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Laufberichte

Aufregend romantisch

 

Zwölf Jahre sind seit meinem letzten Start beim Dresden Marathon vergangen, damals rannte ich bei der Feuerwehrmeisterschaft mit. 3.08 Stunden lang war ich unterwegs und stand richtig gut im Saft. Und heute? Ich backe kleine Brötchen und bin zufrieden, wenn ich weniger als eine Stunde länger unterwegs sein werde. Für eine 4.08 werde ich mich lang machen müssen. Ob es klappt?

Nicht mehr lange, nur noch wenige Tage, dann wechsle ich in den Ruhestand und habe wesentlich mehr Zeit lassen für Marathonunternehmungen. Aber für ein verlängertes Wochenende reicht es heuer allemal. Sehr früh geht es mit der Bahn in die sächsische Landeshauptstadt, wo ich gleich die vorgebuchte Unterkunft aufsuche. Am Nachmittag geht es dann in die Altstadt.

Bereits aus dem Jahr 1206 gibt es urkundliche Erwähnungen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadtentwicklung zwar durch Hunger und Pest gestört, es kam jedoch zu keinen Kriegseinwirkungen. Unter Friedrich August I, genannt „August der Starke“ gewann Dresden kulturelle Bedeutung, denn der Sachsenkönig baute seine Residenzen aus. Zwinger, Frauenkirche, Katholische Hofkirche sind nur einige Denkmäler, die unter ihm und seinen Sohn Friedrich August II erbaut wurden.

Jeder weiß, dass Dresden am Ende des Zweiten Weltkriegs in einer Bombennacht größtenteils zerstört wurde. Der Wiederaufbau gelang prächtig, man muss nur in den Straßen der City umher wandeln. Die Besichtigung von Kreuz- und Frauenkirche ist Pflicht.

 

 

Meine holde Henny hole ich am Samstag am Bahnhof ab. Unseren kleinen Frühstückslauf machen wir dann beim Prießnitzgrund parkrun, das erste Läufchen in Dresden. Der Veranstalter hatte eigentlich gerechnet, dass aufgrund des Marathons deutlich weniger Teilnehmer kommen würden und er zeigt sich überrascht, dass das Gegenteil eintritt.

Am Nachmittag besuchen wir das Congress Center Dresden am Ostraufer und holen uns die Startunterlagen. Viele Helfer machen ihren Job mit viel Herzblut, es gibt keine Wartezeiten und ein freundliches Wort bekommt der Läufer obendrein. Gleich daneben kann der Hungrige sein Bedürfnis bei der Pastaparty stillen. Dass gibt es gute Livemusik von dem Duo „two of us“. Vor dem Congress Center duellieren sich mehrere Sambagruppen sich wettkampfmäßig. Das macht Vorfreude auf morgen.

 

Der Marathonsonntag

 

Gegen 09.30 Uhr treffen wir mit der Straßenbahn ein. Nach kurzer Orientierung sehe ich Hinweisschilder, für die Umkleide wird die Tiefgarage des Kongress Centers genutzt, zum Start auf der Pieschener Allee kommt man in fünf bis zehn Minuten Gehzeit. An allen Ecken und Enden ziehen sich die Läufer um, wir treffen Bodo, Jens und Angie. Kurz vor 10.00 Uhr gebe ich meinen Kleidersack ab und mache mich auf den Weg zum Start. Unter der Marienbrücke kommt uns die Spitze des Viertelmarathon-Rennens entgegen.

 

 

Vor dem Starttransparent weist Norbert die Zeitläufer ein, da bleib ich gerne stehen für einen Fotoschuss. Auf meine Frage, ob er nicht mal mitmachen mag, zeigt mir Norbert einen Vogel. „Du machst deinen Job und ich meinen!“ Zeitläufer stehen für eine Pace von 3.00 Stunden bis 4.30 Stunden zur Verfügung. Mein Plan ist, erst einmal im Tempo für die 4.00 Stunden loszulaufen und dann das Rennen kontrolliert auslaufen lassen.

