprotich Rutto. Seine Bewegungen wirken langsam, fast schwerelos. Sein Laufstil  scheint sehr effizient zu sein,  ziemlich schnell ist er nach vorne verschwunden.

Der Augustiner Bräu rechts ist  Österreichs größte Biereinkehr. Die Gasträume haben 5.000 qm, dazu kommt ein Biergarten mit 1.400 Sitzplätzen. Das Bier kommt aus Holzfässern und wird in Steinkrügen ausgeschenkt. Die dazu passenden Speisen findet man in diversen Verkaufsständen des Schmankerlgangs.

Der Moderator begrüßt jeden Läufer, wobei er zwischen Halbmarathonis und Marathonläufer („wir sehen uns nochmal“) klar unterscheidet. Hier erfolgt erneut eine Zeitmessung. Es geht nun links in einen Bahntunnel. Laute Musik ertönt aus der Konserve, verstärkt durch die Tunnelwände. Gleichzeitig geht es leicht bergab, das puscht. Der Marathonzweite  Simon-Kamau Njeri, ebenfalls aus Kenia, kommt unauffällig von hinten. Wir laufen über die Lehener Brücke (km20) und haben einen schönem Blick auf die Salzach und St. Peters Kloster und gleich sind wir zurück am Mirabellen Platz.

Hier ist der Zieleinlaufkorridor für die Halbmarathonläufer rechts und der Einstieg in die zweite Runde links. Das Publikum schreit und klatscht die Finisher ins Ziel. Ich verweile ein wenig und genieße die Atmosphäre. Dann mache ich mich erneut auf den Weg. Rolf läuft barfuß und im Clownkostüm und zieht die ganze Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich. Für mich bleibt fast nichts mehr. Schade. Die Strecke ist nun ziemlich leer. Schön, dass die Trommler vom Rudolfskai immer noch voll in Aktion sind. Auch die vielen Streckenposten an Kreuzungen und Einmündungen geben ihr Bestes, um die Läufer weiter zu motivieren.

 

 

Dann ab km 23 ist es so weit, es beginnt zu regnen. Zunächst ganz sacht. Aber in der Hellbrunner Allee erwischt mich ein kräftiger Schauer. Schnell wird es empfindlich kalt. Meine Armlinge halten die Nässe nicht wirklich ab. Es scheint, als ob die Kälte mir meine ganze Kraft nimmt. Ich werde immer langsamer. Im Schloss Hellbrunn überholt mich der Pacer für 4:45 mit seinem kleinen Grüppchen. Ich würde gerne dranbleiben, um etwas Windschatten abzubekommen, schaffe es aber nicht.

Bei km 28 steht traurig im Regen ein augenscheinlich gehbehinderter Helfer in einem Elektrowägelchen. Ich grüße ihn und frohgelaunt grüßt er zurück und wünscht mir noch alles Gute. Für mich ist er ein Held. Ich quäle mich weiter durch den Eichet Wald. Eine Helferin, die hier bereits in der ersten Runde für Stimmung gesorgt hat, ist immer noch nicht müde. Bereits von weitem winkt und klatscht sie mir zu. Sie hat zwar einen Schirm, der nützt aber auch nicht viel und daher lachen wir gemeinsam über unsere nassen Frisuren.

Hinter km 29 auf der Berchtesgadener Straße ist es besonders schlimm. Der Wind kommt mal von vorne, mal von der Seite und die Straße steht teilweise unter Wasser. Ich laufe im Slalom um die Pfützen; das bringt aber nicht viel. Der coole Helfer am VP versucht, selber tropfnass, immer noch die Läufer zu motivieren. Trotz klammer Hände gelingt mir noch ein gemeinsames Selfie.

Die Moderatoren vom Start des 10 km-Laufs haben sich zwar in ihr Zelt zurückgezogen, die Musik ist aber immer noch voll aufgedreht und jeder Läufer wird begrüßt. Gerade kommt der Pacer für die 5h00. Wir laufen ein Stück gemeinsam, dann muss ich ihn ebenfalls ziehen lassen. Am Landskroner Weiher wollen die afrikanischen Trommler gerade Feierabend machen. Ich klatsche ihnen zu. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen. Sofort geht das schöne Trommelkonzert von neuem los.

Ab km 35 habe ich das Gefühl, dass der Regen allmählich nachlässt. Sofort fällt auch das Laufen leichter. Am nächsten VP haben die Helfer weiße Regencapes übergezogen, das sieht so witzig aus, dass wir gemeinsam lachen müssen. Wasser will ich aber keines, bei der Kälte hilft nur Cola. Die breiten Straßen der Innenstadt sind fast menschenleer, so dass man die gelben Warnwesten der Helfer schon von weitem erkennen kann. Die Schottenband hat wohl gerade Pause. Als ich klatschend vorbei laufe, hebt der Dirigent seine Arme und die Dudelsackspieler stimmen spontan ein neues Lied an. Noch lange kann ich der Melodie lauschen.

Die Helfer bei km 40 jubeln, als ich vorbeikomme. Der mittlerweile fast arbeitslose Moderator mit seinem Mikro begrüßt mich besonders herzlich. Im Tunnel mache ich noch ein Bild von den DJs, die hier so viel Stimmung machen. Sofort werde ich frenetisch angefeuert. Das gibt mir nochmal Schwung. Auf dem Elisabethenkai steht eine Familie, ebenfalls nass vom Regen. Schon von weitem werde ich ebenfalls überschwänglich angefeuert. Ich klatsche zurück und so puschen wir uns gegenseitig.

In der Reinerstraße bei km 42 scheint es schon ruhiger zu sein. Umso erfreuter bin ich, dass mir das noch zahlreiche Publikum einen Zieleinlauf vom Feinsten beschert. Das hatte ich nicht erwartet. Der Moderator sagt mich an, ich bin 751. Finisher und mit 4h57 netto doch noch unter 5 Stunden geblieben.

Die Helferinnen mit den Medaillen und die Retter vom Roten Kreuz empfangen mich ebenfalls mit Applaus. Im abgesperrten Zielbereich gibt es Wasser, heißen Tee, Müsli, Kuchen und Bier. Ich nehme es in dieser Reihenfolge, bis auf das Wasser, davon habe ich heute genug.

 

 

Fazit:


Salzburg ist eine tolle Stadt. Gerne hätte ich beim Lauf noch mehr von der Altstadt gesehen, was wohl in den Vorjahren beim Start auf dem Residenzplatz auch so war. Ansonsten finde ich die Strecke überaus abwechslungsreich und schön. Ich mag den Mix aus Stadtlauf und Natur. Leider war die Stimmung in der zweiten Runde, vor allem im hinteren Läuferfeld nicht mehr so toll. Das ist sicher auch dem Wetter geschuldet.

Die Verpflegung ist ok, im Ziel gab es auch für die Letzten noch Kuchen, Müsli und Bier (auch alkoholfrei), bei jedem  VP standen Dixis. Die Strecke ist aufwendig abgesichert. Vielen Dank nochmal an die vielen Helfer. Es erfordert schon sehr viel Engagement, sich freiwillig 6 Stunden in den Regen zu stellen.

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Informationen: Salzburg Marathon
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