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Laufberichte

Zes uren van de Haarlemmermeer

02.06.07

Zwischen Haarlem und Schiphol

 

Die "Zes uren van de Haarlemmermeer" sind ein 6-Stunden-Lauf, der für Sololäufer/innen und Staffeln (in Niederländisch "Estafetten") ausgeschrieben ist. Veranstaltungsgelände ist das "Paswerk" in Cruquius.

 

Cruquius ist einer von zahlreichen Orten, die sich zur Großgemeinde Haarlemmermeer zusammengeschlossen haben. Größter Ort der "Gemeente Haarlemmermeer" ist Hoofddorp. Cruquius selbst findet man auf der Landkarte ca. 6 km östlich von der sehenswerten historischen Stadt Haarlem.

 

Das "Paswerk" ist ein von einer kasernenähnlichen Umzäunung und einem Wassergraben umgebenes riesiges Areal. In diesem verstreut liegen in aufgelockerter Bebauung zahlreiche fast ausschließlich in Flachbauweise errichtete Wohn-, Werkstatt-, Versorgungs- und Gemeinschaftsgebäude. Es leben dort "körperlich oder geistig gehandicapte Menschen" ("gehandicapt" ist die niederländische Definition dessen, was wir in Deutschland "behindert" nennen; bei genauerem Hinschauen erkennt man, dass zwischen den beiden Begriffen eine Nuance Unterschied besteht, wobei mir die niederländische Wortwahl die etwas sympathischere ist), denen unter fachkundiger Anleitung die Möglichkeit eröffnet wird, der jeweiligen Befähigung entsprechend in Betrieben verschiedener handwerklicher Ausrichtung eine berufliche Tätigkeit auszuüben.

 

In der großflächigen Anlage des "Paswerk" wird vom Veranstalter des 6-Stunden-Laufes, der Atletiek Vereniging Haarlemmermeer, jeweils gegen Ende Mai/Anfang Juni eines Jahres an einem nicht mit anderen Laufwettkämpfen belegten Samstag auf den vorbildlich asphaltierten Straßen mit rot-weißen Absperrbändern ein Rundkurs von exakt vermessenen 1.620 m abgesteckt, den es so oft wie möglich zu durchlaufen gilt. Der Start, die Wechselzone für die Staffeln, die Rundenregistrierung und die Verpflegungsstelle sind vor einem Wirtschaftsgebäude eingerichtet, das u.a. eine Cafeteria beherbergt.

 

In dem modernen Flachbau sind Räume vorhanden, in denen der eingesetzte Computer angeschlossen werden kann oder von denen aus Versorgungsleitungen (z.B. für die in diesem Jahr erstmals eingesetzte elektronische Rundenzähl- und Zwischenzeitenerfassungsanlage) gelegt werden können. Außerdem ließe sich die Cafeteria dann nutzen, wenn die Siegerehrung einmal nicht bei schönem Wetter unter freiem Himmel durchgeführt werden kann. Die Anmeldungsformalitäten hingegen werden in einer etwa 400 m entfernten Sporthalle vorgenommen, weil dort in ausreichendem Maße Umkleidemöglichkeiten und Duschgelegenheiten vorhanden sind.

 

Ich hatte die "Zes uren van de Haarlemmermeer" bereits in den Jahren 2002 und 2003 bestritten. 2004 musste ich leider passen. Im Februar 2004 hatte sich nämlich bei mir wieder ein Herzkranzgefäß verengt. Diese Schädigung wurde zwar diesmal durch die Einpflanzung eines imprägnierten Stents (und nicht wie 1996 durch eine Bypass-Operation) behoben. Ich fühlte mich jedoch im Mai 2004 physisch und psychisch noch nicht in der Lage, ein solches Unterfangen wie einen 6-Stunden-Lauf zu bewältigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich ohnehin nicht mehr so recht daran geglaubt, erneut in die "Marathon- und Ultralauf-Szene" zurückkehren zu können.

 

Im Jahr 2005 war die Veranstaltung zu meinem großen Bedauern aus organisatorischen Gründen "afgelast" (zu deutsch "abgesagt") worden. Als ich im Vorjahr bei "Ultr@NED" las, dass die "Zes uren van de Haarlemmermeer" 2006 wieder ausgerichtet werden würden, war es für mich selbstverständlich, an dieser umsichtig organisierten Laufveranstaltung teilzunehmen. Und ebenso selbstverständlich war für mich auch, dass ich die diesjährigen "Zes uren van de Haarlemmermeer" bestreiten würde.