Ich begebe mich dann in das Areal C, vorne in A und B wie immer die Schnellen, und hinter uns im Block W stehen die Walker. Clever ist der Nummernkreis gewählt. Die 4 steht für den Marathon, analog sind die Zweier und Einser kürzer unterwegs. So kennt sich der Mitläufer und auch der Zuschauer gut aus.

Nach dem Herunterzählen macht sich das Laufvolk auf den Weg. Bis wir die Startlinie überschreiten, vergeht gut eine Minute. Das wird heute ein Genusslauf, Temperaturen bis 17 Grad, Sonne, nur leichter Wind, so wollen es Läufer und Zuschauer. Auf Höhe des Heinz-Steyer-Stadion sehe ich rechts ein Schild mit der Aufschrift „Erfolg hat 4 Buchstaben, Tony“, ein Fan eines Namensvetters. Nach der Unterquerung der Marienbrücke geht es in einer Spitzkehre hoch auf die Könneritzstraße.

Rechterhand grüßt das Yenidze herüber. Erbaut im Stil einer Moschee war es früher eine Zigarettenfabrik. Heute sind darin Büroräume zu finden und unter Kuppel finden  Konzerte statt.  Auf der Ostrallee laufe ich schließlich auf den 4.15er Pacer auf und lasse diesen hinter mir.

 

 

Am Ende der Allee schwenken wir nach links auf die Sophienstraße ein und es geht auf die Rampe der Augustusbrücke zu. Bereits 1230 ist in Urkunden von diesem Elbübergang die Rede. Unter August dem Starken wurde dieser aufwendig umgestaltet und nach ihm benannt. Das grobe Kopfsteinpflaster, die Straßenbahnschienen und das dicht gedrängte Lauffeld lassen jetzt einen Blick auf das Terrassenufer mit seinen barocken Bauten kaum zu.

Nordseitig der Elbe liegt Dresden-Neustadt, das früher Altendresden hieß. Neustädter Markt, kurz zuvor sehen wir links den Goldenen Reiter, August den Starken, wie er in Richtung Polen reitet. Das mit Blattgold veredelte Denkmal blendet einen förmlich.

Die Königstraße zieren viele Häuser im Stil des Dresdner Barock. Gut 300 Meter ist diese lang und reicht von Japanischen Palais bis zum Albertplatz. Etwa auf halber Wegstrecke sehen wir rechts die Dreikönigskirche. Zwischenzeitlich überholt mich der Pacer für die 3.45 Stunden. Da scheint etwas mit der Aufstellung der Pacer nicht gestimmt zu haben. Auf dem Albertplatz macht uns schon die zweite Sambaband schnelle Beine. Der kreisrunde Platz ist heute Dresdens wichtigster Verkehrsknotenpunkt nördlich der Elbe und heute gehört er uns alleine, denn er ist voll gesperrt für den Autoverkehr.

In den folgenden kleinen Straßen ist scheinbar das Partyvolk abends am Feiern, denn zahlreiche Einkehrstätten jeder Art liegen auf unserem Weg. Fünf Kilometer habe ich schon zurückgelegt. Wir tangieren, stellenweise leicht ansteigend, noch den Alaunpark und sehen die Garnisonskirche St. Martin. Erbaut wurde diese in den Jahren 1893 bis 1900 in zentraler Lage des einstigen Kasernenkomplexes. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Militärhistorische Museum der Bundeswehr. Ein paar Meter in Laufrichtung sehen wir das Prießnitztal, dort unten fand am Vortag der Parkrun statt.

Die Stauffenbergallee führt uns nun zum Portal des Waldschlösschen-Tunnels. Je weiter wir hineinlaufen und Licht vom Tunnelende zu sehen ist, desto lauter ist die Rhythmik einer weiteren Sambatruppe zu hören. Ich bekomme Gänsehaut, die Gruppe Samba Universo ist schuld. Wir laufen auf die Waldschlösschen-Brücke.

 

 

Auf 636 Meter Länge überspannt das im Jahr 2013 fertig gestellte Bauwerk die Elbe. Die Aussicht auf das Elbtal ist gigantisch. Nicht verstehen kann ich jedoch, dass der Bau der Brücke zum Verlust des Welterbetitels geführt hat. Inwieweit die Brücke wichtig für Dresdens Infrastruktur ist, kann und will ich nicht beurteilen. Der Bau war jedoch hoch umstritten und wurde gerichtsmäßig umgesetzt.

