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Berlin-Marathon-Begründer Horst Milde wird Achtzig

18.10.18
Quelle: Wilfried Raatz

Als GRR-Vorsitzender ist Berlin-Marathon-Begründer Horst Milde im permanenten Unruhe-Zustand mit vielen Ideen und Aktivitäten – Viele der heutigen Selbstverständlichkeiten im Laufevent- Bereich wurden in Berlin „erfunden“

Es war eine eindrucksvolle Zeremonie am Abschlusstag der Europameisterschaften Berlin 2018 auf dem Breitscheidplatz, als Horst Milde als „Erfinder“ des Berlin-Marathons die Medaillen für die Erstplatzierten des Männer-Wettbewerbs im Marathonlauf überreichen durfte. Eine große Ehre und zugleich Anerkennung für das Lebenswerk für den Macher Horst Milde.

Am 24. Oktober 2018 wird er nun achtzig. Der Vater des Berlin-Marathon steht für die Entwicklung der Laufbewegung in Berlin und Deutschland mit einer großartigen Veranstaltungskultur wie zuerst dem Crosslauf am Teufelsberg, später dann mit dem Frauenlauf im Tiergarten, dem Berliner Halbmarathon, der Teamstaffel, dem Nachtlauf auf dem Kurfürstendamm, dem Silvester- und Neujahrslauf bis zuletzt zum Berliner Gefängnislauf in der JVA Plötzensee… Gespräche mit dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft German Road Races (GRR) e.V. gestaltet sich aber zusehends zu einer Replik auf mehr als ein halbes Jahrhundert Laufsport in Deutschland.

Sieben Deutsche Meisterschaften initiierte er in Berlin, so unter anderem Cross- Meisterschaften, Marathon-Meisterschaften, Meisterschaften über 10.000 m (Männer) und 3000 m (Frauen), Deutsche Jugend- und Schülerstaffeln Meisterschaften und zwischen 1976 bis 1984 mehrere Deutsche Hochschul-Cross-Meisterschaften innerhalb des SCC- Cross.

Als einen besonderen Wesenszug bezeichnen enge Weggefährten seine Fähigkeit, nicht nur viele Entwicklungen gefördert und vorangetrieben zu haben, sondern dabei stets über den Tellerrand der eigenen Veranstaltungen hinaus geschaut zu haben.

So führte Horst Milde als Erster in Europa die Chip-Zeitmessung beim Berlin-Marathon ein, die „Blaue Linie“ feierte in Berlin 1990 ihre Premiere, Rollstuhlfahrer konnten 1981 zum ersten Mal an einem Marathon teilnehmen und die Inline-Skater feierten 1997 ihren Einstand beim Berlin-Marathon, der damit zur ersten Veranstaltung wurde, die das Inlineskaten als Bestandteil eines großen City-Marathons in Deutschland anbot.

 

 

Trotz der eigenen sportlichen Ambitionen (800 m-Bestzeit 1:49,8 Minuten, 2 x deutscher Staffelmeister mit dem SCC Berlin über 3 x 1000 m) und dem Job in der Familien- Backstube in Tempelhof als gelernter Konditormeister und Diplom-Kaufmann zeigte sich Horst Milde als exzellenter ehrenamtlicher Organisator von (Lauf)-Veranstaltungen.

Mit dem Sportreferat der Freien Universität Berlin (FU Berlin) begründete er unter dem Motto "Alle Berliner können mitmachen" zunächst den Cross-Country-Lauf am Teufelsberg, erstmals wurden dabei in einer Premiere Vereinslose zum Mitmachen eingeladen. Dank dieser Werbeaktionen tummelten sich im Jahr 1964 bereits 700 (!) Studenten, Vereinsläufer und Hobbyläufer. Zehn Jahre nach der Cross-Premiere organisierte Horst Milde 1974, inzwischen erster Volkslaufwart des Berliner Leichtathletik- Verbandes, mit wenigen Helfern den ersten Marathonlauf (Berliner Volksmarathon) – mit 286 Teilnehmern. Der Grundstein des Berlin-Marathon war gelegt, auch wenn die Strecke im Oktober 1974 noch fernab jeglicher Öffentlichkeit im Waldgelände am Mommsenstadion und an der Avus lang führte.

