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Laufberichte

City-Marathon vom Feinsten

18.10.09

Nur ein Monument zieht noch stärker die Aufmerksamkeit auf sich: Die gewaltige, 12.000 Tonnen schwere und 95 Meter in den Himmel ragende Kuppel der Frauenkirche, die sich im Hintergrund erhebt und hier nun erstmals entlang der Laufstrecke in ihrer beeindruckenden Dimension sichtbar wird. Die Frauenkirche ist für Dresden mehr als nur eine Kirche oder ein bloßes Wahrzeichen: sie ist ein Symbol - das Symbol der Wiederauferstehung Dresdens. Fast 50 Jahre lang mussten die Dresdener die Ruine als stetige Erinnerung an die Zerstörung und Mahnmal im Herzen der Stadt ertragen. Aber als dann 1994 der originalgetreue Wiederaufbau in Angriff genommen wurde, war dies mit einer Emotionalität, öffentlichen Anteilnahme und persönlichem Einsatz verbunden wie bei keinem anderen der historischen Monumente der Stadt. Seit der Wiedereröffnung im Jahre 2005 hat die Stadt wieder ihren alten und neuen Mittelpunkt. Für mich vor allem faszinierend ist die Fassadengestaltung: All die im verbliebenen Schutt noch vorfindbaren und zuordenbaren Mauer- und Gesteinsreste wurden möglichst an Ihrem Originalplatz eingearbeitet und heben sich mit ihrer dunklen Färbung deutlich vom hellen Sandstein des restlichen, neugeschaffenen Mauerwerks ab.

Wenig später queren wir von unten die Augustusbrücke. Hofkirche, Residenzschloss und Semperoper ziehen an mir vorbei, es folgen Sächsischer Landtag, das ICC und etwas abgesetzt am Horizont Yenidze. Gerne wäre ich hier noch weiter gelaufen. Aber auf Höhe des Japanischen Palais, das seinen Namen dem japanisch gestalteten Kupferdach verdankt und heute diverse Museen beherbergt, müssen wir Abschied nehmen.

Leicht bergan zweigen wir ab zur uns schon bekannten Großen Meißener Straße. Dieser folgend erreichen wir erneut die Augustusbrücke und queren diese in Richtung Altstadt.

Trotz der kühl-feuchten Witterung stehen an Schloss- und Theaterplatz nun noch dichter gedrängte Zuschauerreihen und bereiten den Ankömmlingen einen überaus herzlichen Empfang.

Vor der Semperoper heizt eine große Trommlergruppe uns und den Zuschauern ein. Womit ich bei einem ganz besonderen Charakteristikum des Dresden Marathon wäre. Wollte man diesen musikalisch einordnen, so wäre er ganz eindeutig als der „Drummer-Marathon“ schlechthin zu bezeichnen. Noch keinen Marathon habe ich mit derart vielen Trommel- und Rhythmusgruppen erlebt. Farbenfroh in rot, gelb, grün, blau gewandet lauern sie an allen möglichen Stellen entlang der Strecke, vor allem im Innenstadtbereich, aber auch dort, wo sich keine Zuschauer hin verirren, und heizen der Kälte und der feuchten Witterung zum Trotz unermüdlich und weithin hörbar dem Laufvolk ein. Vor allem unter den Brücken ist die Akustik geradezu phänomenal. Nicht unterschlagen will ich, dass es auch anderes im musikalischen Angebot gibt, aber eben nur ausnahmsweise, etwa Rockiges vor dem Zugang zum Großen Garten und Volksmusikalisches in den Elbwiesen. An dieser Stelle jedenfalls ein herzliches Dankeschön an die vielen unbekannten Musiker für ihre tolle mentale Unterstützung.

