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Laufberichte

Eviva Colonia II

07.10.07

Der Marathon in Köln beginnt für mich mit Erinnerungen. Erinnerungen daran, wie ich im September 2005 die ersten beiden Stunden des Laufes in strömendem Regen durch Köln gegeistert bin, Erinnerungen an Zuschauermassen und Samba-Bands die unter Straßen- und Eisenbahnbrücken dicht gedrängt standen und „ihre“ Läufer feierten, Erinnerungen daran, wie der Regen langsam aber sicher den Schirm meiner Mütze durchdrang und auf der Unterseite des Schirms Tropfen bildete.


2007 sollte das anders werden. Ich wollte den Köln-Marathon einmal ohne Dauerdusche erleben – dafür waren die letzen beiden „trockenen“ Stunden in 2005 einfach zu, im Rheinland würden man sagen, „jeck“ gewesen.


Bereits Tage vorher versprach der Wetterbericht einen goldenen Sonntag im Spätherbst. Optimale äußere Bedingungen in Verbindung mit  einem seit etlichen Jahren fast perfekt organisierten Lauf. Voller Erwartung und nervöser Anspannung fieberte ich dem 07.10.07 entgegen. Um es vorweg zu sagen – ich wurde nicht enttäuscht.

 

Wie auch sonst fuhr ich mit der – glücklicherweise gerade nicht bestreikten  - Eisenbahn von zu Hause bis zum Bahnhof Köln-Deutz. Von hier aus geht es sich gemütlich innerhalb von knapp 10 Minuten zu den Messehallen, in denen das logistische Herzstück der Veranstaltung schlägt. Zum Startpaket gehörte diesmal unter anderem auch ein für zwei Erwachsene und 2 Kinder im gesamten großen VRS-Gebiet gültiges Ticket.


In den Messehallen war trotz der großen Teilnehmerzahl genügend Platz zum Umkleiden. Die Kleiderbeutel wurden wie auch bei anderen Veranstaltungen zunächst einmal nur auf große,  nach Tausenderzahlen geordnete Haufen gelegt. Die offensichtlich gut gelaunten Helfer hatten schließlich immer noch mehr als genug Zeit, die Beutel sauber zu ordnen. Dieser Aufgabe kamen sie gut nach – noch nie hatte ich meinen Kleiderbeutel  nach den Lauf schneller zurück als hier.

 

Wer schon einmal einen der großen Citymarathons gelaufen hat kennt die fröhliche, nervöse Anspannung, die über jeder Startaufstellung liegt. Hier in Köln kam noch etwas hinzu, das ich bisher noch nicht gehört oder gesehen hatte. In der Startaufstellung dröhnten dicke Trommeln, rasselten kleine Trömmelchen ihr aufreizendes Lied und schnarrten die seltsamsten Blasinstrumente. Na klar; der Veranstalter hatte ja zum „Marathon op Kölsch“ eingeladen. In Verbindung mit dem „kölsche Jubiläum“ anlässlich des 11ten-Marathonlaufes führte der Aufruf zu einem rasanten Anstieg an kostümierten Läufern. Irgendwie fühlte ich  mich an den Marathon du Médoc erinnert.


Nach und nach wurden die Startblöcke zur Linie geführt und auch für uns begann der lange Lauf durch Köln.

 

Weniger als 1000 Meter nach dem Start kommt er schon, der „Berg“ auf der Strecke. Die Deutzer Brücke stellt ganz klar die größte und längste Steigung auf der ganzen Strecke dar. Während wir auf der linken Brückenhälfte in Richtung Stadtzentrum über den Rhein laufen, kommen uns auf der rechten Seite die Inliner und Handbiker entgegen gezischt. Die meisten von ihnen werden ihren Wettkampf in wenigen Minuten beendet haben. Ein kleines Häufchen von Unentwegten hat sich aber auch an die „105 Kilometer von Köln“ gewagt. Kurz beschrieben handelt es sich dabei um das Aneinanderreihen der drei Wettbewerbe Halbmarathon-Inline-Marathon und Marathon-Lauf.

 

Dank der ausreichend breiten Streckenführung sind die ersten Kilometer kein echtes Problem. Schnell habe ich mein Tempo gefunden und trabe genüsslich durch ein munter schwatzendes Läuferfeld in Richtung Rudolfplatz, einer der Höhepunkte auf der Strecke. Jetzt, um kurz nach 12:00 Uhr ist hier noch nicht so viel los, hauptsächlich Fans und Angehörige stehen hier und geben ihr Bestes.  Der „Homo Colonius“ selbst sitzt jetzt wohl noch am Mittagstisch oder beim Frühschoppen. Ich weiß, wenn ich nach weiteren 17 Kilometern wieder hier sein werde, dann sind die Reihen der Zuschauer dicht geschlossen. Bei meinem dritten Durchgang bei Kilometer 35 wird die Welt hier nochmals völlig anders aussehen. Dann werden die Leute in mehreren Reihen hintereinander stehen und uns erschöpften Läufern zujubeln.