 

Ich starte nämlich sehr gerne in den Niederlanden und habe dort schon 29 Sechs-Stunden-Läufe (Almere 1x, Amersfoort 3x, Apeldoorn 3x, Den Haag 3x, Epe 2x, Haarlemmermeer 4x, Heerde 2x, Steenbergen 3x, Stein 6x und Zaandam 2x) sowie 28 Marathonläufe (Amsterdam 1x, Apeldoorn 12x, Eindhoven 1x, Enschede 2x, Hoorn 1x, Leens 1x, Leiden 3x, Maasdam 2x, Noordscheschut 2x und Utrecht 3x) und einen 50-km-Lauf (Amsterdamse bos) absolviert. Aufgrund meiner häufigen, ja beinahe regelmäßigen Starts in den Niederlanden bin ich in der überschaubaren dortigen "Ultralaufszene" fast schon so bekannt wie der sprichwörtliche "bunte Hund". Entsprechend intensiv und herzlich ist stets die Begrüßung durch meine zahlreichen niederländischen Sportfreundinnen/Sportfreunde.

 

Im Gegensatz zum Vorjahr, als zum Teil heftiger Regen meine damals ohnehin schon zeitlich etwas zu knapp kalkulierte Anreise auf den letzten ca. 100 km noch schleppender gestaltet und mich "reichlich Nerven gekostet" hatte, begleiteten mich in diesem Jahr auf meiner Hinfahrt wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein. Ich genoss es richtig, als ich die A2-Ausfahrt Vinkeveen erreichte und hernach auf der N21 "schnuckelige" Orte wie Mijdrecht, Amstelhoek, Uithoorn oder Aalsmeer durchquerte, die alle irgendwie an einem Gewässer gelegen sind und viele idyllische Anblicke bieten.

 

Und auch die vielen Ampeln, die mir im Vorjahr noch ein großes Ärgernis waren, als sie kurz vor meinem Erreichen auf Rot umgeschaltet hatten, schienen mir wohl gesonnen zu sein. Als nach der Unterquerung der A4 und dem Tangieren des Flughafens Schiphol die N21 zweispurig, dafür aber umso mehr durch Radaranlagen überwacht wurde, konnte ich mit ruhiger Gelassenheit die vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten. Gegen 8.35 Uhr und mithin fast 1½ Stunden vor dem Start (10.00 Uhr) traf ich schließlich völlig entspannt auf dem Veranstaltungsgelände ein.

 

Für die inzwischen bereits 7. Auflage der "Zes uren van de Haarlemmermeer" war das Wetter fast schon zu schön. In der Mittagszeit und den frühen Nachmittagsstunden dürfte die Temperatur zwischen +25° und +30° Celsius gelegen haben. Zwar hatte der Streckenverlauf mehrere schattige Passagen aufzuweisen, doch waren auch Abschnitte mit ungeminderter Sonneneinstrahlung zu absolvieren. Diese Wärmebelastung kompensierte ich, indem ich nach jeder Runde (alle 1.620 m also) etwas trank (meist Cola) und mir genüsslich einen Wasserschwamm über Kopf und Oberkörper ausdrückte. Ich selbst kam jedenfalls mit dem prächtigen, wenn auch warmen Wetter sehr gut zurecht, musste ich doch bei solchem keine Ischiasbeschwerden befürchten.

 

Andere Teilnehmer/innen schienen da schon größere Probleme bekommen zu haben. So kämpften sich manche Starter/innen noch bis zur Marathondistanz durch, nach der sie dann ihr Rennen beendeten. Offensichtlich hatte ihnen auch keine Linderung verschafft, dass ab der Mittagszeit eine lockere weiße Bewölkung aufgezogen und ein "angenehmes leichtes Lüftchen" aufgekommen war, was nach meinem Empfinden die Wärmebelastung spürbar reduziert hatte.

 

In Anbetracht der diesjährigen Teilnahme der belgischen Weltklasseläufer Marc Papanikitas und Ivan Hostens war vorherzusehen, dass der im Vorjahr von ihrem Landsmann Lucien Taelman aufgestellte Männer-Streckenrekord von 78.787 m dieses Rennen nicht überleben würde. Die beiden Asse eilten dann auch während der ersten 3 Stunden trotz angeregter Unterhaltung in solch flottem Tempo gemeinsam dahin, dass es beinahe so war, dass sie jeweils 2 Runden gedreht hatten, als ich gerade 'mal eine Runde bewältigt hatte.

 

Zu Beginn der 4. Stunde setzte sich Marc von Ivan ab. Wer Marc kennt weiß, dass dieser manchmal Wettkämpfe als Testläufe benutzt, die er vor Ablauf der Wettkampfdauer (z.B. nach 50 km) beendet. So könnte es sein, dass er in diesem Rennen eine Tempoverschärfung geprobt hatte, die er nach 4 Stunden Laufzeit dann abschloss. Was auch immer Marcs Vorhaben war - Ivan hatte dessen Steigerung nicht mitgelaufen. Er zog in beeindruckender Gleichmäßigkeit sein bisheriges Tempo durch und siegte schließlich mit der herausragenden Laufleistung von 81.339 m, einem Ergebnis der internationalen Spitzenklasse, das natürlich neuer Streckenrekord ist.