Auf dem Theaterplatz trennen sich die Wege der Halb- und Vollmarathonläufer. Eine Weiche weist den weiteren Laufkurs. Während es für die Halbmarathonis von hier auf direktem Weg zum Ziel vor dem ICC geht, werden die Marathonis in die zweite Runde geschickt. Letztere haben aber die Chance, sich spontan umzuentscheiden und beim „Halben“ auszusteigen. Aber das dürfte wohl für die Wenigsten ein Thema sein und ich freue mich schon darauf, den Laufkurs noch ein zweiten Mal erleben zu dürfen.

Die Zweite Runde

Die zweite Runde entspricht weitgehend der ersten, aber eben nicht ganz. Es fehlen die ersten drei Kilometer der ersten Runde. Diese werden dafür an anderer Stelle angestückelt. Aber der Reihe nach. Vom Theaterplatz aus geht es über das Terrassenufer an der Elbe entlang wieder flussaufwärts. Dass an der Semperoper mehr als zwei Drittel der Läufer aus dem Feld heraus gefallen sind, merkt man sehr deutlich. Ungewohnt viel Platz ist auf der breiten Straße.

Das ändert sich aber nicht weit hinter der Carolabrücke. Hier werden die Marathonis „exklusiv“ auf einen deutlich schmaleren Asphaltweg gelotst, der uns am Fluss entlang durch die Weite der Elbwiesen führt. Ein sehr stimmungsvolles Teilstück liegt vor uns. Die friedliche Natur, die Ruhe, die diesige Luft und der Nieselregen - das hat durchaus seinen ganz eigenen Reiz, auch wenn das Elbpanorama bei Sonnenschein natürlich noch etwas mehr Charme hätte. Leider währt dieses Wegstück nur etwa 1,5 km und wir kehren zurück auf die normale Straße, das Käthe Kollwitz-Ufer.

An der Kreuzung zur Fetscherstraße werden wir nicht in diese abgeleitet, sondern setzen unseren Weg entlang der Elbe gen Osten fort. Erneut begegnet uns läuferischer Gegenverkehr und wir können einen Blick auf die vereinzelt daher tröpfelnden „Spitzenläufer“ werfen, wobei dieser Begriff hier nur relativ zu verstehen ist. Ganz bewusst hat der Veranstalter auf Antrittsgelder und „Alibi-Afrikaner“ zum Schönen der Statistik verzichtet und ganz auf den Breitensport gesetzt. Eine begrüßenswerte Entscheidung. Auch wenn Dresden damit in der Zeiten-Vergleichsstatistik keine Top-Zeiten vorweisen kann, so sei denen, die die Strecke nicht kennen, gesagt: Die Dresdener Marathonstrecke ist sehr flach, hat vergleichsweise wenig Kurven und ist damit in besonderer Weise zum Erzielen einer persönlichen Bestzeit geeignet.

Auf dem grünen Hochufer der gegenüber liegenden Elbseite tauchen nacheinander, eingebettet in riesige Parkanlagen, die Schlösser Albrechtsberg, Lingner und Eckberg auf. Herrschaftlich gewohnt wird aber auch auf unserer Elbseite. Prächtige Villen mit viel Grün säumen im Stadtteil Blasewitz die Straße und zeigen, wo in Dresden das „Geld“ residiert. Nach einem Schwenk in die Goethestraße geht das Villensightseeing, nur jetzt wieder in Richtung Innenstadt, weiter. Mit der Fletscherstraße erreichen wir erneut vertrautes Terrain und setzen über diese unsere Tour in Richtung Großer Garten fort.