Grund für diese zuschauerfreundliche Anordnung ist die glückliche Streckenführung, bei der immer wieder von den Außenbezirken ins Stadtzentrum zurückgekehrt wird.

 

Kurz nach Kilometer 5 kommen wir über den Sachsenring zum Chlodwigplatz. Die Severinstorburg am nördlichen Ende des Platzes gehörte einst zur mittelalterlichen Stadtbefestigung und wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichtet. Rund um den Chlodwigplatz erstreckt sich die Südstadt, ein tagsüber und dank seiner vielen Kneipen auch nachts sehr lebendiges Viertel zwischen den Statdteilen Altstdt-Süd und Bayenthal ist. In vermutlich knapp 6 Stunden werde ich wohl wieder hier sein und im “Früh em Veedel”, einem Ableger der Früh-Brauerei am Chlodwigplatz, verstärkt etwas gegen meine Dehydrierung tun.

 

Knapp sechs Minuten später geht es über den Ubierring hinunter zum Aggripinaufer wo wir zunächst auf die im Volksmund „Siebengebirge“ genannten ehemaligen Kornspeicher im Rheinauhafen stoßen. Heute werden die alten Speicher zu attraktiven Wohnungen umgebaut und entsprechend vermarktet.


Kurz hinter den Wohnsilos kann ich erstmals wieder den Rhein sehen. Kurz vor mir schiebt sich ein Schiff den Rhein hinauf. Es ist hoch mit Kohle beladen und kämft gegen den Strom. Ich nehme die Herausforderung an und überhole es während des folgenden Kilometers langsam aber stetig, bevor ich das Rheinufer an der Bismarcksäule verlasse und in den Stadtteil Bayenthal hinein laufe.

 

An der Markthalle vorbei geht es nun durch die Wohngebiete von Bayenthal und Neustadt-Süd. Obwohl es hier vergleichbar ruhig zugeht, finden sich doch immer wieder Stimmungsnester. Auf der ewig langen Geraden der Luxemburger Straße sieht es dann schon wieder anders aus. An jeder größeren Einmündung haben sich Fans versammelt und feiern den Marathon.


Stimmungstief dafür an der Universität. Scheinbar sitzen alle Stundenten und Professoren im Elfenbeinturm und feilen an ihrem Wissensschatz – sofern sie nicht gerade Marathon laufen. Schließlich und endlich ist Köln auch gleichzeitig Sitz der Deutschen Sporthochschule.

 


Aus der Klosterstraße kommend geht es nach rechts in die Aachener Straße hinein, sonst meine Haupteinflugschneise in die Kölner Innenstadt. Heute ist weit und breit kein Auto zu sehen. Dafür fällt mir linkerhand eine viele hundert Meter lange Mauer auf, hinter der sich der Kölner Hauptfriedhof „Melaten“ verbirgt. Wenn ein Kölsche zu ihnen sagt sie seien „Melatenblond“, so meint er übrigens ihre grauen Haare.

 

Kilometer 19,5. Ich bin wieder am Rudolfplatz. Wie erwartet ist hier jetzt richtig was los. Zuschauer soweit das Auge reicht, Lautsprecher, Sambamusik und fröhliche Gesichter. Keine Spur von Erschöpfung oder Müdigkeit ist in mir.


Von hier ab habe ich nun 4 Kilometer Begegnungsverkehr mit den früher gestarteten Läufern. Leider verpasse ich die Spitzengruppe und damit auch die Chance auf eine direkte Information, wie sich Sabrina Mockenhaupt auf ihrem ersten Marathonwettkampf hält. Sind es anfangs nur vereinzelte Läufer die mir entgegen kommen, so sieht es zwei Kilometer weiter am Ebertplatz schon anders aus. In dichten Gruppen laufen sie an Kilometer 32,5 vorbei. Wäre ich schon gut dort.

 

Für mich heißt es bei Kilometer 24 nach links ab in die Xantener Straße hinein. Waren dort und in der anschließenden Wilhelmstraße 2005 nur wenige Menschen am Straßenrand, so sieht dies heute anders aus. Es sind bei weitem nicht so viele wie zuvor am Hansaring, aber immer noch genug um uns Läufer ständig anzufeuern.

 

2005 hat nicht nur mich der auf diesem Teil der Strecke ständig über uns herumdröhnende Pressehubschrauber genervt, dieses Jahr herrscht vom Himmel herab wohltuende Stille.