Mit Kilometer zehn erreichen wir den Fetscherplatz, die gleichnamige Straße wird uns zum Großen Garten bringen. Zuvor wird verpflegt. Und da kann man nicht meckern. Wasser, warmer Tee, Iso, Cola, Bananen, Rosinenbrot sind im Angebot. Es reicht für alle. Die Fetscherstrasse ist ellenlang,  aber für Abwechslung ist durch V-Stelle, zwei Musikgruppen und einem Begegnungsbereich gesorgt. Der Zuschauerzuspruch ist enorm. Die auf der anderen Seite Laufenden sind gut fünf Kilometer weiter.

Am Comeniusplatz erreichen wir den Großen Garten. Dieser erstreckt sich als Barockpark auf knapp zwei Quadratkilometer. Im Garten findet man den Zoo, den Botanischen Garten, die Parkeisenbahn (über die Gleise laufen wir mehrmals drüber) sowie drei Freilichtbühnen.


 

Im Garten laufen wir auf der Querallee auf das Palais (Kilometer 14) zu, das als barockes Lustschloss im Jahr 1679 errichtet wurde. Rechts geht es um die Große Fontäne herum und wir sehen anschließend das Palais von der Rückseite. Kurz vor Kilometer 16 verlassen wir die Parkanlage, eine weitere Sambaband gibt uns wieder Schwung. Mit meinem Tempo bin ich absolut zufrieden, auch wenn ich bei der Hälfte die zwei Stunden knapp überschreiten werde.

Kurzzeitig laufen wir an der Gläsernen Manufaktur des VW-Konzerns vorbei, eine der drei Produktionsstandorte in Sachsen. 2021 begann hier die Serienproduktion des voll elektrischen ID.3. Über den westlichen Teil der Stübelallee erreichen wir wieder den Begegnungsbereich auf der Fetscherstraße. Ein Läufer spricht mich bei meinem Überholvorgang an: „Was machst du denn hier in Dresden?“, der Peter ist es, Journalist aus Leidenschaft und von Berufswegen.

Auf der Striesener Straße sehen wir mit Kilometer 19 schon die markanten Kuppeln der Altstadt, erste Halbmarathonläufer verschärfen leicht ihr Tempo, andere sind am Kämpfen. Beim Brühlschen Garten erreiche ich Kilometer 20 mit Blick auf die Profanbauten am Terrassenufer. Die Zuschauer auf der Augustusbrücke stehen dicht gedrängt und blicken auf uns herab.

Gleich nach der Unterquerung kommt die Trennung am italienischen Dörfchen, einer Gaststätte am Theaterplatz in der Nähe der Hofkirche, des Zwingers und der Semperoper: Marathonis links in die zweite Runde, die Halben halten sich rechts, Helfer weisen dir den Weg. In einem Halbbogen, leicht ansteigend, geht es erneut auf die Augustusbrücke, wo etwa auf der Hälfte der 21. Kilometer von mir abgehakt wird. Knapp über zwei Stunden ist meine Laufzeit, ich werde nun etwas weniger fotografieren müssen, da die zweite Runde über weite Teile mit der ersten identisch ist.

Am Ende der Großen Meissner Straße laufen wir nun nicht wie zuvor in das Zentrum von Dresden-Neustadt, sondern biegen links ab in den Palaisgarten mit den Japanischen Palais. Der Garten wurde 1715 als Barockgarten gestaltet. Heute finden immer zur warmen Jahreszeit im Rahmen des Palaissommers Konzerte, Hörspiel- und Kinoabende, Lesungen usw. statt. Der Eintritt ist frei.

 

 

Die folgenden Kilometer bleiben wir am Königsufer, so wird das nordseitige Elbufer hier genannt. Eine weitere Sambaband, jetzt aus Bamberg stammend, unterhält uns und die Zuseher. Am erhöhten Ufer sehen wir das Blockheus (Neustädter Wache), das Finanzministerium und die Staatskanzlei sowie den Rosengarten.