"Uns fehlte natürlich die Erfahrung, aber unsere Helfer waren euphorisch. Es gab zwei Wasserstellen mit Salztabletten und im Ziel heiße Brühe!" erinnert sich Horst Milde und denkt an die heute gängigen lukullischen Genüsse auf der Strecke und im Ziel. Und ergänzte in gleichem Atemzug: "In der Ausschreibung hieß es außerdem: Ohne Training kein Marathon!" Früher wie heute wichtiges Credo für den einstigen Mittelstreckler und späteren Organisator.

Der Aufstieg des Berlin-Marathon gelang 1981 mit dem Umzug in die Innenstadt mit dem Start am Reichstag – Ziel auf dem Kurfürstendamm und letztlich 2004 an das Brandenburger Tor. Und ist früh zu einem Giganten der internationalen Szene geworden. "An diese Entwicklung habe ich nie im Traum gedacht. Wir haben alles im Gegensatz zu heute ehrenamtlich gemacht und immer mit großen Augen nach New York geschaut!" Jetzt ist der Berlin-Marathon mit seinen inzwischen 11 Weltrekorden „Marktführer“ der internationalen Marathon-Veranstaltungen.

Unvergesslich und sportpolitisch ein Weltereignis eigener Art: Der (Gesamt-)Berliner Neujahrslauf am 1.1.1990 mit über 20.000 Teilnehmern aus aller Welt, der erstmals seit 28 Jahren von Berlin (West) durch das Brandenburger Tor nach Berlin (Ost) und zurück führte. Drei Tage nach dem Mauerfall am 12. November 1989 gab es übrigens den ersten Wiedersehenslauf mit Teilnehmern aus Ost-Berlin und der DDR beim Berliner Cross- Country-Lauf am Teufelsberg.

Drei Tage vor der Wiedervereinigung 1990 liefen 25.000 Marathonläufer durch West- und Ostberlin. Als Sieger wurden dabei der Australier Steve Moneghetti mit erstmals unter 2:10 Stunden (als Weltjahresbestzeit) und die aus dem Ostteil des bislang geteilten Berlins stammenden Uta Pippig gefeiert. Bewegende Momente - auch für den weltweit in Sachen Marathon reisenden Horst Milde.

Race-Director der bahnbrechenden Läufe in Berlin, Abteilungsleiter Leichtathletik beim SCC Berlin, Initiator der Gründung von German Road Races (GRR) e.V, der Interessengemeinschaft der deutschen Läufe, „Co-Founder“ (1982) und Board-Mitglied der AIMS (Association of International Marathon an Distances Races), Mitglied des Bundesausschuss Laufen des DLV, seit 2007 Vorsitzender des AIMS-Symposiums in Athen und an der Gründung der World Marathon Majors (WMM) beteiligt ... fürwahr ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen!

Unter der Regie des von Chef-Organisators Horst Milde wurden 340 Veranstaltungen mit mehr als 1,3 Millionen Läufern/-innen durchgeführt. „Wir haben es in der Tat geschafft, mit diesen Lauf-Ideen die Bevölkerung aufzurütteln, damit diese vor allem an ihre eigene Gesundheit denken. Es ist uns gelungen, Jugendliche und Behinderte, Wettbewerbe für Rollstuhlfahrer und Handbiker und Walkingwettbewerbe zu integrieren ...".

Nicht umsonst heißt es über Horst Milde, dass er „die Berliner zu Läufern gemacht hat oder aber zumindest zu Zuschauern beim Berlin-Marathon“. Mehr Lob kann man zweifellos nicht erhalten.