 

Aufgrund einer Streckenänderung liegt der viel gefürchtete Kilometer 30 nun kurz hinter der „DuMont-Meile“. Das Kölner Druckhaus Neven DuMont ist eines der größten und ältesten deutschen Verlagshäuser  und wird bereits in der 12. Familiengeneration geführt. Unter anderem ist es Besitzer der Frankfurter Rundschau.

 


An der DuMont-Meile ist eine der reichhaltig bestückten Verpflegungsstationen aufgebaut. Ich greife mir zunächst einen der bereitwillig hingehaltenen Becher mit Wasser, den ich mit einem Schluck leere. Obwohl ich gehe, gelingt es mir dann trotzdem den anschließenden Becher Cola hauptsächlich auf mein T-Shirt zu verteilen. Mit meiner Feinmotorik steht es wohl nicht mehr zum besten. Andererseits, wenn ich bedenke, dass ich mir vor sechs Wochen beim Hunsrück-Marathon beinahe einen Becher Wasser ich die Kameratasche geschüttet hätte….

 

Kurz vor Km35 bin ich wieder auf dem Rudolfplatz. Die Zuschauer stehen nun in mehreren Reihen hintereinander jubeln, klatschen und genießen Köln, den Marathon und das herrliche Wetter.  Dazu trägt sicherlich auch die in vielen Händen zu sehende frisch gezapfte Stange Kölsch bei.


Unmittelbar nach dem Rudolfplatz geht es am Hahnentor vorbei. Durch das Hahnentor betraten im Mittelalter die Könige nach ihrer Krönungszeremonie in Aachen die Stadt Köln und zogen zum Schrein der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom. Dort will ich auch hin, nur noch 5 Kilometer und einige Schleifen durch die Kölner Altstadt entfernt.

 

Sachsenring, dann wieder über den Chlodwigplatz geht es links hinein in die Annostraße und von hier aus bei Kilometer 39 in das  kleine Sträßchen „An St. Katharinen“. Vor gar nicht einmal so langer Zeit hieß die Straße aufgrund seines Kirchhofes noch „im Elend“. So langsam fühle ich mich ebenso, einzig der nur noch ein Kilometer entfernte Dom und die Aussicht auf ein Glas kühles Bier halten mich aufrecht. Ich male es mir richtiggehend aus. Eine Stange Kölsch, von außen leicht beschlagen, oben darauf eine wunderbare weiße Blume, sanft aufsteigende, prickelnde Perlchen in goldgelber Flüssigkeit. Instinktiv greife ich an meine Hüfte und ziehe eine kleine Flasche mit Wasser aus dem Trinkgürtel heraus. Der Traum vom Kölsch zerplatzt in lauwarmer Flüssigkeit.

 

Weiter – hinein in die Kölner Einkaufstraße, die Hohe Straße. Auch hier stehen rechts und links der Gitter Menschen und feuern mich an.


Unmittelbar vor mir steht das heiß ersehnte Schild mit der Aufschrift „40“ als wie aus dem Nichts ein Läufer unmittelbar vor mir von links nach rechts wechselt, das Schild umarmt und einen ebenso herzhaften wie lautstarken Kuss darauf hinterlässt. Marathon op Kölsch eben.

 

Kurz hinter dem Dom dann die wohl meistgehasste Passage der Strecke. Schön anzusehen aber äußerst schlecht zu laufen ist das Kopfsteinpflaster der nun folgenden Meter. Fast fühle ich mich zurück nach Rom versetzt, wo ich Anfang des Jahres über die Hälfte der Marathondistanz auf  Kopfsteinpflaster und schlechten Straßen zurückgelegt habe. Trotzdem werde ich 2008 dort zum dritten Mal in Folge starten.

 

Hier in Köln erwartet mich nun wieder der Aufstieg zur Deutzer Brücke. Wie schon 2005 hat es auch diesmal erneut geklappt. Kurz hinter der Matte am Brückenaufgang erwartet mich mein Freund Helmut mit seiner Frau Martina und dem von mir heiß ersehnten Glas Kölsch. Liebend gerne opfere ich ein paar Minuten meiner Zeit und genieße Freundschaft, Sonne, Marathon und Bier.
Der letzte Kilometer vergeht dann wie im Fluge. Überglücklich und aufrecht beende ich meinen dritten Marathon für dieses Jahr.

 

Kurz hinter der Ziellinie steht Heijo Fetten, einer der Macher des Köln-Marathon. Nach seiner diesjährigen Zielzeit von rund 3 Stunden steht er nun mit zufriedenem Gesicht frisch geduscht hinter der Linie und sieht sich das Ergebnis seiner letztjährigen Arbeit an.


Ich denke, er hat jeden Grund zufrieden zu sein. Ich jedenfalls bin es.

 

Informationen: Generali Köln Marathon
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