Kilometer 25, hier bringen die Staffeln ihre neuen Kräfte ins Rennen. Gleich danach geht es leicht ansteigend auf die Waldschlösschen-Brücke hoch, wir überqueren die Elbe zum vierten Mal. Unten auf der Wasserfläche sehe ich, wie der Westwind die Oberläufe leicht kräuseln lässt. Und gleich danach bekommen wir diesen von der Seite deutlich zu spüren.

Der weitere Weg führt nun mit Kilometer 26 am Käthe-Kollwitz-Ufer nach Osten, wo mir gleich danach der Pacer für die 3.45 Stunden mit Gefolge entgegenkommt, darunter Jens und Angie. Bei Kilometer 27 geht es in die parallel verlaufende Goetheallee mit prachtvollen Villen. An der Hochschule für Kirchenmusik biegen wir wieder auf das Käthe-Kollwitz-Ufer ein, die Laufrichtung ist nun westwärts im leichten Gegenwind. Auf den jenseitigen Elbhöhen sehen wir Schloss Eckberg, das Lingnerschloss und das Schloss Albrechtsberg.

2,5 Kilometer lang geht es nun wieder auf der Fletscherstraße südlich dahin, der musikalische Zuspruch ist ungebrochen, die Musiker sind ausdauernd wie ein Marathoni. Bei dem einen oder anderen Trommler sehe ich Schweißperlen. Zum zweiten Mal erreiche ich das Palais im Großen Garten, so langsam maulen meine Beine. Dein Wunder, Kilometer 35 liegt hinter mir. Jetzt heißt es, die A-Backen zusammenkneifen und weiter, nur keine Gehpause. Bei der Trinkstelle werfe ich ein Gel ein, Zuschauer rufen unsere Namen. Letzte Tränke in der Pillnitzer Straße, ich greife mir einen Becher Cola und laufe weiter.

 

 

Terrassenufer, das 41er-Schild ist zu sehen, viele Zuschauer feuern uns lautstark an. Es geht unter der Augustusbrücke hindurch, am Ende leicht ansteigend, ich lege nun nochmal ein wenig zu. Letzte Rechtskurve, wir biegen in die Zielgerade ein, ich sehe Kilometer 42 und höre schon die Zielmoderation. Artur Schmidt (wer kennt ihn nicht, den Kultmoderator), ist mit einem weiteren Moderator bei der Arbeit. Ich sehe bereits das Zieltransparent, da werde ich von ihn angekündigt. Dann bin ich im Ziel. Auf einem Board werden die Zeiten der zuletzt eingetroffenen  Läufer angezeigt. 4.06.42 Stunden für mich, Rang 569, das passt.

Ich gehe im Verpflegungsbereich einige Minuten hin und her, damit der Kreislauf nicht zu schnell abfällt. Jens sitzt schon beim ersten Bier, ist zufrieden, obwohl er in der zweiten Runde etwas abgekackt sei. Ich schaffe es, mich zu Artur auf die Tribüne und kann in einem kurzen Talk noch etwas Werbung für unser Portal machen.  


Fazit:


Als kulturell Interessierter ist der Dresden Marathon für mich einer der schönsten überhaupt. Ein paar lauffreie Tage sollte man für Besichtigungen unbedingt einplanen.

 

Ergebnisse Marathon


Männer

1. Collins Kemboi Kipsang, Kimawit Athletics Club, 2.10.42
2. Shedrack Kiptoo Kimaiyo, Kimawit Athletics Club, 2.12.57
3. Bernard Chirchir, Kimawit Athletics Club, 2.22.46

 

Frauen

1. Lilian Jebitok, Kimawit Athletics Club, 2.31.58
2. Maria Meither, 200 Puls, 3.00.49
3. Sue Mctigue, Blackburn Road Runners 3.02.15

 

Finisher:

Marathon: 1135
Halbmarathon: 3138
Viertelmarathon: 1135
Zehntelmarathon: 510
Staffelmarathon: 96 Teams

 

Informationen: Dresden Marathon
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