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Laufberichte

Außergewöhnlich: Lavaredo Ultra Trail

22.06.08

Wo gibt es schon einen Trail mit 53 km mit + 3.300 hm in vollständiger Autonomie?

Die Antwort: In Italien, genauer gesagt im Herzen der Dolomiten, nahe den weltberühmten „Drei Zinnen“.

Vollständige Autonomie bedeutet: Der Weg ist markiert, die Sicherheit wird durch Hilfsorganisationen gewährleistet. Es gibt aber auf die gesamte Distanz keine Verpflegungsstellen, wohl aber die Möglichkeit, an Bächen oder Quellen den Wasservorrat aufzufüllen. Eine Unterstützung durch eigene Helfer auf der Strecke ist untersagt. Der eigene Laufrucksack darf somit gut befüllt sein.

Da stehe ich nun, genau 7 Tage nach dem Grand Raid du Cro-Magnon, am Start des Lavaredo Ultra Trails und frage mich, wie es mir wohl so kurze Zeit nach einem knappem 100er mit ca. 4.500 hm ergehen wird.

Angesichts des heutigen Streckenprofils, im Prinzip drei Anstiege mit knapp 1.000, 1.250, 500 hm und etwas auf und ab dazwischen, wächst bei mir der Respekt. Das grandiose Bergpanorama rings um das „Valle d´Ansiei“, im dem der Start- und Zielort (Palus San Marco, Villa Gregoriana) liegen, tut ein Übriges.


Pünktlich um 08:00 h wird bei strahlendem Sonnenschein das Starterfeld mit 500 gemeldeten TeilnehmerInnen auf die Strecke geschickt.

Unmittelbar nach dem Start geht es über feuchte Wiesen und einen kleinen Bach bereits richtig zur Sache. Der Anstieg zum Rifugio Città di Carpi führt steil nach oben. Zunächst durch Wald, später oberhalb der Baumgrenze, werden auf den ersten 8 km stolze 980 hm gewonnen. Bei 23° C zum Zeitpunkt des Starts und kräftiger Sonne ist das eine Schweiß treibende Angelegenheit.

Nach allen Seiten bietet sich an dieser Stelle ein traumhafter Ausblick auf die steilen Kalkfelsen der Dolomiten. Gäbe es denn eine Verpflegungsstation an dieser Stelle, ließe sich dieser erste Teilerfolg vermutlich noch mehr genießen. So bleiben nur der Griff zu einem Energieriegel und ein weiterer Schluck aus der Trinkblase.


Unmittelbar nach der Hütte führt die Trasse auf einem überwiegend gut laufbaren Forstweg wieder steil nach unten. Bei km 16 hat die Läuferschar die soeben gewonnenen Höhenmeter nahezu vollständig wieder verloren.

Wir sind jetzt im Val di Cengia (1.190 m). Dort beginnt sofort ein erneuter Anstieg zur Forcella die Lavaredo (2.247 m) und weiter zum Col di Mezzo (2.454 m), unmittelbar östlich der Tre Cime di Lavaredo (Drei Zinnen). Diesen Höhenunterschied von 1.284 m gilt es auf einer Distanz von gerade mal 6 km zu überwinden. Das entspricht immerhin einer Steigung von 21 %.


Ein überwältigender Ausblick auf die Nordwände der Drei Zinnen, immer noch das Ziel von Extremkletterern, entschädigt uns für die Mühen des Anstiegs. Nördlich der Drei Zinnen führt der steinige Single-Trail weiter zum steilen und teilweise sehr schwierigen Abstieg ins Val de l`Arghena und weiter zum Misurinasee, einem weiteren landschaftlichen Höhepunkt.

Entlang des Ostufers umrunden wir den See auf einer Höhe von ca. 1.750 m, um dann im Ort Misurina zum letzten großen Anstieg nach Westen abzubiegen. Durch einen Sonnen beschienenen, mit Latschenkiefern bewachsenen Bergrücken führt uns ein schmaler Bergpfad zur Forcella delle Pale di Misurina (2.150 m), danach erst absteigend und später über Schutthänge wieder hinauf zu den Ruinen des Rifugio Popena (2.214 m).