Mehr als auf der ersten Runde bestimmen die Versorgungsstationen meinen Lauf. Ich nehme sie sehr viel intensiver in Anspruch und lasse mir auch mehr Zeit. Wie die Organisation im Übrigen ist auch die Verpflegung an der Strecke vorbildlich. Versorgungsstationen mit „vollem Programm“, d.h. mit Wasser, Isogetränken, zum Teil auch warmem (!) Tee - bei den kühlen Temperaturen einfach ideal - und Cola, sowie Bananen, Energy-Riegeln und Rosinenbrot sind etwa alle fünf Kilometer eingerichtet. Dazu kommen noch einige Stationen, die ausschließlich Wasser anbieten. Soweit möglich sind die vielen Verpflegungstische beidseits der Straße postiert, sodass sich auch auf der ersten Runde nur wenig Behinderungen ergaben. Auf der zweiten Runde sind oft mehr Helfer als Läufer an den Tischen zu sehen. Schilder zeigen an, was es jeweils gibt, und eine engagierte Helferschar steht ohnehin bereit, die Becher den Läufen entgegen zu reichen. Welche Abfallberge das allerdings hinterlässt, kann ich insbesondere jetzt auf der zweiten Runde bestaunen.

Nach der Rundtour um und durch den Großen Garten geht es wie gehabt wieder in Richtung Innenstadt, über die Carolabrücke hinab auf die Elbwiesen und sodann zum nunmehr dritten Mal über die Augustusbrücke in die Altstadt. Die Läuferschar ist jetzt schon sehr weit auseinander gezogen. Auch der Zuschauerandrang auf dem Schloss- und dem Theaterplatz hat deutlich nachgelassen, was aber auch kein Wunder ist - die Masse der Halbmarathonis ist im Ziel und jetzt laufen nur noch die Marathon-„Exoten“ durch die Stadt. Unverdrossen und mit unverändertem Eifer sind allerdings die Trommler-Gruppen zu Gange. Bei der Semper-Oper sind wir dem Ziel schon ganz nahe. Ein Stückchen müssen wir noch der Elbe folgen, dann geht es vorbei am modernen, aber vergleichsweise unauffälligen Bau des Sächsischen Landtags und schon sehe ich gar nicht mehr fern das ICC.

Im Ziel

Mit Gittern sind die letzten hundert Meter Wegstrecke abgesperrt. Noch einmal dichte Zuschauerreihen erwarten händeklatschend die Ankömmlinge. Von einem Zielmoderator wird jeder der Einlaufenden persönlich begrüßt und in meinem Fall schon mal ein Bericht in marathon4you angekündigt. Erschöpft, aber in bester Stimmung durchlaufe ich den großen blauen Zielbogen. Hinter der Ziellinie werden Wärmefolien und Medaillen traditionell von einer Gruppe Vietnamesen ausgegeben. Ich stürze mich jedoch als erstes auf ein kühles Bierchen von Sponsor Erdinger und verzichte auf sonstige Angebote der Zielverpflegung. Für mich gibt es einfach keine schönere Belohnung als ein “zischendes” Bier nach einem langen, schweißtreibenden Lauf - aber das liegt vielleicht auch an meinen bayerischen Genen.

Eine knappe Stunde vor mir hat bereits der Sieger die Ziellinie überquert. Lokalmatator Paul Schmidt aus Dresden hatte mit 2:32:43 die Nase vorn. Den deutschen Dreifachtriumph bei den  Männern - ein eher seltenes Ereignis in der Marathonszene - machen Karsten Kühn und Kay Weber mit 2:33:24 bzw. 2:34:06 perfekt.

Bei den Frauen hat sich eine Französin an die Spitze gesetzt. Sylvie Tramoy gewinnt in 2:52:41 die Frauenkonkurrenz vor den beiden Deutschen Sandra Kusserow und Manuela Röder in 2:2923 bzw. 3:05:07. 1.176 Läuferinnen und Läufer erreichen in diesem Jahr innerhalb der Sollzeit von 5:30 das Marathonziel - kein Rekord, angesichts der letztlich nicht schlechten, aber doch ausgesprochen durchwachsenen Wetterverhältnisse eine Bestätigung für die Attraktivität des Laufs.

Für mich gehört der Dresden-Marathon auf alle Fälle zu den schönsten City-Marathons, die man in Deutschland laufen kann, und ich kann nur jedem empfehlen, sich selbst davon zu überzeugen.  

 
 

Informationen: Dresden Marathon
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