Er sprüht stets vor Ideen, schuf Elemente für ein Rahmenprogramm, die heute längst Standard moderner Laufevents sind. Die Palette reicht dabei vom überkonfessionellen Gottesdienst, einer Marathonmesse, Kinder-Malwettbewerben, Mini-Marathon der Schulen und Bambiniläufen und der Gründung eines Jubilee-Club über Massagen und Duschen am Ziel, einem Notfallrettungssystem mit Defibrillatoren an der Strecke, Ärzte- Symposien, Läufer-Foren und Vermessungs-Seminaren bis hin zu historischen Ausstellungen des Sportmuseums Berlin und zum Literatur-Marathon.

 

 

Weltweite Anerkennung erfuhr Honst Milde mit der Idee, die Medaillen beim Berlin- Marathon den Olympiasiegern und Olympiasiegerinnen zu widmen, mit dem Champion von 1936 Sohn Che Chung (Korea) und Emil Zatopek (Tschechien) gaben auch zwei Olympiasieger Startschüsse beim Berlin-Marathon.

Milde wirkte aber auch als Ideengeber für den modernen Marathon bei Weltmeisterschaften bei der WM 2009 in Berlin oder Olympischen Spielen, in dem er publikumsnah einen Mehr-Runden-Kurs in den Innenstädten vorschlug.

Und er ist zudem der größte Sammler des im Berliner Olympiapark ansässigen Sportmuseums Berlin, dem AIMS-Marathon Museum of Running - Marathoneum. Großartige Exponate und Sammlungen aus dem Laufsport und der Leichtathletik sind durch diese Initiative, die weltweit ihresgleichen sucht, zusammengekommen und die einen Erinnerungsschatz für spätere Generationen darstellt.

German Road Races (GRR) e.V. führte Horst Milde von der Gründung an, entweder als Zweiter Sprecher, bzw. als Vorsitzender seit über einem Jahrzehnt an. GRR entwickelte sich in dieser Zeit zur „Stimme des Laufsports“ in Deutschland, die sich auch sportpolitisch zu Wort meldet und sich einmischt. Erfolgreich, wenn es um die „Laufmaut“ des DLV ging, die am Widerstand von GRR scheiterte, erfolgreich auch wenn sich GRR für die gerechtere Nominierung der deutschen Marathonläufer und -läuferinnen für Olympische Spiele und Europameisterschaften einsetzte.

Durch die Zweisprachigkeit der GRR-Website hat sich diese als wichtiger Partner für den Austausch von Informationen aus dem Ausland entwickelt – und gilt als Botschafter deutscher Läufe im Ausland. Unter seiner Leitung entwickelte GRR erfolgreiche Kooperationen mit den Nachbarländern Schweiz (Swiss Runners) und Polen (Polskie Stowarzyszenie Biegów).

Als Berliner ist es für Horst Milde eine Herzensangelegenheit, sich zusammen mit GRR für die Erhaltung des Berliner Olympiastadions als Leichtathletikstadion einzusetzen.

Trotz eines Fulltime-Jobs mit intensiver Recherche für die zweisprachige GRR-Website und den Arbeiten als GRR-Vorsitzender, der Betreuung der fünf Enkeln seiner drei Kinder Karsten, Mark und Gesine bleibt auch noch Zeit zur Entspannung bei Theater und Konzerten des reichen Berliner Musiklebens mit seiner Frau Sabine – die ihm beruflich in der Familien Bäckerei-Konditorei (seit 1903) den Rücken freihielt, damit er seinem „Hobby“ überhaupt nachgehen konnte. Sabine Milde hat im Übrigen auch mehrere Marathonläufe erfolgreich beendet.

Unnütz ist gewiss zu sagen, dass sich der Jubilar durch regelmäßige morgentliche Läufe durch Tempelhofer Parks, Straßen und Gartenanlagen und Radfahren auf der Tempelhofer Freiheit fit hält. „…schließlich muss man auch im Alter läuferisches Vorbild sein!“

 


 
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