 

Mein "Rennverlauf" lässt sich so wie folgt schildern: Nachdem ich für meine derzeitigen Möglichkeiten recht zufriedenstellend "angerollt" war, machte sich ab der 9. Runde eine sehr ernstzunehmende Verspannung/Verhärtung im Bereich meiner beiden Waden/Achillessehnen bemerkbar. Dieser bedrohliche Sachverhalt hatte zur Folge, dass ich zum Zwecke der Lockerung in kürzeren Abständen Gehpausen einlegen musste, als dies organisch notwendig gewesen wäre. Mit zunehmender Laufzeit "bekam ich die Sache aber wieder in den Griff", und so gelang mir nach einer unbeeinträchtigten Schlussoffensive ein Resultat von 45.601 m, die eine neue persönliche Jahresbestleistung darstellen.

 

Ich führe dieses für mich erfreuliche Ergebnis auf meine besonders enge Verbundenheit mit dieser großartigen Laufveranstaltung, auf die hervorragende Asphaltierung der kurzweiligen Runde, auf die meine sonst üblichen Beschwerden gering haltende Wärme, auf den stets möglichen Zugriff auf Cola sowie wettkampfgerechte Verpflegung und auf meine Unbekümmertheit nach einer stressfreien Anreise zurück.

 

Ein besonderes Anliegen ist es mir, noch zu erwähnen, dass ich nicht der einzige deutsche Teilnehmer bei den diesjährigen "Zes uren van de Haarlemmermeer" war. Bereits kurz nach meiner Ankunft am Veranstaltungsort begegnete ich den ersten lieben Bekannten, nämlich Daniela Ahrberg und Jörg Beine von Non-Stop-Ultra Brakel. Schon hier sei angemerkt, dass sich Daniela mehr als wacker geschlagen hat. Sie hatte mich zeitweilig sogar überrundet. Als ihre Füße in der letzten Stunde immer schwerer wurden und ich die Überrundung rückgängig gemacht hatte, besaß Daniela aber immer noch so viel Kampfmoral, 180 m Vorsprung auf mich über die 6 Stunden zu retten. Ihr 3. Platz in der Frauenwertung und die damit verbundene Ehrung auf dem Siegerinnenpodest waren ein hoch verdienter Lohn.

 

Markus Theissen von der LG Mützenich (Monschau-Marathon-Starterinnen/-Startern ist dieser Verein ein Begriff), ein besonders angenehmer Laufkamerad, den ich mit großer Wahrscheinlichkeit bei von mir bestrittenen Wettkämpfen antreffe, begrüßte mich erst bei Hälfte der ersten Runde. Markus, der seine Wettkampfreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchführt, war erst knapp vor dem Start am Veranstaltungsort eingetroffen und daraufhin mit ein paar Minuten Verspätung losgelaufen.

 

Ein weiterer deutscher Starter war Thomas Eller vom TV Altendorf. Diesen Laufkameraden kannte ich bislang noch nicht, und auch in Cruquius habe ich ihn nicht kennen lernen können. Mit recht ansprechenden durchschnittlichen Rundenzeiten von 9:27 Minuten hatte Thomas bis zu seinem Ausscheiden nach ca. 2½ Stunden im ersten Drittel des Teilnehmer/innenfeldes gelegen.

 

Fazit:  Eine von einem routiniertem Team nun schon zum 7. Mal ausgezeichnet organisierte Ultralaufveranstaltung, die sich durch eine familiäre Atmosphäre und große Gastfreundlichkeit auszeichnet. Ich würde dieses Rennen mehrmals im Jahr mit ungemindertem Spaß bestreiten und kann es uneingeschränkt jedem/jeder empfehlen, ob Hochleistungssportler/in oder "Nur-Spaß-Läufer/in".

 

In diesem Jahr waren 50 Sololäufer/innen und 5 Staffeln an den Start gegangen. Die "Zes uren van de Haarlemmermeer" waren erneut einer der Wertungsläufe für den niederländisch-belgischen Marathon- und Ultralauf-Cup.

 

Ergebnisse der Erstplatzierten und der deutschen Finisher/innen:

 

1. Ivan Hostens - BEHO (B) - 81.339 m
2. Wim Epskamp - AV Haarlemmermeer (NL) - 75.970 m
3. Tom Hendriks - AV Haarlemmermeer (NL) - 72.080 m
13. Markus Theissen - LG Mützenich (D) - 60.871 m
14. - 1. Dame - Manon Meijer-Drijfhout - AV Haarlemmermeer (NL) - 60.775 m
24. - 2. Dame - Ineke Scheffer - SV Friesland (NL) - 56.222 m
31. Jörg Beine - Non-Stop-Ultra Brakel (D) - 50.641 m
36. - 3. Dame - Daniela Ahrberg - Non-Stop-Ultra Brakel (D) - 45.781 m
37. Volker Berka - DJK Ochtendung (D) - 45.601 m

 


 
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