Hier (km 40) sind die großen Anstiege bereits überwunden. Es geht zunächst äußerst schwierig, teilweise über lockere Geröllfelder, überwiegend steil hinunter ins Valbona-Tal. Ab einer Höhe von ca. 1.700 m werden die bisher vorherrschenden Single-Trails von Forststraßen abgelöst. Die nächsten 10 km führen, von einigen kleinerer Gegenanstiegen abgesehen, überwiegen abwärts, bis bei km 53 das Ziel erreicht ist.

Meine anfangs geäußerte Skepsis ist längst großer Genugtuung gewichen. Auch wenn mir die letzten 5 km in der Hitze des Nachmittags schwer gefallen sind, konnte ich diesen fantastischen Lauf durchweg genießen. Mit meiner selbst gestoppten Zielzeit von 09:14 h, die offizielle Ergebnisliste war noch nicht abrufbar, liege ich in meinem üblichen Rahmen. Die Siegerzeit bei den Männern lag wohl unter 05:30 h.

Der Veranstalter, Club Alpino Italiono, Sektion Auronzo, bleibt auch im Zielbereich konsequent bei der Selbstversorgung. Lediglich Wasser wird den AthletInnen zunächst als Erfrischung angeboten.

Erst nach dem Duschen und Umziehen, entsprechende Möglichkeiten stehen in ausreichenden Anzahl in der Villa Gregoriana, einem Ferienheim der Katholischen Kirche, zur Verfügung, können die mit den Startunterlagen ausgegebenen Essensgutscheine eingelöst werden.

Dafür wird dann in der Sala di Pranzo des Ferienheims ein einfaches, aber sättigendes Drei-Gänge-Menü serviert. Auch die Getränke (Wein, Bier, nicht alkoholische Getränke) sind frei.

Das ursprünglich vorgegebene Zeitlimit von 10 h wurde während des Laufes auf 11 h verlängert, weil ansonsten eine zu große Anzahl von Teilnehmern den Lauf hätten vorzeitig beenden müssen.

Der Lavaredo Ultra Trail gilt als offizieller Qualifikationslauf (1 Punkt) für den UTMB. Erfahrene Trail-Läufer werden vermutlich, ebenso wie ich, begeistert sein. Allerdings sei denen, die den Rennsteiglauf für einen Trail halten (tut mir leid, aber das muss gesagt werden) eher zur Vorsicht geraten.

Der Lauf ist in Italien sehr beliebt. Er zählt als Wertungslauf zur italienschen Meisterschaft im Trail-Laufen. Eine frühzeitige Anmeldung empfiehlt sich.

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Informationen stehen leider nur auf Italienisch zur Verfügung. Auch das Teilnehmerfeld ist überwiegend italienisch sprechend. Trotzdem sollte es vor Ost keine Verständigungsprobleme geben. ItalienerInnen sind Meister der Gestik und dazu absolut hilfsbereit und gastfreundlich. Ich hatte als der vermutlich einzige Teilnehmer aus Deutschland keinerlei Probleme.

Die Villa Gregoriana (Startort Palus San Marco) bietet günstige Übernachtungsmöglichkeiten (Mehrbettzimmer) an.

Strecke:

53 km, + 3.300 hm, Zeitlimit 10 bzw. 11 Stunden, anspruchsvolle Streckenführung, steile Auf- und Abstiege, teilweise sehr schwierig, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind hilfreich

Startgeld (2008):

34,00 €, Teilnehmerkontingent: 500

Leistungen: Streckenmarkierung und Rettungsdienst, keine Verpflegung auf der Strecke, Essen nach dem Lauf, Erinnerungsgeschenk (in 2008 Laufrucksack), Medaille

 


 
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